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1316 PAPIER-ZEITUNG Nr. 35 Autochrom-Postkarten Zu Nr. 30 Seite 1123 Wie verfährt Herr M., um gutes Passen der Farben mit der Auto form zu erzielen, da er angibt, erst die Deck-Farben in Steindruck und lann die Autotypieplatte zu drucken ?/!X. Schlechtes Passen beim Autochromdruck hat manche Druckereien dahingeführt, daß sie auch die schwarze oder Autotypieplatte vom Stein drucken. Mit Hilfe des Umdruckes erfolgt die Uebertragung auf den Stein, und man verwendet dazu entweder transparentes Umdruckpapier (beste Sorte) oder sogenanntes Berliner Kreide- oder Trockenumdruckpapier. Auf der Tiegeldruckpresse werden gut gedeckte, jedoch nicht mit Umdruckfarbe überladene, mehr graue Abzüge gemacht, wozu eine tadellose, neue und nicht zu weiche Leimwalze genommen werden muß. Die Abzüge dürfen auf der Rück seite keinerlei Schattierung zeigen, weil andernfalls ein ver quetschter Umdruck entsteht; demnach ist entsprechende Zu richtung in der Buchdruckpresse nötig. Ein erfahrener Litho graph muß die Abzüge, die der Umdrucker erhalten soll, erst mittels der Lupe auf Reinheit und Klarheit des Netzbildes prüfen. Die Abzüge werden vor Staub geschützt verwahrt, und wenn sie der Umdrucker alle erhalten hat, aufgesteckt, um gedruckt, der Stein angerieben usw., der Umdruck ange schmolzen und mäßig hochgeätzt. Auf diese Weise ist das Passen vollkommen gewährleistet, weil die Farbenplatten nach dem Autotypieumdrucke (Klatsche) lithographiert, aufgesteckt, umgedruckt und gedruckt werden. Hierauf bezieht sich meine Antwort in Nr. 30. Es kann eingewendet werden, daß bei diesem Verfahren die Schärfe der Autotypie nicht erreicht wird; doch wenn der Buchdrucker scharfe, reine Umdruckabzüge auf einem der ge nannten Umdruckpapiere zu machen versteht, der Umdrucker gut arbeitet, und der Steindruck-Maschinenmeister sein Ge schäft versteht, so wird die schwarze Autotypiekonturplatte des Steindrucks fast gleichwertig mit der des Buchdrucks sein. Man muß erst Versuche mit Autotypie-Umdruck in der hier geschilderten Weise machen, bevor man an eine bestellte Arbeit geht. Einfacher gestaltet sich die Sache, wenn in der litho graphischen Abteilung die Photolithographie ausgeübt wird. In diesem Falle wird die Anfertigung der Autotypieklischees erspart, indem man statt auf das Hochätzmetall auf photolitho- graphisches Uebertragungspapier kopiert, wobei eine Um kehrung des Rasternegativs mittels Prismas usw. bei der Auf nahme nicht stattfinden darf. Die von diesen Negativen ent nommenen rechtsstehenden umdruckfähigen Rasterkopien werden wie jeder andere Umdruck zum Zwecke des Weiter drucks auf Stein übertragen. Der vereinigte Buch- und Steindruck, um den es sich in der Anfrage handelt, geschieht in der Weise, daß vorerst der Buchdruck der Klischees erfolgt. Geringe Verschiebung irgend eines Klischees während des Druckes verursacht beim später folgenden Steindruck schlechtes Passen. Die Farbenplatten des Steindrucks sind nach einem fertigen Buchdruck-Autotypie- Bogen aufgesteckt, umgedruckt, und jede geringste Ver schiebung irgend eines Klischees tritt im Steindruck oft mitten in der Auflage hervor; deshalb muß der Buchdruck-Maschinen meister das Festschrauben der Klischees auf dem Fundamente mit der größten Sorgfalt vornehmen, bevor er dem Umdrucker die Klatschbogen (Aufsteckbogen) liefert, sonst steht die ganze Auflage in Frage! Das Papier bedarf ebenfalls der größten Sorgfalt, es muß gut gelagert sein, und wird vor dem Druck am besten mit Makulatur durchschossen; gleichfalls ist es vorteilhaft, wenn die Temperatur in der Buchdruckerei mit derjenigen der Stein druckei möglichst übereinstimmt. Vielfach wird das Papier vorher in der Steindruckschnellpresse gefirnißt, um es gegen Feuchtigkeits - Unterschiede zwischen den Druckereilokalen sowie während der verschiedenen Manipulationen des Stein druckes unempfindlicher zu machen und Dehnungen auszu schließen. Die zu verdruckenden Farben müssen vollkommen [trans parent, »lasierend«, sein. M. Erklärung. Die von mir in dem Artikel Nr. 75 d. Ztg., Jg. 1904, oezüglich der Person des Herrn Buchbindermeister Wüstrich in Breslau abgegebenen Erklärungen sind nicht vollständig zutreffend, wie ich mich nachträglich überzeugt habe. P. Kersten Geschäftsgang in Mannheim pW" Mitte April Im Akzidenzgeschäft tritt vor Ostern meist ein Stillstand ein, so auch im laufenden Jahre, während das Anzeigengeschäft blüht. Leider verstummen die Klagen über zu niedrige Preise immer noch nicht, namentlich sind die Arbeiten der kleinen und kleinsten Druckereien so im Preise gesunken, daß jeder Nutzen ausgeschlossen ist. Außer dem müssen wir beim Frühjahrswechsel wieder die Erfahrung machen, daß die Modemagazine und andere Saisongeschäfte die auswärtige Konkurrenz bevorzugen. Wenn diese Geschäfte ihre Drucksachen in Leipzig, Berlin, Hannover usw. herstellen lassen, so können sie schlechterdings dem Publikum nicht zumuten, daß es am Platze kaufen soll. Das sollte einmal in den Mannheimer Zeitungen deutlich gesagt werden, -g- Gedächtnisfeier. Die erste außerordentliche Versammlung der Leipziger Buchbinder-Innung, 18. April, im Deutschen Buchgewerbe haus erhielt ein festliches Gepräge durch die Ehrung des Gedächtnisses des 1810 verstorbenen Buchbinder-Innungsmeisters Gotthelf Balthasar Liersch, der der Innung sein und seiner Ehefrau ansehnliches Ver mögen hinterließ. Im Laufe der Zeit schmolz der Nachlaß erheblich und beträgt gegenwärtig noch 14 500 M. Außerdem hat Meister Liersch der Innung zwei silberne Leuchter und ein Meisterstück der Goldschmiedekunst, einen 43 cm hohen Tempel, gestiftet, der 1807 gefertigt wurde. Die Gedächtnisfeier wurde vom Ehrenobermeister Moritz Göhre mit einer Begrüßungsansprache eröffnet. Dann folgten drei Choräle. Hierauf verlas Obermeister Göhre die Testaments bestimmungen und verteilte die Zinsen des Vermächtnisses an die Meister und die Thomasschüler sowie an die Gehüfenschaft. g. Was weiß das Volk von Schiller? Aus Dr. Rudenwaldts »Auf nahmen des geistigen Inventars Gesunder als Maßstab für Defekt prüfungen Kranker« gibt das • Literarische Echo* folgenden Auszug. Dr. Rudenwaldt legte 174 Rekruten, unter denen 184 Deutsche, 39 Polen und 1 Tscheche waren, eine Anzahl von leichten Fragen vor, darunter auch zwei, die Schiller betrafen Die erste lautete: Wann lebte Schiller? Darauf nannten 13 Rekruten ein Jahr, das in Schillers Lebenszeit fällt, 64 gaben eine falsche Antwort und 97 blieben inner halb zweier Minuten jede Antwort schuldig. Von Schiller hatten 20 nie gehört; 22 setzten ihn ins 16. Jahrhundert, 9 in die Befreiungs kriege, 2 ins Jahr 1500, 2 in die Zeit des großen Kurfürsten, 2 in den 30jährigen Krieg, 4 um 1700, 2 zur Zeit Luthers. Andere Antworten lauteten: vor 200 Jahren, vor 500 Jahren, im 14. Jahrhundert, im 17. Jahrhundert, 1870/71, gestorben 1888, vor mehreren Jahren, 1850, 1640, 1650, 1740 (9), 1762, 1753, 1812, 1840; im Mittelalter; »der hat auch beim Militär gedient«; Schiller war ein Offizier, war ein Buch drucker. Die zweite Frage: Können Sie mir Werke von Schiller nennen?, führte zu 21 richtigen, 80 falschen Antworten, während 123 nichts zu sagen wußten. Richtig genannt wurden u. a. »Die Glocke« (20), »Braut von Messina«, »Bürgschaft«, »Kampf mit dem Drachen«; fälschlich: kirchliche Lieder (5), Lesebücher (5), »Es braust ein Ruf«, »Tannhäuser«, Fabeln, »Heiß war der Tag«, »Dort unten in der Mühle«, »Heil dir im Siegerkranz«, patriotische Lieder, »Der Glockenguß zu Breslau«, »Ein’ feste Burg ist unser Gott«, Volkslieder, Lesestücke, »Ich hab’ mich ergeben«, »Ueber allen Wipfeln ist Ruh’«, »Freiheit, die ich meine«, »Schwäbische Kunde«, »Jesus, meine Zuversicht«, »Großer Gott, wir loben dich«, »Gebet während der Schlacht«, »Geh’ aus mein Herz und suche Freud’«. Diese Ergebnisse sind um so betrüblicher, als die geprüften jungen Leute nicht etwa unter den Regulativen groß geworden sind, sondern unter den all gemeinen Bestimmungen Falks, und noch bis gegen Ende der neunziger Jahre die Schule besucht haben. Die einleitend gestellte Frage darf man also ohne Uebertreibung mit einem verzagten: Fast so gut wie nichts! beantworten. Meisterkurse für Buchbinder in Elberfeld. Die Kgl. Regierung zu Düsseldorf beabsichtigt, im Einverständnis mit der dortigen Hand werkskammer, an der Elberfelder Handwerker- und Kunstgewerbe schule Meisterkurse einzurichten. Für diesen Sommer ist zunächst ein Kursus für das Buchbindergewerbe unter Leitung einer tüchtigen Kraft in Aussicht genommen. Gelehrt wird Hand-, Preß- und Schnitt vergolden sowie Marmorieren. Im Anschluß hieran folgt Unter weisung in Pergament- und durchbrochenen Lederarbeiten, sowie in Schabionier- und Batiktechnik. Bei allen diesen Arbeiten wird neben, künstlerischer Durchbildung der Hauptwert auf billigste und einfachste! Herstellungsweise gelegt. Diese Kurse sollen älteren Handwerks meistern und tüchtigen Gehilfen Gelegenheit bieten, sich in ihrem Berufe zu vervollkommnen. Das Honorar für einen viermonatigen Kursus beträgt nur 20 M. Sämtliche Unterrichtsmaterialien werden von der Schule unentgeltlich geliefert. Der diesjährige Kursus be ginnt Ende April und dauert bis Ende August dieses Jahres, -t- Fachklasse für Buchdrucker. Am 3. April wurde an der Breslauer Handwerkerschule eine Fachklasse für Buchdrucker errichtet. Das Programm für das Sommersemester ist: 1. Fachzeichnen, 2. Fach unterricht (theoretischer Unterricht mit praktischen Hebungen). Das Schulgeld beträgt für Gehilfen vierteljährlich 3 M. Lehrlinge zahlen kein Schulgeld. Lehrer ist Herr M. Schultes. Der Unterricht wird vorläufig nur in den Abendstunden erteilt. Der Verein Breslauer Buchdruckereibesitzer hat einen größeren Betrag zur Einrichtung der Lehrwerkstatt aufgebracht. M—e.