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Nr. 62 PAlIER-ZElTUNG 233 Lohnzahlungsbücher Vergl. Nrn. 40, 64 u. 68 d. Js. Leipzig-R., 25. Juli 1901 Um den von uns in Sachen der Lohnzahlungsbücher für minder jährige Arbeiter einzunehmenden Standpunkt ein für alle Mal klar zustellen, haben wir bereits im Dezember vor. Js. ein Urtheil des hiesigen Gewerbegerichts erwirkt, wonach die Lohnzahlungsbücher Eigenthum des Arbeitgebers bleiben, also den Arbeitern beim Abgänge nicht ausgefolgt zu werden brauchen. Wir stellen die Urtheilsausfertigung zur Veröffentlichung in der Papier-Zeitung hiermit zur Verfügung. Kunstdruck- und Verlagsanstalt Wezel & Naumann Aktiengesellschaft Der Urtheils-Ausfertigung entnehmen wir folgenden That- bestand: Obige Firma wurde von einem in einen neuen Dienst tretenden jugendlichen Arbeiter auf Herausgabe des Lohnzahlungsbuches ver klagt. Diese Verpflichtung ergebe sich deutlich aus dem Schlusssätze des § 134 Abs. 3 RGO in Verbindung mit § 111 Abs. 2 bis 4. Dass die Lohnzahlungsbücher nicht mit Merkmalen versehen werden dürfen, welche den Arbeiter günstig oder nachtheilig zu kennzeichnen be zwecken, könne nur dahin verstanden werden, dass dem neuen Arbeitgeber der Einblick in die neuen Lohnzahlungsbücher eröffnet werden müsse. Die Verklagte machte geltend, sie könne nicht verpflichtet werden, das mit ihren Mitteln käuflich erworbene und mithin in ihr Eigenthum übergegangene Lohnzahlungsbuch, welches sie nur während des Arbeitsverhältnisses der Innehabung des Klägers zu überlassen verbunden sei, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Kläger zu übereignen. * Es könne ihr nicht zugemuthet werden, ihre Konkurrenten über die Lohnverhältnisse in ihrem Betriebe aufzuklären, was der Fall sein würde, wenn dem Kläger das Lohnzahlungsbuch behufs Fortführung bei dem neuen Arbeitgeber belassen würde. Auf gerichtsseitigen Hinweis, dass der neue Arbeitgeber durch Befragen des bei ihm eintretenden Arbeiters das gleiche Resultat erzielen könne, erwidert die Verklagte, dass ein Konkurrent, der dies thue, sich des Vergehens des unlauteren Wettbewerbs schuldig mache, und dass auch der Arbeiter nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 27. Mai 1896 strafbar sein würde, wenn er über die Lohnzahlungen im Betriebe des früheren Arbeitgebers nähere Aufklärungen gebe. Durch am 15. Dezember 1900 verkündetes Urtheil des Gewerberichters Dr. Roth wurde der Kläger abgewiesen und verurtheilt, die Kosten des Rechtsstreites zu tragen. In den Urtheilsgründen heisst es unter Anderem: Weder der Wortlaut, noch die Tendenz der in § 134 Abs. 3 GO enthaltenen Bestimmungen, noch der geschichtliche Hergang, der zum Erlasse dieser gesetzlichen Vorschrift geführt hat, sprechen für den Kläger. Während der Berathung über den fraglichen Artikel 11 des Ge setzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung vom 30. Juli 1900, ist dieser Gesichtspunkt nie zum Ausdruck gebracht worden, vielmehr hat es sich hier sowie auch bei der Motivirung der fraglichen gesetzlichen Bestimmungen ausschliesslich darum gehandelt, den Eltern bezw. Vormündern der minderjährigen Arbeiter durch die neu zu schaffende Einrichtung der Lohnzahlungsbücher eine Kontrolle über die von den Minderjährigen bezogenen Löhne zu gewähren. Mehrfach ist hierbei die Befürchtung ausgesprochen worden, es möchte der minderjährige Arbeiter die Einrichtung der Lohnzahlungs bücher illusorisch machen oder die Erreichung des beabsichtigten Zweckes in Frage stellen durch die Vernichtung der Lohnzahlungs bücher, durch deren Verheimlichung vor Eltern und Vormündern unter Vorspiegelung des Verlustes derselben, durch zu späte Abgabe an den Arbeitgeber behufs Eintragung des Lohnes und dergleichen. Um dem, soweit thunlich, entgegenzutreten, hat man offensichtlich das Verbot der Eintragung von günstigen oder benachtheiligenden Merkmalen für den Arbeiter im Gesetz beigefügt und dadurch ver hüten wollen, dass der Arbeiter etwa durch tadelnde Bemerkungen, Notifikationen von Strafen und dergleichen veranlasst würde, seine Mitwirkung zur Durchführung der neuen Einrichtung zu versagen oder diese zu hemmen Vermag man auch nicht der Ansicht der Verklagten zu folgen, dass in dem Befragen des Arbeiters nach dem von ihm seither be zogenen Lohne ohne Weiteres ein Ausfluss unlauteren Wettbewerbs zu erblicken sei, so ist auch anderseits garnicht abzusehen, wozu der Arbeitgeber das Lohnzahlungsbuch des neu bei ihm eintretenden Arbeiters benöthige, da er jederzeit in der Lage ist, durch mündliche Informationen das gleiche Resultat zu erzielen, ganz abgesehen davon, dass ihm stets anheim gegeben bleiben muss, den Lohn nach eigenem Ermessen und Kalkuliren auf Grund seiner Ueberzeugung von der Leistungsfähigkeit des Arbeiters mit diesem unabhängig von seinem früheren Arbeitsverdienste zu vereinbaren. Das Gesetz selbst spricht nicht von einer Verpflichtung des Arbeit gebers, das Lohnzahlungsbuch nach Beendigung des Arbeitsverhält nisses herauszugeben, wie dies beispielsweise bei dem Arbeitsbuche geschehen ist. (§ 107 RGO) Hätte der Gesetzgeber die Vorschrift über das Arbeitsbuch in diesem Punkte auf das Lohnzahlungsbuch ausdehnen wollen, so hätte in § 134 Abs. 3 RGO die weitere Verweisung auf § 107 RGO zweifel los nicht fehlen dürfen. Demzufolge erscheint die vergleichsweise Heranziehung des Arbeitsbuches, welches nicht von dem Arbeitgeber angeschafft, sondern von der Behörde kostenfrei ausgestellt wird, zur Begründung des Klaganspruches nicht als angängig. Wollte man eine Vergleichung aufstellen, so könnte das Lohn zahlungsbuch in Beziehung auf den streitigen Punkt eher mit den Arbeitsordnungen in eine Linie gestellt werden, deren Aushändigung bei dem Antritte des Arbeitsverhältnisses in Fabriken mit regelmässig mehr als 20 Arbeitern gleichfalls durch § 134 a RGO vorgeschrieben ist, während die Rückgabe der ausgehändigten Arbeitsordnung bei Auf lösung des Arbeitsverhältnisses wohl unbedenklich vom Arbeitgeber gefordert werden könnte. Aus allen diesen Gründen erscheint das Verlangen des Klägers nach Aushändigung des Lohnzahlungsbuches ungerechtfertigt. Es musste daher die Abweisung der Klage erfolgen. Monosulfit-Flecke in Zellstoffpapier Wir senden Ihnen eine Anzahl Musterbogen von gelblich Pergamyn- Papier, welche aufeinanderliegend und besonders in der Durchsicht mit unzähligen dunklen Flecken durchsetzt erscheinen, während diese Flecke weiss aussehen und das Papier nicht besonders verunstalten, wenn man den auseinander gefalteten Bogen nicht in der Durchsicht sondern in der Aufsicht betrachtet. Dieser Fall ist uns schon wiederholt vorgekommen. Ein un- betheiligter Zellstoff-Fabrikant hat uns früher nach vorgenommener Untersuchung eingesandter Papier- und Zellstoff-Proben mitgetheilt, dass diese Flecke von im Zellstoff vorkommendem Monosulfit her rühren. Wir bitten Sie, uns Ihre Ansicht darüber mitzutheilen und folgende Fragen zur Aussprache zu stellen: 1. Woher können diese Flecke stammen? 2. Wie kann man sie vermeiden ? 3. Auf welche- Weise lässt sich deren Vorkommen im Zellstoff vor dessen Verarbeitung feststellen, und wie kann man derartige Fehl- Anfertigungen vermeiden? Der Lieferant hat bisher auf unsere Reklamationen immer das Vorhandensein von Monosulfit in seinem Zellstoff bestritten und be hauptet, dass diese Flecke nicht aus seinem Fabrikat stammen. Papierfabrik Die Flecke stammen unseres Erachtens von im Zellstoff enthaltenem Monosulfit. Ist die Sulfitlauge, wie sie zum Kochen benutzt wird, wenig reich an freier schwefliger Säure, oder enthält sie aufgeschlämmte Theile von Gips, oder wird die Kochung so geleitet, dass zuviel schweflige Säure vor Beendigung der Kochung gasförmig abgeht, so fällt Gips oder Monosulfit unlöslich aus, schlägt sich auf die Fasern nieder und kann durch nachträgliches Waschen, Sandfänge usw. nicht mehr so vollständig entfernt werden, dass nicht Klümpchen davon in den verkaufsfertigen Zellstoff übergehen. Ob die Flecke Mono sulfit enthalten, davon kann man sich überzeugen, indem man ein solches Klümpchen mit einer Messerspitze heraushebt, mit Salzsäure befeuchtet und blaues Jodstärkepapier damit in Be rührung bringt. Entfärbt sich dieses Papier, so ist schweflige Säure und damit auch das frühere Vorhandensein von Calcium- Monosulfit nachgewiesen. Die Flecke können aber auch aus Gips-Klümpchen bestehen. Der Nachweis des Gipses erfolgt auf allen Chemikern bekannte Weise mittels Salzsäure und Chlorbaryum. 2. Aus Obigem geht schon hervor, dass die Vermeidung dieser Flecke nur in der Zellstofffabrik erfolgen kann, denn sobald der Zellstoff Monosulfit-Klümpchen enthält, so kann der Papierfabrikant nicht verhindern, dass solche ins Papier über gehen. Der Zellstofffabrikant muss zur Vermeidung dieses Fehlers gut geklärte, an freier schwefliger Säure reiche Koch lauge verwenden und diese nicht soweit ausnutzen, dass der Stoff, wie man zu sagen pflegt, verkocht oder braun gekocht wird, sondern die Kochung so rechtzeitig beendigen, dass die Ablauge hell bleibt. 3. Das Vorhandensein der Klümpchen lässt sich im Zellstoff feststellen, indem man dünne Lagen davon abschält, befeuchtet und im durchfallenden Licht betrachtet. Medaillen-Schwindel Unter der Spitzmarke »Warnung« brachte die Papier-, Schreibwaaren- und Ansichtskartenbörse vom 7. April d. Js. folgende Mittheilung: »Den famosen Dr. Hembo alias Joseph Antoine Boehm (den Doktortitel hat er sich der besseren Lesbarkeit halber zugelegt) hat sein Geschick ereilt. Wie wir im Nizzaer L'Eclaireur lesen, ist Betr. wegen Verkaufs unzüchtiger Karten und Fotografien