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Mchfer V DchMteri Atsblatt für MreWm, Amckhai». Achmljllm, IeuHll, Zorsdorf KO, Mmnnchin, IlllfirßM sriWMtti, Mt«, M«, AtWm, MWn>. Wprii. Pmßt». SHiHm, NlMtz, Wm, Nilfshii». 3»mW »« Ü»tWi. Mit einer illustrierten Sonntags - Vellage. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum des nachfolgenden Tage- und kostet monatlich 3d Pfg., vierteljährlich 1 Marl. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der Amtshauptmannschaft Grimma, sowie sür Anzeigen am Kopse und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bei Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein- Nr. 104. Mittwoch, den 5. September 1900. U. Jahrgang. In der Chinafrage ist ganz plötzlich, wie schon in voriger Nummer unter Krieg in China milgeteilt, eine neue Strömung aufgetaucht, die leicht ernste Verwickelungen herbeiführen kann. Statt der strengen Durchiührung des ursprünglichen Programms ist ganz unerwartet eine starke Neigung aufgetreten, China gegenüber eine Politik der Sammethandschuhe zu befolgen, die verbündeten Truppen aus Peking zu« rückzuziehen und mit Li-Hung-Tschang als dem Bevoll mächtigten der chinesischen Regierung in Friedensunter. Handlungen einzutreten. Die Anregung zu der veränderten Behandlung der Chinafrage ist merkwürdigerweise von Rußland ausge gangen. Bezeichnender Weise hat sich Rußland mit seinem Anliegen an keine der europäischen Mächte, nicht einmal an das verbündete Frankreich, sondern an die Vereinigten Staaten von Nordamerika gewandt, deren Regierung schon wiederholt Beweise geliefert hatte, daß sie die Chinaaktion auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt wissen wolle und nach der Befreiung der Gesandten eigentlich gor keinen Anlaß zu militärischen Maßnahmen mehr zu erkennen vermöge. Die in die Gestalt einer Note gekleideten Petersburger Wünsche wurden von der Regierung in Washington allen an der Chinafrage interessierten Mächten übersandt. Wir haben also das merkwürdige Bild eines russisch amerikanischen Bündnisses zur Herbeiführung eires schnellen Friedens mit China. — Was sagen die übrigen Mächte zu der russisch-amerikanischen Friedensaktion? Diese Frage hat eine endgültige Beantwortung noch nicht erfahren, doch liegt die Gefahr ernsterer Konflikte natürlich außerordentlich nahe. Vor allem fragt es sich, wie wird sich Deutschland zu dieser Sonderabmachung stellen. Deutschland hat inso!ge der Ermordung seines Gesandten nicht nur das Recht, sondern die Pflicht und Schnldigkett, Genuq- lhuung von China zu fordern und einzutreiben. Das wird nach allen bisher mit China gemachten Erfahrungen ohne die Ausübung eines militärischen Druckes nicht möglich sein. Daraus ergeben sich für die deutsche Reichsregierung Schwierigkeiten, die ihr von den Ver einigten Staaten anscheinend geflissentlich in den Weg gelegt sind. Wenigstens machen die amerikanischen Blätter gar kein Hehl daraus, daß sich die Spitze des Abkommens mit Rußland gegen Deutschland wende. Dieses soll womöglich genötigt werden, den Grafen Waldersee wieder zurückzurufen oder aber sein Recht auf eigene Faust und ohne Unterstützung der übrigen Mächte durchzusetzen suchen. Im Berliner auswärtigen Amte faßt man die Sachlage jedenfalls sehr ernst auf. Es hatte geheißen, Staatssekretär Graf Bülow werde noch auf einige Wochen zur Erholung nach dem Semmering gehen. Darauf antwortet die „Nordd. Allg. Ztg.", Graf Bülow hat im Hinblick auf die politische Lage auf seine gewohnte Erholung verzichtet. Verläßt er noch für kurze Zeit Berlin, so wird er innerhalb Deutschlands bleiben und die Leitung der Geschäfte, wie in Norderney, in der Hand behalten. — Sollten die „alliierten" Mächte dem russisch-amerikanischen Vorschläge Folge geben und China noch m seiner An- maßung und Willkür bestärken, so wird eben Deutsch, land allein das Werk zu Ende führen, wie es seinem Ansehen entspricht und wie eS seine Pflicht als Kultur träger erheischt. Stark genug ist das Deutsche Reich, um auch ohne fremder Hilfe dieser Pflicht genügen zu können und es bleibt noch abzuwarten, wie sich die mit China liebäugelnden Mächte zu solcher festen und ent- schlossenen Willensäußerung Deutschlands stellen werden. Deutsches Reich. — Aus München wird gemeldet, daß alle Elnzel- staaten aufgefordert seien, alle zur Verrechnung mit dem Reiche bestimmten, in den Zollkassen verfügbaren Gelder sofort nach Berlin abzuführen. Bayern habe bereits eine Million abgesandt. Der Reichsfinanzüber schuß für Chinazwecke sei jedenfalls aufgebraucht. Die Regierung wird also im Oktober genötigt sein, den Reichstag um nachträgliche Bewilligung bereits veraus- gabter Gelder anzugehen. So etwas ist niemals an genehm, und es wäre doch wohl richtiger gewesen, der Reichstag wäre zu einer außerordentlichen Session zu sammenberufen worden, um die Kredite, wie eö die Verfassung vorschreibt, zu gewähren.— Heute verlautet dagegen: — Die Meldung, daß die Einzelstaaten seitens des Reichs aufgefordert seien, alle zur Verrechnung mit dem Reiche bestimmten, in den Zollkassen verfüg baren Gelder sofort nach Berlin abzuführen, ist, wie offiziös geschrieben wird, aus der Luft gegriffen. — Dem Reichstag soll eine Militärvorlage mit erheblichen Kreditforderungen für eine Neuorganisation und Neuausrüstung des Heeres zugehen. Auch eine Aenderung der Jnfanterieunisorm soll geplant sein. Zur Deckung der Kosten soll eine neue Reichsanleihe ausgenommen werden. — Die Gage des Grafe« Waldersee. Dem Höchstkommandierenden in Petschili, Grafen Waldersee, ist während der Dauer seines Amtes eine monatliche Gage von 2000 Mark und an Repräsentationskosten ebenfalls monatlich eine Summe von 10000 Mark zugestanden worden. — Das deutsch-amerikanische Kabel über die Azoren nach New-Dork ist dem Betrieh übergeben und gleichzeitig das Kabel von Emden nach Valencia (über Irland) außer Betrieb gesetzt worden. — Militär-Zahnärzte. Ein Militär-Zahnarzt existiert in Friei enszeiten noch nicht. Nur hin und wieder wird die Hilfe des einen oder anderen Zahn arztes in Anspruch genommen. Doch im Kriegsfälle, wenn zahlreiche Kieferverletzungen dem Chirurgen stets zahnärztliche Hilfe unentbehrlich machen, werden die Zahnärzte als solche in den Sanitätsdienst eingestellt. So wurden schon 1870/71 eine größere Anzahl derselben in den Lazaretten verwendet, und so hat auch jetzt an gesichts des chinesischen Feldzuges das preußische Kultus ministerium aus den ihm vom Vereinsbunde deutscher Zahnärzte vorgeschlagenen Zahnärzten einen (Wilhelm Lippold aus Rostock) gewählt und als Feld-Zahnarzt dem nach China abgehenden Teil des Sanitätskorps beigegeben. — Eine Hinaufsetzung des Strafmündigkeitsalters von 12 auf 14 Jahre wird von der „Voss. Ztg." be fürwortet. — Als Entschädigung für das Aufbringen und das Durchsuchen der deutschen Dampfer „Bundesrat", „Herzog" und „General" zahlt England an die Deutsch- Ostafrika-Linie 1750000 Mark. — Die Sicherheitsmaßregeln zum Schutze des Kaisers werden neuerdings schärfer gehandhabt. Das trat auch — so berichtet die „Nat.-Ztg." aus Berlin — bei der Enthüllung in der Siegesallee hervor. Ebenso werden bei den Atelierbesuchen des Kaisers jetzt größere Vorsichtsmaßregeln getroffen. So erschien der Polizeipräsident vorher bei Prof. Lessing und er kundigte sich, ob dieser unter seinen Stuckbildhauern auch italienische Arbeiter beschäftigte. Ferner wurde angeordnet, daß während des Kaiserbesuchs keine fremde Person in dem Hause weilen dürfe. — Die Zahn-Hygiene soll künftig durch die Schule eine größere Aufmerksamkeit als bisher finden. Hierauf deutet eine Verfügung der königl. Regierung zu Schles wig an die Kreisschulinspektionen und die königl. Schul- vifltatoren hin, worin diese ersucht werden, dafür Sorge zu tragen, daß bei dem naturkundlichen Unterrichte regelmäßig auf die Bedeutung einer rationellen Zahn- und Mundpflege, namentlich auch in vorbeugender Hin sicht, nachdrücklich hingewiesen und den Schülern die hierfür erforderliche Anleitung gegeben werde. Eine derartige Verfügung sollte sich nicht blos auf Schleswig beschränken. Attslaud. Oesterreich-Ungarn. Millionen von Raupen haben bei Klausenburg in Ungarn Verheerungen angerichtet, wie solche selbst durch elementare Schäden seit hundert Jahren nicht verursacht wurden. In 14 Tagen ist alltS in Feldern und Gärten bis auf die Wurzel ab gefressen worden; 20 Meilen im Umkreise giebt es auch nicht einen einzigen Krautkopf, keine Rübe, keinerlei Gemüse. Nordamerika. Eine Vermehrung von Kohlen, stationen wird neuerdings geplant. Die neue Stellung der Vereinigten Staaten als Kolonialmacht erfordert eine ansehnliche Vermehrung der Kohlenstationen. Japan. In Japan dürfte in der Rechtsfähigkeit der Ausländer möglicherweise bald eine Wendung ein treten, und zwar im Zusammenhang mit einer Regierungs- vcrfügung, welche Ausländern das ihnen bis jetzt eben falls vorenthaltene Recht zur Erwerbung von Aktien japanischer Eisenbahngesellschaften einräumt. Bisher durften Ausländer keinen Grund und Boden als Eigentum in Japan erwerben. Spame«. Aus Madrid wird berichtet, die spanische Regierung habe beschlossen, ihren Gesandten au- Peking zurückberusen und diesen Posten in Zukunft nicht mehr zu besetzen. Krieg in China. Ein Abkomme« zwischen Rußlaud und Japan? Wie ein Privat-Telegramm aus Wien meldet, ver öffentlicht das „Neue Wiener Journal" sensationelle Mitteilungen zur Chinafrage und nennt als Gewährs mann den Privatsekretär des chinesischen Gesandten in Paris, Armani. Darnach habe man in der Pariser Gesandtschaft Chinas die Ueberzeugung gehabt, daß zwischen Rußland und Japan ein Geheimabkommen existierte, nach welchem Rußland die Mandschurei und Japan Korea annektieren sollte. England habe durch rasche Truppenlandungen in Shanghai den Plan vereitelt. Tokio, 31. Aug An der Besetzung von Peking nahmen die Truppen der Alliierten in folgender Stärke Anteil: Japaner: 6 600 Fußtruppen, 220 Kavallerie, 450 Genietruppen, 53 Geschütze. Russen: 3 300 Fuß truppen, 180 Kavallerie, 22^ Geschütze. Engländer: 1832 Fußtruppen, 400 Kavallerie, 13 Geschütze. Franzoen: 400 Marinesoldaten, 18 Geschützt. Amerikaner: 1600 Fußtruppen, 150 Marinesoldaten, 75 Kavallerie, 6 Geschütze. Am 25. August hatten sich 70 chinesische Soldaten ergeben. Mit Ausnahme von 10, welche von den Japanern und Engländern zurück behalten wurden, um über die Verhältnisse in der Stadt Auskunft zu geben, wurden sie sämtlich entlassen. Am 27, ergaben sich 260 Hofbeamte und Schloßwachen, unter ihnen ein Offizier, welcher nach dem japanischen Hauptquartier überführt wurde. Da eine Parade der alliierten Truppen am 28. im Kaiserlichen Schlosse stattfinden sollte zur Feier des Sieges, wurde dieser chinesische Offizier nach dem Schlosse geschickt, um dort die nötigen Anordnungen zu treffen. Innerhalb der Schloßanlagen wurde eine große Anzahl von zum Hofe gehörigen Damrn gefunden. Es wurden alle nötigen Schritte japanischerseitS angeordnet um diese Damen gegen jede Belästigung zu sichern. Auch wurde ihnen mitgeteilt, daß die japanischen Truppen bereit wäre«, ihnen Nahrungsmittel und jegliche Unterstützung zu kommen zu lassen. Paris, 1. Sept. Eine Meldung aus Shanghai besagt: Es verlautet, daß der Kaiser und die Kaiserin- Witwe sich in Tai-yuen-fu, der Hauptstadt der Provinz Schensi, befinden. ' Der Kaiser soll, wie der „Welt am Montag" von besonderer Seite mitgeteilt wird, am Sonnabend bei dem Festmahl zu Offizieren geäußert haben, er werde auf keinem Fall Peking aufgeben, und wenn zu dem Zweck alle Armeekorps mobil gemacht werden müßten. (?!) Petersburg, 3. Sept. Da die Mächte der