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DuWl V AEriDeii ßrtskUt für MeWain, Smckrljm, Achmljm, AmO, Isrs-srf, KO, Mmmrham, JuOhain 8»W»bli, Sliii«. Wn'MM«, SltWmini, LiM»«, Pmtzeii. Snfntshliiii. NMM, Arm, Wilfshn«. 8«llchch mi llWjknS. Mtt einer illustrierten Sonntags - Vrilage. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum des nachfolgenden Tages und kostet monatlich 35 Pfg., vierteljährlich 1 Marl. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der AmtShauptmannschast Grimma, sowie für Anzeigen am Kopfe und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bei Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein- Nr. 72.Freitag, den 22. Juni 1900.11. Jahrgang. Oeffentliche Sitzung des Stadtgemeinderates zu Naunhof Freitag, den 22. Juni 1900, abends 8 Uhr. Tagesordnung befindet sich am Ratsbrett. Igel, Bürgermeister. Der Boxeraufstand in China. Die Lage in Nordchina ist äußerst ernst. Zwar liegt noch immer an Berliner amtlicher Stelle ebenso wenig wie in Petersburg oder Paris eine unmittelbare Bestätigung der Schreckensnachricht von der Ermordung des deutschen Gesandten und der Zerstörung sämtlicher Gesandtschaften vor, eine gewisse Bekräftigung der Nachricht von einem erfolgreichen Angriff auf die Missionen war aber schon in dem vorgestrigen Telegramm enthalten, daß die Gesandtschaften in Peking genommen seien. Die etwas dunkle Ausdrucksweise läßt nicht klar erkennen, welcher Vorgang sich abgespielt und wann er sich zugetragen hat. Ebensowenig ist zu erkennen, aus welcher Quelle das japanische Torpedoboot die Nachricht geschöpft hat. Eine neue Bestätigung der bösen Nachrichten über Schreckensfeeuen in Peking trifft neuerdigs aus Shanghai ein, aber wiederum aus verdächtiger englischer Quelle. „Daily Expreß" läßt sich melden, daß sich General Tungs Truppen dem organisierten Angriff auf die fremden Gesandten in Peking angeschloffen haben. Im Laufe des Angriffs seien einige Gesandtschafts gebäude zerstört und einer der Gesandten sei ermordet worden; er soll in Stücke gerissen worden sein. Die Nationalität des Ermordeten ist nicht bekannt, aber man glaube, es sei der deutsche Gesandte Freiherr v. Ketteler. Die fremden Gesandten teilten dem Tsung-li-Iamen vorige Woche mit, daß, falls die Gesandtschaften an gegriffen oder irgend ein Gesandter oder ein Mitglied der Gesandtschaften verletzt werden sollte, die Mächte gemeinsam China den Krieg erklären würden. Das Tsung-li-Namen erteilt darauf keine direkte Antwort, doch bilde der Angriff der Gesandtschaften seitens der Boxer und der Truppen zweifellos die Antwort der Kaiserin auf die Mitteilung der Mächte. Wie „Morning Post" meldet, herrscht in Peking Anarchie. Der deutsche Gesandte sei gefangen genommen worden und starke Boxerhaufen hielten die Gesandtschaftsstraße besetzt und hätten die Verbindung zwischen den Gebäuden abge schnitten. Ein großes chinesisches Heer sei bereit, dem Entsatzkorps Widerstand zu leisten. Nach Paris ist aus Shanghai gemeldet worden: „Fünf fremde Gesandte forderten von der Kaiserin- Witwe freies Geleit. Es wurde ihnen verweigert." Hinzugefügt wird, daß alle fremden Kirchen in Peking in Flammen aufgingen. Nach einem Telegramm des Dakziel'schen Bureaus aus Shanghai waren am Freitag Nacht für die Entsatztruppen bei Langfang Rauch und Feuerschein sichtbar. Der „Kreuzztg." zufolge wird dagegen in London bestätigt, daß ein Angriff auf die Gesandtschaften am 13. d. M. durch ein österreichisches Moximgeschütz ab geschlagen worden sei. Die japanische Torpedonachricht gelte daher noch als zweifelhaft. Der deutschen Regierung log bis Montag Nach mittag keine amtliche Bestätigung oder Widerlegung der „Lassan"-Nachrichten vor. Halbamtlich erklärt am Montag Abend die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in offiziösem Sperrdruck: „Die Nachricht, daß die Londoner Agentur „Laffan" eine Meldung aus Tientsin über die Ermord ung des veutschen Gesandten in Peking verbreite, traf am 16. Juni nachmittags hier ein. Unmittelbar darauf wurde der kaiserliche Geschäftsträger in Petersburg zu umgehenden Drahtbericht, ob und welche Nachrichten die dortige Regierung aus Peking habe, aufgefordcrt und der kaiserliche Konsul in Tschifu angewiesen, auf jede mögliche Weise Nachrichten cinzuzuziehen und hierher zu drahten. Ebenso erhielt der Chef des Kreuzer geschwaders noch am 16. Juni telegraphische Weisung, zu depeschieren, was er über die Lage in Peking in Erfahrung bringen könne. Sowohl aus Petersburg, als auch aus Tschifu wurde am 17. Juni zurückgemeldet, daß keinerlei Bestätigung der Laffan'schen Meldung vorliege. Auch in London war amtlich nichts Aehn- liches bekannt. Als dann heute, am 18. Juni früh, die Drahtnachricht aus Tschifu eintraf, ein japanisches Torpedoboot melde: „Gesandtschaften in Peking ge nommen", wurden sofort die kaiserlichen Vertreter in London, St. Petersburg, Tokio und Shanghai tele graphisch angewiesen, schnellstens Erkundigungen ein zuziehen. Aus einer jetzt eingetroffenen Meldung des Konsulats in Hongkong, welches schon gestern zur Ein ziehung von Ermittelungen beauftragt war, geht hervor, daß dort keine ähnlichen Nachrichten vorliegen. Die Antworten der obenerwähnten kaiserlichen Vertretungen stehen noch aus und werden sofort nach Eintreffen be kannt gegeben werden". Der deutsche Gesandte in Peking, Freiherr Clemens August v. Ketteler, ist am 22. November 1853 als Sohn des Freiherrn August von Ketteler, Majors im 16. Garde-Ulanenregiment, zu Potsdam geboren. Er ist ein Neffe des verstorbenen Bischofs Ketteler von Mainz. Er bekleidete, bevor er zum Gesandten in Peking ernannt wurde, den Posten eines Botschaftsrates in Washington. Als Legationsräte stehen ihm Frhr. Dr. v. Prittwitz-Gaffron und Dr. v. Bergen zur Seite; GcsandtschaftSarzt ist der Stabsarzt Dr. Velde; die beiden Dolmetscher find Frhr. v. d. Goltz und H. Cordes. Deutsches Reich. — Große Schiffsbauten stehen nunmehr bevor, nachdem das Flottengesctz angenommen ist. 14 Kriegs schiffsbauten mit Folge- und Schlußraten sind auf den nächstjährigen Reichshaushaltsetat zu übernehmen. Für die nächsten Jahre ist jetzt regelmäßig die alljährige Inangriffnahme von 6 KriegSschiffSbavten nach dem neuen Flottenausbauplan — 2 Linienschiffe, 1 großer Kreuzer, 3 kleine — in Aussicht genommen. — Wie das „Wilhelmshavener Tageblatt" mit teilt, hat das 2. Seebataillon Befehl erhalten, sich bereit zu halten, nach China zu gehen. — Das neue große Kanonenboot „Tiger" ist Ende voriger Woche von Kiel nach China zur Ver stärkung der dortigen Seestreitkräfte Deutschlands ab gedampft. — Der Bundesrat wird nur noch einige Sitzungen abhalten. Im Reichsamt des Innern wird an dem Entwurf der AusführungSbestimmungen zum Fleisch beschaugesetz, das bis jetzt den BnndeSrat noch nicht passiert Hot, sehr fleißig gearbeitet. Erst im Herbst wird sich wohl der Bundesrat damit beschäftigen können Voraussichtlich wird der Bundesrat auch dann erst Be schluß fassen über die Vorschläge der Kommission für Arbeiterstatistik, betr. die Regelung der Arbeitsruhe im Gastwirt, und Schankgewerbe. — Arbeiterschutz. Nachdem der Verband deutscher Köche in einer an den Reichskanzler gerichteten Ein gabe über die gesundheitsschädlichen Mängel der Ein richtungen in gewerblichen Küchen Klage geführt hatte, sind die Provinzialbehörden in Preußen beauftragt worden, die Arbeitsbedingungen der in gewerblichen Küchen (Garküchen, Gast- und Schankwirtschaften) be schäftigten Personen zu untersuchen. Die Unter suchungen werden sich auf die Groß- und Mittelstädte beschränken. — Die Rheintorpedoflottille ist wohlbehalten in Wilhelmshaven wieder eingetroffen. Kapitänleutnant Funke löste sie nach einer längeren Ansprache an die Besatzung auf. — Das preußische Staatsministerium hat der „Münchner Allg. Ztg." zufolge beschloßen, die Frist zu erweitern, innerhalb deren ausländische Arbeiter die Ost grenze überschreiten und namentlich in der Landwirtschaft Verwendung finden dürfen. — Im ganzen deutschen Heere sind nach der „Parole" zur Zeit noch 1451 Eiserne Kreuze vorhanden. Davon ist die 1. Klaffe nur noch 62 mal vertreten. — Berlin. Wie die Berliner „MontagSztg." von zuverlässiger Seite erfährt, wird in maßgebenden Kreisen das Projekt einer Berliner Weltausstellung ernsthast er. wogen, es seien bereits nach dieser Richtung hin Infor mationen der Oberbürgermeister größerer Gemeinwesen eingeholt worden. Als Ausstellungsterrain sei zur Zeit ein Teil des Tempelhofer Feldes und als Termin das Jahr 1905, spätestens 1907 in Aussicht genommen. Von anderer Seite wird dies Projekt jedoch auch wieder eben so bestimmt bestritten. — In Berlin trafen, von Venedig kommend, die Sanitätsabordnungen vom deutschen Roten Kreuz aus Südafrika wieder ein. Me Mitglieder der Word, nungen, welche zum Teil selbst an Typhus und Malaria erkrankt waren, erfreuen sich, durch den günstigen Ein fluß dec Seereise wieder vollkommen hergestellt, der besten Gesundheit. Augenblicklich befinden sich noch 6 Aerzte, 7 Schwestern und 9 Pfleger in Südafrika. — Kiel. Der Transport des Seebataillons wird durch 250 Marinematrosen verstärkt. Die Einschiffung nach China erfolgt innerhalb der nächsten 8 Tage. Ausland. Krieg in Südafrika. Brüssel, 19. Juni Ein an Bord des Dampfers »Herzog" zurückgekehrter belgischer Krankenwärter, der unter Villebois bei Boshof focht, berichtet, daß Joubert wegen des ewigen Zauderns und der langsamen Be treibung der Belagerung von Ladysmith bei Krüger in Ungnade gefallen sei und wenige Tage nach dun Zerwürfnis seinem Leben ein Ende machte. Jetzt geschieht gar nichts mehr seitens der Eng länder. Und wenn man nicht wüßte, daß ihre Armee von 200 000 Mann nicht nach Hause zurückgekehrt ist, müßte man fast annehmen, daß sie sich heimlich aus Südafrika davon gemacht habe. Wo die einzelnen Tcuppenkörper stehen, darüber fehlt es völlig an zu reichenden Nachrichten. Roberts scheint etwas östlich von Pretoria zu stehen und dort sich zu erholen, wie er es früher in Bloemfontein gethan hat. Während aber im Transvaalstaat alles ruhig ist, entwickeln die Buren seit Wochen im Freistaate eine für die Engländer recht unbequeme Thätigkeit. Der General Rundle, der seiner Zeit bei feinem famosen Marsch auf Wepener fast von den Buren abgefangen worden wäre, ist seitdem langsam über Ladybrond auf Vicksburg vorgerückt ohne diesen Ort dauernd halten zu können. Der Aufstand in China. London, 19. Juni. „Reuters Bureau" meldet aus Tschifu vom 18. d. M.: Die Forts von Taku auf beiden Seiten des Flusses sind jetzt besetzt. Die Chinesen eröffneten am 17. d. M. das Feuer uner» wärteter Weise. Die Verluste der Truppen der ver einigten Mächte sind folgende: Engländer: 1 tot, 4 verwundet; Deutsche: 3 „ 7 „ Russen: 16 „ 45 Franzosen: 1 „ 1 „ Die bei Taku liegenden chinesischen Torpedoboote sind genommen. Wien, 20. Juni. Dem „Fremdenbl." zufolge wird versichert, daß dem in den chinesischen Gewässern stationierten österreichischen Kriegsschiff „Zenta" ein zweites