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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich HeMls-AnMi flr MBorf. Mdkih, Amsdorf, Msdors, Kl. LOim, Zeimichsorl, Ummm md Mm. Amtsblatt für den Stadtrat zu Tichtenstein. —— ————— - —— —————— 4g. Jahrgang. --------------- Nr. 287. Mittwoch, den 11. Dezember ^'«7?.-»'.»' 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2ü Pfennige. — Einzeln« Nmmner 10 Pfennige — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergefpaltene KorpuszeM oder deren Naum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesgefchichte. *— Lichtenstein, 10. Dez. Bei der am 2. dieses Monats stattgefundenen Volkszählung find in Lichtenstein nach einer vorläufigen Feststellung 3063 männliche, 3259 weibliche, in Summa 6322 Einwohner gezählt worden. Am 2. Dezember 1890 zählte Lichtenstein 5837 Einwohner, sodaß ein Zuwachs von 485 Personen zu verzeichnen ist. — Das Schuhwerk soll in Zukunft heiz bar sein! Ein in der Sohle angebrachter Wasser behälter wird vom Absätze aus geheizt und damit nicht etwa infolge sich entwickelnder Wasserdämpfe eine Explosion eintritt, die den Träger der geheizten Stiefel in höhere Regionen befördert, so ist zugleich ein kleines „Sicherheitsventil" an diesem hochgradig interessanten Schuhwerk angebracht. Das bedeutet eine Revolution im Fußbekleidungswefen und allem, was damit zusammenhängt. Ein Fußtritt wird fortan Mit „Wärme" ausgeteilt werden. Schließlich lassen sich die heizbaren Schuhe auch des Nachts als Wärm flaschen verwerten. Der glückliche Erfinder ist ein Schuhmachermeister in Gruna. — „Die grauen Mäntel der Offiziere und Mannschaften sollen, wie verlautet, nicht weiter be schafft werden, man will zu dem alten bewährten Manteltuch zurückkehren." — Der offiziöse „Hamb. Korresp." bemerkt dazu: Merkwürdigerweise fiel die Nachricht mit den Berichten über die mit dem neuen Manteltuch gemachten Erfahrungen zusammen. Ob wohl die Truppenberichte noch nicht alle eingelaufen sind, so haben sich die eingegangenen sämtlich dafür ausgesprochen, daß das Helle Tuch sich sehr gut be währt habe. Dies bezieht sich nicht nur auf das Tuch der Offiziere, sondern auch auf das der Mannschaften. Eine Aevderuvg in Bezug auf das Tragen der grauen Mäntel steht daher nicht bevor. — Eine ganz gewaltige Bauthärigkeit hat in den letzten zehn Jahren in Sachsen geherrscht. Die Versicherungssumme der Gebäude, welche bekanntlich alle bei unserer Londesbrandkaffe versichert sein müssen, betrug Ende 1884 rund 3007^/3 Millionen Mark; bis Ende 1894 jedoch hat sich die Versiche rungssumme auf 4296ffs Millionen Mark erhöht! Es war also ein Zuwachs um 1289 Mill. Mark durch die zehnjährige Baulhätigkcit eingetreten. Der größte Zuwachs an Gebäuden ist im Jahre 1890 zu verzeichnen gewesen. In diesem einen Jahre erhöhte sich die Versicherungssumme bei unserer Brandkasse um 176^2 Millionen Mark. — Im Jahre 1894 wurden im Deutschen Reiche in Fabriken und diesen gleichstehenden Anlagen 213 974 jugendliche Arbeiter im Alter von unter 16 Jahren (gegen 219 871 im Jahre 1893) beschäftigt und zwar im Alter von unter 14 Jahre» 2682 : 3730 Knaben und 1577 : 2181 Mädchen; im Alter von 14 bis 16 Jahren 139391 : 140695 Arbeiter und 70324 : 73265 Arbeiterinnen. Die Fabrikat beit von Kindern ist nach diesen Zahlen seit 1893 um 27,9 Proz. zurückgegangen. Verhältnismäßig am zahlreichsten finden noch Kinder Verwendung in der Textilindustrie mit 27,2 Proz. und in der In dustrie s-r Steine und Erden mit 23.9 Proz. von der Gesamtzahl aller in Fabriken beschäftigten Kinder; in der Industrie der Nahrungs- und Genußmittel hat die Kinderarbeit gegenüber dem Vorjahre beträcht lich abgenommen (8,5 Proz. gegen 12,4 Proz.). Die Zahl der Arbeiter zwischen 14 und 16 Jahren hat sich seit dem Jahre 1893 um 2 Proz. vermindert (im Vorjahre war eine Zunahme gegenüber 1892 um 2,5 Proz. vorhanden). Von ihnen waren 25,8 Proz. in der Textilindustrie, 12,2 Proz. in der Me tallverarbeitung, 11,5 Proz. in der Industrie der Steine und Erden und 10 Proz. in der Industrie der Nahrungs- und Genußmutel beschäftigt. Unter den im Jahce 1894 beschäftigten 633783 erwachsenen Arbeiterinnen waren 250689 oder 39,6 Proz. 16 bis 21 Jahre, 383094 oder 60,4 Proz. über 21 Jahre alt. 310691 oder 49 Proz. der Gesamtzahl waren in der Textilindustrie, 88,785 oder 14 Proz. in den Gewerben für Nahrungs- und Genußmittel beschäftigt. — Dresden, 8. Dez. Der Landesverein zur Pflege verwundeter und erkrankter Krieger im Königreiche Sachsen hielt am Sonnabend nachmittag 4 Uhr im Saale der Dresdner Kaufmannschaft seine 7. ordentliche Generalversammlung ab. Der Vor ¬ sitzende, Herr Graf Vitzthum, eröffnete die Versamm lung, welche leider nicht sehr zahlreich besucht war, und gedachte zunächst des schweren Verlustes, welchen die Sache des roten Kreuzes, sowie ver Verein durch den Tod des bisherigen Vorsitzenden, Herrn Geh. Rat von Cnegern-Thumitz, erlitten habe. Weiter teilte der Herr Vorsitzende mit, daß das Königliche Ministerium des Innern die auf ihn gefallene Wahl z»A Vorsitzenden bestätigt habe und daß das Amt des Landesdelegierten der freiwilligen K.ankenpflege Sr. Cxcellenz dem Herrn General der Infanterie v. Holleben übertragen worden sei. Sodann beschäftigte man sich mit der Beratung und Beschlußfussung über den gedruckt vorliegenden Jahresbericht. Derselbe beschäftigt sich nnt der Zusammensetzung des Vor standes, mit den Zweigvereinen, mit dem Institut für freiwillige Krankenpfleger, mit der Beschaffung von Sanitätsmaterial, mit den Erweiterungsbauten in der Deutschen Heilstätte in Loschwitz, sowie mit dem Geschäftsbericht dieser Anstalt. Vom Landes verein mußte in der Deutschen Heilstätte ein Defizit von 2700 Mk. 74 Pfg. gedeckt werden. Verpflegt wurden im Berichtsjahre 210 Kranke an 10 755 Verflegungstagen. Die Gesamteinnahme des Vereins betrug 1893/94 60310 Mk. 36 Pfg., die Gesamt ausgabe 58559 Mk. 16 Pfg., das Gesamtvermögen betrug Ende 1894 18 866 Mk. 24 Pfg. Im Haus haltplan für 1895/96 sind 35 900 Mk. Einnahme und 23900 Mk. Ausgabe eingestellt worden. Der Haushaltplan für die Deutsche Heilstätte in Losch witz auf 1895/96 ist mit 28835 Mk. Einnahme und 33835 Mk. Ausgabe (Fehlbetrag 5000 Mk.) auf- gestellt worden. Aus dem Direktorium scheiden die Herren Geh. Hofrat Dr. Fiedler, Generalkonsul Harlan und Oberkonsistorialrat Dr. Schmidt aus. Die letztgenannten beiden Herren wurden sofort wiedergewält, an Stelle des wegen Arbeitsüberbür« düng ausscheidenden Herrn Geheimrats Dr. Fiedler wurde Herr Oberarzt Dr. Schmalz gewählt. Für den verstorbene» Herrn Geheimrat v. Criegern wählte man Herrn Generalkonsul Wunderlich. Ueber die erfolgreiche Thätigkeit der Zweigvereine erstattete Herr Oberregierungsrat Hörnig Bericht, und den Schluß der Generalversammlung bildeten Anträge, aus der Mitte der Versammlung. Auf den Wogen des Lebens. Roman aus dem Englischen von A. Nicola- (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Seine Unruhe steigerte sich bei de» letzten Wor ten so sehr, daß Olives Aufmerksamkeit sofort rege wurde; es war ihr, als ergösse sich plötzlich ein eisiger Strom in ihre Adern, als sei ihr jeder Tropfen Blut erstarrt, doch ihre Selbstbeherrschung verließ sie keinen Augenblick. „Ich glaube, für mich würde Chemie einen sehr großen Reiz gehabt haben, wenn ich ein Mann ge wesen wäre", meinte sie. „Für mich durchaus nicht", entgegnete er kurz. „Sehen Sie diese Photographien, wie gefallen sie Ihnen?" Sie ließ es zu, daß das Thema so plötzlich abgebrochen wurde, aber ein argwöhnisches Gesühl blieb bei ihr zurück. Es verlangte sie danach, der Gesellschaft Hurft'L entfliehen und Aubrey Delaware aufsuchen zu können. Ihr Bruder stellte sich erst nach zehn Uhr wie der em und nachdem ein Besuch im Krankenzimmer ihn über den Zustand seiner Patientin vollkommen beruhigt hatte, setzte er sich mit seinem Wirt und Olive zu Tisch. Um Mitternacht schlief Cathie noch immer fest und ruhte, sodaß Verjünge Arzt vertrauensvoll sagte: „DaS Schlimmste ist vorüber; wenn sie aufwacht, ehe ich wieder hier bin, geben Sie ihr Fleischbrühe und Cognac mit Wasser. Das arme, kleine Ding, sie ist mit ihrem Leben hart am Abgrund vorüber« gegangen und bedarf noch der sorgfältigsten Pflege". Mrs. Hurst war beruhigt und ließ Doktor Vernon und Olive nun gehen, bat jedoch dringend, daß sie am Morgen so zeitig wie möglich wieder kämen. 9. Kapitel. Einen Mörder ausfindig machen zu sollen, noch dazu ohne jeglichen Anhalt, war für Olive nichts so ungeheuerliches; aber ihm thatsächlich auf der Spur zu sein, oder wenigstens es zu glauben, das machte ihr fast das Herz still stehen, so fest und mutig sie sonst auch war. Es wäre für sie ei» Ding der Un möglichkeit, zu schlafen oder zu ruhen, bevor sie ihren „Chef" gesehen und seine Meinung gehört hatte. Das jedoch zu dieser Stunde es war inzwischen ein Uhr geworden — zu bewerkstelligen, war nicht leicht. Laura lag im tiefsten Schlummer und Wilford war sehr müde. Olive wußte, daß er nicht lange mehr wach sein würde. Der Schein der Lampe ver riet ihr, daß Delaware noch auf war und sobald sie durch die Thürspalte sah, daß ihr Bruder das Licht ausgelöscht hatte, stahl sie sich leise die Treppe hinauf. Sie öffnete Delawares Thür ohne anzuklopfen und trat so geräuschlos ein, daß er sie nicht hörte. Er mußte tief in Gedanken versunken sein, u»d diese, nach dem Ausdruck seiner schönen Züge zu urteilen, nicht gerade angenehmster Art. „Mr. Delaware". „Miß Vernon — Sie zu dieser Stunde!" Er erhob sich schnell, während in jeder Linie seines Gesichtes eine plötzliche Wandlung vorging. „Sie bringen eine wichtige Neuigkeit? Setzen Sie sich, Sie sehen sehr abgespannt aus". „Ich habe einen sehr angestrengten Tag hinter mir", antwortete sie, indem sie ihm gegenüber Platz nahm, „und wein ganzes Innere ist so mächtig er schüttert, wie es nur sein kann, wenn mau Plötzlich das vor sich sieht, was einem bisher als ein in wei ter Ferne liegendes Gespenst vorschwebte." Hier machte sie eine Pause; der Geheimpolizist wartete. „Ich weiß nicht, was Sie davon denken wer den", fuhr sie kleinlaut fort, „aber ich bilde mir ein, diesen Abend ganz zufällig auf eine Spur ge stoßen zu sein". „O, reden Sie", rief Delaware mit vorgebeug tem Oberkörper; „ich habe mit dieser Sache meinen ganzen geschäftlichen Ruf auf das Spiel gesetzt; er zählen Sie mir alle», auch den kleinsten Umstands und ich werde sehen, von welcher Wichtigkeit Ihre Entdeckung ist". Olive that, wie ihr geheißen und schilderte Mr. Hursts Benehmen so lebhaft wie ihr möglich war. „Sie sehen", fuhr sie fort, „er war ganz auf fallend schnell bereit, jedes Verständnis von Chemie abzuleugoen und das Thema zu wechseln. Und wis sen Sie, Mr. Delaware, ich würde sonst etwas da rum gegeben haben, hätte ich ihm die große blaue Brille von den Augen reißen können". Er lachte über den Eifer, mit dem sie sprach und erwiderte: „Ich wundere mich, daß Mr. Hursts Eigentüm lichkeiten — die blaue Brille, das Haar, sein un stetes, nervöses Wesen, seine tiefe Stimme — Ihre» Argwohn nicht schon früher erregten". „Ja, vielleicht hätten Sie es thun sollen; aber