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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich KcMls-ZUM für Kchidorf, MH, Amsdorf, Mors, H LOim, Keimichsorl, Mriem m!> Mm. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. ——— — — — 45. Jahrgang. -— Nr. 254. Donnerstag, den 31. Oktober 1895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. - Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pfennige. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergefpaltene KorpuSzeil« oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Die nächste Nummer dieses Blattes erscheint des Resormationsfestes wegen erst Freitag abend. BekMUtMSchUUg. Innerhalb 8 Tagen soll in der Gemeinde Röblitz von der Freiwilligen Feuerwehr eine Nachtübung gehalten werden. Der Gemeindevorstand. Reinhold. Sparkaffen-Expeditionstage in Lichtenstein: Dienstags- Donnerstags nnd Sonnabends. Bolksbibliothek Mittwoch nnd Sonnabend von 1Z bis 1 Uhr. Zum Meformationsfest. Ein kirchlicher Festtag ist's, der sich mit dem 31. Oktober anreiht an die großen Patriotischen Feste dieses Jahres. So gewiß diese von allen mit gefeiert, d. h. innerlich miterlebt wurden, die wirk lich Deutsche sind und ihr Vaterland lieb haben, so gewiß der heutige von allen, die noch wissen, was sie ihrer lutherischen Kirche danken. So mächtig die Schläge des deutschen Schwertes, die den wälschen Erbfeind von dannen trieben, nachgeklungen in diesen Tagen in unsern Herzen, so laut hallen auch sie heute wieder, die Hammerschläge des kühnen Mönchs von Wittenberg, mit denen er die Fesseln der Gewissens freiheit zerschlug und Schild und Schwert, Helm und Panzer — die ganze Waffcnrüstung evangelischen Glaubens neu schmiedete. Wir konnten M en s ch en thaten feiern in un sern vor 25 Jahren erkämpften Siegen, — aber solche Feier hätte keinen Segen hinterlassen, Wiedas Bekenntnis, daß Gott mit uns gewesen; wir kön nen heute wieder eine Menschenhand schreiben sehen an die Schloßkirchenthür zu Wittenberg die 95 Sätze, — aber wer sie nicht liest als von Gottes Fingern selbst gegeben, die große Erinnerung, daß nur aus steter Buße und festem Glauben das Christenleben sich erbauen könne, der freut sich um sonst der Reformation! Ja, es war auch ein deut sch e r M a n n , der so auftrat in der Kutte des Augustiners, ein Jung-Siegfried, der sein Schwert selbst geschmiedet, — aber es war doch noch mehr ein Gottes kn echt, ein David, der mit kleiner Kraft doch einem Goliath widerstand, weil der Herr mit ihm war. Das ist also gerade das gemeinsame Zei chen und Siegel wie der jung-deutschen Erhebung und Einigung so der deutschen Reformation und der lutherischen Kirche: daß es Menschensündlein und Menschenwahnwitz waren, gegen die sich der deutsche Christ erhob, und daß es Gottesgericht und Gotteswahrheit waren, die darin offenbar und laut wurden. Wälsche Eitelkeit und Ruhmsucht sind im Gottesgericht des letzten deutschen Krieges auf'L Haupt geschlagen von deutscher Manneskraft; römische Menschenweisheit und päpstliche Gewissenstyravnei sind abgeschüttelt worden von dem großen Volk, das sich wieder seit Luther scharte um die lautere Wahrheit in Gottes Wort und in der Person des einigen Mittlers zwischen Gott und Mensch, Jesus Christus. Darum richtet aber das Reformationsfest gerade dieses Jubiläumsjahres an uns als Evangelische und Deutsche die besonders deutliche Frage: Wollt Ihr die höchsten Güter auch wahren, die Euch vor andern geschenkt sind, göttliche Wahrheit und christlichen Glauben; wollt Ihr, so treu wie am Rhein, die Wacht auch halten w i d e r R o m u nd d i e F e i n d e des Glau be n s ? Der gefährlichste Feind ist aber der im eigenen Lager! Wer ihn hier bisher nicht sucht und glaubte, den zwingt ja die erschreckende Macht des Materialismus, die heute mit unsern höchsten Gütern selbst das Vaterland hohnlachend preisgiebt, zur Selbstbesinnung! Mächtiger drum als Hammer schläge ruft dieses Jahr gerade uns allen zu: kehrt um und grabt wieder hinein in die tiefen Schächte, aus denen der Bergmannssohn einst geholt die Macht seines Glaubens, sein freies Gewissen, den starken Herzensfrieden im frommen Gebetsleben! Führt ferner als Protestanten einen frischen Kampf wider römische Wahrheitssälschung und Herrschsucht, dm ernstesten Strauß gegen allen Spott des Unglaubens, alle Fälschung des Aberglaubens, alle Lauheit des Halbglaubens! Ja, der beste Kampf, der allein das Luthertum voll und echt macht, bleibt das immer treuere Bekenntnis zu dem lautern und gan» zen Wort Gottes, das Luther in der deutschen Bibel uns wiedsrgab, und zu der Fahne des Evangeliums, wie sie steht in den Gotteshäusern, weht durch der Kirche Ordnungen und weibt den Altar des Christen hauses, der leider jetzt meist so verlassen steht! Ja, s o soll gerade in dem Jahre, in dem wir besonders freudig unser deutsches Volkstum gefeiert haben, auch Luthers, des größten Deutschen, gedacht werden, so ihm gedankt werden, durch dessen Geist Gott unserm Volk damals eine sittliche Wiederge burt schenkte auf allen Gebieten des Volkslebens, in Kirche und Schuls, in Haus und Staat, auf der die Jahrhunderte nun weiter gebaut haben und ans der als letzte Frucht uns auch die politische Geburt er wachsen ist, die jüngst vollendet ward. Im Bunde laufen gegen diese Schätze die Feinde von außen an, die Rotten, die mit dem Altar auch Thron und Ehe verwüsten möchten, und die Schleichpatrouillen des alten Feindes des Evangeliums, der es mit List und Tücke ersticken möchte — zu größerer Herrlichkeit des päpstlichen Abgottes. Ja, in welcher Gestalt und Maske auch er heute austritt, — „der alt' böse Feind, mit Ernst er's jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist". Willst Du aber Alliierte. Original-Roman von Gustav Lange. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Mehrere Stunden hatte Waldau schon in diesem mehr einer Betäubung ähnlichen Schlummer gelegen, während schreckliche Traumbilder seinen Geist um gaukelten. Er kam sich vor wie an Händen und Füßen geknebelt, während neben ihm seine Henker mit gezückten Dolchen standen, jeden Augenblick be reit, ihn mit sicherem Stoße ins Jenseits zu beför dern. Das dumpfe Gefühl eines körperlichen Schmerzes, bei vollkommener Betäubung aller geistigen Kräfte, fühlte er im Schlafe, dann ein herzerschüt ternder Schauder, ein Versuch sich zu bewegen, eine verwirrte Erinnerung an etwas Furchtbares, er wußte es selbst nicht an was, dieses war die Ursache seines Erwachens und der Vorläufer der Rückkehr zum Bewußtsein. Aber schon der erste Augenblick des Wachseins machte ihm klar, woher der Schmerz rührte, den er während des Schlummers so unbe stimmt gefühlt. Auf seiner Brust und seinem Leibe saß Sicht nebeneinander gedrängt eine Schar Ratten, die selbst durch die hastigen Bewegungen nach seinem Erwa chen sich nicht stören ließen, sondern quiekend, sich beißend, einander verdrängend weite« dabei blieben, ihm die Kleider vom Körper zu zerren und sich hung rig und gierig in das Fleisch seines Körpers einzu- bcißen. Seine Beine bildeten für die anmarschieren den und abmarschierenden abscheulichen Tiere den Weg, und selbst im Gesichte fühlte er den Schmerz der Rattenbisse. Mit Aufbietung seiner letzten Kräfte sprang er vom Boden auf; hatte er gehofft, dadurch die Schmarotzer ohne weiteres von sich schütteln zu können, so hatte er sich getäuscht. Die meisten Ratten hatten sich bereits so fest in seine Kleider und in seinen Körper eingebiffen, daß er sie nur mit Gewalt von sich entfernen konnte, was ihm natürlich nicht geringe Schmerzen verursachte, und wohin er beim Vorwärts treten seinen Fuß setzte, da trat er auf Rattenleiber. Wie wahnsinnig vor Schmerz rannte Waldau in dem Raume umher; waren es wirklich Menschen, die einem anderen eine solche Hölle von Leiden be reiten konnten, wie er sie hier durchzumachen hatte, ehe der Tod ihn erreichte, den er jetzt sehnlichst sich wünschte. Bei lebendigem Leibe würden diese Tiere ihm das Fleisch von den Knochen nagen, wenn er erst zu schwach war, sich ihrer zu erwehren, wenn der Hunger ihm alle Kraft geraubt haben würde. Nach vielen Mühen war es Waldau gelungen, die Ratten sich vom Leibe zu schaffen, wenn auch andere wieder an ihm empor zu springen suchten und wieder zu Boden sielen; unbarmherzig trat er nieder, , was ihm unter die Füße kam, mutig den brennen den Schmerz verbeißend, den ihm die zahlreichen Wunden verursachten. Ein günstiger Umstand war es noch gewesen, daß die Tiere in ihrer Hast und Gier vorhin, als er noch in dem betäubenden Schlafe gelegen, einander selbst nicht zulasten wollten, son dern sich unter einander befehdet hatten, sonst würde wohl sein Körper noch viel .übler zugerichtet wor den sein. Waldau überlegte, wie er am ehesten seinem Leben ein Ende mache» konnte. Wie würde er es als eine Wohlthat betrachten, wenn ihm jetzt jemand eine geladene Pistole in die Hand drücken würde, keinen Augenblick des Zauderns würde es für ihn geben, mit einem Seufzer würde er der schönen Gotteswelt, dem Leben Valet sagen und mit einem frommen Wunsche für das fernere Wohlergehen Margheritas seinen Qualen ei» Ende bereiten. Aber auch dies war ihm nicht beschieden, er mußte ausharren. Zuletzt hatte er gar keine Gedanken mehr; hastig schritt er in dem Raume umher; nur um sich die gierigen Tiere vom Leibe zu halten. Da mit einem Male blieb er aufhorchend einen Augenblick stehen, war es ihm doch, als habe er ein fernes dumpfes Geräusch vernommen; er konnte nicht unterscheiden, woher es rühren mochte, ob es Schläge über ihm oder neben ihm, oder menschliche Schritte waren, das Echo war ein unbestimmtes, und doch, je länger und aufmerksamer er daraus achtete, um so bestimm ter wurde es für ihn, daß dieses Geräusch mit jeder Minute näher und näher kam. Es waren menschliche Schritte, dies unterlag bald keinem Zweifel mehr, und nach einer kleine» Weile hörte er ganz deutlich, wie die Hindernisse von der eisernen Thüre entfernt wurden, um den Zugang frei zu bekommen, auch hörte er, wie sein Name ge nannt wurde, und die Stimme, welche ihm nur zu bekannt vorkam, ertönte ihm wie Himmelsmusik. Heftig stieß er gegen die Thür, um den Nahenden ein Lebenszeichen von sich zu geben und sie zu grö ßerem Eifer anzuspornen, denn infolge des Stille stehens während der wenigen Augenblicke waren auch schon seine Peiniger wieder an ihm empor geklettert