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ff In Amerika verhaftet wurde der Steuer beamte Witte aus Köpenick, der mit einer beträchtlichen Summe flüchtig geworden war. Der 61jährige Mann hatte sich zuin zweiten Male verheiratet und aus diesem Anlaß Urlaub erhalten, von dem er nicht wieder in den Dienst zurückkehrte Bei einer Revision der Kasse stellte sich heraus, daß ein Betrag von mehreren Tausend Mark fehlte. Es wurde festgestellt, daß Witte mit feiner jungen Frau nach Holland gefahren war, doch konnte über seinen weiteren Verbleib zunächst nichts ermittelt werden. Durch einen Zufall erhielt die Staatsanwalt schaft davon Kenntnis, oaß sich W. in Newhork auf- hült, wo jetzt auf Antrag der Berliner Behörde die Verhaftung des ungetreuen Beainten erfolgte. ff Sankt Bureaukratius an der Arbeit. Aus Bayern wird der Frkfrt. Zeitung geschrieben: Nicht nur in Preußen, sondern auch bei uns ist der kuriose Heilige mit dem langen Zopf immer noch zu Hause und macht sich von Zeit zu Zeit bemerkbar. Bekam da ein Pensionär einen Bries folgenden In halts: „Hinsichtlich der von Ihnen zu beziehenden Staatspension ist ein Fehler unterlaufen. Wir ersuchen, sich baldtunlichst zur Abhebung des differierenden Betrages auf dem Bureau der Hauptkasse einfinden zu wollen." Der Brief war mit einer Fünf-Pfennig- Marke frankiert. Der Adressat, ein alter Herr, fuhr für -0 Pfg. mit der Trambahn zur Kasse und erfuhr dort zu seinem nicht geringen Erstaunen, daß er sür das abgelaufene Etatsjahr einen, sage und schreibe, einen Pfennig Pension zu wenig erhalten habe. Dieser bedeutende Betrag solle nunmehr nachgezahlt werden. Nachdem der Kasfenbeamte eine Quittung auf einem halben Bogen Papier entworfen, der Pensionär diese Quittung unterschrieben und der Kassenbote die Unter schrift beglaubigt hatte, wurde diese Summe glatt auS- vezahlt. Hocherfreut steckte der alte Herr den Pfennig ein, fuhr wieder für 10 Pfg. mit der Trambahn heim und freute sich, so billigen Kaufes aus den Klauen von Sankt BureaukraliSmuS losgekommen zu sein. ff Das größte Glück. Aus Frankfurt a. M. wird dem „B. T " geschrieben: Viel belacht wird eine kleine Geschichte, die sich kürzlich auf der „Ila" ereig nete. Ein Berliner ließ sich mit einem alten „Frank furter" in ein Gespräch über Luftschiffahrt ein. Nach dem man seine Gebautem ausgetauscht hatte, fragte unser „Altfrankfurter" plötzlich den Berliner: „Wisse Se auch, was deß größte Glück iß?" Auf eine ver neinende Antivort deS Berliners entgegnete der „Frank furter" : „Deß größte Glück iß, daß der Hauptmann von Köpenick kan Schwoob, unn de Zeppelin kau Preiß iß, sonst wür's mit de Preiße gar nxt mehr aus- zuyalte!" s Die Diebstähle im Münchener Haupt zollamt haben eine eigenartige Erklärung gefunden: Dem Münchener Tagblatt zufolge sind die Diebe die Söhne von Zollbeamten, Knaben im Alter von lt bis 12 Jahren, die das Zollamt als Hauptquartier für ihre Räuberspiele benutzten und sich aus den dortigen Vorräten zu verproviantieren pflegten. Als sie auch das unter Zollverschluß liegende Cyampagnerlager angriffen, kam ihr Treiben heraus. s Raubmord. Gestern nachmittag ist in dem Bauern dörfchen Marrdorf bei Trebnitz ein Raubmord entdeckt worden. Seit Mittwoch nachmittag vermißt man die vermögende, etwa 75 Jahre alte Rentiere Kersten, die ein in der Mitte des Dorfes gelegenes Häuschen allein bewohnte. Als man vor mittag keinen Einlatz fand, holte man die nächsten Verwandten und verschaffte sich gewaltsam Zutritt. Nach langem Suchen fand man in dem von der Küche aus verschlossenen Keller die Leiche der Greisin mit zerschmettertem Schädel an der Treppe liegen. Alles Geld fehlte. Es wurde festgestellt, datz die Ermordete mehrere hundert Mark Bargeld in ihrem Hause hatte. Es liegt unzweifelhaft ein Verbrechen vor. Von einem Schmiedegesellen wurden zwei verdächtige Gestalten, die lehr eilig das Dorf in der Richtung nach Trebnitz-Markt Verliesen gesehen. s Wenn der Affe auf dem Rade Reißaus nimmt. Das „Wiener E.rtrablatt" schreibt: Der zurzeit in Weigls Dreher-Park auftretende Tier-Dresseur Perzina war gestern gegen 4 Uhr nachmittag» mit der Dressur der von ihm zur Schau gestellten Gruppe von Menschenaffen beschäftigt. Unter anderem erhielt die dreijährige Schimpansin „Grete" Unterricht im Radfahren, worin sie es schon zu einer gewissen Fertigkeit gebracht hat. Gestern bereitete sie nun ihrem Leh rer eine große Ueberraschung. Sie ergriff plötzlich ihr Rad, schwang sich hinauf und radelte in flottem Tempo durch den Dreher-Park, erreichte den Ausgang, fuhr über die Schön brunnerstratze und schien nicht übel Lust zu haben, ihren Ver wandten in der Schönbrunner Menagerie einen Besuch abzu statten. Wenigstens radelte sie schnurstracks auf den Eingang des Schloßparkes zu. Der dort auf Wache stehende Gardist konnte begreiflicher Weise keine Ausnahme von der strengen Bestimmung machen, die Radfahrern die Alleen des Parkes verschließt. Er hemmte die Fahrt und übergab die Ausreißerin ihrem in atemloser Eile nachlaufenden Direktor, der sie dann in sicheren Gewahrsam brachte. Selbstverständlich erregte die Flucht „Breies" in der Schönbrunnerstratze kolossales Aufsehen, sodaß der Verkehr zeitweise ins Stocken geriet. s Zündholz steuer. Bei der Soiree: „Moritz, schließ' auf und nimm ein Zündholz heraus - die Herren wollen rauchen!" — Der Konfirmant. „Na, Otto, was wünschest Du Dir denn als Konfirmationsgeschenk? Ein Fahrrad, ein Paar Rollschuhe, oder eine goldene Uhr ?" — „Ach Onkelchen, ich möchte so gerne mal 'ne eigne Schachtel Zündhölzer haben." — „Nee, Kind - da hättste Dir 'n Millionär zum Onkel aussuchen müssen!" — Nachruf. „Und vornehin, wie der Heimgegangene stets war, so suchte er sich auch die vornehmste Todesart aus: er trank eine Lösung von abgeschabten Zündholzköpfchen." („Lustige Bl.") -f Münzens und in der Ruhr. Knaben, die bei Fröndenberg in der Ruhr badeten, fanden einen vom letzten Hochwasser ans Ufer getriebenen blinkenden Klumpen, der sich als ein Haufen alter Münzen erwies. Es waren Mr Münzen aus der Zeit der römischen Cäsaren, die einen bedeutenden Wert repräsentieren. Der Fund wurde zu weiteren Fest stellungen der Amtbehörde übergeben. f Die Garnitur. Als wahres Geschichtchen erzählt man der „Müncher Jugend": Ein Infanterie-Regiment erhält einen neuen Regiments-Adjutanten. Als dieser die Besichtigung des ihm unterstellten Mujikkorps gelegentlich der Regiments- Vorstellung bemerkt, datz einige Instrument« Beulen haben, wendet er sich an den Kapellmeister: „Sagen Sie mal, Kapellmeister, welche Garnitur Instrumente haben denn die Leute für heute empfangen?" f Mor d. Gestern vormittag wurde bei Iden (Kr. Oster burg) ein Schweizer erschlagen ausgefunden. Wie das „Altin. Jntetl.-Bl." erfährt, waren gestern zwei Schweizer aus Beth- lingen nach Iden gegangen, hatten in dem dortigen Wirts- Hause gezecht und waren in Streit geraten. Wahrscheinlich ist auf dem Heimwege der eine von seinem Genossen erschlagen worden. ff Die Einjührigentragödie in Sten dal. Der Einjährige Baumgarten aus Leipzig, der, wie seinerzeit berichtet, am 16. Juli den Fahnenjunker v. Zeuner erschoß, soll ans Beschluß des Gerichts der achten Division zwecks Beobachtung seines Geisteszu standes auf die gesetzmäßige Dauer von sechs Wochen der Landesheilanstalt Altscherbitz bei Schkeuditz über wiesen werden. Baumgarten ist dem Vernehmen nach bisher bei seiner urspringlichen Aussage geblieben, daß er sich der Tat nicht entsinnen könne. ff Spielet nicht mit Schießgewehr! In Buschewitz (Prov. Posen) erschoß ein 14jähriger Schul knabe, dec sich als Feriengast beim Gutsbesitzer Scholze aushielt, beim Hantieren mit einem Gewehr die 12jäyrige Tochter des Besitzers Grüning. Das Mädchen war sofort tot. Tunnels unter dem Meere. Ein interessantes Tunnelbauprojekt wird einer Kopen hagener Depesche zufolge in Dänemark und Südschweden lebhaft erörtert. Der schwedische Ingenieur Quistgaard hat in schwedischen und dänischen Fachzeitschriften einen technisch jeiugehend oegründeten Plan zur Verbindung der Städte Kopenhagen und Malmö mit einer durch einen Tunel unter den Oeresund zu führenden elektrischen Bahn entwickelt. Einer der hervorragendsten dänischen Ingenieure, Winkel, behandelt in der letzten Nummer der dänischen Fachzeitschrift „Der Ingenieur" den Quistgaardjchen Plan und kommt zu dem Ergebnisse, daß dieser so wohl genau durchdacht, wie in der von Quistgaard vorgeschlagenen Weise ausführ bar sei. Die ganze Linie Kopenhagen- Malmö ist 36 Kilometer lang; der Tunnel wird aber nur 16 Kilometer lang sein. Während jetzt die Reise Kopenhagen- Malmö 2 Stunden 17 Minuten in Anspruch nimmt, würde die Fahrt mit der von Quistgaard projektierten elektrischen Tunnel bahn nur 41 Minnten dauern. Wie die „Politiken" erfährt, hat Herr Quistgaard auch einen Tunnel zwischen Helsingborg und Helsingör projektiert; diese Strecke ist bedeutend kürzer als die zwischen Kopen hagen und Malmö; da aber der Meeres boden dort viel loser ist als auf der Strecke Kopenhagen-Malmö, würde die Linie Kopenhagen-Malmö trotz der längeren Ent fernung der beiden Städte voneinander vorzuziehen sein. Ern ähnliches Tunnelprojekt, die Ver bindung von Frankreich und England unter dem Aermelkanal, hat man bekanntlich lange Zeit ebenfalls ernsthaft in Erwägung gezogen. Man wird daher einstweilen auch diesem neuen Projekt, da» eine schnelle Land reise von Deutschland über Dänemark nach dem Nordkap bewerkstelligen ließe, nicht allzu optimistisch entgegensetzen dürfen. Vie pl'W^k-kn-l'Vkinslwiese nsi-ft . LZ H «nutz mW Verlag von Vtto «och mch rvühtlm Pester. Für die Neueste- vom Tage. ffDie rächende Ohrfeige. Armer Wilhelm Voigt, „Hauptmann von Köpenick"! Der militärische Geist, den er einst durch seine Satire der Tat dem Hohngelächter der Welt preisgab, hat sich jetzt bitter an ihm gerächt. Als dieser Tage der „Hauptmann von Köpenick" bei seinem Aufenthalt in St. Avold sich dem staunenden Publikum zeigte, erhielt er von einem Soldaten, der sich über die seinerzeit der Uniform an getane Schmach noch erboste, öffentlich eine schallende Ohrfeige. Der Attentäter soll ein Sergeant gewesen sein; die Affäre dürfte noch ein Nachspiel vor Gericht haben. ff Den Sohn in der Zeitung wiederge funden. Aus Bclluno wird berichtet: Ein ganz eigenartiger Vorfall ereignete sich kürzlich in der Nähe von Belluno. Der 60jährigen Bauersfrau Maria Ge- lain war mitgeteilt worden, daß ihr bei einem Tunnel bau in der Schweiz beschäftigter Sohn bei einer Ein- sturzkatastropye mit vielen anderen Genossen das Leben verloren habe. Bald darauf erfuhr die Frau, es seien zahlreiche Abbildungen von der Unglücksstätte in einer illustrierten Zeitung erschienen. Sie ließ sich die be treffende Nummer kommen und betrachtete die Bilder. Unter diesen war eines, welches die Bergung der Leichen darstellte, und siehe da, in einem der Männer, welche die Leichen trugen, erkannte die Frau mit unaussprech licher Freude ihren tolgegiaubten Sohn. Sie rannte sofort zuin Gemeindeamte und ließ durch dieses an die betreffende Gemeinde der Schweiz telegraphieren, worauf alsbald die Bestätigung eintraf, daß der Sohn frisch auf und gesund sei. Sowohl die alte Mutter, als auch der Sohn sind Analphabeten. ff Das hüpfende Bett. Ein sonderbarer Geisterspuk bildete den Gegenstand einer Verhandlung vor dem Schöffengericht in Schönberg in Mecklenburg. Die Anklage richtete sich gegen die Bahnarbeiterfrau Oldenburg aus Herrnburg, dle von der Großherzog lichen Landvogtei m Schönberg wegen groben Unfuges mit einem Strafmandat von zehn Mark bedacht worden war und dagegen gerichtliche Entscheidung beantragt hatte. Der grobe Unfug war darin erbllckt worden, daß Frau O. das Gerücht verbreitet hatte, in ihrer Wohnung spuke es. Die Folge war, daß sich vor dem Hause täglich Hunderte von Neugierigen ansammelten, die sich von dem Spuk überzeugen wollten. Die Ange klagte gab zu lhrer Rechtfertigung an, daß seit Grün donnerstag dieses Jahres in ihrer Wohnung „Dinge passiert seien, die sie sich nicht habe erklären können". Sobald sie am Abend zu Bett gegangen sei, habe es unter dem Bett gekratzt und stundenlang geklopft, auch sei die Bettdecke, obwohl sich die Frau ganz ruhig darunter verhalten, in die Höhe gegangen und fei schließlich gehüpft. Drese geheimnisvollen Erscheinungen hätten sich auch in Gegenwart von Zeugen wiederholt und erst, als sie aus Anraten eines Nachbarn zur Bannung der bösen Geister Kreuzdorntee getrunken habe, wäre der Spuk verschwunden. Die geladenen Zeugen be kundeten unter ihrem Eide, daß sie alle Einzelheiten, die ihneen Frau O von dem Spuk erzählt habe, durch eigenen Augenschein bestätigt gefunden hätten. Hierauf beantragte der Amtsanwalt selbst die Freisprechung, da die Angeklagte anscheinend überzeugt gewesen sei, oaß übernatürliche Mächte im Spiele seien. Das Gericht sprach die Angeklagte kostenlos frei. ff Der dickste und der stärkste Mann Jütlands. Aus Kopenhagen wird dem „B. T." ge schrieben: Im nördlichen Jütland hat der baumstarke Fischhändler Thorsen aus Nörresundby die Gemüter durch eine Marschleistung in Aufregung gesetzt, durch die er nicht nur einen Rekord aufgestellt, sondern auch eine bis jetzt noch nie dagewesene Gattung des Sports zur Gel tung gebracht hat. Er wettete mit drei Freunden um 1100 Mark, daß er die 90 Kilometer lange Strecke von Nörresundby über Brönderslev nach Hjörring und wieder zurück in zehn Stunden zu Fuß zurücklegen werde; der Rückmarsch sollte aber in der Weise ausgefüyrt werden, daß Thorsen den dicksten Mann Jütlands, den Restaura teur und Bierhändler Elausen aus Nörresundby, der 150 Kilogramm wiegt, auf einen Wagen nach sich ziehen sollte. Der Stard aus Nörresundby sand gestern früh 5 Uhr statt; Hjörring erreichte er kurz nach 11 Uhr; er hatte mithin 45 Kilometer in 6 Stunden zurückgclegt. Um 12 Uhr wurde der Marsch nach Hause mit der schweren „Last" angetrelen; der dicke Restaurateur nahm gemäch lich m dem leichten Wagen Platz, vor den der jütlänvi- sche Recke sich selber spannte! Die ersten 24 Kilometer bis Brönderslev wurden in 4^ Stunden „gemacht"; und abends ^,11 Uhr setzte Jütlands stärlfter Mann Jütlands dicksten Mann wohlbehalten in Nörresuiiovy ad: die Wette war gewonnen, und Thorsen wurde mu begeistertem Jubel von den Bewohnern Nordjütlands begrüßt. ff Die Frauenmorde in der Provinz Posen. Die Ermittlungen nach dem Urheber der fünf Frauenmorde im südlichen Teil der Provinz Posen sind bisher erfolglos geblieben. Es sind zwar neuer- oings zwei Verhaftungen erfolgt (davon eine in Frau- stabl), doch hat es sich yerausgestelll, daß dir Ver hafteten als Täter nicht in betracht kommen. Der in Lissa festgenommene Kaufmann Wotscyke befindet sich zwar zurzeit noch in Untersuchungshaft, doch ist auch er an den Frauenmocden unbeteiligt, wird vielmehr wegen verschiedener anderer Straftaten verfolgt. Wie uns ein Telegramm aus Posen meldet, hat der Staats anwalt in Lissa die für die Ergreifung des Lustmörders ausgesetzte Belohnung auf dreitausend Mark erhöht.