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daselbst Elisenstraße Nr. 32, I. den Sohn de» HerzogS von Reichstadt, den Enkel zweier Kaiser, nämlich Napo- leon's I. und des Kaisers Franz von Oesterreich-Ungarn, vermuten. Für diesen aber hält sich der alte Herr, und er ist von seiner hohen Abstammung überzeugt. In diesen Glauben ist er auch durch verschiedene Momente, Zufälle, und nicht zum Wenigsten durch die Aussage eines ehemaligen ungarischen Hauptmanns, der seinem angeblichen Vater nahe gestanden haben will, bestärkt worden, und ebenso ist er durchdrungen davon, daß er das Opfer iutriguierender Diplomatenkunst sei, die ihm Rang und Abkunft streitig machte, ihm seine Rechte vor- enthielt. Die Geschichte, die Ludwig erzählt, klingt wunderbar, noch seltsamer ist die Art der Beweisstücke, die Ludwig für seine Abstammung geltend macht. Lud wig ist angeblich im März 1833 in einer einsamen Villa unweit Teplitz geboren und in der Familie des Schneidermeisters Ludwig in Wurzen großgezogen worden. Nach seinem Schicksal hätten sich des Oefteren hohe Herr schaften in geheimnisvoller Weise erkundigt. Chemnitz. Auf Bahnhof Pockau-Lengefeld fuhr am Sonntag Vormittag der Flöhaer Güterzug 1311 in die Flanke, wobei vom Personenzug der Packmeister wagen und ein Personenwagen und vom Güterzug die Maschine nebst Tender entgleisten. Ein Zugbediensteter wurde anscheinend schwer und ein solcher sowie fünf Reisende wurden leicht verletzt. Materialschaden gering. Betrieb wurde aufrecht erhalten. Chemnitz. Vom 11. bis 15. Januar findet im Gasthaus „zur Linde" eine Ausstellung von Kotzen statt. Diese Art von Ausstellung ist für Chemnitz etwas ganz Neues. Dresden. Die BevölkrrungSzahl von Dresden mit Albertstadt wurde für den I. Dezember 1899 aus 400 400 geschätzt. Dresden. Geh-Rat Professor Dr. Fiedler, König!. Leibarzt, ist seit einigen Tagen schwer erkrankt. Das heutige Bulletin lautet besser, doch herrschen noch starke Kopf- und Nackenschmerzen vor. Dem in Markneukirchen stationierten Grenzauf seher John sind am Weihnachtsheiligenabend bei einem Patrouillengange sämtliche Finger erfroren, und zwar derart, das dem Unglücklichen die zehn Gliedmaßen amputiert werden müssen und seine Pensionierung nötig wird. Die Kälte stieg im oberen Vogtlande bei scharfem, eisigem Winde bis auf 17 Grad k. Vermischte- * Ein wohlschmeckender Ehemann. Der Briefkasten einer französischen Frauenzeitschrift ließ kürzlich einer Neuvermählten auf die Anfrage, wie sie ihren Gatten behandeln müsse, folgende ergötzliche Antwort zukommen: „Viele Männer, die mit den besten Vorsätzen in die Ehe treten, werden durch schlechtes Kochen verdorben. Manche Frauen brühen ihren Mann zu sehr, andere übergießen ihn zu häufig mit kaltem Wasser, wieder andere legen ihn beständig in Essig und die Mehrzahl heizt den Bratofen, in dem sie ihn schön goldbraun zu rösten wünscht, viel zu stark. Kein Wunder, wenn der Gatte, den eine in der Kochkunst bewanderte Frau sehr zart und wohlschmeckend zubereiten kann, schließlich zäh und ungenießbar wird. Wünscht man nun einen wirklich guten Ehemann, so gehe man vorsichtig zu Werke. Vor allem ist es notwendig, ihn persönlich auszusuchen. Marktware kann nicht empfohlen werden, die vor die Neloynter Hdelmut. Kriminalroman von William Michelson. 13 „Siehaben eineSpur entdeckt'."murmelte er, sich von seinem Stuhl erhebend und ruhelos im Zimmer auf- und abgehend. „Ich möchte wohl wissen, was das sein kann. Ich brachte den Mann gestern nacht von meiner Fährte ab, doch wenn er mich im Verdacht hat, wird es ihm nicht schwer werden, meine Wohnung ausfindig zu machen." Bah, welchen Unsinn ich rede! Ich bin das Opfer meiner eigenen krankhastenPhantasie. Nichts bringt mich mit jenem Verbrechen in Verbindung, ich habe also durchaus nicht nötig, mich vor meinem eigenen Schatten zu fürchten. Ich hätte wirklich Lust, für einig» Zeit die Stadt zu verlassen, doch wenn man mich beargwöhnt, würde da- den Ver dacht nur verstärken. O, Albertine, meine geliebte Alber tine!" rief er leidenschaftlich, „wenn Du nur wüßtest, was ich leide, Du würdest sicher Mitleid mit mir haben, aber Du darfst die Wahrheit nie erfahren, niemals, niemals!" Und in einen Sessel sinkend, bedeckte er sein Gesicht mit den Händen. Nachdem er einige Minuten in dieser Stell ung mit seinen düsteren Gedanken beschäftigt, dagesessen hatte, erhob er sich und klingelte nach seiner Wirtin. »Ich gehe nach St. Kilda," sagte er ihr, »und werde wahrscheinlich den ganzen Tag fortbleiben." „Hoffentlich wirb Ihnen das gnt thnn," antwortete die Frau, „denn Sie haben daS Frühstück kaum berührt, die Seeluft aber stärkt den Appetit ganz wutlderbar." Caryll hörte kaum auf da», wa» Fran Jarney sprach. Er dachte an eine Verabredung, die er mit Albertine ge troffen, und die er beinahe vergessen hätte. „Frau Jarney," sagte er, sich an der Thür noch ein- mal nach ihr umwendend, „ich werde doch eher nach Hanse kommen und Herrn Roger und seine Tochter mitbringen. Sie Haven wohl die Güte, für den Thee zu sprgen?" „Sie brauchen nur zu befehlen," erwiderte die Wir tin geschmeichelt. „Ich werde Ihnen einest vorzüglichen Thür gebrachten Gatten sind stets vorzuziehen. Man lasse sich nicht durch ein silbern oder gar goldig glänzen des AeußereS täuschen, die zuerst garnicht in die Augen fallenden Männer sind die besten. Hauptsächlich achte man darauf, daß die Leinwand, in die man sich hüllt, schön weiß, undurchlöchert und mit der nötigen Anzahl von Knöpfen und Bändern versehen ist. Die kluge Frau wird ihren Gatten nie zu lange und mit Gewalt im Kessel halten wollen. Er bleibt schon von selbst, sobald ihm der Aufenthalt darin angenehm gemacht wird/ Man ängstige sich nicht, wenn er einmal über kocht, er beruhigt sich auch schnell genug wieder. Zucker in Form von Küssen mit Maßen angewendet, ist gut. Essig oder Pfeffer gebrauche man auf keinen Fall, da gegen kann ein wenig Gewürz nicht schaden. Nie aber lasse man fich's eiufallen, mit einem scharfen Instrument zu probieren, ob ^r zart genug ist. Man rühre ihn nur behutsam mit einem herzförmigen Löffel um und überlasse ihn auch zeitweise der frischen freien Luft, da mit er nicht ledern und geschmacklos wird. Nach diesem Rezept behandelt, wird der Gatte seinem Frauchen sehr gut bekommen. * DaS Opfer ürs Prinzen Urenberg. Der ermordete Mulatte Cain stand bereits seit vielen Jahren im Dienste der deutsch-südwestafrikanischen Schutztruppe und bezog ein Gehalt von 50 Mark monatlich, ein freies Dienstpferd und freie Bewaffnung. Daneben war er Unterhäuptling des Stammes Osthereros und stand bei Schwarzen und Weißen in hohem Ansehen. Sein Vater nahm sich nach seiner Einwanderung eine Schwarze (Häuptlingstochter) zur Frau. Daher datirt auch sein verhältnißmäßiger Reichtum, denn er besaß an 35 000 Stück Vieh und eine große Anzahl Pferde über 200 Stück. Sein Dienst bei der Schutztruppe führte ihn in alle Himmelsrichtungen, denn er war Spion und versah den Spionagedienst mit soviel Um sicht, Hinterliftigkeit und Verwegenheit, daß sein Ver lust für die Schutztruppe unersetzlich ist. Da Cain keine Gefahren scheute, so überwies man ihm stets die schwierigsten Missionen. Auch der Gouverneur schätzte sein Talent und seine Verdienste und ließ ihm manche Ehrung zu Teil werden. Als Prinz Arenberg nach Südwestafrika kam und die Station übernahm, wurde er auf Cain aufmerksam gemacht und gewann ihn mit der Zeit so lieb, daß er stets um ihn sein mußte und sogar zum Erstaunen der ganzen Station zur Tafel des Prinzen herangezogen wurde. Die Entzweiung zwischen den beiden Freunden erfolgte dadurch, daß der Prinz als Schütze, Reiter und sonstiger Sportsmann die Ueber- legenheit Cains in all' diesen Fächern nicht gut ver tragen konnte. Eifersucht, Neid, Eitelkeit und Egoismus sind die Triebfedern zu der That gewesen, denn der Ermordete schlug den Prinzen fast jedesmal. * Ein deutscher Dampfer im Kanal gescheitert. Wieder ist ein schwerer Schiffsunfall zu beklagen. Der Dampfer „PelotaS" der Hamburg-Südamerikanischen Dampschiff - Gesellschaft ist im Kanal bei Dungeneß, an der englischen Küste gescheitert. Bisher sind keine Verluste an Menschenleben gemeldet worden. Aber das Schiff, das auf den Strand gelaufen ist, befindet sich anscheinend in großer Gefahr und die Rettung der zahlreichen Passagiere scheint sich unter sehr schwierigen Umständen vollziehen zu sollen. * Slatin Pascha, der bekannte, im englischen Dienst stehende Wiener, der solange Gefangener des Thee machen und auch das feinste Gebäck in Bereitschaft halten." Caryll entfernte sich und Frau Jarney ging ans Fen- ster und beobachtete den hübschen, stattlichen Mann, wie er langsam die Straße hinunter ging. Eine Weile darauf läutete es an der Hausthür. Frau Jarney beeilte sich, zu öffnen. Der Herr, der Einlaß be gehrte, war kein anderer, als Dacre, der Caryll hatte sort- gehen sehen und keine Zeit zu verlieren wünschte, seine Erkundigungen emzuziehenl „Wohnt Herr von Caryll hier?" fragte Dacre. „Ja, aber er ist ausgegangen und kommt erst nach mittag zurück," antwortete Frau Jarney. „Wenn Sie et wa» an ihn zu bestellen haben, werde ich es pünktlich auS- richten." „Würden Sie mir eine kurze Unterredung gewähren ?" „Womit kann ich Ihnen dienen?" forschte die Wirtin neugierig. „Das werde ich Ihnen sagen, wenn wir im Zimmer sind." Frau Jarney musterte den Detektive erst mit scharfem Blick, ehe sie ihn weiterführte. Sie geleitete ihn in das Zimmer Caryll», lud den Fremden ein, Platz zu nehmen, setzte sich ihm gegenüber und rüstete sich, ihm zuzuhören. „Ich wünschte einiges über die Gewohnheiten de» Herrn von Caryll zu erfahren," begann Dacre. „Und zu welchem Zweck?" fragte die Wirtin unwillig. „Ich bin Versicherungsagent," erwiderte Dacre, „und Herr von Caryll beabsichtigt, sein Leben bei unserer Ge sellschaft zu versichern. Ehe das aber geschehen kann, muß ich mich vergewissern, ob er ein ordentliches Leben führt, ob er viel auSgeht, spät nach Hause kommt, und derglei chen mehr." „Ich werde glücklich sein, Ihnen jede Auskunft zu ge ben, denn ich weih, welch' eine Wvhlthat e» für die Fa milie ist, wenn eines der Mitglieder versichert ist. Herr von Caryll wird sich nächsten» verheiraten, und e» ist eine lobenswert« Vorsicht von ihm, sich zu versichern. Ich ver- Mahahti und seit einiger Zeit beurlaubt in Wien bei seinen Brüdern lebte, erhielt die Einberufung zum ac- tiven Dienst nach Südafrika. Er reiste nach England zur Einschiffung nach Kapland ab. Tagesnotize«. 1521. vr. Martin Luther wird durch eine zweite päpstliche Bulle mit dem Bann belegt. Sinnspruch. DaS Jahrhundert rief verwundert . „Warum haben sie mich lebendig begraben?" Astronomischer Kalender Donnerstag, den 4. Januar lKÜV. Sonnenaufgang 8 Uhr 14 Min. Sonnenuntergang 3 Uhr 55 Min. Mondaufgang 7 Uhr 54 Min. R. Monduntergang 2 Uhr 49 Min. B- Tptetptan »er Leipziger Gravrtveater. Neues Tbeater. Donnerstag: Zum 1. Male wiederholt: Kismet ! Anfang 7 Uhr. Freitag: Lohengrin. Anfang V-7 Uhr- Altes Theater. Donnerstag: Ihre Excellenz. Anfang '/,8 Uhr. Freitag: Der Herr im Hause. Anfang '/,8 Uhr. Kirchennachrichten Epiphanias fest. Naun h of. Borm. ^10 Uhr: Festgottesdienst. H. k. em. Dr. Schenkel (Röm. 10, 14 B.) — Kollekte für die Heidenmission. Klinga. Vorm. Vz10 Uhr: Fcstgottesdienst. H. Pfarrer Herbrig. — Kollekte für die Heidenmission. Dom. I. p. Lp. Naunhof. Vorm, r/,10 Uhr: Gottesdienst. H. Pfarrer Herbrig. (Jes. 55, 3 V.) Klinga. Vorm. ^10 Uhr: Gottesdienst. H. D. sm. Dr. Schenkel. Wirtes' vom 1. Oktober 1SVV ab. Von Naunhof nach Leipzig, 5,57, 7,07, 9,18, *10,50, 11,05, 1,50, 3,36,6,07, *8,31, 8,41, *9,23,1-10,42 von Naunhof nach Grimma-DreSden. 6,50, *8,15, 8,24,10,04,1-10,33, 12,00, 1,04, 3,20, 5,51, 9,21, 11,22. Die mit * bezeichneten Züge verkehren nur Sonn- und Festtags, im Oktober 1899 und April 1900, die mit -j- bezeichneten führen nur 1.—3. Wagenklasse, während alle übrigen, außer Sonntags, 1.—4. Klasse haben. - Des Hohenneujahr wegen erscheint - die nächste Nummer Freitag Abend 6 Uhr. Inserate siir Sonnabend und Sonntag erbitten wir bis Freitag Mittag 12 Uhr. Die Expedition. liere eineu sehr guten und pünktlich zahlenden Mieter an ihm, aber ich wünsche ihm doch alles Glück in seiner Ehe." „So, ist er ein gesetzter, ordentlicher Mensch?" sorschte Dacre in vorsichtiger Weise. „Ja, er ist immer nüchtern und gesittet." „Und wann pflegt er nach Hause zu kommen?" „Er ist fast immer schon vor zwölf Uhr in seinem Zim mer." „Immer?" wiederholte Dacre enttänscht. „Ich sagte Ihnen, fast immer. Mit jungen Leute» darf man nicht so strenge inS Gericht gehen." „Aber ich vermute, daß Sie gewöhnlich schon schlafen, wenn er spät nach Hanse kommt und nicht sagen können, um welche Stunde das geschieht?" „Ach ja, meistens schlafe ich wohl schon, aber manches mal bi» ich doch noch wach. DaS letzte Mal, daß ich ihn nach zwölf Uhr kommen hörte, war am vorigen Donners tag vor acht Tagen." „Ah!" Dacre holte tief Atem, denn in jener DonnerS- tagsnachtwar der Mord begangen worden. „Ich hatte damals heftige Kopfschmerzen und war in die Küche gegangen, nm mir einen Umschlag zu machen und gerade in dem Augenblick hörte ich de» jungen Herrn kommen." „Und wie spät war eS?" fragte Dacre atemlos. „DaS kann ich Ihnen sogar ganz genau sagen, denn ich hatte eben nach der Uhr gesehen. Es war fünf Minuten vor zwei." Dacre dachte einen Augenblick nach. „Die Droschke wurde um ein Uhr angerufen, fuhr etwa zehn Minuten später nach St. Kilda ab, kam in etwa fünfundzwanzig Minuten in der Nähe der lateinischen Schule au, Caryll sprach fünf Minuten mit dem Kutscher," und so rechnete er weiter, aber zum Schluß stimmte die Rechnung doch nicht genau, es blieb immer ein Unterschied von fünf Mi nuten. „Ging Ihre Küchenuhr auch richtig?" fragte er laut. 7L.1S