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Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donne,slag und Sonnabend Nachnüliag 5> Mir mit dem Dalum dc8 nachfolg-nden Tages. ^Uiliin a.e Anzcigenainmii.nc: Vaennttags 11 Uhr am Tage des E.scheinens. Freitag, den 9. Februar 1906. 17. Jahrgang. Nr. 18. -freitag eMdlWnemderakMuncl. Bekanntmachmig. Nachdem die Feldarbeiten der Abteilung für Landesaufnahme des Königlich Sächsischen Generalstabes in der hiesigen Stadtflur beendigt worden sind, können die für diese Zwecke hierselbst im Jahre 1904 errichteten kleinen Signalgerüste nunmehr abgetragen werden. Den betreffenden Grundstücksbesitzern sollen für die Abtragung und wegen der etwa Verursachten, wenn auch geringfügigen wirtschaftlichen Störung die Gerüsthölzer unentgeltlich überlassen werden. Die Gerüste können demnach von den betreffenden Grundstückseigentümern beseitigt werden. Naunhof, am 8. Februar 1906. Der Stadtrat. Willer. Bekanntmachung. Die Grundstücksbesitzer und deren Vertreter werden darauf hingewiesen, daß die Fuß wege bei eintretendem Schneefall gehörig zu reinigen und bei Glätte mit Sand zu bestreuen sind Naunhof, den 8. Februar 1906. Der Bürgermeister Willer. Ein Zeugnis für die dentschen Arbeiterversicherungsgesetze Keine Zeit ist so reich gewesen an organi sierter Liebestätigkeit, wie die unsere. Es mag hie und da, wie überall, wo Menschen ihr Werk tun, nicht ohne Irrungen abgehen und mancherlei Menschliches, allzu Mensch liches sich einmischen; aber gerechtes Urteil kann sich der Wahrnehmung nicht verschließen, daß ein mächtiger Strom opferfreudiger tätiger, Liebe durch die Gegenwart rauscht, der in dem aufrichtigen Bestreben, die Härten des Lebens zu mildern und die sozialen Gegen sätze auszugleichen, seinen Quell hat. Die Veranstaltungen, die der Wetteifer auf diesem Gebiete hervorgerufen hat, sind kaum zu zählen; wer einen Ueberblick über das viel verzweigte Werk der Liebestätigkeit in unserem Vaterlande haben will, bedarf eines förmlichen Studiums dazu. Aber versöhnend hat diese Tätigkeit nicht zu wirken vermocht; der Haß gegen den Besitz besteht unvermindert darin, und das meiste, was auf diesem Gebiete ge schieht, begegnet geringschätziger Beurteilung, wohl gar höhnender Herabsetzung. Almosen nennt die Sozialdemokratie verächtlich die Fürsorgetätigkeit der Besitzenden, als soziale Quacksalberei bezeichnet sie die Einrichtungen, die einige Mißstände beseitigen sollen. Nun wird bei der rechten Tätigkeit für minder be mittelte Klaffen nicht auf sonderlichen Dank gerechnet werden, sie wird um das Gewissens willen geübt. Aber bedauerlich bleibt es doch, daß sie kein einigendes Band um die verschiedenen Schichten unseres Volkes zu schlingen vermag. Die sozialistischen Führer, deren ganzer Ein fluß auf die Befestigung des .Klassenbewußt seins", d. h. auf der Schürung des Hasses der Aermeren gegen die Wohlhabenden beruht, haben freilich allen Anlaß, eine gerechte Würdigung der besitzenden Klassen im Arbeiter stande nicht aufkommen zu lassen. Der Neid gegen den anscheinend vom Glück mehr Be günstigten ist auch so fest in der Menschen brust, daß die Versuchung immer nahe liegen wird, das von jenen Getane herabzusetzen, für ungenügend zu erklären oder es aus un lauteren Beweggründen herzuleiten. Aber die gleichgültige oder ablehnende Haltung gegen die soziale Tätigkeit unserer besitzenden Klassen würde doch kaum so allgemein sein, wenn nicht zwei große Irrtümer in den arbeitenden Klassen weit verbreitet werden und geflissent lich von den sozialistischen Führern genährt würden. Es sind die Grundirrtümer, aus denen sich das ganze Luftschloß der Sozial demokratie aufbaut. Der eine Irrtum ist die Meinung, daß nur der Arbeiter die Werke erzeuge, die tag täglich neu entstehen. Es ist ja doch von uns verdient worden, hört man oft bei Stiftungen der Unternehmer für ihre Arbeiter von diesen sagen. Dem liegt eine völlige Verkennung der wirtschaftlichen Vorgänge zu Grunde. Ein wirtschaftliches Unternehmen zu organisieren und zu leiten, den Mittelpunkt all der oft recht verwickelten und vielgestaltigen Vorgänge zu bilden, die sich da abspielen, ist nicht jo leicht, als der den Dingen Fern stehende, der meist nur einzelne Ausschnitte aus dieser Tätigkeit gewahrt, annehmen mag. Im Betrieb jeden an den rechten Platz zu stellen, dem Markte seine Bedürfnisse abzu- lauschen, für Erweiterung des Absatzes zu sorgen, ist schwer, und im gegebenen Augen blick schnelle Entschlüsse zu fassen, Wagemut und Vorsicht richtig zu paaren, ist eine nicht jedem verliehene Tätigkeit. Wenn das alles so einfach wäre, wie es manchem erscheint, dann würden nicht so viele Unternehmungen, die mit großem Selbstvertrauen begonnen worden sind, zusammenbrechen oder dahin siechen. Das Kapital allein macht? auch nicht, das lehren die meisten Aktien-Gesellschaften, bei denen die Leiter sehr hoch besoldet werden müssen, die Geldgeber aber, die Aktionäre, im Durchschnitt eine keineswegs übermäßige Verzinsung erhalten, die im Hinblick auf das vielfach mit der Sache verbundene Wagnis zuweilen sogar recht bescheiden zu nennen ist. Einzelnen, besonders ertragreichen Unter nehmungen stehen weit mehr andere gegen- über, bei denen große Kapitalien verloren gehen. Das Kapital macht im industriellen Leben nicht so viel aus, wie die persönliche Befähigung, und diese findet mit der fort schreitenden wirtschaftlichen Entwickelung immer mehr Gelegenheit zu betätigen. So willkür lich, wie man es gern darstellt, ist der Erfolg nicht verteilt. Unverdientes Mißgeschick gibt es freilich und wird es auch ferner geben, und nicht jeder Befähigte kommt an den rechten Platz und zu dem rechten Erfolg. Aber man sollte darum nicht in den zweiten großen Irrtum verfallen, der in unseren Tagen so viel Unheil anrichtet, in der Meinung, daß man durch gesellschaft liche Einrichtungen aller Mißgeschick bannen und jedes Menschenleben mit dem ihm zu kommenden Anteil von Glückseligkeit erfüllen könne. Das wird ein Ding der Unmöglich keit bleiben, so lange wir Menschen keine Engel, sondern schwache, dem Irrtum und den Leidenschaften unterworfene Wesen sind. Wir legen heutzutage überhaupt der Heilkraft der Gesetzparagraphen viel zu viel Wert bei; die Meinung, das vielgestaltige menschliche Leben in Formen pressen zu können, die jedem seine gebührende Portion Erdenglück sichern, ist aber das törichste, was auf diesem Gebiete geleistet wird. Es wird immer Un- vollkommenheitenund Unregelmäßigkeiten geben, diese zu beseitigen oder doch zu mildern, ist eben die freie soziale Tätigkeit berufen. Daß diese Aufgabe in der Gegenwart so häufig er kannt wird, ist eine der erfreulichsten Er scheinungen unserer Zeit. Es wird der bürger lichen Gesellschaft heute nicht leicht gemacht, sie zu üben, aber trotzdem ist bis jetzt ein Ermatten nicht leicht zu spüren, vielleicht kommt auch noch einmal die Zeit, in der sie auch in den Kreisen, denen sie gewidmet ist, das rechte Verständnis findet. Derlehrerfeindliche Paragraph. Wie lautet derselbe? Folgendermaßen: „Wer kraft Gesetzes zur Führung der Auf sicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen ihrer Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Be aufsichtigung bedarf, ist zum Ersätze des Schaden verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.* Ein solcher Paragraph ist wie Gummi dehnbar, Mancher Leser wird diese Ausführungen für übertrieben halten. Aber gar mancher Lehrer weiß seit dem fünfjährigen Bestehen des tz 832 ein Lied zu singen. In letzter Zeit hat sich wieder einmal ein Fall zugelragen, der die Widersinnigkeit des § 832 recht grell illustriert. Das Landgericht Stettin hat einen Lehrer auf Grund dieses Paragraphen verurteilt. Die „Frkf. Ztg." meldet über den Fall folgende?: „Der verurteilte Lehrer hatte bei einem Schul feste, bei dem er etwa 160 Kinder zu beauf sichtigen hatte, mit Pustrohren nach der Scheibe schießen lassen. Etwa drei Stunden nach beendetem Schießen, während der Lehrer eine Erfrischung zu sich nehmen wollte, nahm sich ein Schüler eins von den fortgelegten Pustrohren und schoß einen Kameraden mit einem Bolzen so unglücklich ins Auge, daß nicht nur das verletzte Ange erblindet, sondern auch die Sehkraft des andern gefährdet ist. Obwohl der Lehrer zu seiner Entlastung da rauf hinwies, daß bei der Preisverteilung kein Pustrohr in den Händen der Schüler gewesen sei, daß es außerdem unmöglich sei, bei einer so großen Zahl jeden einzelnen Schüler auf Schritt und Tritt zu beobachten, kam doch daß Gericht zu einer Verurteilung auf Grund des 832, in dem es ausführte, daß es un- abmeisliche Pflicht eines Lehrers sei, nach Kräftey dafür zu sorgen, daß auch die unbe- obachtetzen Kinder kein Unheil stiften könnten. Der Lehrer hätte dafür sorgen müssen, daß die Pustrohre nach Beendigung des Schießens von den Kindern nicht mehr erreicht werden konnten, was am besten dadurch bewirkt wor den wäre, wenn er die Rohre einer zuver lässigen Person zur Aufbewahrung übergeben hätte. Diese Unterlassung sei der Verstoß gegen die gesetzliche Aufsichtspflicht. Demge mäß wurde der Lehrer zur Zahlung einer einmaligen Entschädigung und einer lebens länglichen Rente an den Verletzten verurteilt, deren Kapitalwert bei normaler Lebensdauer auf 30 000 Mk. berechnet ist, d. h. er wäre ruiniert, wenn er nicht zum Glück versichert wäre." Eine sidele Feuergefchichte. Mit der Dresdner Schwurgerichtsverhand lung in Sachen des seinerzeitigen Brandes in Stauda, dessen Anstifter, der Bierschröter Günther, zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, beschäftigten sich auch fast alle übrigen sächsischen Zeitungen, zum Teil in recht sen sationeller Weise. So steht im „Chemnitzer Tageblatt" u. a. zu lesen: . . . Außerordent lich schwierig gestalten sich die Löschungs arbeiten. Als die Knechte des Dorfes das Vieh aus den Ställen entfernt hatten, wollte man, da Stauda keine Feuerwehr besitzt, mit Eimern Wasser aus dem dem Rolleschen Ge höft gegenüber liegenden Dorfteiche schöpfen. Aber Schrecken lähmte die Glieder, als man die furchtbare Entdeckung machte, daß der Teich leer war. Der Brandstifter hatte zu dem einen Verbrechen noch eine zweite Frevel tat gefügt und den sogenannten Schützen ge zogen, um das Wasser aus dem Teiche ab zulassen und auf diese Weise das Löschen des Brander zu verhindern. Der Bierschröter Günther, der später als Brandstifter ermittelt wurde, stand dabei und lachte sich ins Fäust chen. „Nun wirvs erst richtig, jetzt fehlt'S an Wasser", verhöhnte er die Dorfbewohner, und als selbst die benachbarte Priestewitzer Feuerwehr heranrückte und ihre Schlauch leitungen an den Dorfbach legen wollte, kannte sein Spott keine Grenzen mehr. Das teuflische Beginnen des Brandstifters hatte schlimme Folgen. Der Schaden, den das Feuer anrichtete, war ein ganz enormer. Die Scheune mit den wertvollen Erntevorräten und Maschinen wurde ein Raub der Flammen. Es verbrannten für 10 945 Mark Getreide, Heu, Stroh und Maschinen, und die Brand versicherungskammer hatte für Gebäudeschaden 10—11000 Mark zu zahlen. Der Bewohnerin des kleinen Wohnhauses verbrannten für 4—500 Mark Gegenstände. Die Entdeckung des Brandstifters ist auf einen Zufall zurück zuführen. Ein Liebespaar gab sich an jenem Schreckensabend in der Nähe des Rolleschett Guts Hofes ein Rendezvous. Plötzlich tauchte vor ihren Augen aus dem Dunkel eine Ge stalt auf, die sich aus dem Gutshofe heraus nach der Richterschen Brauerei schlich. Die Gestalt glich der Person des Günther aufs Haar. Günther gab einige Tage nach diesem Brande dem Gendarmen von Priestewitz gegen über zu, das Wohnhaus angesteckt zu haben, und zwar auf Geheiß des Gemeindevorstandes Sommer in Stauda. Der letztere habe ihn an jenem Abend aufgesordert, Feuer zu legen, und als es schon brannte, gesagt: „Hier müssen wir nachhelfen, sonst wird nicht? draus." Gegen den Gemeindevorstand wurde in der Tat ebenfalls die Untersuchung eingelritet, später aber wieder eingestellt. Er hat seine Ehrenämter niedergelegt. Eigentümlich berührt jedoch eine Aeußerung des Gemeindevorstander, die ein Dorfbewohner gehört haben will. Sie lautet: „Die alten Buden sind nichts wert, wenn die auch brennen." Noch seltsamer aber berührt das Verhalten des Vorstandes am Abend des Brandes. Als die Spritzen in Tätigkeit traten, äußerte er zu den Spritzen mannschaften: „Laßt das Spritzen nur sein, hier wird nicht gespritzt, laßt die alten Buden nur wegbrennen!* .... Die „Zittauer Morgen-Zeitung" aber schrieb u. a. in ihrem diesbezüglichen Bericht: Ein großer Brand unter fidelen Umständen fand am Abend des 26. August 1905 in Stauda bei Priestewitz statt. Die Scheune des Rolleschen Gutes brannte lichterloh. Als die Nachbarn und die inzwischen aus Priestewitz herbeigeeilte Feuer wehr sich an das NettungSwerk machen wollten, wurde die Entdeckung gemacht, daß die Wasser schützen am Dorfteich hochgezogen und sämt licher Wasser abgelassen war. So stand man machtlos dem Feuer gegenüber, denn zwei noch vorhandene Brunnen gaben so unge nügendes Wasser, daß an eine erfolgreiche Bekämpfung des Brandherdes nicht zu denken war. "Natürlich hatte das Feuer fast alle Dorfbewohner herangelockt. Viele von ihnen Mit einer vierseitigen Illustrierten Sonntagsbeilage. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg-, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend Bezugspreis: Frei inS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in8 Haus durch die Post Mk 1 30 vierteljährlich. Verlag und Druck: Günz Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Gttnz, Naunhof. 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