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Zuchthaus bestraft und ihm auch die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer van 5 Jahren aberkannt. 8 Berlin, 23. April. Die gegen Hammer stein erkannte Strafe hat ihn völlig niedergeschmettert; er hotte nach dem Verlauf de» Prozesses gehofft, mit Gefängnis davon zu kommen. Der Straf-An trag deS Staatsanwalt» versetzte ihn in die tiefste Bestürzung und al« der Präsident das Urteil verkün dete, überzog fahle Blässe das Gesicht de» Angeklagten. Bei der Abführung in seine Zelle hielt Hammerstein sich mit Mühr aufrecht, solange er den Blicken de» Publikum» ausgesetzt war. Sobald aber die Thüre deS Untersuchungsgefängnisses geschloffen war, brach er vollständig zusammen und konnte nur müh sam in die Zelle gebracht werden. Ein später auf- getauchtes Gerücht, Hammerstein habe sich da» Leben genommen, entbehrt der Begründung. Während der Gerichtshof sich zur Beratung zurückgezogen hatte, traten mehrere frühere Freunde Hammerstein», da runter Stöcker, an ihn heran und reichten ihm die Hand. Stöcker hielt e« für notwendig, einem Be richterstatter mitzuteilen, daß er seinem Beichtkinde nur den Spruch zugerusen habe: Der Herr ist barm herzig und gnädig und seine Güte währet ewiglich. 8 Berlin, 23. April. Der Geburtstag Sr. Majestät des König» von Sachsen wurde heute auch vom 2.. Garde-Ulanenregiment, dessen Chef König Albert ist, gefeiert. Nach dem Exerzieren richtet, der Regimentskommandeur Oberstlieutnant Freiherr v. Langermann eine Ansprache an das Regiment und brachte daS Hoch auf den Regimentschef au«. AbendS 7 Uhr sand im Kasino ein Festmahl der Offiziere statt, wobei der Kommandeur, der dem Könige die Glückwünsche de« Regiment« schriftlich übersendet hat, zunächst auf den Kaiser und sodann auf den König Albert einen Triokspruch ausbrachte. In Vertretung deS nach Dresden gereisten sächsischen Gesandten nahm der Legationssekretär v. Stieglitz an dem Festmahle teil. ß Der Reichstag dürfte in den ersten Tagen der letzten Woche vor Pfingsten bi» zum Herbst ver tagt werden. Bis dahin hofft man die wichtigeren Vorlagen, abgesehen vom Bürgerlichen Gesetzbuch, erledigen zu köniev. Zar zweiten Beratung des BörsengesetzeSimReichstagwerdendieNationalliberalen Anträge nicht einbringen, dagegen werden die Kon servativen den Antrag auf Verbot des Getreide- tcrwinhandelS stellen. ß Salzwedel, 21. April. Ein wertvoller Fund ist von dem Kolonisten WesselS auL Börger moor im Hannoverschen beim Torfgraben gemacht worden. W. wollte Moorerde avtragen, als er mit dem Spaten auf einen harten Gegenstand streß. ES wurde ein schon stark vermoderter Sack mit verschie denen silbernen und golderen kirchlichen Geräten ans Tageslicht gefördert. In dem Sacke befanden sich goldene Meßkelche, ein großer Kelch, 2 silberne, stark vergoldete Teller für Hostien und eine Mon stranz. Ferner fand man eine herrlich gearbeitete silberne Krone. Ein Kelch trägt die Worte: „Pastor Volkers 1807" eingraviert. Bis auf die Monstranz sind alle Gegenstände gut erhalten. Nach angestell ten Ermittelungen scheint der Fund von einem vor ca. 50 Jahren in der katholischen Kirche zu Lorup verübten Diebstahl herzurühren. ß Osnabrück, 21. April. Ein Vorfall, der aufs Neue die Dringlichkeit einer baldigen Regelung der Jrrenpflege darthut, bildet gegenwärtig daS Ta gesgespräch in Herford. Auf Grund eines ärztlichen Atteste« sollte ein dortiger Bürger von seiner Gattin in der Jrrenheilanstalt Lengerich untergebracht wer- den. Der Mann mußte es sich gefallen lassen, daß man ihn in einen verschlossenen Wagen packte und der hinter einigen Bäumen, band mein Pferd dort an und zog die Kleider über meine eigenen. Ich fürch tete, man könnte mich auf dem Bahnhofe aushalten, wenn man mich erkenne. Deshalb fuhr ich auch zweiter Klasse, um keinem Bekannten zu begegnen. Ich hatte nur einmal umzusteigen; in Dobney nahm ich einen Wagen und ließ Georgette'S Sachen und Hut in diesem zurück, als ich ausstieg. Die Augen von dem Kutscher hättest Du sehen sollen!" Bei der Erinnerung daran bekam Regina fast Krämpfe vor Lachen, und Rupert stimmte mit ein. „DaS hast Du wirklich geschickt angestellt!" er klärte Rupert, indem er sie mit liebevoller Bewun derung anblicktt. „Kein anderer Mensch würde so etwa» erdacht und gewagt haben, e» auSzuführen. — WaS glaubst Du, wird Deine Mutter thun?" fragte er, als sie nach dem Sffen beisammen vor dem Kamine saßen. „Thun?" rief Regina. „Sie wird Onkel Der rick abschicken, um mich zu holen. Du denkst, sie weiß nicht, wo ich bin? Sie wird eS schon erraten. Sie weiß, daß ich zu allen Möglichkeiten fähig bin, und ich habe ihr damit gedroht! Damals glaubte ff« freilich nicht, daß ich eS thun würde. Nun wohl, da» wird ihr eine Lehre sein!" schloß die junge Dame weise. „Ich möchte wissen, wann er kommen wird," sagte Rupert nachdenklich. «Nicht vor morgen Mittag; daS ist unmöglich; ich habe mich schon danach erkundigt — und bi» dahin müssen wir fort sein." »Fort?" erwiederte Rupert mit großen Augen. »Wir?" Anstalt zuführte. Zwei Freunde de» angeblichen Irren verschafften sich am andern Morgen em Attest eine« zweiten Arzte«, der bescheinigte, daß eine Geistesstörung bei de« fraglichen Manne nicht vor liege. Mit diesem Schriftstück reiste» sie nach Lenge- »ich, woselbst sie noch vor dem Eintreffen deS Trans porte» anlangten. Nachdem der Direktor der Anstalt von dem Vorfall unterrichtet worden war und sich ebenfalls von der geistigen Intaktheit de» zwangs weise vorgeführten Herrn überzeugt hatte, lehnte er -ine Aufnahme de«selbenab. Der königlichen Staats anwaltschaft in Bielefeld ist von dem ganzen Vor kommnis Anzeige erstattet worden. ** Der „Figaro" schreibt, eine Depesche au» Budapest lasse nicht als ausgeschlossen erscheinen, daß Baron Hirsch, der täglich antisemitische Droh briefe empfing, daS Opfer eine» Verbrechens gewor den sei. Hirsch hatte am Montag tagsüber sich aus schließlich mit Anordnungen bezüglich deS neuen Jagd- schloffes, welches er j-tzt baute, beschäftigt und war abends im Schlosse seines Nachbar« al» Gast ein gekehrt. Er klagte über Mattigkeit, suchte zeitig das Bett auf und beauftragte «inen Diener, ihn um6^/e Uhr früh zu wecken. AIS der Diener eintrat, sand er Hirsch ruhig und anscheinend schlafend, er rüttelte ihn und sah nun, daß er tot war. Der Körper war ganz starr, der Lod dürfte mehrere Stunden vorher «ingetreten sein. Im Zimmer, in welchem Hirsch schlief, steht ein Kaste», in welchem sich die Haus apotheke befindet. Die Thüre deS Kasten- stand offen. Der Tod scheint Plötzlich eingetreten zu sein. Die Gesichtszüge zeigten gar keine Veränderung. Die Beerdigung des BaronS findet aw Sonntag in der Familiengruft auf dem Kirchhof Montmartre in Paris statt. Dort ruht bereits sein einziger Sohn Lucian. Als Universalerben bezeichnet man Arnold und Raymond Deforeit, die Adoptivsöhne de- BaronS. * * Laibach, 23. April. Die Erdstöße in Krain weisen eine konstante Zunahme auf. Die Bevölkerung befindet sich in fieberhafter Aufregung. * * Wien, 23. April. Im hiesigen israelitischen Tempel sollte gestern die Trauung eines zwanzig jährigen Mädchens mit einem älteren Witwer statt finden. Als der Rabbiner die übliche Frage um die Geneigtheit zum Ehebuvde stellte, sagte , die Braut laut: „Nein!" worauf unter großer Aufregung der HochzettSgäste die Hochzeit sistiert wurde. "Petersburg, 23. April. Unweit der Station Grendew auf der Iwangorod-Dombrower Eisenbahnlinie st.eß ein Persvnenzuz mit einem Waren zug zusammen. Beide Lokomotiven find beschädigt, acht Wagen de« Warenzuges zertrümmert. Zwei Schaffner wurden getötet, drei Passagier: schwer verletzt. * * Newyork, 23. April. Durch eine Pulver- explosiv» im Bergwerk Neihardt in Montana wur den 17 Bergleute getötet und 26 schwer verletzt. Deutscher AteichStag. Sitzung vom 23. April. Da« Haus setzt die Besprechung der Interpella tion Manteuffel, betreffend die BundcSratSverord- nang über den Bäckerei- und Konditoreibetrieb fort. Abg. Vislhaben (Ref.) erklärt die Verord nung für einen Ausfluß der heutigen falschen Volks wirtschaftslehre, welche die Interessen deS Mittel standes nicht genügend berücksichtige. Maa könne wohl die rein mechanische körperliche Fabrikarbeit von Polizeiwegen regeln, aber nicht die persönliche Arbeit im Handwerk. Die Verordnung sei für daS Bäckereigewerbe eine große Gefahr, gerade dieses Gewerbe hätte bei einem solchen Versuch, die Arbeit zu regeln, zu allerletzt in Frage kommen sollen, „Ja, wir; Uns und Kompanie!" lachte Regina. „Sr wird doch natürlich den graben Weg kommen, wie ich; wir reisen de« Morgens ab und machen einen Umweg über Thorley. Ich sehe Mama schon im Geiste, wenn sie un- zuerst erblickt!" Rupert lachte übermütig. „Sie wird wütend sein, Re — das ist sicher!" „O nein. Sie wird natürlich ärgerlich sein» aber e« gewiß nicht zeigen. Sie wird so freundlich zu un- sein und den Spaß belachen in ihrer graziö sen, gelangweilten Manier, die mich immer so außer mir bringt. Wa« mich beunruhigt, ist, wie sie un» heimzahlen wird; denn da- thut sie früher oder später bestimmt." Dann sprachen die Beiden über verschiedene andere Dinge: wa» in den drei Jahren, die sie von einander getrennt waren, einem Jeden begegnet, Wa ich in Kenli« verändert Hot und über anderes, auch ehr viel über Hauptmann Sever'S schreckliches Schick- al. Sie hatten ihn Beide innig geliebt, und ein »üsterrr Su-druck zeigte sich i» de- Knaben Augen, al» er von feinem Onkel sprach. Doch nicht ein Wort sprachen sie über ihr, sonderbare Heirat, welche den Morgen geschloffen worden war, ehe der Hauptmann abreiste, teil», weil die Sache sie bis jetzt noch zu wenig interessierte, teil», weil sie trotzdem Beide zu schüchtern waren, den Gegenstand zu berühren. Regina'» Programm wurde auf den Buchstabe» auSgeführt. Mr. Dnvar erschien in der Rectory etwa vier Stunden, nachdem da- tolle Paar über Thorley nach hätte» sich doch sogar auch von den Gehilfeavereive« nur 22 von 38 für eine solch« Regelung ausge sprochen. In der Kraukheit-ftatistik nehme» die Bäckergesellen keine ungünstige Stelle ein. Wen« die Sozialdemokraten so für die Verordnung ein- treten, so liege da» daran, daß dieselben den Mittel stand überhaupt ruinieren möchte» und daß ihnea außerdem da» Bäckereigewerbe besonder« unbequem sei wegen de» darin bestehenden gute« patriarchali schen Verhältnisse- zwischen Meistern und Gehilfen. Abg. Richte, (freis. Bp.): Zweifelhaft ist wir, ob die Berhältnifle i« Bäckereigewerbe wirklich so liegen, daß der Bunde-rat zum Erlaß der Ver ordnung befugt war. Jedenfalls war er nicht, wie Herr v. Berlepsch meinte, dazu verpflichtet, denn von einer solchen Verpflichtung steht in 8 120« nicht». Aus jeden Fall zeigt sich hier, daß «ine«- teil» «in derartiger Gesetz nicht di« Zustimmung diese» Reichstages erlangt habe» könnte und anderer seits, wie gut e» wäre, und wie sehr e» dazu diente, die Ansichten in der Oeffentlichkeit zu klären, wen» solche Vorschriften nur durch Gesetz erlassen werden. Die Verordnung geht über die gesetzlichen Bestim mungen betreffend die Sonntagsruhe erheblich hinaus. Wir sind nicht gegen jeden Zwang, aber wir wollen, daß ein solcher Zwang wenigstens durch Gesetz fest gelegt werde und nicht durch bundeSrätliche Verord nungen. Das Schlimmste ist, daß man hier zahl reiche Betriebe unter Polizeiaufsicht stellt und doch in der That einen Maximalarbeitstag einführt, wen« die- auch Herr v. Berlepsch bestreitet. Die Verord nung läßt so viel Ausnahmen zu, daß der Bäcker sich noch einen Syndikus wird halten müssen, um durch all die Maschen durchzukommen. Da war der früher gemachte Vorschlag, einen Miuimaltag sestza- setzen, doch viel richtiger. Abg. Graf BtSmarck: Vorredner hat die wesentlichsten Bevenke» gegen die Verordnung mit Sachkunde und Ueberlegung dargelegt, namentlich be züglich der letzten staatsmännischen Ausführung teile ich dessen Standpunkt durchaus (Rufe: Hört, hört! Heiterkeit). Biel Unruhe hat die Verordnung ge stiftet und viel Unzufriedenheit. DaS hat zu meiner Genugthaung auch Herr Merbach durchaus treffend hervorgehobeu. Namentlich die kleinen Meister füh len sich durch die Maßregel vom grünen Tisch schwer bedroht. Die Verordnung enthält eine ganze Reihe Vorschriften, bei denen man nur wieder grünes Tuch vor den Augen sieht. Vom BundeSratStische aus wurde gestern gesagt, da» Gewerbe werde sich an diese Beschränk mgen gewöhnen. Jawohl, der Ein äugige muß sich auch an sein eine» Auge gewöhnen, aber so lange man noch gesund ist, weyrt man sich gegen jede Verkrüppelung. Mit Herrn Hitze halte ich eine baldige Organisation de» Handwerks für erwünscht. Die Verordnung möge so bald al« mög lich zurückgenommen werden. Wie dieselbe auf die Sozialdemokratie wirkt, sehen wir an dem Beifall, den gestern die beiden Redner am Bundesratsttsche gefunden haben. Minister v. Berlepsch: Der Unterschied zwischen uns und den Herren auf der Rechten besteht darin, daß wir auf dem 1891 beschrittenen Wege beharren, während sie ihn verlassen haben. (Wider spruch.) Jawohl, heute haben Sie gesagt, wir wollen den Weg solcher Verordnungen nicht beschreiten. (Rufe rechts: Sehr richtig!) Ja 1891 haben Sie auch „Sehr richtig!" gerufen, alS uns diese« Ber- ordnungSrecht gegeben wurde. Bon einer Seite ist UN- sogar zum Vorwurf gemacht morde», daß wir uns mit den Verhältnissen in der Konfektionsbranche beschäftigten. Haben Sie denn gavz vergessen, daß e- gerade erst 4 Wochen her ist, da sie der Regie- Schloß Dare abgefahren war, und ergab sich ge duldig in sei» Schicksal. Regina und Rupert waren in übermütigster Laune und zogen auf ihrer Reise die allgemeine Auf merksamkeit aus sich. ES war aber auch ein reizen de« Bild: Regina s reiche pikante Schönheit und Rupert'S knabenhafte stolze Anmut. Lady Dare überbot sogar »och die Erwartungen ihrer Tochter in Bezug aus die sanfte Zärtlichkeit ihre- Empfanges, und Regina schüttelte vielsagend den Kopf. ES wurde Rupert erlaubt, di» zum Ende der Woche da,»bleiben; dann wurde er zu Mr. Berl zurückgeschickt, «ährend Lady Dare mit ihrer Tochter eine Reise auf unbestimmte Zett in'» Ausland unternahm. 12. Kapitel. Gerüchte über Hauptmann Seoer. Al» Derrick Duvar mit so jubelnder Hast von dem Flußuser sortfuhr, nachdem er, seiner Vermu tung nach, die kaltblütigste, elendeste That seiue» gewiffenlosen, verbrecherischen Leben» auSgeführt, ahnte er nicht, war er hinter sich ließ — und Wa da» Pferdegetrappel, da» er gehört, für eine Be deutung hatte. Zu dem Augenblicke, al» sein Wage» vom Flusse abbog, teilten sich die Wolke» über seiaem Haupte, und der Mond goß sein strahleodeS Licht auf da forteilend« Fuhrwerk, wie um dessen Insassen dem sie verfolgende« Rächer zu zeige». (Fortsetzung folgt.)