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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HeWr-DzeiM für Loftdorf, ZödU Zmirdorf Mdoff, St. Wien, Keinrichori, Noritnall md Nüsscn. 2lintsblatt für den Stadtrat zn Lichtenstein. — 5 3. F a b ? a »r « s. " — — — Nr. 275 Sonnabend, rm 28 November 1903. Dies s Rlatt erchemr täglich ,<»ub«! r^.r.v- Iiud ^4--, ,ür -><-», !^igen..ei> Lag. L'ieril-u.ivrocve' 20 Vig-, Sur» dm Post bezöge»» l Mt. SU- Ps. — Vin-eln» Nnmm er 10 Pfennige. BeycUuu^e' »ier-rr»«.-»? nutzer der Trpeoitior in älchtensieir!, Zwickauerftrobe 397. e.Ue »iaisert. Pottansta'tten, Postboren, svwre die Austräger entgegen. Inser a i « werben die sNn^ocst>olnne 7.rrd: ^»eue ober der.- l^sun r '' 0 ^-»-."rüg:-. l <-reS,»->r. stnnodme der Fnlerate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. — Im „Amtlichen Teil" wird die zweispaltige Zeile oder deren Raum mil 30 Pfennigen berechnet. Für auswärtigen Inserenten kostet die Sgesvaltene Zeile 15 Pfennige. — ST iL Heute Sonnabend, d. 28. Nov., von früh 8 Uhr ab MtMU. Fleischverkauf (frisches Rindfleisch), L Pfd. 35 Pfg. Volksbibliothek Knabenflügel pari. Nr. l, vormittags von 12—1 Uhr. Los kick tioes ZtisoliusmMs. Am Mittwoch ist der in weiten Kreisen mit so großem Interesse verfolgte Sensationsprozeß Kwi- lecka vor dem Berliner Schwurgericht nach mehr wöchentlicher Dauer endlich zum Abschluß gebracht worden. Das Erkenntnis des Gerichtshofes lautete, wie schon mehrfach von uns berichtet, auf Freisprechung der Gräfin Kwilecka und aller anderen Angeklagten von der Anklage auf Kindes- Unterschiebung, nachdem die Geschworenen die sämt lichen Angeklagten in ihrem Wahrspruche für nicht schuldig erklärt hatten. Die bedeutenden Prozeß kosten fallen der Staatskasse zur Last. Dieser Aus gang der an dramatischen und interessanten Momen ten überreichen gerichtlichen Verhandlungen gegen die Gräfin Kwilecka und Genossen kommt wohl kaum überraschend, dentt die Frage nach der Schuld oder Unschuld der Angeklagten hat durch de: ge samten Verlauf des Prozesses trotz des großen Zeugenaufgebotes, der Vernehmung der Sachver ständigen, der scharfsinnigen Ausführungen der Ver treter der Anklagebehörde und der beredten Dar legungen der Verteidiger keine genügende Klärung erfahren, und so ist es schließlich wohl nicht weiter befremdlich, daß die Geschworenen zu ihrem „nicht schuldig" gelangten, dem dann der Gerichtshof mit seinem sreisprechenden Urteile Rechnung trug. Offen» bar erleichtert wurde auch der Freispruch durch die unsicheren schwankenden Aussagen mancher Belast ungszeugen und durch die Blößen in deren Charakter, welche seitens der Verteidiger schonungslos vor dem Gerichtshöfe aufgedeckt wurden. Auch das Ein greifen der Vertreter der Staatsanwaltschaft in die Prozeßoerhandlungen war nicht immer ein glückliches zu nennen, was namentlich von der Bemerkung des Staatsanwaltes Dr. Müller gilt, d'e Geschworenen würden dem ganzen Institute der Geschworenengerichte Schaden zufügen, wenn sie die Angeklagten nicht schuldig sprechen würden. Das ist denn doch ein bedenklicher Versuch von Seiten der Anklagebehörde zur Beeinflussung der Geschworenen im Sinne der Anklage, und möglicherweise hat gerade dieser Vor stoß der Staatsanwaltschaft gegen die Geschworenen gerichte die Laienrichter im Prozesse Kwilecka mit zu ihrem der Forderung des Staatsanwaltes entgegen gesetzten Wahrspruch veranlaßt, wenngleich die Ge schworenen zweifellos sonst nach besten: Wissen und Gewissen geurteilt haben. Möglicherweise bängt die Versetzung des Dr. Müller nach Elberfeld mit seiner erwähnten Entgleisung in den Prozeßverhanolungen zusammen. Im übrigen hat der Prozeß Kwilecka erneut interessante Streiflichter auf gewisse kulturelle und soziale Zustände in den Ost marken des Reiches ge warfen und abermals gezeigt, daß in „Deutsch- Polen" noch so manche eigenartige Verhältnisse ob- walten. Die national polnische Frage ist bei diesem Prozesse naturgemäß mehr im Hintergründe ge blieben, trotzdem wies er auch in dieser Beziehung manche bemerkenswerten Momente auf. Ueberhaupt bleibt noch abzuwarten, ob nicht der Freispruch in diesem Sensationsprozeß von der polnischen Propa ganda nach Kräften für ihre nationalen und poli tischen Zwecke ausgebeutet werden wird. Sie ar- beitet ja mit den rücksichtslosesten Mitteln, um ihre revolutionären Ziele zu erreichen, und es ist daher gar nicht so unmöglich, daß die „unschuldig" Ange klagten im Prozesse Kwilecka künftig eine wenn auch unfreiwillige Rolle in der polnischen Agitation spielen werden. Darum können auch die enthusiasti schen Kundgebungen des Berliner Publikums, welche nach Beendigung des Prozesses für die Freigesprochenen in Scene gesetzt wurden, nur höchlichst bedauert »«den. Das rein menschliche Empfinden mag ge- s wiß in diesen freudigen Demonstrationen mit zum Ausdruck gekommen sein, aber vom Standpunkte d:s nationalen und politischen Gegensatzes zwilchen Deutsch und Polnisch aus betrachtet, erscheinen sie doch mindestens unangebracht. Politische ^NMdschE Deutsches Reich * In Berlin verlautet, daß der komman' dierende General des 19. (2. sächsischen) Armeekorps, General von Treitschke, sein Entlassungsgesuch ein« gereicht habe. ' * Die Zweite sächsische Kammer bewilligte am Mittwoch debattelos den vierten Nachtrag zum ordent lichen Staatshaushaltsetat für 1902/1903. * Nach Blättermeldungen ist der Professor Schmidt, der den Kaiser operierte, zum Wirkt. Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz er nannt worden. * Ein polnisches Blatt bringt die unglaubliche Nachricht, daß dir Tod der P r i n z e s s i n E l i s a b e t h von Hessen in Skiernewice nicht auf Cholera oder Thyphus zurückzusühren ist, sondern auf eine Vergiftung mit Strychnin. Das Gift sei einer Speise bcigemengt gewesen und sei für den Zar und die Zarin bestimmt gewesen. Der Zar habe von der Speise nicht gegessen und sei gesund geblieben. Dagegen haben die Prinzessin und die Zarin von der Speise genossen. Die Prinzessin se: plötzlich gestorben und die Zarin liege jetzt an der Vergiftung krank. * Ein Nachspiel zum Prozeß Kwilecki: Staatsanwalt Müller ist nach einer uns Angehenden Meldung nach Elberfeld versetzt morden. Staats anwalt Müller hat neben dem Ersten Staatsanwalt Steinbrecht die Anklage im Kwilecki-Prozeß vertreten. * Unter der Ueberschrift: „Das Publikum und die Staatsanwaltschaft" schreibt die „Kölnische Zeitung" : In den weitesten Kreisen herrscht das Gefühl, daß die Staatsanwaltschaft ihr Amt mehr als öffentlicher Ankläger, denn als Finder des Rechts auffaßte. * Meldungen aus Japan lassen auf den nahe- bevorstehendrn Ausbruch eines Krieges zwischen Ruß- lang und Japan schließen. * Gegen Soldaten Mißhandlungen. Die Kammer der bayerischen Abgeordneten, welche einstweilen die führende Rolle in der Bekämpfung der Soldatenmißhandlungen übernommen hat, ver handelte am Mittwoch über den Antrag Müller- München (Soz.), das Krieasministerium zu ersuchen, dahin zu wirken, daß Offiziere und Unteroffiziere, deren Mitschuld, sei es durch aktive Beteiligung, sei es durch Mangel an pflichtgemäßer Beaufsichtigung an systematischen Soldatenmißhandlungen nachge wiesen ist, unnachsichtlich aus dem Heere entfernt werden. Nachdem Müller-München (Soz) seinen Antrag begründet hatte, erklärten Lerno (Zentr.), Wagner (Lib.) und Dirr (Freie Vereinigung) die Zu stimmung ihrer Fraktionen zu dem Anträge. Hierauf nahm der Kriegsminister von Asch das Wort und führte aus, er werde nach wie vor den leider in nicht geringer Zahl vorkommenden sol- datenmißhanolungen und den Mißbrauch der Dienst gewalt mit aller Kraft entgegenlreten. Er müsse gegen den Antrag aber ein formelles Bedenken er heben. Die Entfernung aus dem Heere könne nach dem Militärstrafgesetz nur auf Irund gerichtlichen Urteilspruches eintrelen. Wenn die Tendenz des Antrages aber nur die sei, daß Soldatenmißhand lungen mit der Entfernung aus dem aktiven Heere geahndet werden sollen, so könne er sich gegen den Antrag nicht ablehnend verhalten. Der Antrag wurde nach dieser sehr verständigen Stellungnahme des Kriegsministers einstimmig angenommen. * Der spanische Thronprätendent Don Carlos hat seine Tochter, die von ihrem Gatten getrennt lebende Prinzessin Alice von Schönburg ' Waldenburg, ver st oßen. Türkei. r * Die Türkei scheint sich endlich zum Nao. geben auf die Forderungen derEntennaH m ächte zn bequemen. Wie aus Konstantinopel: aemeldet wird, erhielten der österreichische Botschafter Freiherr v. Calice und der russische Botschafter Si nowjew eine schriftliche Mitteilung der Pforte, welche die grundsätzliche Zustimmung der Pforte zu neun Punkten des Reformprogramms enthält. Aus Dtadt «ud Laud Lichtenstein, 27. November. * - Das Feil bieten von Gold und Silber waren ist verboten ! Zum Schutze des Publikums sind aus Grund der Paragraphen 42u und 56, Ziffer 3 der Reichsgewerbeordnung Bestimmungen getroffen worden, die das Feilbieten von Gold- und Silberwaren, sowie Ta;chrnuhren von Haus zu Haus oder auf öffent lichen Wegen, Straßen, Plätzen oder anderen öffentlichen Orten verbieten. Namentlich zur Weihnachtszeit ist es vorgekommen, daß derartige, gewöhnlich minderwertige Waren in der vorstehend erwähnten Weise an öffentlichen Orten seilgeboten worden sind. * — Eine freundliche Vorahnung des Weihnachtsfestes lassen die ersten Sendungen der Christbänme in uns aufsteigen. Es geht auf Weih- uachteu zu! Das macht sich jetzt schon vielfach be merkbar. Die Zeitschriften und Tagesblätter bringen bereits die Weihnachtsanzeigen, deren Anpreisungen geradezu zum Kaufen reizen und den Wunsch nach recht viel des schnöden Mammons, der ja immer dann recht rar ist, wenn man ihn am nötigsten braucht, wach ruft. Die Schaufensterdekorateure sinnen darüber nach, wie sie einen Teil des Weih nachtszaubers in ihre Auslagen tragen und dadurch die weihnachtliche Kauflust erhöhen können. In den Familien aber ist die traute Zeit der „Heimlichkeiten" gekommen. Bald findet .Väterchen" oder „Mütterchen" diese oder jene Tür verschlossen, hinter denen Kinder- händeraschihre Arbeiten verbergen.Weihnachtsarbeiten! Einen ganz besonderen Reiz üben sie auf das Kinder- gemüt aus; sie geben von dem schönsten deutschen Fest schon eine Vorfreude, die das ganze Haus mit ihrem Hellen L-chimmcr erfüllt. Alle Hände regen sich, um unter den Weihnachtsbaum ein selbstgefertigtes Zeichen der Liebe legen zu können, der Liebe, der gerade am Weihnachtsfeste am innigsten Ausdruck verliehen wird und deren lichter Glanz in allen Herzen noch lange nachleuchtet. * — Prinzeß Alice vonSchöubnrg-Walden- burg. Zu der mehrerwähnten Angelegenheit nimmt jetzt die Redaktion des „Großenhainer Tageblattes", die, wie schon erwähnt, ihr- Nachrichten von einer der Prinzessin nahestehenden Seite erhält, mit folgen der Veröffentlichung das Wort: Der Klatsch über das angebliche „Verschwinden" der Frau Prinzeß Alice Schönburg-Waldenburg in gewissen Zeitungen dauert weiter fort. Jetzt hat sich nun auch die reichshauptstädtische Presse des fetten Biffens be mächtigt. Morgenpost, Berliner Zeitung, Börsen kurier, die sämtlichen „großen" Judenblätter, schwelgen förmlich in der „neuen Eheirrung". Tat sache ist an der ganzen Geschichte, daß die Prinzeß, die. am 29. Juni 1876 geboren, vor 6'/2 Jahren den Prinzen Friedrich Ernst von Schönburg-Walden- bürg heiratete — eine Ehe, der im Vorjahre ein von der Mutter mitgenommener Sohn entsproß —, nicht erst seit 14 Tagen, sondern seit Monaten be reits nach Italien verreist, aber nicht „verschwunden" ist, wie jetzt auch der „Tag" feststellt. Da sich die Differenzen mit „daheim" mehrten, hat sie vor ca.