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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HeMK-SnMer für KoDoff ZSdH, Zern-daff Mors, Sl. Wim, Keimchrost, Nmem und Wsm. Amtsblatt für den Stadtrat zn Wittenstein. — - - > »s Jahrgang. —— ——« Nr. 253. Sonnabend, den 31. Oktober ^77^7?^ 1903. MW" Die nächste Nummer dieses Blattes erscheint Montag nachmittag 4 Uhr. "HW Donnerstag und Freitag Jahrmarkt in Lichtenstein. Bekanntmachung Am heutigen Tage ist der 4. Termin Ltadtsteuer fällig. Wir machen darauf aufmerksam mit dem Hinzufügen, daß die Abführung desselben bis längstens zum 28 November dss Js zu erfolgen hat und allsdann noch ausstehende Reste exekutivisch beigetrieben werden. Lichtenstein, am 30. Oktober 1903. Der Ltadtrat. S t e ck n e r, Bürgermeister. Bekanntmachung. An einem der letzten Tage ist uns die eiserne Abdeckung auf einem der auf fürstlichem Grund und Boden in Rödlitz errichtetm Wasfersammelschrote böswillig zerschlagen worden. Wir sichern hundert Mark Belohnung demjenigen zu, der uns den Täter so namhaft macht, daß seine gerichtliche Bestrafung erfolgen kann. Callnberg, am 28. Oktober 1903. Der Stadtgcmcinderat Prahtel, Bürgermeister. Städtische Sparkasse Lichtenstein. Spareinlagen werden an allen Wochentagen angenommen und zu rückgezahlt. Cxpeditionsstunde »: vormittag 8—12 Uhr, nachmittag 2—4 Uhr. Alle am 1., 2. und 3. eines jeden Monats bewirkten Einlagen werden auf den vollen Monat der Einzahlung verzinst. *— Volksbibliothek. Wegen des Reformations festes bleibt die hiesige Bolksbibliorhek morgen Sonn abend geschlossen. *— Veranstaltungen. Am Reformationssest finden abends Zither-Konzerte im hiesigen Rathaus- saale, sowie im Deutschen Haus (Wafferschänke) in Hohndorf statt, während im „Neuen Schützenhaus" ein Lichtbilder-Vortrag des Herrn Krolik aus Chem nitz über: „Die Sonnenzeit der Erde" avgehalten wird. Ein Besuch dieser Veranstaltungen dürfte sich als lohnend erweisen. *— Der Herbst ist da! Man sieht es der langsam dahinsterbenden Natur, den welken Blättern, den immer kahleren Bäumen, dem mit regenschweren Wolken behangenem Himmel und nicht zuletzt den Men schen an, die mit vom schnupfen geröteten Nasen schneller durch die Straßen eilen, um dem naßkalten Wetter zu entfliehen. Der alte Weisheitsspruch: „Kaltes Blut und warm angezogen" tritt jetzt wieder in seine Rechte. Alle die warmen Jacken, Unterhosen, Strümpfe und Socken, die den lieben, langen Sommer wohlverpackt im Wäscheschrank ruhten, werden nun wieder hervor- und angezogen. Die unzureichenden Vorräte müssen ergänzt und neue Sachen angeschafft werden. Mit Bangen und Grauen denkt der Familienvater an den tiefen Eingriff, den er in sein ohnehin durch verschiedene Ausgaben ge schwächtes Portemonnaie wird tun müssen, um die Winterausrüftung für sich und seine Angehörigen zu bestreiten. Und wenn cs bei diesen Ausgaben nur bliebe, dann wäre das Uebel nicht ganz so schlimm. Aber auch die Vorräte an Holz und Kohlen und sonstigem Brenn material müssen ergänzt werden, ehe die Preise einen noch höheren Aufschwung nehmen. — Aber was dem einen sein Leid, ist dem andern seine Freud! Stöhnt der Hausvater unter den vielen Ausgaben, so freut sich der Geschäftsmann über die erhöhten Einnahmen. Er hat weder Mühe noch Geldopfer gespart, um seine Vor räte für die kommende Saison so reichhaltig zu gestalten, daß er allen Anforderungen gerecht werden kann. Da für hofft er durch gesteigerten Umsatz die Auslagen mit Zinsen wieder einzubringe«. Auch die Schneider und Schneiderinnen haben jetzt alle Hände voll zu tun, um die vielen Bestellungen auf Wintergarderoben und — Baükostüme zu erledigen, denn der Tod in der Natur bringt neues Leben in die gesellschaftlichen Kreise. *— Der November bringt uns nach der Prog nose des inzwischen verstorbenen Falb in der ersten Hälfte Regen, in der zweiten aber Trockenheit bei ver hältnismäßig hoher Temperatur. Der 5. wie der 19. wurden von Falb als kritische Termine 2. Ordnung bezeichnet. Dem 100jähngen Kalender zufolge würde der November vom 1.—6. schön sein, am 8. Regen, vom 11.—16. aber Schnee bringen, während in den petzten Tagen trübes, unfreundliches Wetter herrscht. *— Wie ei« schlechter Tcherz liest sich das Inserat im Blatte einer unserer Nachbarstädte; das selbe hat folgenden Wortlaut: „Umsichtige Leute, welche das „Anreißen", das heißt das Anreden und Animieren zum Eintritt in Verkaufsläden von Pas santen der Straßen und Plätze N.'s, hauptsächlich des Landpublikums, überhaupt das Abfangen von Käufern befolgen wollen, finden gutlohneude Be schäftigung. Adressen an die Exp. d. Bl. erbeten." bringen sein, und jene innerpolitische und wirtschaftliche Reformation wird ihr Ziel erst dann zum Segen er reichen, wenn sich alle, alle wieder zusammenfinden im herzlichen und gemeinsamen Glauben au Jesum Christum. Türkei * Konstantinopel. (Der Islam gegen die Mächte.) Mehreren Botschaftern gingen anonyme Schreiben zu, in welchen die Reformforderungen schroff abgelehnt und die Ententemächte gewarnt werden, die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben, da der Islam stark genug sei, jede Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurückzuweisen. Politische Rundschau Deutsches Reich * Wie die „Berl. N. Nachr." erfahren haben wollen, werde dem Reichstage in der nächsten Session eine Militärvorlage noch nicht zugehen, und zwar sowohl aus parlamentarischen wie aus finanzi ellen Gründen; indessen würde die Vorlage bestimmt noch die Volksvertretung beschäftigen. Lediglich einige kleine Forderungen ohne prinzipielle Bedeutung würden bereits der nächsten Session vorgelegt werden. 'Die Reichs schlachtviehverstche- rung, von welcher in letzter Zeit wiederholt in der Presse die Rede war, steht allem Anscheine nach noch in recht weiter Ferne. In der im Reichsamt des Innern abgehaltenen Konferenz der Bundesregierun gen sollen von verschiedenen Bundesstaaten erhebliche Bedenken gegen eine einheitliche Schlachtviehversiche rung geltend gemacht worden sein. Besonders Ba den und Bayern sollen der Frage sehr skeptisch gegenüberstehen. — In der nichtagrarischen Presse werden ebenfalls Stimmen laut, welche gegen die Abwälz mg der der Landwirtschaft durch Viehoerluste erwachs, uden Schäden auf die Schultern der Reichs» allgemeinheit entschieden Verwahrung einlegen. Oesterreich. * Infolge allgemeinen Streiks der Setzer in Großwardein ist das Er scheinen der dortigen Blätter auf unbestimmte Zeit eingestellt worden. Grotzbritannien. * Mit einemSchuß imKopfe tot auf gefunden wurde der deutsche Vizekonsul Otto Froude in der Hughenden-Straße in Glasgow. Es wird Selbstmord angenommen, zumal seine Frau erklärt, ihr Mann habe in letzter Zeit ein eigentümliches Benehmen gezeigt. Zum Reformationsfeft. In einer Zeit, in der vielen wie ein goldenes Ziel Vvrgchaltcn wird die Revolution und revolutionäre Ge sinnung ein sicherer Freibrief ist in die Gunst der Vielen — in solcher Zeit wird wichtiger und wichtiger der Gedanke der Reformation. Reformation oder Revolution, das dürfte wieder einmal die Lage sein. Entweder friedlicher Unibau und Neubau der Ver hältnisse, entsprechend den wahrhaftigen Lebensbedürf nissen, des Volkes, oder — Umstnrz, gesteigerte Gewalt tätigkeit, kurzer Sieg und, desto längeres Siechtum, vielleicht auch Verbluten aus den Hauptschlagadern. Raub- ticrgclüste nur oder der Wahnsinn können dieses Zweite als Gewinn ansehcn. In weiten und weitausschauenden Kreisen des Volk-:- arbeitet man daher für Reformation, für sach gemäßen und zielbewussten Fortgang einer bereits an- gefangenen Reformation. Sie geht auf das innerpolitische Leben nnd hat hier zum Inhalt, sagen wir: die Gleichberechtigung des vierten Standes, nichts weniger, nichts mehr! — Sie betrifft das wirtschaftliche Leben und zielt hier ab auf Beseitigung eines PrvletariertumS, dessen Glieder nichts ihr Eigen nennen und darum Stnrm laufen gegen jedermann. Diese Reformation aber betrifft nicht zuletzt das religiös sittliche Leben. Sie hat zum Inhalt noch un erfüllte Forderungen aus Luthers Zeit her. In ihr find Gedanken und Ideen am Werke, die das Rcfor- uiationsfest in den Gotteshäusern zu feiern nicht müde wird. Da ist besonders das noch unerreichte Ideal vom allgemeinen Priestertum, das nach Luthers Wort an Papst Leo X. uns Christus erworben hat, so wir an ihn glauben, daß wir ihm wie Mitbrüder, Miterben, Mitkönige so auch Mitpnester sind. So können wir zwar nicht alle öffentlich dienen und lehren und dürfens nicht, ob wirs gleich könnten, aber wir wagen mit Zuversicht durch den Geist des Glaubens vor Grnt zn treten und zu schreien: Abba, lieber Vater, und für einander zu beten. Hand in Hand mit dem Ziel, solches haus-priesterliche Christentum zur Anerkennung zu bringen, geht auch die Idee von evangelischem Vvlkskirchentum, d. h. auf dem festen Grunde Jesus Christus ein Kirchentum, in dem die Gemeinden bis auf den letzten Mann und das ganze Volk bis auf die letzte Seele Trost für Leben und Sterben findet. Religion ist ja keineswegs nur Privatsache. Schlaue Bosheit hat jenes Schlagwort geprägt, um desto sicherer die Religion zu untergraben, bllvitle et impera! — Religion ist Herzenssache, Gc- wisscnssachc. Wer wollte das noch verkennen? Ge wissensfreiheit niuß gewährleistet sein. Aber das Ge wissen ist die Seele der Religion unter Jesu Kreuz. Religionslosigkeit und Gewissenlosigkeit ist zuletzt das selbe, und die Gewissenlosigkeit hat noch kein Gewissen hafter für eine Privatfache zu erklären gewagt. Ucbrigens: So gewiß das Wort von Volkseinheit, von Volks sprache, von Volksgcist und zumal von einem Volks gewissen keine Phrase ist, s> gewiß ist auch die Religion im Allgemeinen, und die Religion Jesu Christi im Besonderen eine Sache des ganzen Volkes! Es wird auch dem Volke erst wahrhafte Hilfe zu Aus Stadt und Laud Lichtenstein, 30. Oktober. *— Gestern war der Todestag des Königs Johann, Vaters des regierenden Königs Georg. König Johann verschied am 29. Oktober 1873 abends im Schlosse zu Pillnitz. *— Orgelkonzert. Wir weisen hierdurch noch mals auf das morgen zum Neformationsseste, von nachmittags 5 an in hiesiger Kirche stattfindende Orgel konzert (Leiter: Herr Kantor Reuter) hin und em pfehlen den Besuch desselben angelegentlichst.