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Leistungsfähigkeit der Pappenmaschine. 5. Mai 1895. Vor einigen Monaten übernahmen wir eine Pappenfabrik mit zwei Cylindermaschinen von je 100 cm Arbeitsbreite. Da der Vorbesitzer Geschäftsbücher nicht geführt hatte, begnügten wir uns mit der gegebenen Garantie, wonach uns für jede Pappenmaschine bei einer Arbeitszeit von Montag früh 6 bis Sonnabend abend 6 (9 Schichten zu 12 Stunden) 100 Zentner zugesichert wurden. Trotzdem wir die Umdrehungszahl der Formatwalze von 18 auf 20 erhöhten, kommen wir für jede Maschine in der Woche nur auf etwa 80 Zentner. Das Personal ist dasselbe geblieben. Da unser Vorbesitzer bei seiner Behauptung stehen bleibt, wenden wir uns an erfahrene Fachgenossen mit der Bitte um Mittheilung der grösstmöglichen Leistungsfähigkeit einer Maschine von 100 cm Breite bei Herstellung guter, harter Buchbinderpappen während genannter Arbeitszeit. o H Wir werden die hoffentlich eingehenden Antworten an dieser Stelle wiedergeben. Da der Einsender in 9 Schichten 80 Zentner erzielt, so scheint es uns, dass sich bei ununterbrochenem Betrieb, also in 11 Schichten, die versprochenen 100 Zentner in der Woche sollten herstellen lassen. D. Red. Ekman gegen Mitscherlich. Herr Ekman erklärt sich in einem Brief vom 29. April durch unsere Ausführungen in Nr. 31 nicht befriedigt, wieder holt jedoch nur das bereits Mitgetheilte, nämlich dass Prof. Mitscherlich 1874 keinen eigentlichen Sulfit-Zellstoff hergestellt habe. Dies gehe schon daraus hervor, dass er in seinen damaligen Patenten von einem Ergebniss von 90 Theilen Stoff aus 100 Theilen Holz spricht, während die Ausbeuten an reinem Sulfitzellstoff nur etwa 40 pCt. beträgt. Wie wir schon in Nr. 31 erwähnten, sind die Vorwürfe des Herrn Ekman über das in Hofmann’s Handbuch Gesagte unbe gründet, umsomehr als die darin enthaltenen Angaben durch inzwischen in der Papier-Zeitung veröffentlichte Mittheilungen bekräftigt worden sind. So hat sich beispielsweise der auf S. 1423 des Handbuchs ausgesprochene Zweifel, dass Mitscherlich schon 1874 ebenso guten Stoff fabrizirte wie Ekman, als berechtigt erwiesen, während anderseits die Angabe im gleichen Satz, dass Mitscherlich »um diese Zeit auch Sulfitstoff wenigstens probe weise hergestellt hat«, ebenfalls Bestätigung fand. Auch von Herrn Professor Mitscherlich ist uns ein längeres Schreiben zugegangen, in welchem er sich namentlich gegen die Einsendung des Herrn Dorn in Nr. 22 wendet und ausführt, mit welchen Schwierigkeiten er bei seiner ersten Einrichtung für fabrikmässige Herstellung von Sulfit-Zellstoff zu kämpfen hatte. Wesentliche Abänderungen seien an dem von ihm eingeführten Verfahren nicht gemacht worden, was schon daraus hervorgehe, dass in Mitscherlich’s eigener Fabrik sich der Zentner Sulfitstoff nur auf 9 M. stellte. Auch kostete die erste Fabrik, welche zuerst nach seinen Angaben errichtet wurde, bei einer thatsächlichen Tageserzeugung von etwa 30 Zentnern, mit Gebäude und Grund stück nur 55 390 M., was doch beweise, dass es ihm gelungen sei, sowohl billige als zweckentsprechende Maschinen zu schaffen. Die Angaben und Berechnungen des Herrn Dorn bezeichnet Prof. Mitscherlich im allgemeinen als nicht zutreffend. Wären von Anderen erhebliche Verbesserungen an seinem Verfahren gemacht worden, so müsste sich deren Stoff billiger als der in seiner eigenen Fabrik erzeugte einstellen, was noch Keiner be hauptet habe. Prof. Mitscherlich spricht dann von den An strengungen, welche gemacht wurden, um sein Verfahren zu erforschen und erwähnt als Beispiel, dass, als er absichtlich die falsche Angabe verbreiten' liess, er habe die Thürme zur Her stellung des doppeltschwefligsauren Kalkes mit Blei ausgekleidet, nach einiger Zeit in einer Patentschrift diese unbrauchbare Aus kleidung als eine besondere Einrichtung beschrieben wurde. Zu seiner Einsendung in Nr. 9 theilt Herr Prof. Mitscherlich einen Briet von Herrn J. F. Dorn in Forbach mit, woraus hervorgeht dass eine Verwechslung mit Herrn Joh. Dorfi in Münster statt gefunden hat, und Herr Dorn in Forbach die von Prof. Mitscherlich erwähnte günstige Beurtheilung seines Zellstoffes in 1882 durchaus aufrecht erhält. Wir sehen von Veröffentlichung der beiden Einsendungen ab. In welchem Monat oder Jahr, und durch wen, die Aufschliessung von Holz durch schweflige Säure zum ersten Mal so vollkommen gelang, dass man den Stoff geradezu als »Zellstoff« bezeichnen konnte, ist eine akademische Streitfrage, die wenig Interesse hat. Jedenfalls könnte sie weder zu Gunsten von Ekman noch Mitscher lich entschieden werden, da Tilghman schon 1866 bis 1869 guten Sulfit-Zellstoff hergestellt hat (Hofmann’s Handbuch S. 1419). Dies schmälert indessen die Verdienste der Herren Ekman und Mitscherlich um die Einführung praktischer Verfahren in keiner Weise. Wie aus den vielen in der Papier-Zeitung veröffent lichten Mittheilungen zur Genüge hervorgeht, haben Beide ihre Verfahren auf Grund eigener Versuche und Arbeiten ent wickelt, und wir finden daher keine Veranlassung Partei zu ergreifen. Das Verdienst des Einen beeinträchtigt das des Andern nicht, und wenn Ekman sich des früheren Erfolges rühmen kann, so ist Mitscherlich dagegen berechtigt, auf die viel grössere Ausbreitung seines Verfahrens hinzuweisen. Papierprüfung. Widerstand gegen Zerknittern. In letzter Zeit sind in der Versuchsanstalt mehrere Papiere geprüft worden, bei denen der für den Widerstand gegen Zer knittern ermittelte Werth in auffallendem Widerspruch mit den Werthen für Reisslänge und Bruchdehnung stand; diese Papiere geben daher vortreffliche Beispiele dafür, dass es bei der Beur theilung der Festigkeit eines Papiers unumgänglich nothwendig ist, den Widerstand gegen Zerknittern und Reiben mit heran zuziehen. Nachstehend seien die gemachten Beobachtungen, welche durchweg an Schreibpapieren (Kanzlei und Konzept) im Format 33X42 cm ermitttelt wurden, wiedergegeben. Art des Papiers Mittlere Widerstand gegen Zerknittern Reisslänge Dehnung 1. Konzept 4b . . . . 5020 m 3,40/0 mittelmässig. 2. Konzept 3b . . . . 4775 m 3J% mittelmässig. 3. weisses Schreibpapier 4537 m 3,5% mittelmässig. 4. Urkundenpapier . . 4425 m 3,8% mittelmässig. 5. Normal 3b ... . 4160 m 3,0% mittelmässig. 6. Akten-Konzeptpapier 4106 m 3,0% gering. 7. Konzeptpapier . . . 4025 m 3,1% gering. 8. Kanzleipapier . . . 3375 m 2,5% sehr gering. 9. weisses Schreibpapier 3225 m 2,7% sehr gering. 10. Urkundenpapier . . 3216 m 2,7% sehr gering. Ein Druckpapier ergab bei einer Reisslänge = 4025 m und einer Dehnung = 3,1 °/ 0 nur einen »geringen« Widerstand gegen Zerknittern. Ein Postpapier hatte bei einer Reisslänge = 2975 m und einer Dehnung = 2,1 °/o einen »ausserordentlich geringen « Wider stand gegen Zerknittern; bei dem geringsten Versuche, es nur zusammenzuballen, brach es an vielen Kniffstellen durch. Die Fabrik, welche dieses Postpapier und das oben unter 9 aufgeführte weisse Schreibpapier hergestellt hat, äusserte sich über die beiden Sorten wie folgt: »So lange bei derartigen feinen Papieren die Ansprüche der Kundschaft an Färbung, Durchsicht, Reinheit und Eleganz bleiben und sich sogar steigern, helfen die besten Stoffe nichts zur Erreichung hoher Dehnungs- und Zerknitterungseigenschaften, und wir begrüssten es mit Freuden, wenn die Versuchsanstalt auch nach dieser Richtung hin auf klärend wirken würde.« Die Versuchsanstalt benutzt jede Gelegenheit, um die Papier verbraucher, namentlich die Behörden, darauf hinzuweisen, dass der wahre Werth des Papiers nicht in schönem Aeusseren, sondern in zweckmässiger Stoffzusammensetzung und Festig keit zu suchen ist. Jedoch wird selbst von einzelnen Papier fabrikanten dieser Ansicht nicht beigestimmt und verlangt, dass auch auf das Aussehen des Papiers ein besonderes Gewicht gelegt wird, wie z. B. aus nachstehendem der Versuchsanstalt zugegangenen Schreiben einer bedeutenden Papierfabrik hervorgeht: »Den Spielraum von 10% für Normalpapiere halte ich für viel zu reichlich bemessen, wenigstens für die Klassen 1 bis 2b. Nach den alten Bestimmungen musste der Fabrikant die Festigkeit stets etwas höher machen (etwa 100 bis 200 m in der Reisslänge), während heute ein gleichwerthiges Papier erheblich weniger fest zu sein braucht, um den Bestimmungen zu genügen. Diese Papiere können erheblich billiger geliefert werden, und die festeren Papiere, deren Herstellung mit grösseren Schwierigkeiten verknüpft ist, werden zurückgedrängt, da die Behörden nicht das äussere Aussehen, sondern lediglich den Preis in Berücksichtigung ziehen. So kann die Klasse 2b jetzt mit über 3600 m Reisslänge bereits genügen, während doch ein surrogatfreies Papier, und wenn es aus dem schlechtesten Material hergestellt ist, nicht unter 4200 bis 4500 m Reisslänge halten dürfte. Ein Spielraum von 3% würde vollständig genügen; die in den früheren Bestimmungen enthaltenen Festigkeiten waren mit grosser Sachkenntniss gewählt; wenn Papiere der 1. und 2. Klasse dann gleichzeitig weiss, frisch in Farbe, rein in der Durchsicht und klar gearbeitet sind, so haben die Behörden die Gewissheit, ein vollkommen gearbeitetes, tadelloses Papier zu besitzen, welches niemals in Qualität zurückgehen wird.