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Nr. 35 PAPIER-ZEITUNG 1321 man sich kaum bewusst, dass auch der Buchschnitt an der Buchverzierung theilnimmt. Prüft man auf diese Forderung hin eine Zahl Buch einbände, so staunt man über die Sorglosigkeit, mit der Buchschnitt, Vorsetzpapier und Bucheinband zusammenge würfelt sind. Dieser Mangel an Harmonie zwischen Buchschnitt, Vorsetz papier und Buchdecke drückt die Wirkung manches Einbandes tief herunter, obgleich an dem Bande jeder Theil mit Geschick und Geschmack gearbeitet ist. Die Verfertiger dieser Einbände scheinen zu vergessen, dass die schönst gepresste Decke durch einen hässlichen oder unpassenden Schnitt entwerthet wird, dass anderseits der einfachste Halblederband allein durch die Harmonie der Decken- und Buchschnittfarben sowie durch die gleichfalls harmonische Eingliederung des Vorsetzpapieres zu einem Kunstwerk werden kann. Seltsamerweise sind die gröbsten Verstösse oft mit kost spieligsten Mitteln begangen. So entdeckte ich unter vielen Verlagswerken eine Zahl Halbfranzbände, die sehr gut gearbeitet, mit Krokodilleder - Imitation überzogen und mit schönen türkischen Marmorschnitten versehen waren. Diese Marmor schnitte, mit dunklen Adern auf zartem, bläulich wassergrauem Grunde, versprachen einheitliche Wirkung. Allein das effnen der Buchdeckel bereitete sofort eine bittere Enttäuschung. Statt zum Vorsetz ein dem Schnitt ähnliches Marmorpapier zu verwenden, war ein weisslich-gelbes, mit braunen Ornamenten versehenes, geriffeltes Vorsetzpapier eingeklebt. Damit war der Zusammenhang völlig zerstört, und der Einband, der äusserlich Gutes versprach, bewies nur den geringen Farben sinn seines Verfertigers. Geeignete Marmorpapiere, sowohl türkischen wie griechischen Marmor, liefert jede Buntpapierfabrik in grosser Auswahl. Seit einigen Jahren stellt man auch besondere Arten Fantasie marmor in verschiedenen Farben und Mustern her. So brachte die Aktien-Gesellschaft für Buntpapier-Fabrikation in Aschaffen burg zwei Serien Marmormuster unter der Bezeichnung »Jugend« auf den Markt, die von grosser Schönheit und in ihrer cha rakteristischen Art sehr geeignet zu modernen Bucheinbänden sind. Die eine Serie stellt eigenthümlich gezogene und ge sprengte Formen in zwei und drei Farben dar, die andere einen zartfarbigen, weissgeaderten Marmorgrund, auf dem pflanzen artig eine dunkelfarbene Figur emporstrebt, von deren Mitte aus nach beiden Seiten geschwungene, mit ihren Spitzen wieder Dach innen gezogene Blattformen auslaufen. Diese schönen, trefflich verwendbaren Marmorpapiere werden geglättet als Ueberzug-, matt als Vorsetzpapiere geliefert. Da durch ist ein Mittel zur einheitlichen, in Form und Farbe har monisch abgestimmten Buchausstattung gegeben. Denn man bat zum Ueberzugpapier stets das entsprechende Vorsetzpapier zur Verfügung, man kann beide in Form und Farbe voll ständig gleich wählen und dadurch geschlossene Wirkungen überraschender Art erzielen. Freilich ist es dann nöthig, dem Ueberzug- und Vorsetzpapier auch den Schnitt anzupassen, da erst hierdurch ein einheitliches Ganzes entsteht. Im vorderen Eckzimmer des Buchgewerbe-Museums zu Leipzig war kürzlich eine Mustersammlung von Marmor- Papieren der Firma Felix Pelzer & Comp. in Düren aus gestellt. Die Originale dieser selten schönen Papiere stammen von E. Leistikow. Die Papiere, die sich durch bewunderns- Werthe Farbenwahl auszeichnen, schliessen sich in ihrem Wesen gleichfalls der modernen Stilrichtung an. Die Formen sind in grossen Zügen gehalten, sie stellen Fantasie-Figuren dar, die sich mit windgetriebenen, wirbelartig gekräuselten und verschlungenen Wasserströmen von verschiedenen, zart inein ander fliessenden Färbungen vergleichen lassen. Die Fär bungen sind überaus weich, einschmeichelnd, und der Reiz des Hesammtbildes wird noch durch die feinfühlige Farbenver bindung erhöht. So ist ein zartes Grau und dazu abgestimmtes Rosa, ein Grau, Rosa und Blau, Grau, Gelb und Roth, Blau, Gelb und Roth, alles indessen in äusserst zarten, durchsichtig dünnen, luftigen Tönen zur reizvollen Farbenwirkung zu- Bammengestimmt. Diese Papiere, als Ueberzug und Vorsetz zu grösseren Formaten benutzt, dazu ein geeigneter Schnitt, dürften Einbände von ganz eigenartiger Schönheit ergeben. Die Wirkung solcher Papiere wäre auch dann noch sehr gut, wenn anstelle des Marmorschnittes, der solchen Kunst- Papieren schwer nachzuahmen ist, ein völlig unbeschnittenes Buch treten würde. Diese Art, die Bücher beim Einbinden Dicht zu beschneiden, sondern die Bogen nur mit dem Messer im Buch aufzuschneiden, ist bei englischen und fran zösischen Bücherfreunden beliebt und daher in diesen Ländern häufig. Wird das Buch mit der Maschine beschnitten, so erhält der Einband erst durch einen harmonisch eingegliederten Farben- oder Goldschnitt seine volle Wirkung. Welch über raschende Wirkungen zu erzielen sind, sieht man an vielen Kunsteinbänden, an denen der Goldschnitt nach Art der Mosaikdecken-Ornamentik mit bunten Verzierungen bemalt ist. Erst der harmonisch eingegliederte Gold- und Ornamentschnitt verleiht diesen Bänden ihre einheitliche Vornehmheit und dadurch ihren vielbewunderten Kunstwerth, und was die Kunsteinbände vollkommen macht, das sollte, da es technisch erreichbar ist, auch an den schlichteren Alltagseinbänden nicht vernachlässigt werden. Walzenständer für Schnell pressen von J Gr. Scheiter & Giesecke in Leipzig. In erster Linie für die Walzen der »Windsbraut« - Schnellpresse, sodann aber auch für alle anderen Schnellpressen walzen ist ein eisernes, säulenförmiges Gestell be stimmt, welches innerhalb bestimmter Grenzen ver längert und verkürzt werden kann, um verschieden lange Walzen aufnehmen zu kön nen, die am Fusse der Säule in dafür bestimmten Ver tiefungen, am oberen Ende in Einkerbungen ruhen. Die Walzen sind in dem Ständer mit geringer Neigung und ohne gegenseitige Berührung von allen Seiten zugänglich. Antiqua gegen Fraktur. Die Delegirten -Versammlung des sächsischen Lehrervereins hat sich in einer Resolution für all- mälige Beseitigung der Doppel schrift und alleinige Anwendung der Antiqua ausgesprochen. Die Fraktur solle aus der Unterstufe der Volksschule beseitigt und eine Fibel mit Antiquaschrift eingeführt werden. Die Versammlung empfiehlt den Mitgliedern des Lehrervereins, in und ausserhalb der Schule die Antiqua möglichst zu bevorzugen oder allein in Anwendung zu bringen. Auch soll beantragt werden, die »Sächsische Schul zeitung« künftig in Antiqua erscheinen zu lassen. (Allg. Ztg.) Berliner Buchdrucker-Versammlung. Der Tarifkreis VIII (Berlin- Brandenburg) des Verbandes der Deutschen Buchdrucker berieth Sonntag, 28. April, im »Zirkus Schumann« in Berlin die Anträge zur Abänderung des Tarifs. Die wichtigsten Forderungen sind: a) die Grundposition erhöht sich um 10 pCt.; b) diejenigen Gehilfen, die über Tarif entlohnt werden, erhalten die Erhöhung der Grundposition als Gehaltszulage; c) Lokalzuschläge erhalten: Berlin bis im Umkreis von 10 km 831/3 pCt., Brandenburg, Potsdam, Neubabelsberg und Trebbin je 15 pCt., Spandau 10 pCt. und Köpenick 71/2 pCt. In Städten über 100000 Einwohnern ist die Arbeitszeit 884stündig. Bei täglich er scheinenden Zeitungen sind Ausnahmen zulässig. Bei 5 Ueberstunden und darüber in einer Woche tritt ein Zuschlag von 100 pCt. ein. Das Kautionsstellen, gleichviel in welcher Form, ist nicht gestattet. Die gegenseitige Kündigungsfrist ist 14tägig, wenn nicht kürzer; längere Kündigungsfristen sind nicht zulässig. Die Kondition und deren Dauer darf von der Zugehörigkeit zu irgend einem Verein oder einer Kasse nicht abhängig gemacht werden. An den Setz- wie an den Druck maschinen sind nur gelernte Gehilfen zu beschäftigen. Lehrlinge dürfen gehalten werden: In Betrieben bis zu 8 Gehilfen 1 Lehrling, auf 4 bis 8 Gehilfen 2 Lehrlinge, 9 bis 14 Gehilfen 3 Lehrlinge, 15 bis 20 Ge hilfen 4 Lehrlinge, 21 bis 26 Gehilfen 5 Lehrlinge, 27 bis 34 Gehilfen 6 Lehrlinge, auf je weitere 12 Gehilfen ein Lehrling mehr. Dieselben Forderungen wurden bereits in verschiedenen anderen Städten durch- berathen. Die Versammlung nahm eine Resolution an, in der sie sich mit den Aenderungen einverstanden erklärte, und ersuchte den Gehilfen vertreter des Tarifkreises, für diese Forderungen einzutreten. Der Tarif hat 3 Jahre Giltigkeit. Sollten die Prinzipalitätsvertreter nur zu geringeren Bewilligungen bereit sein, so soll der Vertreter der Ge hilfen nur für ein- bis zweijährige Tarifgemeinschaftsdauer eintreten. W. a. M.