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UaZeHHsfchichLe. * —Lichtenstein, 16. Dez. Am Sonnabend nachmittag wurde, Wieman hört, ein hiesiger Ziegel meister wegen Verdachts der Falschmünzerei auf Requsition der Kgl. Staatsanwaltschaft verhaftet. Eine in der Wohnung vorgenommene^Aussuchung brachte belastende Gegenstände zum Vorschein. * — Am vergangenen Freitag abend gegen 8 Uhr wurde ein Mädchen auf dem Nachhausewege von ihrer Arbeit von zwei anderen Arbeiterinnen derartig mit Fäusten traktiert, daß dieselbe in bewußtlosem Zustande von hinzukommenden Mitarbeiterinnen in ihre Wohnung gebracht werden mußte. Wahrschein lich werden sich dis Attentäterinnen vor Gericht zu verantworten haben. — Beim Herannahen des Neujahrsfestes sei darauf aufmerksam gemacht, daß das Versenden von Neujahrskarten beleidigenden Inhalts straf bar und oft schon anonyme Absender solcher ver leumderischer Postsachen entdeckt worden sind. * — Hohndorf. In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend wurden in Hohndorf in dem Schup pen des Hausbes. Wagner 4 Stück Gänse gestohlen. Der Dieb ist unermittelt. — Die bisher gewordenen Ergebnisse der Volks zählung lassen erkennen, daß im Durchschnitt die Einwohnerzahl der Großstädte nur um 8—10 Proz. gegenüber 1890 zugenommen hat, und das ist be deutend weniger, als früher. Verhältnismäßig am geringsten ist die Zunahme Berlin's, die bekanntlich nur sechs Prozent beträgt. Nicht zum besten fort- gekommen sind aber auch die Kleinstädte; in sehr viel Fällen ist die Zunahme geringer, als normal, stellenw.tse ist auch eine direkte Abnahme zu ver zeichnen. Vor genau hundert Jahren hatte, was interessieren wird, Berlin 151,000, Magdeburg 36,800, Breslau60,000, Königsberg 61,000, München 48.000, Hamburg 120,000, Wien 270,000, Paris 700,000, London 900,000 Einwohner. Das deutsche Reich hatte damals 30 Millionen Einwohner, Rußland ebensoviel, Frankreich 26, Oesterreich 20, Italien 18V», Großbritannien nur 12 Millionen Einwohner. Die ArmeeDeutschlands und Rußlands zählten je 400,000, die Oesterreichs 280,000, Frankreichs 260,000, Preu- Hens 220,000 Mann. Was die Seemacht betrifft, hatte Großbritannien 400, Frankreich 220, Spanien 136, die Niederlande 95, Rußland 60 Kriegsschiffe. — Die Kriegsereignisse von Mitte Dezember bis zum Schluß des Jahres 1870. Vor Paris. Der wilde Rausch, der in den letzten Wochen dis Gemüter in Paris und im Lande bis zu den kühn sten Schwärmereien erhitzt hatte, machte nach den kalten Wasserstrahlen von Orleans, Villiers-Cham- Pigny und Amiens einer gewissen Apathie Platz, von der nur die taumelnde Menge in Paris aus genommen war, die immer heftiger gegen die „Prus- siens" und gegen ihre eigene Regierung tobte. Um die Menge zu beschwichtigen, Plante man einen Aus fall, der zum Gefecht von Le Bourget (21. Dezem ber) führte. Mit 12 Bataillonen wurde das nu, von einem Bataillon Elisabeth besetzte Dorf ange griffen. Den tapferen Verteidigern gelang eS indessen, mit Hilfe der herbeieilenden Gardeschützen da- Dorf zu halten. Allmählich kamen auch die 9. Kompanie Alexander und später das 1. Bataillon Franzer zur Unterstützung herbei, unter deren Mitwirkung die Eindringlinge mit schweren Verlusten aus dem Dorfe getrieben wurden. Der Artillerie-Angriff gegen die Befestigungen von Paris war inzwischen vorbereitet und konnte am 27. Dezember gegen Mont Avron (im Nordosten) begonnen werden. Die entmutigten Franzosen räumten sofort die Stellung, die am 28. von den Deutschen besetzt wurde. Im Norden von Paris sehen wir die Armee Manteuffel's, die der Gegend von Rouen einen Besuch gemacht hatte, wieder nach Amiens zurückmarschieren, wo unter Faidherbe sich die französische Armee immer mehr verstärkte, die schließlich 43000 Mann stark Amiens bedrohte. Manteuffel beschloß, mit dem 8. Korps und zwei Brigaden des 1. Korps den Feind anzugreifen. Da raus entspann sich die Schlacht an der Hallue (23. und 24. Dezember). Am 23. warfen die beiden Divisionen des 8. Korps den Feind über die Hallue. Ein Gegenstoß, den derselbe abends machte, scheiterte; nur ein Dorf vorwärts des Flusses Ravelivcourt, auf dem linken Flügel, wurde unsererseits aufgege ben. Am 24. verschanzten sich unsere Truppen und ließen die Franzosen auflaufen, die sich tu der That nur blutige Köpfe holten, ohne einen Erfolg davon zutragen. Als Tags darauf Manteuffel die Fran zosen angreifen wollte, fand er die Feinde verschwun den. Sie hatten vorgezogen, sich auf die im Norden liegenden Festungen zurückzuziehen. Im Süden von Paris diente diese Zeit zur Aufklärung der Lage. Das Gefecht von Veiidome (15. Dezember) am Loir hatte gezeigt, daß hier die französische Armee unter Chanzy versammelt sei. Am 17. zog sich der Feind eilend zurück, um, wie man erfuhr, in der Gegend von Le Mans vereinten Widerstand zu leisten. Hier mit war die unmittelbare Gefahr für Pacis beseitigt. Prinz Friedrich Karl von Preußen ließ daher nur den Großherzog von Mecklenburg nebst dem 10. Korps und der 1. Kavallerie-Division gegenüber der fravzösiichen II. Loire-Armee stehen. Da Bourbaki im Osten bei Bourges stand, und vorläufig ruhig abwartete, so konnte den Truppen eine sehr nötige Ruhepause gewährt werden. Orleans besetzte das 9. Korps, die Baiern fühlten nach Osten, das 3. Korps stand bei Beaugency. In dieser breiten Auf stellung erwartete man dort im Süden von Paris das neue Jahr und die Ereignisse, die es noch bringen sollte! — Vom alten ehrwürdigen Pastor Ahlfeld in Leipzig wurde folgende Geschichte erzählt: Er läßt einen Handwerker bitten, eine Reparatur zu machen. Der Handwerker läßt antworten: „Ich komme sofort, ich will mir nur den Rock anziehen". Ahlfeld wartet und der Handwerker kommt am näch sten oder übernächsten Tage. Da empfängt ihn Ahl feld: „Sie armer Mann, ich habe große Teilnahme für Sie". „Warum denn?" „Weil Sie solange brauchen, einen Rock anzuziehen". — Das war etwas derb, aber es hat gewiß nichts geschadet. Der Hand werker soll nur das versprechen, was er halten kann, und wenn er gegen Erwarten doch einmal verhindert wird, sein Wort zu erfüllen, so soll er sogleich es von selbst mitteilen. Wir kennen mehr als einen Herrn, welcher sagt: „ich mache mit den Handwer kern keine Geschäfte, weil sie unpünktlich sind. „So schadet der Fehler einzelner dem ganzen Stande. Der Kaiser sagt: „Unsere Zeit steht unter dem Zeichen des Verkehrs", mancher Handwerksmann aber sagt noch immer: „Komm' ich heul' nicht, so komm' ich morgen". Auf diese Weise aber fährt die Zeit an ihm vorbei. — Zwickau, 13. Dez. Die Kosten für die Projektierte neue Muldenbrücke sind, wie aus Zwickau geschrieben wird, auf nahezu eine halbe Million Mark veranschlagt worden. Mit dem Bau soll nächstes Jahr begonnen werden. — Frankenberg, 13. Dez. In vergange- ner Nacht gegen r/s1 Uhr brach im benachbarten Auerswalde in dem zum Teil mit Stroh gefüllten Wagenschuppen des Gutsbesitzers Eduard Franke ein Schadenfeuer aus, welches sowohl das genannte Wochen- und NachrichtMatt zugleich Nr. 292 1895 Telegramm-Adress« r Tageblatt. Fernsprech-Anschlutz Nr. 7. Gebäude, als auch die Scheune, die Stallungen unb das Wohnhaus völlig einäscherte. Die in den Ge bäuden enthaltenen Getreide-, Stroh- und Futter- Vorräte fielen sämtlich den Flammen zum Opfer; daß es mit knapper Not gelang, das Vieh und einiges Mobiliar zu retten, war nur einigen Herren zu danken, welche zufällig noch im Bahnhof zu Ober lichtenau gesellig verweilten. Infolge der angestreng ten Thätiqkeit der freiwilligen Feuerwehr zu Auers walde in Gemeinschaft mit den Spritzenmannschaften zu Oberlichtenau blieb das Feuer auf das Franke sche Gut beschränkt. Der Abgebrannte ist derselbe Franke, dem, nachdem er in den letzten Jahren wieder holt durch Schicksalsschläge betroffen worden war, durch das Eisenbahnunglück bei Oederan im Septem ber d. I. sein vom Manöver zurückkehrender Sohn entrissen wurde. — Langenhennersdorf bei Pirna, 13. Dez. Ein Zeitraum von vier Jahrhunderten hat sich jetzt vollendet, seit unser Gotteshaus im Jahre 1495 seine Weihe erhalten hatte. Ein seltenes Ju biläum bot sich somit der Gemeinde. Anläßlich der Jubelfeier spendete der Kirchenpatron Kommerzien rat Merz einen neuen Taufstein mit silberner Tauf schüssel und Taufkanne, während durch die Frauen und die Jugend der Kirchfahrt wertvolle Altar- und Kanzelbekleidungen und ein neues Altarkreuz, sowie ferner durch besondere Gönner der Kirche und Nach bargemeinden Kronleuchter nebst Altarleuchtern rc. zum Geschenk gemacht wurden. — Zittau, 13. Dez. Ein gräßlicher Un glücksfall hat sich auf dem Dominium Krische zuge tragen. Der dort beschäftigte Arbeiter Kreusch wurde von der im Betriebe befindlichen Dampf dreschmaschine erfaßt, wobei ihm ein Bein bis zum Knie vollständig abgerissen wurde. Man schaffte den Bedauernswerten sofort ins Krankenhaus, wo ihm ärztliche Hilfe zu teil wurde. Dieselbe kam leider zu spät; infolge des eingetretenen starken Blutverlustes gab der Verunglückte kurze Zeit darauf seinen Geist auf. Z Halle, 14. Dez. Ein schreckliches Unglück ereignete sich heute morgen gegen 7 Uhr im städtischen Siechenhause. Frau Inspektor Bonge hatte, um schnell Wasser zum Kochen zu bringen, eine Spiri- tusflamme angezündet. Durch einen unglücklichen Zufall explodierte die mit Spiritus gefüllte Flasche und die Kleider der beklagenswerten Frau standen sofort in Flammen. Am Oberkörper schwer ver brannt und von heftigen Schmerzen gepeinigt, wußte die Frau in ihrer großen Angst sich nicht zu helfen, sie lief durch die Zimmer und sprang durch das Fenster auf den Hof. Durch den Sturz zog sie sich so schwere Verletzungen zu, daß der Tod den Leiden der Unglücklichen bald ein Ende bereitete. Die Ver storbene war eine allgemein geachtete, brave Frau, sie ist etwa 28 Jahre alt und hinterläßt außer ihrem Ehemann vier Kinder im Alter bis zu 7 Jahren. 8 Berlin, 14. Dez. In Reichstagskreisen tritt mit ziemlicher Bestimmhett das Gerücht auf, daß Herr v. Bötticher nur dis Feier des 18. Jan. abwarten wolle, um unmittelbar darauf seinen Ab schied zu nehmen. Wir nehmen von diesem Gerüchte Notiz, obwohl wir an die Amtsmübigkeit des Mini sters nicht recht glauben, und obwohl die Analogie mit den Kieler Tagen, die ja auch mit dem Abschied des Herrn v. Bötticher ihren Abschluß finden sollten, die Bedenken gegen die Wahrheit der Mitteilung «och verstärken. Da aber andererseits das Gerücht gerade unter solchen Kreisen verbreitet ist, deren Wohlwollen für den Minister nicht gut anzuzweifeln ist, könnte man eS doch als wahrscheinlich hinstellen, daß „etwas dran ist". —--—- 45. Jahrgang. —-—- Dienstag, den 17. Dezember Diese« Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtag«) abends ftir den folgenden Tag." Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werde» dir viergespaltene SorpuszeL« oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. -- Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Die unterzeichnete Expedition bleibt von jetzt ab täglich von 12 bis Ahr geschloffen. Annoncen werden für die Abendnmnmer nur bis 11 Uhr vormittag angenommen. Die Expeditism des Tageblattes. MM-ÄWW sm MBors MM, Amsdorf, Mors, Hl. Mm, MmWori, Nmem Md Mm. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein.