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Kaiser Leopolds „Papier-Konkordat". Vor 200 Jahren scheint französisches Papier in Deutschland viel Absatz gefunden und der einheimischen Papier-Erzeugung starken Abbruch gethan zu haben. Kaiser Leopold erliess daher im Jahre 1676 auf Anrathen des Kanzlers Leopold Wilhelm Graf zu Königseck das sog. »Papier-Konkordat von St. Veit«, d. h. eine Abmachung des Kaisers mit den ihm unterthanen Kurfürsten — zu denen auch als »Ertz-Kämmerer des heiligen Römischen Reichs« Friedrich Wilhelm von Brandenburg zählte — dass im gesammten heiligen Römischen Reich »weder frantzoesisch Pappier noch frantzoesische Pappier- macher« fortan geduldet werden sollten. Das »Konkordat« hatte folgenden Wortlaut: WIR Leopold, von GOttes Gnaden erwehlter Roemisoher Kayser, zu allen Zeyten Mehrer des Reichs, in Germanien, zu Hungarn, Boheim usw. ent- biethen allen und jeden Chur-Fuersten, Fuersten, Prälaten, Grafen, Freyherren usw. Unsere Freundschafft, Vetter- und Oheimlichen Willen und geben zu vernehmen, was maassen Wir bald nach Antretung Unserer Kayserlichen, wie auch Landes-Fuerstlichen Regierung wahrgenommen, dass durch Herein führung allerhand frantzoesischen Pappieres viel baares Geld aus dem heil. Röm. Reiche nicht weniger als Unserm Erb-Koenigreiche und Landen gezogen werden. Wann nun gleichfalls Chur-Fuersten und Staende, und derer bei gegenwaertigem Reychstage zu Regenspurg anwesende Raethe, Bothschaffter und Gesandten in des Wercks reiffer Üeberlegung befunden, dass das Com mercium mit frantzoesischem Pappiere dem heil. Röm. Reyche hoechst schaed- lich falle und dadurch grosse Geldsummen einer frembden und nun in merck- licher Feindschafft begriffenen Nation zum Vortheil daraus geführet, dahin gegen dergleychen Commercium im Reiche neglegiret und gestecket, Gewerb und Nahrung gehindert und das gantze Teutschland nicht weniger an Mann schaft als an Geld gaentzlich erschoepffet werde, dergestalt dass dem zu reme- diren desto nöthiger erachtet; Als haben Wir solches durch gegenwaertiges Unser Kayserliches Konkordat hiermit ins Reich oeffentlich verkuenden und zu mannigliches Wissen bringen wollen, Allermaassen in Krafft dieses die weytere Hereinführung alles und jedes frantzösischen Pappieres verbothen und eingestellet sein und bleyben solle. Alldieweilen jedoch die Kauft- und Handelsleute, bey denen bereits ein grosser Vorrath von dergl. frantzösischen Pappieren vorhanden ist, wann deren Verschleiss alsobald eingestellet wuerde, in grossen Verlust und Schaden gerathen thaeten; So wollen Wir gnaediglich geben und verstatten, dass diejenige, so Uns, Chur-Fuersten und Staenden mit I Pflichten verwand und beygethan, innerhalb Jahres Frist, die Frembde aber nur auf zween Monathe lang, von dato der Publikation dieses Unsers Kayss. Konkordates an zu rechnen, solch bereits vorhanden Pappier nach ihrem Ge fallen verhandeln, und verkauffen oder anderswohin äusser des Reichs in frembde Lande gegen Eintrichtung der gewoehnlichen Mauth- und Aufschlags- Gebuehrniss verfuehren moegen; Nach Verfliessung erstgedachter Terminen aber sollen selbige gar nicht mehr feilgehabt und verkaufft, sondern durch gehends verbothen seyn, auch wider die Uebertreter mit wuercklicher Con- fiscation verfahren werden. Und damit dem also gehorsamst nachgelebet und dieses Unser Kayserliches Verboth desto nachdruecklicher vollzogen werde; Als befehlen und gebiethen Wir allen und jeden Chui- - Fürsten, Fürsten I u. s. w. hiermit ernstlich und wollen, dass sie, insonderheyt die auf denen Reichsgrentzen gelegenen Staende bey Verlust und Aufhebung derer ihnen zustehenden Mauth- und Zoll-Gerechtigkeiten, gehoeriger Orten die weitere ohn- fehlbare Verfuegung thun, damit hinfüro nach Verfliessung von zwey Monathen, I von Publication dieses Unseres Kayserlichen Konkordats an zu rechnen, von obbemeldten frantzoesischen Pappier in oder durch derselben Chur-Fuersten- I thum, Landen, und Gebieth weiter nichts mehr herein passiret und dahero von denen Beambten bei denen Mauthen und Zollstaedten hierauf fleissige Obsicht getragen, auch einige Licenzen nicht ertheylet, sondern wider diel Uebertreter mit wuercklicher Confiscirung dieses hereinfuehrenden verbothenen I frantzoesischen Pappieres ernstlich verfahren; So dann auf den Fall, nach vorbestimmter Zeit ein oder anderer dergleichen verbothenes Pappier äusser des Reichs nach andern Landen verfuehren, und daselbst verkauffen wolle, nicht weniger Obacht gehalten werde, dass solches ohn ausgepacket fortge bracht, und zu solchem Ende bey gedachten Mauthen- und Zollstaedten zwar die gewoehnliche Pass-Zettel darauff ertheylet, zur Verhuetung aber aller hand Vortheyligkeiten die durchfuehrende Ballen mit denen Amts-Siegeln ordentlich verpettschieret, auch da jemand hierwieder betreten wuerde, so das zum Durchfuehren destinirt und obsignirt Pappier auff des Reichs Boden eroeffnen, auspacken und feil haben oder verkauffen moechte, gegen denselben gleichfalls mit wuerklicher Confiscirung solchen Pappieres verfahren werden moege. Nechst diesem solle nicht alleine wie obgedacht, denen Kauft- und Han delsleuten mehr erwehntes frembdlaendisch Pappier zu verkauffen, sondern auch denen Buchtruckern und dergl. Handwerckern ichtwaszu verarbeyten, bey Einstellung jhres Handwercks und anderer willkuehrlichen hohen Be straffung verbothen seyn. Herentgegen wird eines jeden Orts Obrigkeit sich dahin zu befleyssigen wissen, damit der Abgang des verbothenen frantzoesischen Pappieres durch Einfuehr- und Anordnung der benoethigten Pappiermuehlen in dero Land und Gebiethe wiederum ersetzet, ein und anderes in billichem Preiss ge geben, und nicht uebersteygert werde. Schliesslich wollen Wir Chur-Fuersten und Staenden hiermit frey und zugelassen haben, dass ein jeder nach Bewandnuess seiner Landen, und deren Situation zu desto kraefftiger Abschaffung obbemeldten Pappieres dieses Unser Kayss. Verboth noch mehrers schaerfen koenne. Gegeben zu St. Veit, den 7ten May 1676, Unserer Reiche des Roemi- schen im 18ten, des Hungarischen im 21ten, und des Boehmischen im 20ten. Leopold. V. Leopold Wilhelm. L. S. Graf zu Koenigseck. Ad Mandatum Sac. Caesar. Majestatis proprium. Reinhardt Schroeder. Als haben Wir auch Unseres Orts solche heilsame und hoechstnoethige Verordnung vermittels dieses Patents zu maenvigliches Wissenschafft bringen und publiciren wollen, mit dem gnaedigsten Befiehl, dass in allen Unsern Landen dem nachgelebet und darueber mit allem Fleiss gehalten, die Contra- venienten aber mit der Confiscation des einfuehrenden frantzoesischen Pap pieres, nach Verfliessung der hierinnen benandten Frist, ohn alles Nach sehen gestraffet werden sollen. Uhrkundlich unter Unserm Insiegel. Ge geben zu Coelln an der Spree, den 18ten Julii, Anno 1676. Friderich Wilhelm. (L. S.) In der That scheint diese Verordnung den gewünschten Erfolg gehabt zu haben, besonders als die sog. »Lumpen-Edikte«, in denen die Lumpen-Ausfuhr verboten wurde, erlassen waren. Wenigstens finden sich in meiner Quelle kurz darauf als neuerrichtet die Papier mühlen zu Schialach, zu Lindow und zu Schoepstorff im Branden burgischen genannt, denen die betr. Churfürstl. Brandenburgischen Ambts-Cammern »jeglichen Vorschub zu leisten« angewiesen waren. Dr. E. Neuheiten. I Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster I von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren-Gewerbes, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Wunschkarten. Bei den Wunschkarten, welche die Firma Plath & Boysen in Berlin S. uns vorlegte, sind mancherlei neue Ausführungsarten angewendet. Neu sind u. a. die mehrfach im Innern der Karten ausgesparten Oeffnungen, welche theilweise durch auf gelegte Blumensträusse verdeckt werden. So ist z. B. ein Fenster dargestellt, dessen unterer Theil vergittert ist. Ein Zweig mit zart farbigen Fliederblüthen ist leicht über die Karte gelegt und ragt theil weise über die Oeffnung hinweg. Bei einer andern Karte öffnet sich durch ein Fenster die Aussicht auf ein segelndes Schiff, und über den Ausschnitt sind Rosenzweige gelegt. Bei einer dritten ist der Ausschnitt kreisförmig, und auf die hindurchgesteckten Rosenzweige lässt sich ein Vögelchen nieder. Eine weitere Neuerung besteht darin, dass bei einzelnen Karten Theile der dargestellten Gegenstände gewissermaassen aus der Kartenfläche herausrutschen. Ein Segelschiff hat sich z. B. dem Kartenrande so weit genähert, dass ein Theil der Segel bereits über denselben hinausragt. Ein flatternder Schmetterling hat den einen Flügel innerhalb, den andern ausserhalb der Karte. Seiden-Auflage und Relief-Pressung sind häufig und mit gutem Er folge angewendet, ebenso glatter und geperlter Schräg-Goldschnitt. Viele Karten sind, einer seltsamen Moderichtung entsprechend, mit bogig gezackten Rändern versehen. Gegenüber dieser immer häufiger werdenden Anwendung einer sehr umständlichen Technik dürfte die Bemerkung am Platze sein, dass der Erfolg hierbei ge wöhnlich nicht der aufgewendeten Mühe entspricht. Karten mit glatten Rändern sehen meist feiner aus, und es dürfte sich empfehlen, in Anwendung von Zackenrändern nicht zu weit zu gehen. Die hübsch ausgearbeiteten Klappkarten der Firma sind meist zum Aufstellen eingerichtet. Als Neuheit dieses Jahres treten Rosen aus Seidenpapier auf, die sich entfalten, wenn man an einem Bändchen zieht oder die Doppelkarte öffnet. Solche Rosen finden sich nahezu auf allen Klappkarten, mögen diese ein blumengefülltes Herz, ein Füll horn oder einen Köcher darstellen. Eine dieser Karten zeigt nach erfolgter Entfaltung zwei ineinandergesteckte, mit Blumen umwundene Lyras, eine andere in einem aus Birkenästen gebildeten Rahmen ein lachendes Kindergesicht, ebenfalls umrankt von Rosen, Vergissmein nicht und Maiglöckchen. Bei den fein wirkenden Karten, auf welchen in Golddruck nur die verzierte Zeile »Herzlichen Glückwunsch« steht, ist auch das bei Besprechung der Neuheiten von Theyer & Hardtmuth in Wien zuerst erwähnte regenbogenfarbige Blattmetall mit bestem Erfolg angewendet. Das Durcheinander der feinen metallischen Farben verleiht diesen Karten sehr interessantes Aussehen. Die saubere und geschmackvolle Ausführung der meisten Muster lässt erkennen, dass tüchtige künstlerische Kräfte bei Ausführung derselben mitwirken, und dass die Firma beste Leistungen zu bieten bestrebt ist. Die Götter helfen Dem, der sich selbst hilft, und die Menschen machen es ebenso.