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2836 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 89. interessantes Verfahren stammt von dem russischen Berg-Ingenieur Slavianoff aus dem Jahr 1891. Um es zu kennzeichnen, sei hier eine Form seiner Anwendung genannt. Der eine Pol führt zu der Gussform bezw. dem Schmelzgefäss, als der einen Elektrode; der andere zu dem schmelzenden Metall, welches in Gestalt einer Stange die zweite Elektrode bildet. Wird zwischen den beiden Elektroden ein Lichtbogen gebildet, so schmilzt die Metallstange von ihrem Ende aus ab; man hat nun weiter nichts zu thun, als die Stange im selben Verhältniss nachzuschieben, um den Lichtbogen zu erhalten, und sie kann so vollständig in der Gussform eingeschmolzen werden. Der Inhalt der letzteren bleibt flüssig, solange der Lichtbogen besteht; ja sie wird sogar, wenn sie Metall ist, bis zu einer gewissen Tiefe selbst verflüssigt, woraus sich eine noch zu erwähnende vorzügliche Wirkung des Giessverfahrens ergiebt. Ein wichtiges Moment bildet die stetige Erhaltung des Lichtbogens, der aussetzen würde, sobald die Metallstange durch Abschmelzen etwas kürzer geworden ist; dies hätte im Gefolge, dass das abtropfende Metall sofort erstarren würde und ein homogener Guss nicht zu erhalten wäre. Dem ist in sinnreicher Weise bei dem Slavianoff’schen Apparate Rechnung getragen. Die grobe Einstellung der Stange geschieht hier durch Nachschieben mittels eines gegen dieselbe gelegten Stahlrädchens, während das Gegenlager durch Rollen gebildet wird. Ersteres wird bethätigt durch eine in einem Handrad endigende Triebwelle, welche mit einer Hülse umgeben, mit der sie in der Mitte nach Art eines Wagebalkens drehbar aufgehängt ist. Die feinere Einstellung des Lichtbogens erfolgt auf automatische Weise, durch den Elektrizitäts strom selbst. Es ist das Prinzip der Differenzial-Regulirung (wie bei der Siemens’schen Bogenlampe) zur Anwendung gebracht, indem vom vorhin erwähnten Aufhängepunkt der Triebwelle aus ein Arm empor führt, welcher oben in horizontaler Lage einen Eisenkern trägt, um den die Selenoide des Regulators gelegt sind. Zur Veranschaulichung der Anordnung in ihren fest mit einander verbundenen Theilen diene bei- d gezeichnetes Schema b Es entspricht a b der Triebwelle e (bezw. der sie umgebenden Hülse), an deren einem Ende die abzu- •schmelzende Metallstange getragen wird; c ist der abzweigende Arm, d der Eisenkern, e der Aufhängepunkt der beweglichen Vorrichtung. Der Strom nimmt seinen Lauf von der Energiequelle aus durch die Selenoide, von hier durch ein biegsames Kabel nach dem Metallstab, und nach Bildung des Lichtbogens durch das Werkstück direkt zum Ausgangspunkt zurück. ' Das Spiel der Regulirung ist dasselbe wie bei der Bogenlampe: wird der Widerstand beim Lichtbogen durch Ver grösserung des Elektrodenabstandes grösser, so wird der Eisenkern mehr in die enggewickelte Spule hineingezogen, da jetzt mehr Strom durch dieselbe hindurchfliesst; der Hebelmechanismus tritt so in Wirk samkeit und nähert die Stange dem Gussstück. Von Werth erweist sich diese Differential-Regulirung besonders, wenn mehr Giessmaschinen hintereinander in denselben Strom eingeschaltet sind. Einige Anwendungen des Slavianoff’schen Giessverfahrens, dessen man sich seit bereits 21/2 Jahren in der Filialfabrik von Jul. Pintsch zu Fürstenwalde bedient, zählen zu den bewundernswerthesten technischen Leistungen. Es wurden z. B. mit Hilfe desselben gesprungene Dampf- cylinder, sowie ein Schwungrad reparirt, welche sonst nur durch neue ersetzt werden konnten. Die Arbeit wird hier in der Weise bewerk stelligt, dass man zunächst den Sprung auf seine ganze Länge in einer Breite von 25 mm ausmeisselt, was erforderlich ist, um den Metallstab einführen zu können, der zur Ausfüllung der Lücke zum Schmelzen gebracht wird. Vorher muss jedoch eine Gussform gebildet werden, welche aus Retortenkoks oder Quarzsand hergestellt sein kann. Beim Gusse selbst sind mehrere Vorsichtsmaassregeln zu beobachten, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll; um die Oxydbildung zu ver hüten, wird auf das eingeschmolzene Metall Glaspulver aufgestreut, welches eine Schlackendecke als Schutz bildet. Eine andere Art von Reparaturen betraf Gussstücke, bei welchen ganze grössere Partien ausgebrochen waren; das Fehlende wurde durch das Giessverfahren ergänzt. — Im allgemeinen bildet bei solchen Arbeiten der zu schmelzende Stab die positive Elektrode, weil hier die meiste Wärme frei wird. Gelegentlich ist auch der Strom umzukehren, um das Guss stück selbst bis auf gewisse Tiefe zu schmelzen, damit die Verbindung inniger werde. Man hat jedoch die Wahrnehmung gemacht, dass am negativen Pol ein weicheres Eisen erhalten wird, als am positiven. Ueber den Energieaufwand besagen die vorliegenden Ergebnisse, dass man auf das Quadratmillimeter Querschnittfläche des abzu schmelzenden Gusseisenstabes 7,5 bis 8 Ampere braucht, wonach bei spielsweise eine 8 mm starke Stange 400 Ampere verlangt. Die Spannung des Stromes beträgt im Mittel 60 Volt, was in unserm Falle einem Kraftaufwand von 40 PS entspricht. Es kann hiernach nicht verkannt werden, dass das elektrische Giessverfahren sehr kostspielig ist und nur dann mit pekuniärem Nutzen anzuwenden sein wird, wenn mit seiner Hilfe Reparaturen der gezeigten Art vorgenommen werden können, die eine Neubeschaffung ersetzen. Den Fabriken am Fox River ist nach vielen Anstrengungen vom Kriegsdepartement seit Mitte September gestattet worden, dem Flusse 40000 Kubikfuss Wasser in der Minute für ihre Anlagen zu entnehmen, weniger als die Hälfte der zum vollen Betrieb nöthigen Menge. Fast zwei Monat waren sie ganz auf Dampfkraft ange wiesen (vergl. S. 2095). Die Van Nortwick’sche Schleiferei hat den seit 11/2 Jahren eingestellten Betrieb wieder aufgenommen. Berliner Gewerbe-Ausstellung. Der Papier-Verein Berlin und Provinz Brandenburg hatte von der Bauleitung die Erlaubniss erwirkt, die Anlagen der Berliner Gewerbe-Ausstellung Sonntag, 3. November, vormittags 10 Uhr zu besichtigen. Da sich noch andere Berliner Vereine an schlossen, so zogen vom Versammlungsort über 500 Herren und Damen unter sachverständiger Führung eines der Bauleiter zunächst nach dem Südpark. Der Park macht im hellen Sonnenschein den Ein druck ungeheurer Grösse, seine zahlreichen Baumgruppen und Gebüsche bringen Abwechselung in die zahlreichen Gebäude und Anlagen, die zum Theil schon äusserlich fertig sind oder doch ihre Gestalt schon erkennen lassen. Zunächst ging es zum Hauptgebäude, welches mit mächtiger Kuppel und zwei Seitenthürmen geziert wird, und an dessen Fassaden sich halbbogenförmige Kolonnaden schliessen, die zum Theil vom Cafe Bauer eingenommen werden. Die mit Aluminium gedeckte Kuppelhalle und Seitenthürme sollen grossen architek tonischen innern Schmuck erhalten, zu welchem auch Gegenstände aus den kaiserlichen Schlössern verwendet werden. Das sehr grosse Hauptgebäude besteht aus kühnen aber gefällig aussehenden Eisengerippen mit Rabitzwand-Auskleidung (Drahtgewebe und Gips). Die Gruppenhallen des Hauptgebäudes sind schon über deckt und die cementirten Fussböden bis auf die Maschinenhalle am Ende des Hauptgebäudes fertig. Die Gesammtwirkung der geschmückten Hallen muss in Verbindung mit den zahlreichen Ausstellungs -Gegenständen überwältigend werden. Dann wurde die Gesellschaft nach dem ausgegrabenen See (früheren Spielplatz) geführt, von wo sich das ganze Hauptgebäude überblicken lässt und das von dem etwas entfernten Standpunkt aus einen guten Gesammt-Eindruck macht. Nach den Plänen des Architekten Herrn Bruno Schmitz werden axial zum See gärtnerische Anlagen und ein monumentaler Brunnen Raum finden, und jetzt schon wird eine Kanalverbindung mit dem Karpfenteich zu Gondel fahrten hergestellt. An der Einmündung in den Karpfenteich steht der Massivbau »Theater Alt-Berlin« mit grossem Bühnenraum, auf dem u. a. zahlreiche Pferde zur Aufführung verwendet werden sollen. Der Zuschauerraum fasst 1800 Personen. Von hier aus gelangt man über die nachgebildete frühere Spandauerbrücke an dem trutzigen Thurm des Spandauer Thores vorbei nach Alt- Berlin, welches uns ins Mittelalter versetzt. Die Täuschung ist so vollkommen und die Art der Anordnung so reizend, dass dieser Theil eine Hauptanziehungskraft der Ausstellung bilden wird. Zurück vor dem See vorbei nach dem Nordpark zu, der jetzt noch durch die Treptower Landstrasse abgetrennt ist, gelangt man links zu vielversprechenden gärtnerischen Muster-Anlagen erster Firmen, rechts vom Wege wird eine Nachbildung der Kaiser yacht »Hohenzollern« von 78 m Länge ausgeführt werden. Hinter derselben werden in einem grösseren ausgehobenen See nautische Kriegs-Spiele ausgeführt, die eine Vorstellung von der Thätigkeit der Kriegsschiffe geben sollen. Ueberall war die elektrische Bahn abgesteckt, welche die ganze Ausstellung durchlaufen soll. Der umfangreiche Park macht ein solches Verkehrsmittel nöthig, denn der Führer theilte mit, dass er zum flüchtigen Besuch aller Arbeitsstellen der Ausstellung nahezu zwei Stunden brauche. Im Nordpark fällt beim Eintritt das Gebäude des Alpen- Sports ins Auge, dessen äussere Gestalt und Ausstattung schon auf den Inhalt schliessen lassen. Im Innern werden die Besucher eine richtige Hochgebirgs-Besteigung nach der Berliner Hütte im Zillerthai vornehmen, von wo man einen weiten Blick in die Gletscherwelt geniesst. Auch die Verschiedenheit der Höhen temperaturen wird den Besuchern fühlbar gemacht, sodass man sich völlig in die Alpen versetzt glaubt. Gewaltige gusseiserne Ringe, die zum Theil betonirt sind und Bestandtheile des Spree tunnels von Stralau nach dem Ausstellungspark bilden sollen, er regen das Erstaunen der Besucher. ■ Mit diesem Tunnel soll der Nachweis geliefert werden, dass die schon lange geplante unter irdische Bahn in Berlin ausführbar ist. An der Spree steht das mächtige Fischereigebäude und daran schliesst sich die architek tonisch schöne Sonder-Ausstellung für Optik, Mechanik und Photographie. Die zahlreichen kleineren Einzelgebäude sind hier ebensowenig angeführt wie die Vergnügungs-Abtheilung und die Gebäude in der Strasse in Kairo, die ebenfalls glänzend zu werden scheinen. Berlin hat den Ehrgeiz, auf dem Gebiet der gewerblichen Schaustellung so viel Mustergiltiges zu bieten, wie in solcher Vielseitigkeit, Grösse und Schönheit noch von keiner Lokal-Ausstellung geboten wurde. Berlin will zeigen, was es industriell in der Welt bedeutet, die Ausstellung wird hervorragend sein und manche Weltausstellung durch gediegene Fülle des Gebotenen in den Schatten stellen.