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NmUel G IchriAeii ßrtsblall für DreGhm, Dmekhm, Zchersftiil, Ieulda, Isrsdorf, Ma, Mnmnchin, AchÜM SnWittq, Sli»«, Rjn, SleiWu, AtWitn«, Wpüt, Pmßei. SnfertW, NM!-, Wiia. MlsshW. Zvmfirth M IlmeltU. MU einer illustrirrtrn Sonntags - Beilage. Dieses Blatt erscheint in Naunhof jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, Nachmittag 6 Uhr, mit dem Datum de« nachfolgenden Tage« und kostet monatlich 35 Pfg., vierteljährlich 1 Mark. Für Inserate wird die gewöhnliche einspaltige Zeile oder deren Raum mit 8 Pfennigen, für solche außerhalb der Amtshauptmannschaft Grimma, sowie für Anzeigen am Kopfe und im Reklameteile, mit 10 Pfennigen, berechnet, bei Wiederholungen tritt Preisermäßigung ein- Nr. 10.Mittwoch, den 24 Januar 1900. 11. Jahrgang. Wie man im Frieden siegt. Die deutsche Diplomatie, oder, wenn man will, Graf Bülow, hat, wie die Interpellation im Reichstage ergab, in der Streitsache mit England fol gendes erreicht: Die beschlagnahmten Schiffe sind freigegeben worden, und man hat Schadenersatz zugesagt. Ferner sollen in Zukunft Schiffe in größerer Entfernung vom Kriegs schauplatz unbehelligt bleiben. Sodann dürfen'Schiffe, die die deutsche Po st flagge führen, auf bloßen Verdacht hin überhaupt nicht mehr angehalten werden. Endlich hat England sein Bedauern über die Vorgänge ausgesprochen und hofft, daß ein von Bülow vorgeschlageneT Schieds gericht in Zukunft nicht in Thätigkeit zu treten brauche. Das ist viel oder es ist wenig, je nach dem man die Sache ansieht. Vorj Allem sind diese Zusicherungen gänzlich wertlos, wenn der gute Wille fehlt und man den Vorsatz hat, sie zu umgehen: die Höhe des Schaden ersatzes kann bestritten werden; man kann deutsche Schiffe ab fangen, wenn sie sich dem Kriegsschauplatz nähern; man kann bei Schiffen mit Postflaggen sich absichtlich irren und falsche Beweise Vorbringen; man kann endlich das Bedauern und die Schiedsgerichts angelegenheit als bloße Heuchelei üben. Andererseits muß man zugeben, daß Alles erreicht worden ist, was friedlich, auf diplomatischem Wege, erreicht werden konnte. Die deutschen Kraftmeier frei lich, die Antisemiten, der „Alldeutsche Verband und Po litiken vom Schlage des Herrn Limann in den „Leipz. Reuest. Nachr.", sind sehr unzufrieden und spotten über unsere Schwäche. Vorläufig haben wir gethan, was wir konnten. Scharfe Worte, hinter denen nicht die Möglichkeit schneller und durchschlagender That steht, sind zur Zeit weniger angebracht, als der Ausdruck ruhiger Festigkeit, denn er rechtfertigt die Erwartung, daß in der Zukunft Gelegenheiten zu Repressalien nicht unbenutzt bleiben» Thatsächlich haben wir denn auch sofort Vergeltung geübt: Das Verbot der Krupp'schen Geschütz- und Munitionslieferung war die deutsche Ant wort auf die Beschlagnahme, und für England war das eine ganz empfindliche Strafe. Es zeigt sich immer mehr, daß derartige Zwischen fälle — zu klein, um einen Krieg anzufangen, zu be deutsam, um ignoriert werden zu können — lediglich durch beiderseitige Verständigung oder durch Repressalien, durch den Krieg im Frieden, ausgeglichen werden. Selbst wenn wir jetzt eine England ebenbürtige Flotte gehabt hätten, würden wir nicht mobil gemocht haben. Ein Beispiel dafür: Rußland ist der rücksichtsloseste, brutalste Nachbar, den es giebt; wir befinden uns in fortwährendem wirtschaftlichen und Grenzkampfe mit ihm. Fast jedes Jahr werden auf deutschem Boden ein paar Menschen, russische Ueberläufer oder gar deutsche Unter- thanen, erschaffen. Oft genugl fliegen die Kugeln der Grenzsoldaten in die deutschen Gehöfte. Und obgleich wir eine Rußland ebenbürtige Armee haben, denkt da niemand an Krieg; es schweigen auch die Alldeutschen und es schweigen die Antisemiten; nicht einmal Herr Limann leistet sich eine schnoddrige Bemerkung. Als jedoch der chinesische Pöbel eine Kapelle niederbrannle und einige Missionare attackier», „pachteten" wir zur Strafe gleich Kiautschau. Krieg droht und beginnt man anscheinend nur noch, wenn der Sieg absolut sicher ist. Und das kann von den führenden Mächten in Europa keine mit Bestimmt heit behaupten. Es bleibt also nur der Weg der Ver ständigung oder Repressalie. Die Kulturvölker sind auf dem Standpunkte der Menschen von Erziehung ange langt: man prügelt sich nicht mehr und man duelliert sich nur noch im äußersten Notfälle; man versucht lieber, nachzuweisen, daß man kein Unrecht beabsichtigt oder verübt habe; gelingt dieser Beweis nicht, so giebt man eine Ehrenerklärung oder leistet Schadenersatz. Von diesem Gesichtspunkte aus können wir mit dem Erreichten zufrieden sein, wenn wir auch nicht ge rade Veranlassung haben, zu triumphieren. Die Hal tung de§ Auslandes bestätigt die Richtigkeit dieses Standpunktes. Täuscht nicht alles, so fängt man sogar in London an, diese Sachlage zu erkennen und die notwendigen Folgerungen daraus zu ziehen. In Paris ist die Rede des Grafen Bülow, wie bei der hier herrschenden englandfeindlichen Stimmung erklärlich ist, mit großem Beifall ausgenommen worden. Die ganze Presse konstatiert den diplomatischen Sieg Deutschlands und den persönlichen Erfolg Bülows. Das „Journal des Debats" sagt, Frankreich könne von diesem festen Auftreten England gegenüber lernern. Die „Liberte" erklärt, es sei sehr möglich, daß die deutsche Regierung, sobald erst die Flottenvermehrung votiert sei, gemeinsam mit England an die Ausführung des deutsch-englischen Geheimvertrages gehen könnte. Die „Republique fran- caise" schreibt: Deutschland hat allen neutralen Mächten einen wahren Dienst erwiesen und wird ihnen auch einen zweiten erweisen, indem es, wie Graf v. Bülow an kündigte, die Initiative ergreift zur Einberufung einer internationalen Seerechtskonferenz. In Petersburg sagt die „Rossija" Deutschland habe einen Sieg davon getragen, über den sich Europa freuen könne. Die deutsche Diplomatie habe sich auf der Höhe ihrer Auf gabe gezeigt. Wenn die Diplomaten des übrigen Eu ropas auch so energisch wären, so würde manches an ders sein. Und die „Newyork World" äußert sich wie folgt: Man kann die Ergebnisse der Erörterung des internationalen Rechts seitens Deutschland mit England, wie sie Graf Bülow dargelegt hat, nicht lesen, ohne den von Deutschland angeschlagenen festen, aber gesitteten und friedensichernden Ton zu bewundern, den Triumph friedlicher Mittel über englische Gesetzlosigkeit. Die Dar legung des Grafen Bülow, daß Waaren auf neutralen Schiffen von neutralem zu neutralem Hafen nie Kontre- bande seien, ist ein Satz der allgemeinen Moral und Gerechtigkeit. Deutschland vertritt, indem es für diesen Satz einfteht, die Zivilisation, England beweist, indem es ihn bestreitet, denselben Geist, der es in die kurz sichtige Habgter versinken ließ, die zu dem Angriff auf Transvaal getrieben hat. Deutsches Reich. ! 5000 Bergle utej des sächsisch-thüringischen Braun kohlenreviers sind in eine Lohnbewegung eingetrcten. Sie verlangen 10 Prozent Lohnerhöhung, Verkürzung der jArbeitszeit auf neun Stunden täglich und Ein- schränkung der Frauenarbeit. Wie die „Bolksztg." schreibt, wurde in parlamen tarischen Kreisen erzählt, daß die Schadenersatzansprüche in Betreff des aufgebrachten Reichspostdampfers „Bun desrat" sich auf 430 000 Mark belaufen. Der Reichstag setzte die Beratung des Etats des Reichskanzlers am Sonnabend fort. Eine Umarbeitung der für Preußen gültigen Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung für den Staatsdienst im Baufache ist im Werke. Dem Ver nehmen nach ist in Aussicht genommen, die „reine Mathe- matik" und die „Mechanik" als Prüfungsgegenstände für die Hochbau-Beflissenen fallen zu lassen und die Anforderungen in der „Festigkeitslehre" und in der „Statik" der Hochbau-Konstruktion" zu verschärfen. Wie die „D. T.-Ztg." aus unbedingt sicherer Quelle erfährt, haben die landwirtschaftlichen Vertreter der sogen. Produktenbörsenkonferenz sich nicht dazu verstanden, irgend einen Schlußschein zu appro bieren; sie haben im Gegenteil darauf hingewiesen, daß gar keine Veranlassung vorliege, über die Form des Schlußscheines irgend welche Beschlüsse zu fassen, da es auf diese Form nicht ankomme, sondern lediglich darauf, ob das abgeschlossene Geschäft ein gestattetes, handelsrechtliches Lieferungsgeschäft in effektiver oder ein verbotenes, börsenmäßiges Zeitgeschäft sei. Diese Frage aber könne durch die Form des Schlußscheins niemals unterschieden werden, sondern müsse der Ent scheidung des Börsenvorstandes, der BörsenauffichtS- behörde und zuletzt der Gerichte Vorbehalten bleiben. Weil er während der Predigt eine burenfreund liche Aeußerung gethan hat, soll nach dem Gothaer Tageblatt der Generalsuperintendent Kretzschmar in Gotha aus dem Amte scheiden. Die Aeußerung fiel in der Gothaer Schloßkirche, ein Mitglied des regie renden Hauses wohnte jedoch dem Gottesdienste nicht bei. Bekanntlich ist der Herzog von Koburg-Gotha ein Sohn der Königin von England. Der Neckar und andere Flüsse sind infolge fort gesetzten Regens aus den Ufern getreten. Beträchtliche Strecken Landes sind überschwemmt. Elnsland. Krieg in Südafrika. Die Schlacht bei Ladysmith scheint begonnen zu haben. General Warren hat den Angriff auf die Stellungen der Buren eröffnet. Es liegen jedoch bis her wenig Meldungen von englischer Seite vor. Das „Reutersche Büreau" meldet aus dem Lager bei Spear mans Farm, am Freitage früh horte man vom linken Flügel her Feuer von Feldgeschützen. Augenscheinlich hat General Warren die Beschießung der feindlichen Verschanzungen auf dem Tabanyama-Berge begonnen. Eine kurze Zeit lang Hötte man auch Gewehrfeuer. Unter den am DonnerStag'gefangen genommenen Buren befindet sich ein Enkel des Präsidenten Krüger. Es steht fest, daß General Joubert seit Wochen den Umgehungsplan des Generals Buller kannte und danach seine Maßnahmen traf. General Joubert er richtete zwischen dem Tugelafluß und Ladysmith eine Reihe befestigter Stellungen, welche die Engländer mit dem Bajonnet nehmen müssen, bevor sie sich Ladysmith nähern können. Transvaalkreise sehen den nächsten Kämpfen mit voller Siegesgewißheit entgegen. Es ist jedenfalls anzunehmen, daß, wenn der Kampf wirklich begonnen hat, er doch nicht in einem Tage ent schieden sein wird. Möglicherweise ergiebt sich sogar hier eine ähnliche Situation wie am Modder-River, daß beide Teile einander wochenlang in befestigten Stellungen gegenüberstehen bleiben. Aus dem Norden der Kapkolonie berichtet eine Depesche des neuen Oberkommandierenden, Generals Roberts an das Kriegsministerium vom ^Freitag: General French habe seine Linien in östlicher Richtung noch weiter ausgedehnt und bedrohe die Verbindungs linie des Feindes. Sonst habe sich die Lage nicht geändert. Oesterreich. Das Reichsgericht erkannte auf die Beschwerde des deutschen Turnvereins in Laibach und des deutschen Turnvereins in Jglau wegen Verbotes der schwarzrotgoldenen Vereinsfarben, daß das Verbot eine Verletzung des Artikels XII des Staatsgrund gesetzes enthalte, und betonte in der Begründung, daß der Gebrauch der schwarzrotgoldenen Farben wohl eine nationale, aber keine politische Bedeutung habe. Frankreich. Ein Aufruf gegen Merciers Kan didatur. Die Liga der Menschenrechte erläßt einen Aufruf an die Senatswähler des Loirdepartements, um gegen die Kandidatur Merciers Stellung zu nehmen. Der Aufruf weift darauf hin, daß Mercier vor die Schranken des Gerichts gehöre wegen seiner falschen Zeugenaussagen, wegen Attentats gegen die Freiheit und wegen der unterschlagenen amtlichen Schriften. Rußland dirigiert 30 000 Mann nach der Grenze von Afghanistan. Oertliches und Sächsisches. Naunhof, den 24. Januar 1900. Naunhof. Am 27. Januar, Kaisers Geburtstag, ist der Postschalter von 8—9 Vorm., 11—1 Mittags und 8—7 Nachm. geöffnet. Die 2. Landbestellung und die 2. und 3. Ortsbestellung fallen an dem Tage aus.