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DD)APIER-VERARBEITUNG ä Bu CH GEWERBE ESI f Hugo Kretschmann Ein tragisches Geschick hat am 18. April den angesehenen Maschinenfabrikanten Hugo Kretschmann in Berlin im 56. Lebens jahre in der besten Schaffenskraft hinweggerafft. Nach 26 jähriger rastloser Tätigkeit gönnte er sich im Spät winter dieses Jahres eine längere Erholungsreise im Orient, wo bei er auch seine überseeischen Geschäftsverbindungen neu be festigen wollte. Er reiste im Februar mit seiner Familie gesund und hoffnungsfroh ab und war in den ersten 7 Wochen voll Humor und Geist, neubelebt von den schönen eigenartigen Ein drücken Ober-Aegyptens. Auch technisch interessierten ihn un- gemein die dortigen uralten Bauwerke sowie das neue große Stauwerk für den Nil bei Assuan. Der darauf folgende Besuch Palästinas scheint sein Verhängnis geworden zu sein, dort scheint er den Keim der ansteckenden Krankheit aufgenommen zu haben, deren Anfänge sich schon auf der Rückreise über Jaffa, Athen, Konstantinopel zeigten. In Berlin angelangt, stellten die Aerzte alsbald die schwere Ansteckung fest, der er nach kurzem schmerzvollem Leiden trotz sorgsamster Pflege erlag. Mit ihm ging, wie Hunderte von Beileidsbezeugungen aus dem In- und Auslande besagen, ein seltener Charakter, ein liebevoller Mann und herrlicher Mensch verloren. Er wurde 1851 auf dem Gute »Birkenau« seines Vaters bei Königsberg in Pr. geboren. Da aus der Familie bis dahin nur Gutsbesitzer und studierte Leute hervorzugehen pflegten, er regte es Verwunderung, als er seiner innerlich gefühlten Be gabung folgte und sich dem Maschinenbau widmete. Er arbei tete in Schlossereien und Maschinenbauanstalten Königsbergs und lag dabei eifrig technischen Studien ob. Dann besuchte er verschiedene technische Schulen, bildete sich zum Maschinen ingenieur aus und widmete sich insbesondere den Maschinen der graphischen Gewerbe. Als er 1880 mit Herrn Heinrich Biagosch, dem Schwiegersohn von Karl Krause in Leipzig, durch Freundschaft verbunden wurde, kamen sie überein, daß Hugo Kretschmann nach Berlin gehen sollte, um dem bis dahin dort unvertretenen Hause Karl Krause die ihm gebührende Stellung zu verschaffen. Mit unermüdlichem Fleiß und ganzer Hingabe widmete er sich nun diesem Berufe. Jedoch genügte seinem • schaffenden Geist und weitem Blick die in gewissem Sinne ab hängige Stellung bald nicht, und so traf er in bestem Einver nehmen mit dem Hause Karl Krause das Abkommen ganz selb ständig und unabhängig unter eigener Firma das Geschäft auszubauen, Krause’sche Maschinen weiter zu führen, aber auch eigene Maschinen und besonders solche von eigener Bauart ein zuführen, was ihm trefflich gelang. So hat er in den letzten Jahren die M erfolgreichen Sicherheits-Tiegeldruck-Schnell pressen Falke und Kohinor sowie die Minerva-Prägepressen eingeführt. Er war auf dem Gebiete der neueren Maschinen im gra phischen Gewerbe so bewandert, daß sein Urteil vielfach von Behörden erbeten und von seinem großen in- und ausländischen Kundenkreis außerordentlich geschätzt und gesucht wurde. Die Vornehmheit seines geschäftlichen Gebarens erhielt ihm den Stamm seiner Geschäftsfreunde treu, die Zuverlässig keit seines Charakters machte, daß die geschäftliche zur persön lichen Verbindung wurde, und der Kunde in ihm nicht so sehr den Lieferanten als den beratenden Geschäftsfreund sah. So er rang er sich Ansehen auch in überseeischen Ländern. Seine treuen, langbewährten Mitarbeiter werden sein Geschäft in seinem Sinne fortführen und ihren Ehrgeiz darin suchen, seinem Werk Dauer zu verleihen. —e— Pappteller Die für den 7. April nach dem Papierhaus zu Berlin einberufene Versammlung der Papptellerfabrikanten hat unter reger Beteiligung von Fabrikanten aus Nord- und Mitteldeutschland stattgefunden. Ueber das Ergebnis der Beratungen erhalten wir erst jetzt folgenden Bericht: Die Verhandlungen im Papierhaus über eine Preisverein barung führten zur übereinstimmenden Ansicht, daß Aufbesserung der Preise dringend notwendig sei. Bei Aufführung der in Betracht kommenden Firmen ergab sich, daß eine Anzahl von Firmen, die Pappteller fabrizieren, nicht vertreten waren. Es stellte sich bei den Verhandlungen ferner heraus, daß es sehr schwierig ist, die mit Händlern arbeitenden Firmen zu Mindestpreisen zu bewegen, daß diese vielmehr nur zu einem mäßigen Aufschlag bereit seien, während die meist mit Ver brauchern arbeitenden Firmen an einem so kleinen Aufschlag gar kein Interesse haben. Zugleich machten verschiedene Fa brikanten auf die ungleichen Unkosten, die der Arbeitgeber mit freien Arbeitern und derjenige mit Sträflingsarbeit hätte, auf merksam, und man war deshalb doppelt vorsichtig, sich festzu legen. Es wird versucht werden, in einiger Zeit die Angelegen- heit weiter zu verfolgen. Biedermeier-Buntpapiere von Alois Dessauer, Bunt- und Chromopapier-Fabrik in Aschaffenburg-Auhof. Die allge meine Geschmacksrichtung im Kunstgewerbe hat sich ziemlich allgemein den Formen zugewandt, die in Deutsch land etwa um 1820 und 1830 gebräuchlich waren. Man be zeichnet sie nach einer typischen Gestalt der »Fliegenden Blätter« aus der Zeit vor der deutschen Revolution als Biedermeierstil, obgleich diesen Formen in ihrer Gesamt heit das Gepräge eines einheitlichen Stils abgeht. Da gegen spiegeln sie sehr getreu die genügsame Ruhe und das stille Behagen wieder, das die besseren Bürgerkreise um jene Zeit erfüllte. Die Bevorzugung des Einfachen, Ruhigen, Echtheit im Material, gelegentlich etwas leichte Tändelei in kleinen Zieraten, bilden die Eigentümlichkeit des Biedermeierstils. Die Buntpapierfabrik Alois Dessauer wurde im Jahre 1810 begründet, hat also diese Epoche des deutschen Lebens praktisch miterlebt und bringt neuer dings die damals beliebten Muster von Buntpapieren in besserer Ausführung, als mit den damals mangelhaften technischen Mitteln möglich war, in den Handel. Während in den meisten Fällen, z. B. in der Schriftgießerei, nur Nachahmungen des Biedermeierstils geboten werden können, sind hier genau dieselben Buntpapiere gefertigt, die vor 80 Jahren bei unseren Urgroßeltern und Groß eltern Bücher und Pappkästchen überzogen. Sie umfassen nur einfache lineare oder Pflanzenmotive und erfreuen das Auge hauptsächlich durch ihre lebhaften Farben und durch das fast überall angewendete Gold. Etwa 40 verschiedene Muster sind zu einem hübschen Heft vereinigt, das für die Ausstattung moderner Pappwaren, für Vorsatzpapiere und auch für den Bezug der Buchdeckel selbst, sehr wertvolle