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tichtensteinLallirberger Tageblatt - — > - Hg. AHtGONU. " 2. Beilage z« Rr. 182.Sonntag, ocu 8. August ES. , vittoutisruLD- Aodvdeit dlurtei» Sen 11. August »Im ' sie 12 Apoftel Alles beweglich, au den Kunstschein. i dk 1« vbr. Umgegend mache erregendes Werk »««» 1. V. IÄ88t «In. Telephon 318. hm. 4 Uhr an )te «sik. s. UHU». ritz 12.4L igidien 11.6L urg". onntag lössm. «. Fra«. Koß, C. Msves. WM IIMUA'K. itzer. : an mM »cken, Kinder- Preise« WAm, m Stadtbad Lichtenstein. 1. Badezeit: a. Wochentags von früh 6 Uhr bis zum Dunkelwerden und zwar Sonn abends ununterbrochen und an den übrigen Wochentagen mit Ausnahme der Zeit von 1 bis Uhr nachmittags, d. Sonntags von früh 6 Uhr bis nachm. 1 Uhr ununterbrochen; Kinder dürfen nach 7 Uhr nachmittags nicht mehr baden. 2. für Fra«e« und Mädchen: Montags und Mittwoch von >/,9 bis ^12 Uhr vormittags, Dienstags und Don nerstags von ^3 bis r/zv Uhr nachmittags, Freitags von 5 Uhr nachmittags bis zum Schluffe der Badezeit und Sonnabends von 1 bis 4 Uhr nachmittags. 3. für Männer nnd Knabe« in der übrigen Zeit. 4. Preise der Bäder: a. für Erwachsene: mit Zelle 20 Pfg-, ohne Zelle 10 Pfg. d. für Kinder: mit Zelle 16 Pfg., ohne Zelle 5 Pfg. Dutzendkarten sind entsprechend billiger. Außerdem werden Saisonkarten ausgegeben. 5. Schwimmunterricht kostet außer der Badekarte für Erwachsene 5 Mark — Pfg. für Kinder 3 Mark — Pfg. 6. Bademäfche ist bei dem Bademeister zu haben. Holzauktion auf Forderglauchauer Revier. Montag, den 9. August von vormittags 9 Uhr an sollen im Rümpfwalde, und zwar an der Brandfläche, im Fuchsloch und in der Linde 60 Wellhdrt. Nadelholz-Reißig unter den gebräuchlichen Bedingungen gegen sofortige Bezahlung versteigert werden. Zufammeulunft an der Brandfläche. Gräflich Schöubnrgische Forstverwaltung und Rentamt Glaucha«, am 31. Juli 1vvo. Wenn mau auf Reisen geht. Tagebuchblätter von A. Hinze. (Nachdruck verboten.) Teure Anneliese! Du weißt, ich mache mir nichts aus den Männern. Ich setze diese Devise am Anfang meiner Aufzeichnungen, damit Du gleich weißt, auf wetche Tonart sie gesummt sind. Ich habe nämlich eine Ahnung, daß — -. Doch halt, ich will nicht von Ahnungen reden, sondern von Tatsachen. Schatz, Du weißt ja, daß unsere Reise von-München aus über Bregenz nach Tirol gehen soll. Himmlisch, nicht? Du weißt aber auch, daß ich weder ein Professor noch Schriftsteller bin, sondern ein junges Menschenkind, das zur Zeit nichts anderes möchte, als die Welt ge nießen. Daher mußt Du eS nicht krumm nehmen, wenn aus den versprochenen ausführlichen Reise-Beschreibungen kurze Berichte werden. Ich sitze hier in unserem Münchener Hotel, mit dem Blick auf die Isar, kaue am Fedei Halter, weit mir die Worte nicht fallen, wie sie sollten, indes Onkel Karl bereits zum zweiten Male an meine Tür klopft und ruft: „Pünktlich in einer halben Stunde auf dem Posten fein!" Das heißt, fertig zur Weiterreise. München, die herrliche, kunstbegnadetc Stadt an d er Isar ist ja für uns nur Absteigequartier. Die Kunst steht in der Tat unter dem unendlich vielen Sehenswerten, das sich hier dem Fremden bietet, obenan. Onkel Karl, unser Reisemarschall, den unvermeidlichen Bödecker in der Hand, Mama pustend, aber seelenvergnügt, und ich in meinem neuen grauen Reisekostüm, daS Opernglas um- geyängt, so hättest Du uns wandern sehen können, über den Marienplatz mit dem schönen Rathaus, von der Statue der Bavaria zur Pinakothek —. Halt, da habe ich mich vergallopiert! Zurück zur Bavarra! Onkel Kart hatte sein gedrungenes Genick ge hoben, Mamachen ihre Lorgnette und ich das Opernglas, die Schutzpatronin in Augenschein zu nehmen, als dicht hinter mn das Borfichhinsummen einer sonoren Stimme vernehmbar ward. Ein Beginnen, das ich frivol und unausstehlich finde. Dazu hatte ich das bestimmte Ge fühl, als sehe jemand auf Mich, vielleicht auch auf Ba varia. Natürlich wandte ich den Kopf auch nicht um Haaresbreite, sah abec einen langen Schatten auf dem Erdboden. Dieser Schatten folgte uns zur Pinakothek. Denk aber nur nicht, Herzensanneliese, daß München einem Zeit läßt, aus Schatten zu achten. Ich hatte ihn denn auch längst vergessen, als wir in der Pinakothek Kaulbachs „Unsterblichkeit" bewunderten. Ein feinsinniges Werl: llnfterbtichkeit durch Trene. Eine Frauengestalt steigt in eine Gruft nieder, um dort die Büste eines ge liebten Toten mit Lorbeer zu schmücken. „Lore, Madel," tönte Onkels Stimme recht prosaisch in unsere Bewunderung hinein, „nun leg' mal Zeugnis ab, was Du von Deinem Kunstgejchichtsprofessor gelernt hast! Ist das Bild hier von Kaulbach dem Vater, oder dem Sohn?" Ich muß gestehen, daß mir eine Ohrfeige lieber gewesen wäre, als diese Frage. Beherrschte nach aber meisterhaft und sagte, in Anbetracht des schönen Werkes sehr bestimmt: „Bon dem großen Wilhelm von Kaulbach." „Erlauben Sie, mein gnädiges Fraulein, daß ich Ihren Irrtum berichtige," erjcholl da plötzlich die näm liche Stimme, die mich durch ihr Summen geärgert hatte, „die „Unsterblichkeit" ist von Hermann Kaulbach — dem Sohne Wilhelm Kaulbachs." Ich stand da, wie mit Blut übergossen, hörte Onkel etwa» von „außerordentlich liebenswürdig" faseln und wünschte den Berichterstatter ms Psefferland. Zum Ueberfluß gewahrte ich jetzt, daß derselbe auch um Hauptes länge überragte, was mir immer sehr unangenehm ist, und unverhohlen belustigt auf mich yerabjah. Die Herren wechselten ihre Karten, Onkel stellte Mama und mich vor, und Herr von Ulerici — jo heißt das Scheusal nämlich — erbot sich, unser Führer zu fein, da er genau unterrichtet sei. Du weißt, ich mache mir nichts aus den Männern, insbesondere nicht, wenn sie „so" sind. Ich strafte da ¬ her den Aufdringling mit Verachtung — tat, als sei er Luft. Im Münchener Hofbräu, wohin er uns geschleppt, schien er dies endlich zu bemerken, wenigstens widmete er sich hier ausschließlich Onkel und Mania. Ich hörte nicht auf das, was er sagte, noch auf ihr Lachen, mit dem beide seine Glaub- oder Unglaubwürdigkeiten quittier ten, sondern widmete mein ganzes Interesse dem Nachbar- tifche. Dort hatten sich eme Schar Künstler ofsenbar ein Stelldichein gegeben. Wundervoll war's zu beobach ten, Schatz! Es „perlte" nur so von geistreichen Witzen. Daß Hinunter ein Bonmot dazwischen klang, das für weibliche Ohren nicht bestimmt war, — lieber Himmel, wir Mädchen von heute sind nicht so lächerlich prüde .. . Gerade als die Gesellschaft drüben begann, unseren Tisch auf's Korn zu nehmen, erhob sich Plötzlich der Herr von Ulerici und fetzte brüsk seinen Stuhl zwischen die Blicke dort und mir. Hatte ich vorhin den Machthaber ins Pfefferland gewünfcht, hätte ich ihn jetzt erdolchen mögen. Zum Glück entzog er sich meiner Rache bald — er ist näm lich abgereist, hofsemlich,auf Nimmerwiedersehen! Und —. „KreuzmlUionendonnerwetter, Lore, wo bleibst Lu!" ruft eben der Onket mit Stenorstimme. Also Schluß, Llebste! Auf Wiedersehen in diesen Blättern! * Welt, o Welt, wie bist du wunderweit, Wie viel Pfade Haft du, glauzumsloffen! rufe ich mit Frida Schanz aus! Wir fchwimmen auf dem Bodensee, Schatz, zwlfchen Lindau und Bregenz und ich speziell in einem Meer von Entzücken. Eme berufene Feder gehört dazu, die Herrlichkeit der Szenerie, die Schönheit des Gebhardtbecges über Bregenz zu schildern. — Es war auf dem Verdeck des Dampfers und ich so völlig in Schauen versunken, so ganz Bewunderung des SeedildeS, daß eS mir wie em Blitz aus heiterem Himmel däuschte, als plötzlich neben mir eine Stimme — die einzige, die während unserer Reise Anlaß zu Aerger ge geben — sagte: von Ulerici. Gestatten -sw, mein gnädiges Fräulein, daß ich unsere Reisebekanntschaft erneuere und verzeihen Sie dem Störenfried. Allein, tue Helle Äe- geifterung für die Natur, die ich auf Ihrem Gesicht lese, weckt in mir eine irrmnerung und dafür möchte ich Ihnen geradezu danken. Ihre Reyeempsänglichkett er innert mich nämlich an meine Mutter, mit der ich vor zwei Jahren die nämliche Fahrt machte, und die daran die gleiche Freude hatte, wie Sie, gnädiges Fräulein. „Sie ist tot," sprach er nach kurzer Pause, während welcher ich mich vergebens auf eine paffende Antwort besann, unaufgefordert weiter. Uno nun begann mein Reisegefährte wider Willen von seiner Mutter zu erzählen, die ec wohl sehr geliebt haben muß, denn sem Lon war jetzt so sonderbar rauh und jedes Wort besonders innig. Ich weiß nicht wie es gefchehen, daß ich bald meine Umgebung vergeben hatte, dagegen das Buo dec fremden Frau mir vor dec Seele flaad, als hätte ich sie gekannt, wie >le in oem alten Patrlziecyause gewaltet und wie ihr Leben nur Liebe — nur Treue — gewesen. In dieser Stunde schämte ich mich meiner Gedanken über Herrn von Ulerici und bat ste ihm insgeheim ab. Ein guter Sohn ift auch ein guter Mensch. Auch sagt man, ein guter Sohit gibt einen guten Ehemann ab —. Halt, oa habe ich mich wieder Ünal vergalloppiert. Mir kann es ja >eyr einerlei jein, wie gut oder wie schlecht sich Herr voi» Ulerici in der Ehe zeigen wird; denn Lu weißt ja, ich mache nur nichts aus den Männern . . . Einige Stunden fpäler. Herr von lllerici hat sich von uns verabschiedet, nachdem wir gelandet waren und ins Hotel gingen. „Auf Wiedersehen!" sagte er und hielt meine ^and. Es klang bedeutungsvoll — oder bilde ich nur dies nur ein? Natürlich habe ich ihn nicht gefragt, welche Refie- route er beabsichtigt. — — Es ist doch merkwürdig, wie schnell man sich an jemanden gewöhnen kann. Wenig- ftens kommt es mir plötzlich öoe vor — überall fremde Gesichter. Uebrigens habe ich, sobald ich im Hotel mein Schreibzeug hervorgeholt hatte, das „Scheusal", bas Du am Anfang meiner Aufzeichnungen finden wirst, mu einem dicken Federstrich ausgeloscht — bas war ich meinem Reisegefährten schuldig. Ist es ein Traum — ist es Wirklichkeit?! Die Würfel sind gefallen — o, Anneliese! Du, meine Herzens vertraute, wie soll ich nur anfangen, Dir bekennen? Es will ja mit mir der Kopf davon — es ist mir ja gar so selig-verwirrt. . . . Wir sind in den Alpen, Schatz! Abgründe — Bergeshänge — Hochjoch. Eines Künstlers Pinsel wünscht ich mir, die Herrlichkeit der Gebirgswelt hier im Bilde festhalten zu können. Aus den Schluchten tönt das Brausen von Wasserfällen. Ich sah die ewigen Gletscher im Mondlicht leuchten und mein Herz ward weich wie Schlagsahne. Ich dachte an einen einsamen Touristen, der aus Sohnesliebe den Spuren nachging, die einstmals seine Mutter geschritten. Ja, ich will es nur gestehen, Liebste, in der Einsamkeit der gewaltigen Bergmassen sehnte ich ihn herbei. Es war mir, als müsse alsdann die Erhabenheit der Natur mich trauter anmuten, ja, als sei unter seinem Schutze auch die ge fährlichste Klamm gefahrlos Denn natürlich „kraxelten" wir, Onkel, Mama und ich. Und weil ich die flinkste von uns war, stets beiden voraus. Ich bin kein Hasenfuß, das weißt Du, dazu keck wie eine Gemse, wenn es ans Bergsteigen geht. Wir wollten ein Hochjoch überschreiten und waren tief in die Alpen hineingewandert. Ein Wagnis, dessen Gefahr wir, mit unserer rührenden Unkenntnis im Berg steigen, nicht ahnten. Dank meiner eifenbejchlagenen Stiefelchen war ich rasch und glücklich in die Klamm hineingekommen und halte Onket und Mama weit hinter mir zurückgelassen. Plötzlich spürte ich, daß die Steine unter meinen Füßen ins Rollen kamen. Gleichzeitig entdeckte ich einen jäh aufklaffenden Abgrund, dessen Wasser losend an mein Ohr drang. Bleich vor Entsetzen, klammerte ich mich ans Gestein. Ich wollte rufen, doch die Angst schnürte nur die Kehle zu. Vorsichtig wandte ich den Kopf, nach meinen Begleitern auszuspäen. Ich sah sie nicht — nur die grausige Tiefe unter mir, und da wußte ich, daß ich verloren war —. Dte Todesgefahr, in der ich schwebte, gab mir plötzlich die Kraft der Stimme wieder. Ich rief, und Sa ich wußte, daß weder der Onkel, noch Mama im stande waren, mich aus meiner Lage zu befreien, rief ich einen Namen, von dem allein ich mir Hilfe versprach. Ich rief so laut ich vermochte: „Henry!" So heißt nämlich Herr von Ulerici. Ueber das, was nun folgt, wirst Du spöttisch- lächelno Dein Näschen rümpfen. Doch, Liebste, liegt mir nichts ferner, als Dir einen Bären aufzubinden. Was wir in Romanen oftmals geschildert finden und belächeln ob dec Unwahrscheinlichkeit der Situation, kommt in der Wirklichkeit vor! Also: Auf meinen Ruf hin, sah ich plötzlich zwischen den Bergwänden ein Lajchenluch flattern. Kaum wagend, meinen Äugen zu trauen, wiederholte ich meinen Ruf. Und nun tauchten drei Gestalten aus, Onkel Karl, Mama und, beiden vor aus . Für das, was jetzt folgte, habe ich nur eine ver worrene Erinnerung. Auf Minuten voll verzehrender Angst folgten solche der Seligkeit, wie ich noch keine erlebte. Ich süylle mich von eurem starken Arm umfaßt und eine liebe Summe sagte: „Du hast Dich verirrt, Lore, — hier ist Lein Platz." Damit lag ich an Henry von UlericlS Brust. Du weißt, ich mache mir nichts aus den Männern, wußte aber nicht, daß man einen Mann so lieb Haven kann. ... Mamachen ist meist guter Laune. So seelenvergnügt aber habe ich sie noch nicht gesehen, als da sie meinen Lebensretter und Bräutigam m die Arme schloß. Onket Karl aber — er ist trotz seiner 50 Jahre noch em rechter Schwerenöter! — schüttelte Henry be glückwünschend dl« Hand, kniff mir in die Wange und summte den Refrain eines bekannten KuplettS: Das kommt davon, das kommt davon, Wenn man auf Reisen geht. Schluß, Liebste! Noch heute gehen diese Blätter an Dich ab und grüßen Dich von Deiner Lore, der glücklichsten Braut!