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No. 10. PAPIER-ZEITUNG. 319 Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Abonnenten eingesandten Muster von Erzeugnissen der Papier- und Schreibwaaren-Industrie, welche Neues oder Bemerkenswerthes bieten, kostenfrei besprochen. Kalbleder-Imitation und Binsen gefischt-Muster der Aktien gesellschaft für Buntpapier- und Leim - Fabrikation in Aschaffenburg. Das „Kalbleder-Papier“ zeigt geschmeidigen, kräftigen Stoff mit dunkelblauem, matt „friktionnirtem"I Anstrich, welcher dem Er zeugniss eine gewisse Aehnlichkeit mit glattem Kalbleder verleiht. Das Papier findet bereits Verwendung in der Buchbinderei, besonders zu billigen Notizbüchern und Albums, und wurde auch in unserm Artikel „Golddruck auf Wachstuch und Lederimitation“ (Seite 320 heutiger Nummer) berücksichtigt. „Binsengeflecht-Papiere“ liegen in verschiedenen stumpfen Farben vor. Dem lederartig zähen Papier ist ein hübsches Muster aufgeprägt, welches ihm das Aussehen dauerhaften Geflechts und angenehmen Griff verleiht. Besonders die dunklen Muster zeigen ansprechende Töne und dürften in den Schattirungen Stumpfbraun (302), Indigoblau (307) und Bismarckbiaun (313) vielseitige Verwendung zu Phantasie-Artikeln finden. Auch zum Buch- decken-Ueberzug bei Halbfranzbänden scheinen die Binsenpapiere recht geeignet zu sein. „Zeit ist Geld.“ Als sinnreichen und zweckmässigen Schmuck von Geschäftsräumen liefert das Literarische Institut von Dr. M. Huttier in München ein hübsches Kunstblatt, welches den Werth der Zeit besonders ungebetenen und redseligen Besuchern in Erinnerung bringen soll. Auf sahnfarbigem Naturkarton im Format 48: 64 cm befindet sich, umgeben von reichem, dekorativ behandeltem Rahmen folgender Spruch: • eit it Das Straf-Mandat betrifft einen jetzt für unentbehrlich geltenden Theil der Damen-Bekleidung. Es fällt eine Entscheidung im zustimmenden Sinne, die wir aber mit Rücksicht auf die weder durch Vernunftsgründe, noch durch Spott zu erschütternde liebevolle Anhänglichkeit des zarten Geschlechts an dieses Zierstück ungemein weise finden. Der Wortlaut ist folgender. Sei allen Eingaben tt F das nachstehende Atter- seictjen anisligeben. 8— 8 Mth. 7. 0. 68. 9. A b i cf) r i f t. Sfraflache. ANegen Bergehen gegen § 196 des Strafgesetees 11ivsr2 giiaasl n Vorspiegelung falscher Thatsachen ‘ ' oAb reto" 9Iräts,. ivofür alrBeiveismittel bezeichntet sind: in den diesseitigen Akten verzeichnete Zeugen wird gegen Sie eine Geld strafe Von Fünf Mark td int Talle diese nicht beigetrieben Werben kanu, eine Haftstrafe Von einem Tage nicht festgeset, weil festgestellt worden ist, dass das Bewusstsein vom Be gehen einer strafbaren Handlung Ihnen gefehlt hat, und beschlossen, Beklagte ist berechtigt, um den Anforderungen der Mode zu genügen, nach wie deit if $el8, — 8as merke ^ir! §ur geschäftlic komm zu mir. Aillf $u mterhalten fein, Atelle Dic des &bens ein. Seit itt Ge18. — Aem nichit für @ic), 4o doc immer ntoc für mic. Saf nun «tat nicts zu thun, Gwing nicht nre mitzurnbit. Beit itt Ger. - $ ebentfie Sas! ropfen Teeren anc ein Fast Gehn ginnten weg des §ags, — act int ahr? — sler’s Rann, der fag’s! Mit dem freundlich mahnenden Inhalt der Verse — welche übrigens in ähnlicher Weise schon benutzt worden sind — wird Jeder, der sich in Erfüllung seiner Tagesaufgaben nicht gern stören lässt, einverstanden sein, und die vornehm-künstlerische Form raubt dem Hinweis, welcher mündlich sich nur schwer ertheilen lässt, alles Verletzende. Der in kräftiger Federmanier gezeichnete Rahmen zeigt oben das Sinnbild der flüchtigen Zeit: die geflügelte Sanduhr. Daneben beiderseits um Füll hörner geschlungene Spruchbänder mit Inschrift: „Rast’ ich — So röst’ ich“. Kartuschen in den Seitenleisten tragen die Bezeichnungen der wesentlichsten Eigenschaften des Erwerbsthätigen: Ordnungsliebe, Aus dauer, Pünktlichkeit, Betriebsamkeit, Thätigkeit, Sparsamkeit. Für Betriebsamkeit, welche wohl in „Thätigkeit“ schon enthalten ist, hätte vielleicht „Gewissenhaftigkeit“ Aufnahme finden können. Im unteren Theile des Rahmens sitzen zu beiden Seiten eines Bienenkorbes die Ver treter von Handel und Gewerbe. Sie sind mit Sinnbildern dieser Arbeits zweige reich ausgestattet und schauen etwas vergrämt drein. Vielleicht aus Kummer um die Menge schöner Zeit, die täglich schnöde todt- geschlagen wird. Die schlanke Textschrift — „Renaissance-Fraktur“ — ist etwas schwer zu lesen, die Druck-Ausführung in Schwarz und Roth dagegen musterhaft. Aprilscherze. Die vorjährige Neuheit der Firma A. Sala in Berlin scheint in Kreisen, für welche das „Anulken“ als liebenswürdiger Ausdruck freundschaftlicher Gesinnung gilt, Beifall gefunden zu haben. 19 neue Muster bringen weiteren Stoff zu mehr oder minder zarten Aprilscherzen. Den Steuer-Veranlagungs-Schriftstücken und Zahlungs befehlen des Vorjahres reihen sich ein Ausweisungsbefehl und ein Er- kenntniss in Strafsachen an, welche in ihrer Allgemeinform den behörd lichen Vordrucken gut nachgeahmt sind; — soweit wir als unbescholtene Staatsbürger dies beurtheilen können. Die scheinbar gerichtlichen und polizeilichen Schriftstücke erreichen erfahrungsmässig am sichersten ihren Zweck. Dem ahnungslosen Empfänger wird schon durch besondere Form, Papierformat und Verschluss ein leiser Schauer eingejagt, der sich dann beim Eröffnen zum Schreck steigert, bis allmälige Durchsicht des Inhalts die erlösende Erkenntniss der Harmlosigkeit des Ganzen aufdämmern lässt. vor, zur Erzielung einer salonfähigen Figur sich der sogenannten Tournüre zu bedienen. Dieser Strafbefehl wird vollstreckbar, wenn Sie nicht binnen einer Woche nac BufteUimg schriftlic ober zu Protofoll Einspruc erheben bei dem Scherzhausener Almtsgesicht I. Abth. 7. Beglaubigt (L. S.) Modehöcker. P. F. Tornttar Str. 99. ®t tafbefehl. (§ 49. St.P.0.) Zwei kleine Scherzbriefe, welche ohne Maske als Ulk-Erzeugnisse auf treten, verspotten den Geldmangel bei noblem Auftreten und die Verlegen heiten des Junggesellenlebens, während eine illustrirte Preis-Liste der Firma Kindermann & Co. Eheleuten die reizendsten „Muster“ zappelnder und schreiender Nachkommenschaft anbietet. Derbere Scherze enthalten die Postkarten mit Geschäftsempfehlungen, von welchen wir nachstehend ein Beispiel geben: Euer Wohlgeboren! Empfehle ich mir für alle in mein Fach schlagende Arbeiten und Repperaturen. Die Preise sind billigst. Sohlen, Flecken und Absätze liefere für drei Mark 50 Pfg-, was Ihnen an genehm sein dürfte, denn wenn das war ist, was die Leute von Sie erzählen, müssen Sie mindestens alle acht Tage mal ordentlich versohlt icerden. d. 1. Aprill auch habe ich besste Glanzwichse. Achtungsvoll! A. Zippel Schuhm acher-Mstr. Andre Postkarten tragen sehr harmlose Zeichnungen in der Manier des kleinen Moritz und enthalten Verse, welche der Annahme gleicher Herkunft nicht widersprechen. Bei allen Mustern ist der Anschein handschriftlicher Herstellung oder Ausfüllung gut gewahrt. Die Texte der behördlichen Drucksachen sind auf den Stein übertragen und mit flotter Kanzlei-Handschrift ergänzt. Andre Muster zeigen die derbe Federführung des Handwerkers, die un fertige Handschrift eines Dienstmädchens und das Gekritzel eines Schul kindes. Der blau-violette Tintenton unterstützt wirksam die Täuschung, welche in mehreren Fällen durch Aufdruck farbiger Stempel noch weiter gefördert wird. Im vergangenen Jahre waren einzelne Händler unklug genug, die Scherze im Schaufenster auszulegen. Dadurch wurde ihr Inhalt vorzeitig bekannt und die Wirkung beeinträchtigt. Die Firma Sala macht auf diesen Umstand besonders aufmerksam und liefert als Schaufenster-An lockungsmittel auch diesmal ein farbiges Blatt mit dem bekannten be häbigen, vor Vergnügen strahlenden Ausrufer.