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Nr. 36 PAPIER-ZEITUNG 1247 Kollergang oder Zerfaserer? Herr Robert Dietrich in Merseburg erklärt in Nr. 35 unter anderm, das Preisgericht der Papier-Zeitung habe eine Be schreibung seiner Knetmaschine zurückgewiesen. Das Preis gericht hat überhaupt keine Arbeit zurückgewiesen, sondern einer die Knetmaschine des Herrn Dietrich beschreibenden Arbeit keinen Preis erteilt, weil ihr wesentlicher Inhalt schon vorher in einer anderen Fachzeitschrift erschienen war. Nach dem letzten Satz seiner Erklärung in Nr. 35 scheint Herr Dietrich anzunehmen, das Preisgericht habe durch Zuerkennung der Preise auch ein Urteil über die eine oder andere beschriebene Maschine abgegeben. Demgegenüber sei wiederholt festgestellt (vergl. Nr. 16, Titelseite), dass das Preis gericht lediglich den technischen und literarischen Wert der Arbeiten zu prüfen, aber Gutachten über Maschinen weder ab zugeben hatte, noch abgeben will. M. Behrend seiner Zeit Vorsitzender des Preisgerichts Preisarbeiten der Papier-Zeitung Neue (?) Trockenverfahren für Pappe Von Direktor Georg Hockel in Buschvorwerk Vom Preisgericht mit 50 M. bedacht 1. Einleitung. Wie auf allen Gebieten der Industrie im allgemeinen und unseres Faches im besonderen, hat man es in unserem Zeitalter der Erfindungen auch an Versuchen zur Verbesserung von Pappentrooknungsverfahren nicht fehlen lassen. Während man aber auf anderen Gebieten von be deutenden Fortschritten sprechen darf, ist dies auf diesem Ge biete trotz aller Versuche bis jetzt nicht der Fall, und es wird nie gelingen, die alten bewährten Verfahren durch neue völlig beiseite zu schieben. Diese Ansicht gründet sich darauf, dass es bei Einrichtung von Trocknungsanlagen nicht allein auf die zu trocknende Menge ankommt, sondern auf die örtlichen Verhältnisse und vor allem auf die Eigenart des Trockengutes. Daher die Ver schiedenheit der Meinungen und Erfahrungen über manches Trockenverfahren. Was der Eine als vortrefflich findet, hat sich dem Andern als unzweckmässig gezeigt. Man lässt sich eben bei Anlegung von Trockenanlagen oft durch theoretische Erwägungen und angeblich glänzende Leistungen bestechen, während folgende wichtige Punkte oft unberücksichtigt bleiben: Verzinsung der Anlagekosten, Ausschuss durch Schwund der Ware und dergl., Unterschiede in den Kraft-, Dampf- und Regiekosten. Diese Punkte veranlassen oft das Versagen mancher angepriesenen Neuerung. Ich will mich daher im folgenden nicht auf Besprechung neuer Verfahren beschränken, sondern alte wie neue Verfahren einer Kritik unterziehen und Vor- und Nachteile jedes Ver fahrens unter obigen Gesichtspunkten beleuchten. 2. Behandlung des Trockengutes in nasssem Zustande. Diese ist auf das Ergebnis der Trocknung von grossem Einfluss. Um das Pressen der feuchten Pappen in Sätzen überflüssig zu machen, versucht man es hier und da, die Pappen bereits auf der Formatwalze durch starke Hebelbelastung scharf zu ent wässern. Dieses Verfahren hat den Nachteil, dass die Ver bindung (Verfilzung) der einzelnen Lagen mit einander weniger innig wird, und die Pappe sich leichter in einzelne Lagen schält, zudem wird dadurch der Verlust an Füllstoffen unter dem Drucke der Formatwalze erhöht und der Nassfilz in kürzerer Zeit durch Füllstoffe verstopft, also reinigungsbedürftig. Richtiger, infolgedessen auch üblicher ist das Pressen der in Sätzen geschichteten Pappen unter dem Drucke von Spindel- oder hydraulischen Pressen. Es empfiehlt sich, um die Ent wässerung zu fördern, Presstücher (alte zerschnittene Filze) in die Sätze einzulegen oder wenigstens jeden Satz Pappen mit je einem Tuch oben und unten zu bedecken; dadurch wird unter anderm jede Beschädigung durch die Pressplatten, somit viel Ausschuss, vermieden. Je langsamer das Pressen vor sich geht, umso geringer ist die Gefahr, den Besatz zu zerpressen. ich habe die Beobachtung gemacht, dass Pappen, welche ich mässig vorpressen, dann auf neue Sätze umlegen und kräftig nachpressen liess, wenig Neigung zeigten, beim Trocknen mit Wärme sich zu verziehen, d. h. zu verkrüppeln. Pappen, welche garnicht gepresst sind, sind wohl im trockenen Zustande dicker bei gleichem Gewicht (spezifisch leichter) als gepresste, aber an Zähigkeit, Griff usw. geringer. 3. Pappenklammern. Bekanntlich hat Pappe beim Trocknen das Bestreben, einzugehen, und zwar am stärksten in der Quer richtung, d. h. in der Richtung, in welcher das Ganzzeug beim Herausarbeiten auf der Pappenmaschine nicht geflossen ist. Die zwischen zwei Latten mit Klammern geklemmten Pappen aber werden an diesem »Eingehen« teilweise gehindert, wo durch Verzerrung des Bogens, demgemäss auch Falten und Schwund entstehen. Deshalb ist die frühere Klammerung mit Leisten und Klammern, welche ausserdem sehr zeitraubend ist, fast durchweg durch das Aufhängen mittels sogenannter Klammerkämme verdrängt worden. Diese Klammerkämme, wovon ich nur die Systeme Meinert und Krüger erwähne, haben den Vorteil, dass ihre Beschickung sehr flott vonstatten geht, und dass sie verschiebbar oder pendelnd gelagert dem »Eingehen« des Trockengutes folgen. Eine von Herrn Bruno Meinert in Berlin verfasste Broschüre befasst sich mit dieser Sache sehr eingehend. (Vergl. die Abschnitte 499—502 in Carl Hofmann’s prakt. Handbuch der Papierfabrikation. Schrift leitung) Gleichwohl lässt sich selbst bei dieser Klammerung nicht immer der Ausschuss vermeiden, welcher durch Schwund oder Pressfalten entsteht, denn immerhin findet noch eine, allerdings unbedeutende Verzerrung der Faserlagerung an den Hänge punkten der noch nassen, schweren und lockeren Ware statt. Hängen die Pappen nicht genau wagerecht, so bewirkt die Schwerkraft auch noch eine seitliche Verzerrung. Sind ferner die Pappen nicht mit der ganzen Fläche einer gleichmässigen Einwirkung durch Wärme oder Luft ausgesetzt, so geht das Trocknen des Bogens nur stückweise vor sich, und selbst dieser scheinbar unbedeutende Umstand verursacht Verzerrung der Faserlagerung im Bogen, welche sich umso mehr in Schwund und Falten ausprägt, je stärker die Pappe geleimt ist. Gerade diese Umstände sind für den Wert manches Trockenverfahrens entscheidend. 4. Trocknen auf dem Plane. Dieses Trocknen im Freien wäre eigentlich das richtigste, da die auf diese Weise ge trocknete Pappe ebenso billig als schwundfrei trocken wird und auch gleich den nötigen Feuchtigkeitsgrad erhält, um faltenfrei satinirt werden zu können. Jedoch ist es, weil von Witterungszufälligkeiten abhängig, nur für kleine Betriebe an wendbar und nur für Pappensorten, welche nicht durch Färb- und Leimverlust (auf der Sonnenseite) minderwertig werden. 5. Trocknen in Gehängen oder Lufttrockenhäusern. Dies Ver fahren wird von den meisten grösseren Betrieben angewandt. Ueber den Bau von Lufttrookenhäusern wurde schon mehr als notwendig geschrieben. Hauptbedingung ist, dass sie der Luft möglichst unbehinderte, gleichmässige und regulirbare Zirkulation gewähren, leicht beschickbar sind und vor allem, dass hinsichtlich der Gehänge den von mir unter 2 erwähnten Punkten Rechnung getragen wird, damit wenig Ausfall durch Schwund usw. entsteht. Diese Art der Trocknung ist dann sowohl die zuverlässigste als auch billigste. Sobald allerdings Frost eintritt, versagen Lufttrockenhäuser den Dienst, denn einesteils wird dann die Trocknung zu langsam, andernteils büssen gefrorene und wieder aufgetaute Pappen bedeutend an Härte und Festigkeit ein. 6. Trocknen in verschliessbaren und künstlich erwärmten Trocken räumen. Bei Anlegung solcher Trockenräume beachte man ins besondere die von mir unter 5 angegebenen Vorschriften für Gehänge. Ich bin weit entfernt, Trockenkanäle oder Trockentürme als unpraktisch zu bezeichnen. Die Praxis hat aber ergeben, dass alle Anordnungen für mechanischen Transport des Trockengutes während des Trocknens mit solcher Erhöhung der Anlage- und Unterhaltungskosten sowie des Kraftbedarfs verbunden sind, welche zu der geringen möglichen Mehr leistung im Vergleich mit Trockenkammern ohne mechanischen Transport des Trockengutes nicht in richtigem Verhältnis stehen. Ich behaupte, dass ich mit rationell angelegten Trockenkammern die gleiche Leistung erzielen kann, ohne dass ich die grossen Ausgaben habe, welche durch den mechanischen Transport und die hierzu erforderliche kost spielige Einrichtung verursacht werden. Der Verlust an Wärme bei Beschickung der Trockenkammern, welcher von Anhängern des Kanalsystems behauptet wird, ist nicht nennenswert gegenüber den Unannehmlichkeiten, welche bei Kanälen da durch entstehen, dass man sie fortgesetzt bedienen muss, was bei Nachtbetrieb sehr in die Wagschale fällt. Die besten Resultate bei billigster Anlage und Unter haltung liefert eine Trockenkammer, welche so angelegt ist,