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1304 PAPIER-ZEITUNG. Nr 35 Fritz Müller in Solingen konstruirte und in Kommission bei Kaufmann W. Häusgen dortselbst befindliche »Schülertafel mit Vorrichtung zum Liniiren« bezeichnet. Am», d. Bed. Indem wir für Einsendung vorst. Mittheilung bestens danken, weisen wir darauf hin, dass die Nothwendigkeit einer ein heitlichen Regelung der Schreibheft-Frage in Lehrerkreisen immer mehr erkannt wird. Der Schutzverein für den Papier- und Schreibwaaren- handel, welcher die Frage kräftig in die Hand genommen hat, wird sie gewiss auch erfolg reich zu Ende führen, wenn er von seinen Zweigvereinen tüchtig unterstützt wird. Export-Schwierigkeiten. Wir hatten schon mehrfach Veranlassung, vor Agenten im .Auslande zu warnen, welche deut sche Fabrikanten ungestraft ausbeuten können und aus dieser Lage manchmal Nutzen ziehen. Wir betonten dabei, dass man nur mit zuver lässigen, streng rechtlichen Leuten in Geschäfts verbindung treten solle. Anderseits ist auch nicht zu verkennen, dass nicht jeder Fabrikant zum Export-Geschäft geeignet ist, da hierzu genaues Einhalten der Bedingungen, und vor Allem grosse Leistungsfähigkeit gehört. Die kleineren Fabriken sollten sich auf den heimischen Markt beschränken und zufrieden sein, wenn die grösseren durch ihre Ausfuhr das Inland entlasten. Wir geben nachstehend, unter Weglassung der Namen, den an ein Mitglied des Schutzver eins für den Papier- und Schreibwaaren-Handel gerichteten Nothschrei eines Agenten wieder, der sich über einen deutschen Lieferanten be klagt und seine Beschwerde den Mitgliedern des Schutzvereins in den Listen mitgetheilt wissen möchte. Da dies nicht angeht, so dürfte es vielleicht seinen Wünschen entsprechen, wenn die Leser den Sachverhalt aus unserem Blatte erfahren Die Beschwerde macht übri gens den Eindruck, als ob sie einer ungünstigen Darstellung seitens des deutschen Lieferanten in den vertraulichen Listen des Schutzvereins vorbeugen solle und ist insofern ein erfreu liches Zeichen für deren nützliche Wirksamkeit. England, Juli 1885. Im Mai vorigen Jahres nahm ich als Ver treter der deutschen Firma X. eine Ordre auf 100 tons Lederdeckel auf, sowie kurz darauf eine andere auf 50 tons, beide von Häusern ersten Ranges. Bei den 100 tons lautete die deutliche Vorschrift im Ordrebogen: Stärke 16/100. inch, mit Spielraum von 4/1000 inch dicker oder dünner. Die Ordres wurden von X. brief lich und telegraphisch definitiv acceptirt und die Bedingung der Stärke ebenfalls garantirt. Nachdem nun X. zwei Probesendungen von zu sammen 6 tons geliefert, die aber in keiner Weise der Stärke-Vorschrift entsprachen, ziehen sie sich einfach von dem Kontrakt zurück, da ihnen das Einhalten der Vorschrift zu viel Arbeit mache. Die Ordre auf 50 tons haben sie s. Zt. an genommen, und nachdem ich über 6 Monate lang um Lieferung drängte, wurde sie von meinem Kunden annullirt. Die willkürliche Handlungsweise der Firma X. gegen die Kund schaft sowohl als gegen mich, ihren Agenten, ist um so rücksichtsloser, da mir von dem einen Kunden bei befriedigender Lieferung der 100 tons ein fortlaufender jährlicher Kontrakt von 500 tons garantirt worden war, und da der andere Kunde ebenfalls Erhöhung auf 300 tons in Aussicht stellte. Ich verliere also fak tisch durch Schuld von X. zwei meiner besten Kunden und dadurch eine Provision von jähr lich mehreren 100 f. Hätten X. bei Ertheilung der Ordres offen gesagt, sie könnten die Vor schriften nicht einhalten, so wäre ich imstande gewesen, die Kontrakte einem anderen Fabri kanten zuzuwenden, der richtig liefern konnte, und hätte auf diese Weise mir die Kunden erhalten. Die Erlangung dieser Kontrakte hat mir bedeutende Kosten verursacht, die X. mir als einfachen Agenten hätten ersparen können. Es war mir, nachdem ich auf so schmähliche Weise behandelt worden, noch möglich, einen Theil meiner Kommission, resp. meiner Unkosten, bei den Ordres auf umstehende 150 tons durch Einkassirung von X ’s Conti zu decken, und diese Kommission machen X. mir nun streitig, indem sie sich höchst beleidigender Ausdrücke gegen mich bedienen. Wenn der Agent nicht ein hilfloses Mittel in der Hand solcher Fabri kanten sein soll, wenn der Schutzverein auch den Agenten beschützt, so wäre es meiner An sicht nach gerathen, vor der Firma X. zu war nen. damit nicht auch andere Agenten Zeit und Spesen wegwerfen, die Kundschaft verlieren etc. Zu einem angedrohten Prozess wird es wahrscheinlich nicht kommen, obschon X. sich deswegen an den hiesigen deutschen Konsul gewandt haben. Nachdem ich den Sachverhalt dem hiesigen Konsul klarlegte, gab er mir in jeder Beziehung Recht, und bemerkte mir, er könne X. nur von einem Prozesse abrathen, da sie ihn unbedingt verlieren würden. Ich möchte Sie nun um Ihren Rath bitten, welche Schritte Sie mir empfehlen u. s. w. G. Die Papiersteuer in Frankreich. Seit 1875 besteht in Frankreich eine Steuer, welche sowohl von dem im Innern erzeugten, wie, neben dem Eingangszoll, von dem einge führten Papier erhoben wird. Die Papierfabri kanten sind durch diese innere Steuer in hohem Grad belästigt und seit Jahren im Verein mit den Druckern, Verlegern (Zeitungen etc.) be müht, dieselbe zu beseitigen. Nach vielen vergeblichen Versuchen war es vor Kurzem gelungen, dass die Deputirten-Kammer mit grosser Mehrheit die Abschaffung der Steuer vom Jahr 1886 ab beschloss. Der Senat je doch glaubte das Nettoergebniss von 14 Mil lionen Francs (brutto 18 000 000), welches die Steuer liefert, nicht entbehren zu können, um somehr, da nachgewiesen wurde, dass die Pa pier-Erzeugung in Frankreich, trotz der Steuer und trotz der Verminderung der Fabriken, von 571 auf 531 sich von 155 Millionen kg im Jahr 1875 auf 221 Millionen kg im Jahr 1885 ge hoben hatte. Er lehnte das Gesetz ab. Die Anstrengungen der Betheiligten, unterstützt von der Regierung, brachten jedoch eine nochmalige Abstimmung derKammer zu Gunsten des Gesetzes zustande, welcher sich auch der Senat fügte. Wir freuen uns für die französischen Fach genossen, dass die lästige, von ihnen heftig be kämpfte, Papier-Steuer vom 1. Januar 1886 an in Wegfall kommen wird. Die Erhebung der Steuer von eingeführten bedruckten, verarbei teten und rohen Papieren mag auch vielfach der Einfuhr lästig gefallen sein. Ihr Aufhören wird vielleicht unsern Verkehr in Papier und Pa- pierwaaren mit Frankreich fördern, weil die Preis verminderung um die innere Steuer eine Steige rung des Verbrauchs zur Folge haben muss. Die Oesterr. Staatsdruckerei in Feuersgefahr. Wien, 12. August 1885. Heute Nacht halb i Uhr explodirte in einem Magazin der Kais. Hof- und Staatsdruckerei ein Ballon mit Schwefelsäure. Glücklicherweise haben die Feuerwächter ihre Pflicht erfüllt, und die Feuer automaten gut funktionirt. In wenigen Minuten kamen ein Löschtrain der Centrale und je ein Train der Filialen Leopoldstadt und Landstrasse angefahren, welche mit Hilfe der Hausfeuerwehr nach kurzem Kampfe das Feuer abdämpften. Die rasche Hilfe hat ein grosses Unglück verhütet; denn wenn einmal in dem Winkelwerk der Staats druckerei ein Feuer ausbricht, welches auch nur um wenige Minuten zu spät bemerkt wird, ist das ganze Institut unrettbar verloren. Schon lange wird die Nothwendigkeit anerkannt, die Hof- und Staatsdruckerei in entsprechenden licht- und luft reichen und gleichzeitig feuersicheren Räumen unterzubringen, doch bevor nicht ein grosses Unglück geschieht, dürfen wir auf Abhilfe nicht hoffen. — r— Fensterpapier. Aus Oesterreich. In Nr. 33, Seite 1254, Ihres sehr geschätzten Blattes beantworten Sie eine Frage betreffend »Fensterpapier.« Vor einigen Jahren hatte ich Gelegenheit, diesen Artikel in Serbien kennen zu lernen, und gestatte mir, Ihnen darüber Folgendes mitzutheilen: Unter dem Namen Fensterpapier wurde seit langen Jahren von den ungarischen Fabriken nach Serbien, Bosnien, Bulgarien etc. ein gutes, meist geripptes, surrogatfreies Konzept eingeführt, welches geölt w'ird und dann zum Verkleben der Fenster dient, um das theure Glas zu ersetzen. Seit das Glas billiger ist und die Handpapier fabriken auch den Holzstoff verwenden lernten, wurde dieser Artikel immer schlechter und ich sah in Belgrad »Fensterpapier«, welches kaum einem schwachen Windstoss widerstehen könnte. Es wird auch weit seltener mehr verwendet und findet nur noch in den gebirgigen Gegenden Absatz. O. G. Reisende und Agenten. Wien, Aug. 1885. ■ In Deutschland wird mit grosser Unlust nach Oesterreich Ungarn kreditirt, weil, wie eine erste berliner Firma jüngst nach Wien schrieb, »selbst gewonnene Prozesse nicht zu realisiren sind.« Es liegt in diesem Satze ein gut’ Theil Wahr heit, aber auch sehr viel Uebertreibung. Es ist wahr, dass kleinere Beträge schwer und nur mit unverhältnissmässigen Kosten einzutreiben sind; — aber die wiener Firmen, die nach Deutsch land exportiren, beklagen dort den gleichen Uebel stand. Kleine Beträge sind immer schwer ein zutreiben, weil kleine Kredite nur von kleinen Firmen verlangt und angenommen werden; weil ferner bei so kleinen Beträgen das Risiko einer guten Rechtsvertretung, die einen entsprechenden Vorschuss verlangt, gewagt scheint; zumeist gefürchtet wird, das gute Geld auf eine zweifel hafte Forderung zu legen. Diese Gründe haben den Verkehr zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn stark ge schädigt. In Oesterreich-Ungarn zahlbare Fakturen, oder noch besser, durch Acccpte gedeckte Forderungen sind leicht und mit sehr wenigen Spesen eintreibbar. Unsere Handelsgerichte bestreben sich, Forde rungen des Auslandes möglichst rasch und günstig zu erledigen; ich glaube sogar, dass zuweilen, um die Unparteilichkeit zu beweisen, die eigenen Staats angehörigen etwas unparteilich verknurrt werden. Wahr, sehr wahr ist es, dass Neulinge in unserer Monarchie sehr viele zweifelhafte und schlechte Geschäfte machen; aber wenn eine Firma in ein ihr fremdes Land arbeiten will, sollte sie doch zur Vermittlung solcher Geschäfte eine Kraft engagiren, die Land und Leute kennt, mit den Verhältnissen des Landes und der Kund schaft wohl vertraut ist. Es genügt nicht, dass eine exportfähige Firma einen Reisenden zu uns sendet, der mit einer schönen Auswahl versehen ist und den besten Willen hat, zu verkaufen. Verkaufen wird er, aber — wer besorgt das Inkasso? Der Reisende in Oesterreich-Ungarn muss vor Allem wenigstens einer slavischen Sprache mächtig sein, kann er überdies Ungarisch, so ist es noch besser. Vertrauensduselei taugt nicht. Bei einiger Routine ist es leicht, über jede Firma genaueste Auskünfte zu erhalten, und jedes Haus, welches einen Reisenden besitzt, der nach diesem Rezepte arbeitet, wird nie grössere Verluste zu verzeichnen haben. Viele deutsche Firmen, die nach Oesterreich- Ungarn arbeiten wollen, übertragen die Vertretung ihres Hauses Agenten, die schon mit Vertretungen überlastet sind. So hat ein hiesiges Agentur geschäft achtundvierzig Häuser zu vertreten. Es ist selbstverständlich, dass dabei die Erzeugnisse einer einzelnen Firma nicht mehr kultivirt werden können. Kommen Aufträge, so werden sie wohl überschrieben, aber Aufträge suchen, fällt solchen Agenten nicht ein. ■—r