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Gotteshause während der Abendmahlsfeier. Mitten in der Beichtrede stand ein junger Mann auf. ging nach dem Altarplatze und sprach einige Worte mit dem Pfarrer Krug, welcher ihn in die Sakristei ver wies, in welcher sich Pfarrer Horn befand. Kurz darauf vernahm man lautes Rufen und Stöhnen, worauf Pfarrer Krug und mehrere Männer in die Sakristei eilten, um den Mann, der zweifellos Plötzlich in Tobsucht oder religiösen Wahnsinn ver fallen war, festzunehmen. Nach einigen zuredeuden Worten ließ sich der ganz verstört aussehende Mann von seiner Ehefrau ruhig fortfuhren. Der junge Mann ist Fabrikarbeiter und hat bereits Tobsuchts anfälle gehabt. Werdau. Der Maler Sammer, der wegen eines Tvbsuchtsanfalles vor einiger Zeit im Kranken haus untergebracht worden war, ist jetzt nach Rode wisch gebracht worden. Er beschäftigte sich sehr mit Spiritismus und hatte viel Umgang mit Spiritisten. Man glaubt, daß der Ausbruch der Krankheit bei ihm durch diesen Umstand sehr gefordert worden ist. In Annabcrg wird seit Donncrtags nachmittag der Lehrer Kindt vermißt. Die Feuerwehr und seine Kollegen suchten vergeblich nach ihm. Man befürchtet, daß er verunglückt ist. Aus Thüringen. Halle a. S. Hauptpastor Jung in Trotha er tränkte sich unmittelbar vor dem Gottesdienste in plötzlich auftretendcm Irrsinn. Gera. Wie jetzt festgestellt worden ist, be tragen die Unterschlagungen des durch Selbstmord geendeten Rendanten Reimann von der hiesigen Textilkrankenkasse ca. 80000 Mk.; sie sollen um 10 Jahre zurückdatieren. — In Neuhaus erschoß sich der Kantor Steiner in seiner Wohnung. St. sollte sich Vergehungen gegen Schulkinder haben zu schulden kommen lassen. Es wurde jedoch seine Unschuld festgestellt. Gerichts-Zeitung. Wegen wissentlichen Verkaufs verdorbener Nah rungsmittel wurde der Kaufmann A. in Leipzig, in Firma R. u. A., Syrup- und Zuckerhonigsadrik zu 500 M. Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte war, als er aus einem mit 40 Ztr. dünnflüssigem Honiq gefüllten Kühlschiff kostete, von einem Arbeiter darauf aufmerksam gemacht, daß in dem Honig eine tote Katze gelegen habe. A. spuckte die Kostprobe aus und reinigte sich den Mund mit Wasser. Trotzdem tat er nichts, um den am andern Taz wirklich er folgten Versand des Honigs zu verhindern. Der gerichtliche Sachverständige, Obcrmedizinalrat Dr. Siegel, ergänzte den Vorhalt des Vorsitzenden, daß ein solches Verfahren doch mindestens eine große Rücksichtslosigkeit gegen die Konsumenten sei, dahin, daß unter allen Umständen der ganze Inhalt des Kühlschiffes als verdorben und gesundheitsschädlich bezeichnet werden müsse. Selbst wenn die unmittel bare, grau gefärbte Umgebung des Katzenkadaoecs entfernt worden wäre, wie der Angeklagte behauptete, fei der psychische Einfluß so groß, daß bei der späteren Entdeckung der Tatsache, daß in dem Honig eine Katze gelegen habe, hochgradiger Ekel, Erbrechen, ja Magen- und Darmstömngsn bei den Abnehmern hätten eintreten können. Aehnliche Beispiele gäbe es genug. Der Nahrungsmittelchemiker Dc. Prager erklärte, daß das Kühlschiff mindestens einen halben Meter tief hätte ausgeschifft werden müssen. Die Revision des Angeklagten wurde verworfen. Bittere Täuschung. Vom Kriegsgericht in Halle a. S. wurde der 39jährige Füsilier beim Mageburgischen FüsiUer-Negimcnt Nr. 30, Julius Müller, wegen Fahnenflucht zu 1 Jahr 1 Monat Gefängnis und Versetzung in die 2. Klasse des Soldateustandes verurteilt. Müller ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Er hatte sich im Ok tober nach Deutschland zurückbegeben, in der An nahme, daß sein Vergehen bereits verjährt sei. Allerlei ch Braunschweig. Die Arbeiterkaserne auf der Grube „Bismarck" bei Völpke wurde während des Orkans am Sonnabend durch Feuer eingeäschert. Viele darin schlafende Arbeiter erlitten schwere Brand wunden. Einer ist an den Verletzungen gestorben. Ein liebenswürdiges Mädchen. In der Elsasserstraße in Berlin sprach ein Mädchen einen Arbeiter an, der nächtlicherweile seinem Heim zustrcbte, und begleitete ihn bis in die Haustürnische. Nach einem zärtlichen Abschied vermißte der Arbeiter sein Portemonnaie mit 43 M. und beschuldigte seine Be gleiterin, es ihm gestohlen zu haben. Als diese leugnete, ließ er sie festuehmen und nach der Wache bringen. Hier entpuppte sie sich als der frühere Artist Jakob Laskowski, der nun aus einem doppelten <»runde nach dem Polizeipräsidium und von dort nach Moabit in Untersuchungshaft gebracht wurde. Das Polemonuaic mit dem Gelbe fand man noch bei dem D.imeudftbe. -j- Budapest. In Szilha ha! der 43jährige Wirtjchaftsbeamte Grabansz seine 26jä!ptge Ehefrau und seine zwei Kinder im Älter von 6 und 4 Jahren erschossen und dann Selostmord begangen. Das Motiv der Tat ist unbekannt. st Tie stolze Therese Humdert im Ge fängnis. Die ehemalige Millwueiftchrrnndlerin führt hinter schwedischen Galdinen ihr Dasein. Ueber Therese Humberts Aufenthalt im Gefängnis zu Rennes werden einige Details bekannt. Therese ist einer Abteilung von 25 weiblichen Strafgefangenen zugeteilt, die sich durch gute Führung bemerkbar ge macht haben. Sie arbeitet, schläft und ißt mit diesen 25 zusammen und wie alle anderen mit der Fabrikation mit Klagen beschäftigt, die von den großen Pariser Bazaren abgenommen werden. Sie kann bis 60 Centimes täglich für sich verdienen, wovon sie die Hälfte sparen muß und die andere Hälfte zur Aufbesserung ihrer Mahlzeiten verwenden kann. Diese Mahlzeiten sind äußerst dürftig und bestehen aus trockenem Brot und Waffer, zwei Ge müsesuppen täglich und zweimal wöchentlich einem Stück Fleisch. Therese inuß im Sommer um fünf Uhr, im Winter um sechs Uhr aufstehen. Sie darf nicht sprechen und ist geschoren würden. Sie trägt em graues Kittelkleid und die müße Haude aller weiblichen Gefangenen. Frederic, der in Thonars sitzt, fabriziert Korsetts. st Neu» -jort Wie ans Lilly weiter gemeldet wird, erlitten bei dem Brand des A'rbeiterschupprns der Pennsylvania-Bahn, bei welchem 35 Arbeiter getötet wurden, 32 italienische Arbeiter mehr oder minder schwere Verletzungen. st Husum. Ein schreckliches Brcmdurrglück er- eignete sich nachts in dem benachbarten Städtchen Garüing, Kreis Eiüerstedt. In einem in oer sog. Engen Straße gelegenen Wohngebäude brach um etwa 2 Uhr auf noch nicht aufgeklärte Weife Feuer aus, welches erst bemerkt wurde, als Lie nach dem Obergeschoß führende Treppe bereits brannte, so daß dem dorl wohnenden Sattler Kann nebst Frau und zwei Kinde n im Alter von 1—3 Jahren die Rettung über die Treppe nicht mehr möglich war. Dem Mann gelang der Sprung durch das Fenster ohne erhebliche Verletzung. Bevor aber die Frau die Kinder hinablaffen und dann selber folgen konnte, brach sie im erstickenden Rauch zusammen und alle drei fanden den Tod in den Flammen. Literarisches. Im Hinblick auf die nahe Weihnacht möchten wir alle Eltern und Erzieher zu Nutz und Frommen der anvertrauten Kinder erinnern an das richtige Wort: „E i n gutes Buch, d a s i st f ü r - wahr ein Segensbrunnen wunder- barbesonders gilt das von den herrlichen glan zend ausgestatreten, nicht teuren-, mustergiltigen Jugendschrfften aus Löwes Verlag (Ferdinand Carl) in Stuttgart. Wir empfehlen heute als ideale All und Jung erfreuende Bilderbücher 1. Hänschen im Blaubeerenwald (2.50 Mk. geb. mit 16 Farben- druckbildern). Dieses neue, äußerst originelle, wun derschöne, von Elsa Beskow und Karsten Brandl herausgcgebene Bilderbuch mit seinen kindlichem Verständnis angepaßten, wohlgelungenen Reimen und Bildern von Hänschens lustigen Erlebnissen beim Blaubeerenköaig und Pceißelbeermütterlein wird sich die Herzen aller Kinder und Eltern im Flug erobern. Günstigste Aufnahme verdienen auch 2. Lechler, Cornelie „Goldne Reime für die Kinder stube" 6. Auflage, 3 M. (mit 12 Farbendruckvildern und 11 Holzschuittbildecn). Ein prächtiges Schatz- kästleiu für die Kinderstube, getreu seinem Motto: „Goldne Reime für mein Kindchen, muntre Liedlein auch dabei, Bilder bunt und farbenprächtig, schau ein lustig Allerlei". 3. Löhr, I. A. C. : Erzäh lungen für kleine Kinder (2. Auflage, 2 50 M. mit 6 Farbendruckbildern und 30 Texlillustrationen), die so recht die Meisterschaft im Vertiefen ins kindliche Gefühlsleben beweisen. 4. Maiblumen: 20 neue allerliebste, fein empfundene Erzählungen für Mäd chen von Martha Giese, dieser rasch beliebt geworde nen Schriftstellerin, die wieder ihr eigenartiges Talent, warm und verständnisvoll an die Kinder herzen zu pochen, bekundet. Preis 3 Mark. 5. S. Lohmeyers „Deutsche^Zugend" für Knaben und Mädchen von 8—12 Jahren. 256 Seiten, 4,50 M. Mil vielen Bildern. Neue sorgfältige Auswahl. Die beste Empfehlung dieser unvergänglichen Jugend- schrift mit kernigem Inhalt und künstlerischem Bildschmuck ist die von der deutschen Kaiserin an genommene Widmung. Angesichts dieser hervor- ragenden Werke (treffliche Mittel zur Geisterbitdung) erübrigt sich die sonst brennende Frage: „Was soll derJugend zum Lesen in die Hand gegeben werden?" Möge dieser idealste Lesestoff aus Löwes Verlag die Zierde ungezählter Weihnachtstische werden! BuuteS Feuilleton. OK. Wie wird man mager? Reibe dich ganz oder teilweise täglich wiederholt kalt oder warm ab, lrffe deine dicken Fettmaffen kneten, drücken und zwacken, je kräftiger und tiefer, desto besser, und freue dich bei dem Schmerze der ersten Tage auf das Vergnügen der späteren. Iß oft und jedesmal wenig, denn große Mahlzeiten begünstigen die FetlbUüung und den Fettansatz kleine dagegen den Fetlverbrauch und die Entfettung; iß Fleisch und Wurst jeder Art, soviel du. magst, auch fett, kalt und warm ; iß Austern, Kaviar und Hummer, du verträgst das, ob auch dein Geldbeutel — zeigt dir ein Blick hinein ; iß Fische gekocht, gebraten, gesalzen, geräuchert, Krebse, Lker, Käse: iß Spinat, Sauer- kraut, Gurken, Kopfsalat und Obst, letzteres roh und gesch nort. Doch meide: Suppen, Kartoffeln, Mehl speisen, (Nudeln, Makkaroni), Reis, Hülsenfrüchte, Rüben, sowie Butter und Fette, wenn sie nicht zur Zubereitung der Speisen erforderlich sind. Trink I Wasser und Mineralwasser, „mit" oder „ohne", I Weiß- und Apfelwein; doch meide: Bier, Rotwein, Kaffee, Tee, Kakao, Chokolade. Milch und SchnapS. Befolgst du diese Regeln gut, dann wird die Wirkung nicht ausbleiberr, das überschüssige, faule Fett wird schwinden. Allerdings hängt dir dann die Haut in Falten am Körper und tu Runzeln im Gesicht, du siehst „elend" aus aber das macht nichts; ängstige dich nicht! Die Haut kann nur so schnell dem Fettschwund nicht folgen; bald aber glättet sie sich über den zusammengeschrumpftrn Stellen und Zügen und herrlich bist du anzuschauen. Bersuch's l OK. Ein altes Kaffeehaus, das gleichzeitig eines der ältesten Kaffeehäuser in Europa ist. ist der sogenannte „Kafferdaum" in Leipzig. Im Jahre 1694 w-ard er durch Christoph Lehmann angelegt, nachdem der Kaffee durch die Türkenkriege auf ungarisch deuts.hem Boden auch im westlichen Europa bekannt geu^rden war. Ueber der Tür des „Kaffeebaum" prangt noch heute das steinerne Bild eines kaffeetrinkeuden Türken, oas August der Starke seiner Zeit uui senre Konen anbringcn ließ zum Dank für eine Taffe des neuen Trankes, die ihm Lehmann überreichte und die dem König vorzüglich mundete. Das erste Kaffeehaus in Europa ward 1551 in Konstantinopel errichrel. O.-L. In welchem Aller darf ge heiratet werden? In Ungarn darf der Mann mit achtzehn Jahren, das Mädchen mit siebzehn Jahren in den hciligen L-rand der Ehe treten. In Spanien ist es mit oierzebn Jahren dem Jüngling erlaubt, dis zwölf Lenze zäblrnoe Jungfrau heimzu führen, in Frankreich dagegen muß „sie" deren fünfzehn ausweiseu und „er" achtzehn Jahre alt sein. In Griechenland braucht „er" nur vierzehn und die Maid zwölf zu zählen. In Portugal be steht die gleiche Altersgrenze wie in Griechenland, das heißt vierzehn, beziehungsweise zwölf Jahre. In Rußland müssen di« Männer achtzehn, die Mäd chen fünfzehn, beziehungsweise sechzehn Jahre zählen. In der Schweiz müssen je nach den Kantonen die Männer achtzehn, die Mädchen dreizehn bis siebzehn Jahre alt sein und rn Italien achtzehn, beziehungs weise fünfzehn Jahre. , 0-IO Was ist Arbeit? Der Dichter Tennyson nahm einen wertlosen Bozen Papier, und während er ein Gedicht darsuf schrieb, verdiente er 100 000 Mark. Das war Genius. Vanderbilt) kann auf irgend ein Stück Papier schreiben und erhebt es zu einem Werte von 100000000 Mack. Das ist Kapital. Die Vereinigten Slaaten können 1hz Un zen Gold nehmen und darauf einen Vogel (Adler genannt) prägen, dec einen Wert von 400 Mark hat. Das nennt man Gold. Der Mechaniker nimmt fünf Mark Wert Material, macht daraus eine Uhr, die 100 Mark wert ist: und das nennt mau Geschick. Ein Kaufmann nimmt einen Artikel, der 25 Pfennige wert ist uns ocrkauft ihn für 1 Maik. Das ist Geschäft. Eine Dame kann sich einen sehr schönen Hul sür 3,75 Mark kaufen, aber sie zieht es vor, sich einen Hut für 27 Mark zuzu legen. Das ist Narrheit. Der Arbeiter mit der Schaufel arbeitet zehn Stunden und befördert drei oder vier Tonnen Erde oder Kohle für 4 Mark. Das ist Arbeit. Gemeinnütziges O.K. Mittel gegen üble Ausdünst ungen. Man zerschneide zwei oder drei hin länglich große Zwiebeln und stelle sie auf einem Teller auf den Boden des Gemachs. Sie ziehen in unglaublich kurzer Zeit alle üblichen Ausdünst ungen in dem Krankenzimmer rc. an sich und sind jedenfalls den üblichen Räuchereien vorzuziehen, die die üblen Gerüchte nur verdecken, aber nicht ver treiben. Man sollte die Zwiebeln alle 6 Stunden wechseln. Schon die alten Ezypter wandten die Zwiebeln zu diesem Zweck an, und im Mittelalter galten sie als Hauptmittel zur Verhütung der An steckung bei der Pest und anderen Seuchen. O.K. Ist Fleischbrühe nahrhaft? Auf diese Frage haben die Hygieniker sich allgemein verneinend anszesprochm. Seit Alters her hat sich namentlich bei Hausfrauen und Müttern die Meinung eingebürgert, daß diese ein klüftiges Nahrungsmittel und namentlich zur Krankenkost geeignet sei, wo gegen von Aerzten alle Zeit energisch protestiert worden ist. Doch selten hat dieser Protest orastische- ren Ausdruck gefunden als in den Worten, mit denen Professor Schweningec sich folgendermaßen äußert: „ . .. Warum Fleischbrühe sehr berühmt und allgemein empfohlen wird, bleibt uns um so un verständlicher, als der Nährwert der Fleischbrühe minimal und durch die Wwkung ihrer Salze auf das Herz nicht unbedenklich ist." Humorist ches Zu besorgt. Unteroffizier (zu den neuen Kavallerie-Rekruten): „Tretet von rückwärts niemals an die Pferde heran, ohne sie anzuruftn. Tut Ihr es doch, so schlagen sie aus, treffen Euren dicken Schädel, und das Ende vom Lied ist, daß wir in der Schwa dron lauter — lahme Pferde haben! Les efrüchte Ein taktvoller Mensch vermeidet es, von seinen Besitztümern zu sprechen Darum ist es stets ver dächtig, wenn einer ständig die Wissenschaft, die Freiheit, die Liebe und dergleichen im Mund führt.