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3278 PAPIER-ZEITUNG Nr. 87 E. Schiedsgericht Vorsitzender des Schiedsgerichts: Kgl. Reg--Rath Billerbeck, Breslau, Berlinerplatz 1a. Stellvertreter: Kgl. Reg.-Rath Bahrendt, Breslau, Berlinerplatz la. Beisitzer 1. 0. Krieg, Direktor in Eichberg (Post Schildau bei Hirsch berg i. Schl.). 2. KarlDanielAugustür/ur#,FabrikbesitzerinHirschbergi.Schl. Stellvertreter ( 1. Stellvertreter: Vacat. zu 1 | 2. Stellvertreter: Tamm, Direktor in Friedland bei Waldenburg i. Schl. 1. Stellvertreter: Paul Altmann, Fabrikbesitzer in Hirschberg i. Schl. 2. Stellvertreter: H. Bichter, Kommerzienrath in Arns dorf (im Riesengebirge). F. Delegirte 1. F. Falch, Fabrikbesitzer in Brieg, Bez. Breslau. 2. Hugo Altmann, Fabrikbesitzer, Hirschberg i. Schl. 3. C. Sattig, Fabrikbesitzer, Hirschberg i. Schl. Ersatzmänner 1. Direktor Bichter, Hirschberg i. Schl. (Weitende). 2. Kgl. Bergrath Lobe in Königshütte O.-S. 3. Direktor Georg Conrad in Sacrau bei Breslau. G. Beauftragter der Sektion im Sinne der §§ 82 und folgende des Gesetzes Revisions-Ingenieur Georg Lincke in Liegnitz, Neue Gold bergerstr. 70. Breslau, 24. Oktober 1898 Papiermacher-Berufsgenossenschaft Sektion XI (Schlesien und Posen) Der Vorstand F. Falch, Vorsitzender Auf Abruf und in Gegenrechnung Zu Nr. 88 Aus Berlin Den Ausführungen »aus Schlesien« in Nr. 85 muss widersprochen werden. Der deutsche Richter hat nicht am Worte zu kleben, sondern den Willen der Parteien zu erforschen. Ein Kauf auf Abruf ist un bedingter Kauf. Gewiss kann die Lieferzeit zweifelhaft sein, wie es tausend andere Dinge in einem den Gegenstand eines Prozesses bildenden Vertrage sind. Sache der Parteien ist es, ihre Ansprüche durch Beweisanträge zu stützen; der Richter hat das Pro und Kontra, nöthigenfalls Sachverständige zu hören und danach zu entscheiden Dem Verkäufer aber zuzumuthen, dass er ohne Gnade warte, bis der Käufer den Abruf zu ertheilen geruhe, das war vernünftiger Weise nicht beabsichtigt; deshalb verstiesse ein solches Verlangen gegen Treue und Glauben im geschäftlichen Verkehr. Wenn übrigens, wie »aus Baiern« geschrieben wird, der Käufer die Rechnung anerkannte und erst nach neun Monaten den Einwand des Kaufes auf Abruf geltend machen wollte, so spricht Alles gegen ihn. —e — * -x- * Zu Nrn. 81, 83, 85 Von unserem rechtskundigen Mitarbeiter Eine Bestellung mit der Maassgabe, dass die Lieferung erst nach Aufgabe des Bestellers erfolgen soll, ist ein wirklicher, gütiger Kauf; denn es besteht ein auf Uebertragung des Eigen thums gerichteter Vertrag auf Hergabe einer Waare für einen bedungenen Preis. Wie der Besteller berechtigt ist, Lieferung der Waare zu erzwingen, so ist auch der Verkäufer Abnahme zu fordern befugt. Die Bestimmung der Zeit der Uebergabe ist in das Ermessen des Käufers gestellt. Das Ermessen muss ein von den vorliegenden Umständen geleitetes, vernünftiges sein. Indem der Verkäufer sich auf einen derartigen Vertrag einlässt, rechnet er auf ein solches, jede Willkür des Bestellers ausschliessendes Ermessen. Die Zeit des Abrufs muss also eine Grenze haben. Die Grenze liegt im Schlüsse der »Kampagne«, da voraussichtlich der Käufer die Waare bestellt, weil er sie noch in dem laufenden Arbeits-Zeitraum braucht. Im Papierfache wird in den meisten Fällen die Weihnachtszeit die Grenze des Abrufs sein, weil dies die günstigste Verkaufs zeit für den Kleinhandel ist. Wer also im September auf Ab ruf kauft, muss spätestens am 1. Dezember abnehmen. Die Grenze lässt sich auch durch die eigenartige Sachlage des einzelnen Falles finden. Hat der auf Abruf Bestellende in früheren Fällen die gleiche Waare in monatlichen oder zwei monatlichen Zwischenräumen abgenommen, so muss er auch jetzt in gleichen Zeiträumen abnehmen. In dieser Weise ist in der Papier-Zeitung Nr. 48 von 1896 ein ähnlicher Fall beurtheilt. I Ist aber ausdrücklich auf Abruf mit unbegrenzter Zeitdauer bestellt, so versagt anscheinend das obige anleitende Hilfs mittel. In den Gebieten des gemeinen und preussischen Rechts kann, wenn die Zeit der Erfüllung in das Belieben oder in die Willkür des Verpflichteten gestellt ist, die Erfüllung erst nach dem Tode des Verpflichteten gegen dessen Erben gefordert werden. Diese landesrechtliche Regel gilt aber nicht im Handels verkehr. Hier darf der Richter nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks »unbegrenzte Zeitdauer« haften, sondern muss den Willen der Betheiligten erforschen. Gewollt war jedenfalls eine Erfüllung zu Lebzeiten des Verkäufers, da gar- nicht abzusehen ist, ob seine Nachkommen das Geschäft fort setzen werden. Ausdrücke wie Willkür oder Belieben sind auch nicht gebraucht. Da aber die Lieferzeit vom Bedarf des Be stellers abhängt, so hat er zur Zeit eintretenden Bedarfs ab nehmen wollen, er sträubte sich nur gegen eine ihm vom Ver käufer aufzuerlegende Grenze. Eine aus der Sache selbst sich ergebende Grenze muss er sich gefallen lassen. Folglich ist auch in solchen Fällen spätestens am Schlüsse der »Kampagne« abzunehmen. Hat, wie in dem in Nr. 81, Seite 3049, mitgetheilten Falle, der Besteller die Waare, wenn auch ohne vorherigen Abruf, schon im Dezember 1897 geliefert erhalten und monatelang eine frühzeitige Lieferung nicht gerügt, so musste er spätestens im März 1898 zahlen. Es war nicht vereinbart, dass erst nach Verbrauch der Waare der Preis zu zahlen sei. Papiermacher-Ausbildung Mein einziger Sohn will Papiermacher werden, er besucht die Königl. Landwirthschaftsschule (lateinlos) zu D,, ist im Mai 14 Jahre alt ge wesen, wird nächste Ostern konfirmirt und gedenkt in zwei Jahren das Freiwilligen-Zeugniss zu erreichen. Genügt diese Schulbildung? Wie lange muss ein Papiermacher lernen, und welche Schule hat er dann noch zu besuchen? Giebt es nur die in Wien, und wie lange dauert dort der Lehrgang? Pappenfabrikant Aehnliche Fragen wurden alljährlich wiederholt beantwortet, zuletzt in Nr. 78 d. J. S. 2966. Allgemein gütigen Rath kann man nicht ertheilen, da Begabung, Vermögens Verhältnisse und Lebensziel des angehenden Papiermachers berücksichtigt werden müssen. Geschätzt und gut bezahlt werden weniger die theoretischen Kenntnisse, als die durch eigene Thätigkeit erworbene praktische Erfahrung und die Kunst, dieselbe unter veränderten Verhältnissen nutzbringend anzuwenden. Daher ist langes Sitzen auf der Schulbank nicht zu empfehlen. Zweckmässig ist es, nach Erlangung des Freiwilligenrechtes als Lehrling in eine Papierfabrik einzutreten und dort möglichst alle Arbeiten durchzumachen, nach zwei bis drei Jahren solcher Arbeit auf der Papiermacher-Fachschule in Wien oder auf einem guten »Technikum« die erforderlichen Kenntnisse in Maschinen lehre und Chemie zu erwerben, hierauf, wenn sich Gelegenheit dazu bietet, ein Jahr in einer für die Papierfabrikation thätigen Maschinenfabrik als Schlosser zu arbeiten. Einen so vorberei teten jungen Mann wird man gern als zweiten Werkführer an stellen, und wenn er neben praktischem Sinn Fleiss und Aus dauer besitzt, kann er sich mit der Zeit zu leitender Stelle emporarbeiten. Uebel angebrachte Sparsamkeit Zu Nr. 82 Aus Braunschweig Ich überreiche Ihnen einen Briefumschlag, der, schon einmal ge braucht, von dem Postamt Mattierzoll umgewendet und zur Rück sendung eines Postauftrages an mich benutzt wurde. Solchen Anblick geniesse ich öfter. Derartige Umschläge kommen nur aus allerkleinsten Postämtern, in welchen es wohl Stunden des süssen Nichtsthuns giebt. Man sollte immerhin meinen, dass auch diese Zeit besser anzuwenden sei. X. Geschwindigkeit der Holländer Soeben kommt mir Nr. 82 der Papier-Zeitung zu Gesicht, und ich kann nicht unterlassen, im Aufsatz »Geschwindigkeit der Holländer« das über »Schwungkraft« Gesagte einer kurzen Erörterung zu unterziehen. Es wäre mir sehr interessant zu erfahren, aus welchem Umstande die Ersparnisse an Energie durch Schwung herrühren sollen. Dass die Walze nach dem Leiten auf die Leerscheibe noch längere Zeit in Bewegung blieb, kann nicht als Beweis dafür gelten, denn die Walze hat in diesem Falle lediglich als Akkumulator (Kraft-Sammler) gedient, indem sie die ursprünglich zu ihrer Bewegung nöthig ge wesene Energie wieder abgab. Schwung kann auf ungleichmässige Arbeit wohl ausgleichend, aber nicht vermehrend wirken. Friedrich Baudisch zu 2