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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich - MMs-WiM flr Löhndorf, AödH, Aemdorf, Mors, Kl Hidim, Keinrilhsort, UmmM nnd Mlsm. Amtsblatt für den Ltadtrat zu Liechtenstein. —-— ——— — 45. Jahrgang. —— —————————————- Nr. 278. Sonnabend, den 3V. November "'M;??,1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespattene KorpuSM« oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Nhr. Schule zu Rödlitz. Die Anmeldung der Ostern 1896 schnlpflichtig werdenden Kinder soll Donnerstag und Freitag, den S. und 6. Dezember d. I., «achm. Vor» 3—S Uhr bei dem Unterzeichneten — untere Schule, Klassenzimmer Nr. 1 — stattfinden. Hierzu ist der Impfschein, bei auswärts geborenen Kindern auch das Taufzeugnis beizubringen. Rödlitz, den 29. November 1895. Dietzel, Kirchschullehrer. Tagesgeschichte- *— Lichtenstein, 29. Nov. Der Zentral vorstand des Allg. deutschen Handwerker Bundes zu München (Färbergraben 10e) hat eine von ihm ent worfene Petition an alle Innungen und sonstigen Handwerker-Bereinigungen Deutschlands zur Unter zeichnung und Einreichung an den Reichstag verbrei tet. Diese Petition, welche eine kurze Darstellung des bisherigen Verlaufes der Frage der Organisa tion des Handwerks bietet und der zu entnehmen ist, daß „vollste Uebereinstimmung in den Forderungen und Zielen der korporierten deutschen Handwerks meister" besteht und alle gegenteiligen Behauptungen grundlos sind, wendet sich gegen den dem Bundes rat derzeit vorliegenden, vom Staatssekretär Dr. von Boetticher stammenden Gesetzentwurf „betreffend die Errichtung von Handwerkskammern" und klingt in die Bitte aus: „Der Reichstag möge nur einem sol chen Gesetzentwürfe seine Zustimmung erteilen, wel« cher die vollständige Organisation des Handwerks gleichzeitig, und zwar unter Berücksichtigung der Beschlüsse des 1894er Deutschen Jnnungs- und All gemeinen Handwerkertages durchzuführen bestimmt und geeignet ist." Ferner wird in derselben gebeten: „Jede dem Handwerkerstand neu belastende Gesetzes vorlage, so namentlich die die Erweiterung der Un fallversicherung auf das gesamte Handwerk, und die die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit betreffende, so lange zurückzuweisen, bis die Frage der Organi sation des Handwerks in befriedigender Weise gelöst ist." Petitionsformulare können von oben bezeich neter Adresse bezogen werden. — Einen grausigen Fund machte Dienstag nachmittag in Dresden eine Baggermaschine, welche zur Zeit gegenüber der Steinstraße im Elb- strome arbeitet. Sie förderte Plötzlich einen nackten männlichen Leichnam zu Tage, an dem jedoch der Kopf und die beiden Unterarme fehlten. An dem einen Fuß befand sich noch ein alter Stiefel. Die Leiche war sehr stark in Verwesung übergegangen und hat vermutlich ein Jahr oder noch länger dort im Elbsande gelegen, bis sie durch jene Maschine zu Tage gefördert worden ist. Die fehlenden Körperteile sind wahrscheinlich vorher beim Baggern abgerissen worden und unbemerkt mit fort geschwommen. Die Identität der Leiche wird sich wohl kaum jemals feststellen lassen. Nachdem die polizeiliche Aushebung erfolgt war, wurde dieLeiche nach dem Friedhöfe übergeführt. — Dresden, 27. Nov. Eine Konferenz der Vorsitzenden sämtlicher sächsischen Gewerbekammern sprach sich gegen den Reichsgesetzentwurf betreffs Einführung von Handwerkerkammern aus. — Dresden , 28. Nov. Die Zweite Kammer nahm in der heutigen Sitzung, in der Se. Exzellenz der Hr. Staatsminifter v. Metzsch, sowie geh. Lega tionsrat Kammerherr Frhr. v. Friesen und geh. Re gierungsrat Or. Fischer anwesend waren, den ihr mit Dekret Nr. 6 vorgelegten Gesetzentwurf über Abänderung von 8 1 des Gesetzes über Gewährung von Entschädigung für die wegen Milzbrand gefalle nen oder getöteten Rinder ohne Abänderung an. Auf eine Anregung des Abg. Zeidler stellte Se. Exzellenz der Hr. Staatsminister v. Metzsch eine» Gesetzent wurf, der die Biehversicherung auch auf andere Krank heiten ausdehnen soll, in Aussicht. Gegen die Aus dehnung der zwangsweisen Biehversicherung sprach Abg. Kockel, für die Ausdehnung die Abg. Uhlemann- Görlitz, Zeidler und Kluge. — Sodann wurden ohne Debatte die Kapitel 102 und 103 des Etats, Mi- isterium des Auswärtigen und Gesandschaftev, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten rach der Vor lage bewilligt. — Nächste Sitzung morgen. — Meerane, 28. Nov. In der Maschinen schlossern von Kyber hier war heute vormittag der Meister mit dem Gesellen und Lehrling mit der Los lösung einer Scheibe von einem Kolben beschäftigt; zu diesem Zwecks hatten sie die Scheibe in das Feuer gelegt. Plötzlich explodierte der Kolben mit lautem Krach und die Splitter trafen den Gesellen so un glücklich an den Kopf, daß die ganze Gesichtshälfte verletzt wurde und der Tod sofort eintrat. Der da nebenstehende Inhaber der Schlosserei, Herr Kyber, sowie der Lehrling blieben unverletzt. Als Ursache der Explosion wird angenommen, baß der Kolben hohl gewesen und sich in demselben Gase angesam melt haben, welche durch die Hitze explodiert sind. Durch den Luftdruck wurden die Fenster und Thüren der Werkstatt und Wohnstube zertrümmert. — Stollberg, 27. Nov. Gestern feierte der hiesige Frauenverein das Fest seines fünfzigjäh rigen Bestehens. Die Leitung des Vereins gestal tete den Jubeltag zu einem recht festlichen. Am Abend fand im ,,Roß" eine Abendunterhaltung statt. Ganz besonders erfreute den Verein eins allerhöchste Aus zeichnung, die in Gestalt eines Telegrammes von I. Maj. der Königin kam. Dasselbe hatte folgen den Wortlaut: „Dem Frauenvereine zu Stollberg sende ich anläßlich seines fünfzigjährigen Bestehens die herzlichsten Glückwünsche aus dankbarem Herzen. Carola." — Gersdorf, 27. Nov. Infolge der Un sitte abends ohne Laterne zu fahren und Wagen an einander zu hängen, verunglückte gestern das 9jährige Schulmädchen F., indem ihr ein Wagenrad über den Oberschenkel ging und sie noch mehrfach verletzte. Hoffentlich gelingt eS, den Schuldigen festzustellen. — Auerbach, 28. Nov. Als die am Neu markte wohnhafte Rentnerin A. Müller in den letz ten Tagen ihre Wohnung betreten wollte, wurde sie von einem etwa 27 Jahre alte» Tapezierer, namens Köhler, auf dem dunklen Vorsaal Plötzlich überfallen, zu Boden geworfen, geschlagen und gewürgt, während der Räuber ihr zurief: „Ich bi» momentan in Ver legenheit, geben Sie mir Geld, ich gebe es wieder!" Köhler hat der bedauernswerten alten Frau alsdann noch einen 6 Centimeter lange» Schnitt in den Hals beigebracht, sie an den Füße» gepackt und ins Zim mer geschleift, dort alle Kleidungsstücke, Schränke und dergl. durchsucht und das ihm wertvoll Erschei nende mitgenommen. Als die Nachbarn die halb- tote Frau ausfanden, vermochte dieselbe noch Andeu tungen über den Verbrecher zu machen, sodaß es »och in derselben Nacht gelang, diesen zu verhaften. Köhler hat die grausige That (Frau Müller dürfte kaum mit dem Leben davonkommen) auch bereits eingestanden. — Schöneck, 26. Nov. Eine» schönen Tod hatte am vergangenen Totensonntag die alleinstehende Arbeiterin Wilhelmine Schuster von hier. Sie hatte am Abend noch der Beichte und dem heiligen Abend mahl im schön erleuchteten Gotteshause beigewohnt und äußerte beim Weggehen gegen ihre Freundinnen, wie herzlich sie sich freue, gerade an diesem Tage kommuniciert zu haben. Aber schon wenige Augen blicke darauf, etwa 300—400 Schritte von der Kirche entfernt, sank sie lautlos in die Arme ihrer Beglei terinnen. Ein Lungenschlag hatte sie, wie der rasch herbcigerufene Arzt feststellte, getroffen. Z Berlin, 28. Nov. Nach einer Meldung des „Hamburger Korrespondenten" ist der Afrika- reisende Otto Ehlers bei dem Versuche, das englische Gebiet von Neu-Guinea aus zu durchqueren, er trunken. Von seiner Expedition, die aus 43 Köpfen bestand, sind 20 Eingeborene umgekommen, 3 deser tiert und der Rest ist in Port Moesby auf eng lischer Seite angelangt. Die Tagebücher und Jour nale von Ehlers sind verloren gegangen. Zu den Uwgekommenen gehört auch der Unteroffizier Pier- sing, der sich der Expeditien angeschlossen hatte. — Von angeblich unterrichteter Seite geht jetzt auch dem „Berl. Lok.-Anz." die Meldung zu, daß die Stel lung des preußischen Ministers des Innern, Herrn von Köller, erschüttert sei. Abgesehen von starken Differenzen zwischen ihm und anderen Mitgliedern des Staatsministeriums, die sich in letzter Zeit be sonders fühlbar gemacht haben, soll auch das auf Herrn von Köllers Einfluß zurückgeführte Vorgehen gegen die akademischen Lehrfreiheiten und die Er hebung der Anklage gegen einen Mann von so be kannter königstreuer und konservativer Gesinnung, wie Professor Hans v. Delbrück, an maßgebender Stelle keinen Beifall gefunden haben. 8 Das Familtendrama Cerri in Berlin — die Fran hatte sich mit ihrem kleinen Sohne und ihrem Liebhaber, einem Baumeister Vito, vergiftet, hat in den weitesten Kreisen Aufsehen hervorgerufen. Jetzt kommen Mitteilungen, die den Fall doch in etwas anderem Lichte erscheinen lassen. Cerri soll nämlich für seine Familie nicht in der Weise gesorgt haben, wie es feine Pflicht war. Während er sich selbst in Begleitung einer Kellnerin auf Reisen be fand, gab er seiner Frau nur selten Geld zur Be streitung ihres Haushalts, Frau und Kind waren ganz auf Vito angewiesen, der ihnen vor Kurzem auch erst Winterzeug gekauft hat. Cerri tröstete sich über das ihm wohlbekannte Verhältnis seiner Frau mit Kellnerinnen und Verkäuferinnen und zeigte sich gegen diese weit freigebiger als seiner Familie gegen über. Daß er das tragische Ereignis als keinesfalls übermäßig tragisch genommen hat, geht am beste» daraus hervor, daß er noch am gleichen Abend in. einem Restaurant mit Damenbedienung gesehen wurde. Eine anderweite Meldung behauptet, der Baumeister Vits habe die Frau Cerri und ihren Sohn durch mitgebrachten Wei» berauscht gemacht und ihnen hiernach vergifteten Wein gegeben. Wie die Dinge liegen, wird sich die Wahrheit ja nie feststelle» lassen; jedenfalls handelt es sich hier um eine» traurigen Fall im Sittenleben der Weltstadt. ß Am Montag suchte ein Brautpaar in einem Berliner Geschäft Möbel zum Kauf aus, wobei es dem Bräutigam auffiel, daß feine, wie er wußte, vermögenslose Braut bedeutend wertvollere Stücke zum Ankäufe vormerkte, als er zu bezahlen im Stande war. Er glaubte erst, seine Brant erlaube sich eine» Spaß mit ihm, als sie aber allen Ernstes auch die Rechnung für die ausgesuchte» Möbel verlangte, um sie sofort bezahlen zu können, wußte er vor Erstaunen nicht, was er sagen sollte. Die Braut zog aber eine Börse mit 2000 Mk. aus der Tasche und jetzt erst erfuhr der verblüffte Bräutigam, daß seine zukünftige Frau ein Vermögen von 50000 Mk. besitzt, von welcher Summe ihr gestrenger Vormund ihr zu ihrer Verheiratung vorläufig 2000 Mk. übergeben hatte. ß Eine beachtenswerte Entscheidung hat das Gewerbcgericht Berlin über die Gründe, welche den Anspruch zu Unrecht entlassener Arbeiter aus schließen, gefällt. Bisher waren die zu Unrecht ent lassenen Arbeiter mit ihren Forderungen auf Weiter bezahlung des Lohnes kostenpflichtig abgewiesen worden, wen» sich herausstellte, daß sie zu der Zeit, für welche sie den Lohn forderten, anderweitig Be schäftigung angeboten erhalten, sie aber nicht ange nommen hatten. Jetzt ist ein Anspruch sogar schon deshalb abgewiesen worden, weil der Kläger sich nicht erkundigt hatte, ob eine andere Beschäftigung,