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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HeMr-DM ßr Loftdarf, Adlitz, JeniMff, Mdorf, 51 Lgidm, Ltim^off Mem md Mssei. Amtsblatt füv den Stadtrat zu Lichtenstein. 45. Jahrgang. — — Nr. 388. Donnerstag, den 12. Dezember 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Bierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Marit 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die vittgespaltene SvrpuSxrM oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 llhr. Auktion. Die zum Nachlaß der Liudig'schen Eheleute gehörigen Haus- und Wirt schaftsgegenstände, als: Tische, Stühle, 1 Sofa, 1 Stutzuhr, Schranke, Kleider, Betten und Wäsche re, sollen im Nachlaßhanse Nr. 400 Sonnabend, den 14. dieses Monats, von vormittags !> Uhr ab meistbietend gegen Barzahlung versteigert werden. Lichtenstein, den 10. Dezember 1895. Lokalrichter Schmidt. Tagesgefchichte. *— Lichtenstein. Gegenwärtig sind es 900 Jahre, daß eines unserer unentbehrlichsten Geräte, die Gabel, seinen Einzug in Europa hielt. Wie man rn Vene tianischen Blättern liest, vermählte sich im Herbste deS Jahres 995 ein Sohn des Dogen Pietro Orseolo mit der byzantinischen Prinzessin Argila, einer Schwester des oströmischen Kaisers. Während man bis dahin in Venedig die Speisen mit den Fingern zum Munde geführt hatte, bediente sich die Prinzessin Argila zu diesem Zwecke einer zweizinkigen Gabel und eines goldenen Löffels. Der Löffel war für die Venetianer nichts Neues, wohl aber die Gabel. Die Venetianischen Damen beeilten sich, es der Byzantinerin gleichzuthun, und wenn ihnen auch die Handhabung der Gabel recht schwer fiel, so bürgerte sich der neue Brauch doch nach und nach in den vornehmen Familien ein. Freilich fehlte es nicht an Tadlern und Spöttern, die den Gebrauch der Gabel als einen schädlichen und lächerlichen Auswuchs der venetianischen Ueber- feinerung tadelten. Es währte viele Jahrhunderte, ehe die Gabel von Venedig aus ihren Weg in das übrige Italien fand. Erst im Zeitalter der Renais sance, etwa vom Jahre 1360 ab, wurde das Essen mit der Gabel in Florenz und in den anderen italienischen Städten Brauch. Wann sich die Gabel in Deutschland eingebürgert hat, vermag man nicht zu sagen. In Frankreich wird sie zum ersten Male im Jahre 1379, in einem Verzeichnis des königlichen Silberzeuges, erwähnt. Mode wurde aber das Essen mit der Gabel in Frankreich erst um da« Jahr 1550. Nach England brachte sie der Reisende Corgate direkt aus Venedig im Jahre 1608. In allgemeineren Gebrauch kam sie hier aber erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Heute bedient man sich der Gabel fast auf der gesamten zivilisierten Erde. Nur in einzelnen Teilen Spaniens und im Innern Ruß lands ist sie noch unbekannt. *— Heute in der 4. Morgenstunde brannte das Georgische Bauerngut in Gersdorf nieder. Weiter konnten wir bis jetzt nichts inErfahrung bringen. — Volkszählung vom 2. Dezember 1895: Adorf 4750, Bautzen 23568, Blasewitz 6300, Burg städt 6457, Crottendorf 4560, Frankenberg 11906, Frohburg 3284, Geringswalde 3390, Großzschocher 3176, Hundsgrün 236, Jrfersgrün 736, Jahnsbach 2339, Langhsnnersdorf 1218, Lauenstein 835, Lim bach 11420, Loschwitz 4862, Marieney 754, Mark neukirchen 7244, Nossen 4351, Oberhennersdorf 1126, Oberwürschnitz 114, Oetzsch 1607, Oschatz 10002, Ostrau 882, Penig 6554, Pirna 15419, Rsichen- brand 2904, Radeberg 10244, Schreiersgrün 985, Sehma 2399, Siegmar 1853, Stötteritz 6617, Tanna 1619, Thalheim i. Erzgeb. 5770, Tirschen- dorf 366, Untereichigt 76, Unterwürschnitz 299, Wüstenbrand 1958, Zschopau 6961. — Auf Veranlassung des Staatssekretärs des Reichs-Postamts ist den noch am Leben befindlichen Feldpost-Unterbsamten, die im Kriegs 1870/71 feind liche Ueberfälle auf die Feldpost mit blanker Waffe zurückgewiesen haben, und zwar dem Postschaffner Bodensohn in Frankfurt a. M., dem Landbriefträger Tyroll in Sonderburg und dem Postpackmeister a. D. Schönauer in Niederolm bei Mainz bei der 25. Wiederkehr der Gedenktage zur Erinnerung an ihr wackeres Genehmen je ein Bildnis Kaiser Wilhelms I. mit entsprechender Inschrift überreicht und außer dem ein namhaftes Geldgeschenk aus der Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der Reichs- Post- und Telegraphenverwaltung zugewendet worden. — Dresden, 10. Dezbr. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer nahmen Ihre Exzel lenzen die Herren Staatsminister vr. Schurig, v. Metzsch, v. Seydewitz und v. Watzdorf, die Herren Geh. Räte Meusel und Vodel, geh. Finanzräte vr. RitterstädL und v. Kirchbach, sowie Herr geh. Rcgie- rungsrat Merz teil. Die Kammer trat zunächst in Muf den Wogen des Lebens. Roman aus dem Englischen von A. Nicola. (Nachdruck verdaten.) (Fortsetzung.) „Das weiß Niemand außer mir, Sie stolzer Mann", antwortete Olive lächelnd. „Bin ich das? Jedenfalls bin ich stolz genug, zu wünschen, daß es weise wäre, es ihnen zu sagen". „Doch es würde nicht weise sein, mein Bruder durchschaut alles, und würde sich bald die ganze Sache zusammenreimen. Hören Sie", fuhr sie ernst fort, indem sie die Hand auf seinen Arm legte, „wir beurteilen den Menschen nach seinem Benehmen, seiner Geburt, seinen Verwandten, nicht nach seinem Reichtum oder seiner BesLäftigung, wenn diese nur ehrenhaft ist. Ihr stolzes Herz mag in Ruhe fchlagen — mein Bruder wird sich nicht von Ihnen abwenden, wenn er erfährt, daß Sie ein Geheimpolizist sind". Es drängte Delaware mächtig, die kleine Hand an seine Lippe» zu ziehen, und kostete ihm große Ueberwindung, der Versuchung zu widerstehen. „Ich banke Ihnen", sprach er ruhig. „Nun wollen wir sehen, wie sich die neueste Entdeckung ausbeuten läßt". Beide setzten sich nieder und der Geheimpolizist fuhr fort: „Wenn dieser Hurst wirklich der Mörder ist, so ist er auch jedenfalls der geheimnisvolle Kunde von dem kleinen Droguengeschäft in London Wall, und setzt demnach seine chemischen Experimente ent weder in seinem Hause oder anderswo fort — und sich davon zu überzeuge», ist die erste Notwendigkeit. Nun haben die Chemikalien im allgemeinen einen eigentümlichen und starken Geruch. Haben Sie da von in seine»! Hause etwas bemerkt?" „Nein; aber nun Sie mich darauf aufmerksam machen, muß ich erwähnen, daß mir ein süßlicher Muskatgeruch ausgefallen ist und auch, daß vor den Treppenfenstern überall Pflanzen stehen". „Dieser Umstand ist an sich von geringer Be deutung. War der Geruch an einer Stelle stärker als an der anderen?" „Nein; aber ich bin nur bis i» die erste Etage hinaufgekommen. Es liegt noch eine darüber und dann sind noch drei oder vier Zimmer im Erdge schoß; möglich, daß Mr. Hurst sein Laboratorium oben oder unten hat". „Schaffen Sie sich Gewißheit darüber; Sie haben augenblicklich die beste Gelegenheit dazu. Ich werde ihn außer dem Hause beobachten, und das Ende vom Lied wird jedenfalls sein, daß eins von uns in seine Dienste zu treten sucht". „Ich habe Ihren Befehlen zu gehorchen, mein Chef, aber ich meine, für mich würde das eine sehr schwierige Aufgabe sein". Delaware lachte. „Ich will Sie unkenntlich machen, daß selbst Ihr Bruder Sie nicht erkenne» soll, vorausgesetzt, daß Sie Ihre Stimme verstellen". „Hm", machte Olive ungläubig. „Ohne Hut?" „Wollen wir es versuchen?" fragte der Geheim polizist. „Sie sind gewiß eine gute Schauspielerin". „Wie können wir daS?" fragte Olive gespannt. „Sehr einfach. Kommen Sie in unser Komptor, dort können wir «ns verkleiden, dann nehmen wir die allgemeine Vorberatung über das König!. Dekret Nr. 16, den Ankauf der Königl. Preußischen Eisen- bahnstrccke Zittau-Nikrisch und der Altenburg-Zeitzer Privateisenbahn betreffend, ein. Es sprachen dazu die Abgg. Hähnel, Volke, Rollfuß, Stolle - Gesau. Se. Exzellenz der Herr Staatsminister v. Watzdorf erwiderte beruhigend auf verschiedene von diesen Rednern geltend gemachte Bedenken. Das Dekret wurde an die Fiuanzdeputation L verwiesen. Hier auf folgte die allgemeine Vorberatung über den An trag des Abg. Fraßdorf u. Gen. auf Einführung des allgemeinen Wahlrechts bei den Landtagswahlen und Aufhebung des Landtagswahlgssetzes. Der An trag wurde vom Abg. Stolle-Gesau begründet. Der Abg. vr. Mehnert sprach namens der konservativen Partei gegen den sozialdemokratischen Antrag und brachte am Schluffe seiner mit lautem Beifall und Händeklatschen ausgsnommenen Rede folgenden von sämtlichen Abgeordneten der konservativen, national- liberalen und Fortschrittspartei unterzeichneten An trag ein: In der Erwägung, daß das allgemeine gleiche, direkte und geheime Wahlrecht den Verhält nissen und Interessen des Landes nicht entspricht, in der Erwägung, daß diesen Interessen eine Aende- rung des Wahlrechts nur dient in der Richtung, daß das Wahlsystem auf dem Prinzip des Verhältnisses der Leistungen der einzelnen Staatsbürger an direkten Staatssteuern ausgebaut wird unter ausdrücklicher Wahrung des Grundsatzes, daß eine Entziehung des Wahlrechts derjenigen, die dasselbe jetzt besitzen, nicht eintritt, wolle die Kammer beschließen: über den Antrag Fräßdorf zur Tagesordnung überzugehen. Nach dem Abg. vr. Mehnert sprach Abg. Goldstein. — Dresden. Ein Handelsmann von aus wärts, der sich dieser Tage in Geschäften hier auf hielt, machte in einer Schankwirtschaft die Bekannt schaft zweier Männer, besuchte mit ihnen noch ver schiedene Wirtschaften und brachte so in ihrer Ge sellschaft den größten Teil der Nacht hin. Seine iWWVWMMMWNMSWWKSMMNSMSMNWWMMSiMMMM einen Wagen, fahren hierher und ziehen Ihren Bru der wegen dieser oder jener Kleinigkeit zu Rat". „Welch köstlicher Scherz!" rief Olive leise lachend, „hören Sie, ob es so geht. Doktor Vernon, ich leide so seyr an Kopfweh, sodaß mir das Leben zur Hölle wird!" Sie hatte ihre natürliche melodische Stimme wie mit einem Schleier verhüllt — nicht eine Spur von ihrem Weichen Accent klang heraus. Delaware war entzückt und prophezeite ihr den besten Erfolg. „Sie können nun gehen, Miß Vernon. Sind Sie um elf Uhr beschäftigt?" „Heute nicht". „Gut, so wollen wir uns Punkt elf in Mrs. Holmark Komptor treffen und finden Ihren Bruder gerade noch zu Haus". Olive nickte und ging. So groß Olives Vertrauen zu ihres ChefsjGe« schicklichkeit auch gewesen, war sie doch auf eine solche Umwandlung nicht vorbereitet gewesen, wie er sie mit Hilfe von Kleidern, Puder, Schminke und falschen Haaren herbeiführte. Mr. Holmark trat in das Zimmer und selbst sein geübter Blick ließ sich bei nahe täuschen. Vor ihm stand eine Dame in den mittleren Jahren, mit altmodischen, blonden Löckchen, die ihr Gesicht umrahmten. Das Hinterhaar war in einem goldene» Netz zusammengesaßt. Ihr Teint war sehr weiß, die blonden Augenbrauen sehr dick und gebogen, und das Gesicht zeigte besonders um Augen und Mund, welch letzterer an den Winkeln heruntergezogen war und dadurch finster und mürrisch erschien, viel kleirre Fältchen. Eine zu hohe Schulter