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- Crimmitschau, 15. Okt. Die hiesigen Krankenkassen haben auf die Veröffentlichung des ärztlichen Bezirksvereins Zwickau-Glauchau dahin" geantwortet, daß sie erst nach mannigfacher erfolg loser Verhandlung zur Heranziehung von vier neuen Aerzten, denen jährlich 10 000 M. Einkommen von den Krankenkaffen gesichert wird, verschritten seien. Bisher erhielten die Crimmitschauer Aerzte pro Jahr und Kopf 1 M. 25 Pf. gewährt. Die Aerzte verlangen aber 2 M. — 60 Aufschlag, während die Kaffen 1 M. 50 Pf, bewilligen wollten; ein Anerbieten, das die Aerzte ausschlugen. — Oel Snitz i. E., 17. Okt. Die Weihe des hiesigen neuen Rathauses fand am 15. d. M. in feierlicher Weise statt. — Neu zu besetzen ist am 1. Jan. 1896 eine ständige Lehrersielle an der Bürgerschule zuEiben - st o ck. Der Anfangsgehali berrägt einschließlich Woh nungsgeldentschädigung 1200 M. und steigt bei zu friedenstellender Dienstführung durch Zulagen von 150 M. zunächst alle drei Jahre bis 1950 M., so dann nach vier Jahren bis 2100 M. und hierauf alle fünf Jahre bis zum Höchstbetrage von 2400 Mark. Anderwärts verbrachte ständige Dienstzeit kann bei der Anstellung in Anrechnung gebracht werden. Bewerber wollen Gesuche mit Zeugnissen bis spätestens zum 30. Olt. an den Rat der Stadt Eibenstock einreichen. — Herold, 15. Okt. Aus Ehrenfriedersdorf wird von einem netten Pärchen folgendes geschrieben: Kürzlich logierte sich in einem hiesigen Restaurant ein junges Pärchen ein, um daselbst einige Zeit in Saus und Braus zu leben. Die Sache kam jedoch dem Wirt verdächtig vor und er drang auf die Be zahlung der Zeche, welche ihm auch versprochen wurde, „zuvor müsse jedoch erst noch etwas versorgt werden". Die Besorgung geschah und wer nicht wiederkam, waren die Logisgäste. Der Wirt ver ständigte sofort die Polizei und zum großen Glück konnte das saubere Paar noch im „Waldschlößchen" verhaftet werden. Nachträglich entpuppte sich aus dem Pärchen ein dortiger Schuhmacher nebst seiner „Erwählten". — Grumbach, 15. Okt. Eine äußerst gute Mästung hat Herr Gutsbesitzer Herm. Strobel, hier, mit einem Schweine erzielt, indem dasselbe innerhalb eines Jahres das unsehnliche Gewicht von 6 Zent nern (gleich 30 Steinen) erreichte. Das Schwein hat eine ganz respektable Länge. — Das Gasglühlichi wird billiger! Aus einer Bekanntmachung der Verwaltung der Gas- und Wasserwerke in Freiberg geht hervor, daß das Gasglühlicht, das sich in den letzten Jahren so groß artig bewährte, und das anfänglich 15 Mark und gar 20 Mark kostete, jetzt mit allem Zubehöre zum Preise von rund 4,25 Mark zu haben ist. Infolge dessen dürfte gewiß mancher Hausbesitzer, der bisher noch bei anderen umständlichen Beleuchtungsarten, als Petroleum rc. beharrte, sich veranlaßt sehen, zur neueren Gasbeleuchtung überzugchen. — Vom Schöffengericht zu Pirna wurde dieser Tage einem Fortbildungsschüler 6 Wochen Gefängnis zudiktiert, weil er seinen Lehrer öffentlich beleidigte. Ein warnendes Beispiel für ähnliche Patrone. Berltn, 16. Okt. Der Fleischergesslle Müller, der Mörder der Juweliersfrau MewerS, ist heute hingerichtet worden. 8 Berlin, 16. Okt. Anzweifelnden Bemer kungen einiger Blätter gegenüber wird bestätigt, daß in der That 1242 Briefe und Akten des früheren Chefredakteurs der „Kreuzztg.", Freiherrn von Ham merstein, vorhanden sind. Dieselben werden in 14 Alliierte. Original-Roman von Gustav Lange. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Waldau fuhr in feiner Erzählung fort: „Dieses Jahr endlich war der Entschluß, nach Italien zu reisen, in mir zur Reife gediehen, und seit einigen Wochen sind wir nun hier in dem Wunderlands. Was ich da gesehen habe, entsprach wohl den Erwartungen, die herrlichen Denkmäler und kunstvollen Bauten können einen Mann vom Fache zur Bewunderung Hinreißen, und unsere deut schen Meister der Bildhauerkunst, die jemals ihre Schritte hierher gelenkt, werden befriedigt von einer solchen Reise in ihre Heimat zurückkehren, aber trotz dem hat meine Begeisterung eine gewisse Abkühlung, die schillernden Farben, in denen Land und Leute in Italien mir geschildert worden sind, haben eine merkliche Verdunkelung erfahren, denn ich bin zu der Ueberzeugung gekommen, daß dabei die Phanta sie sehr zu Hilfe genommen —" „Ei, ei!" lachte bei diesem Ergüsse der Pro fessor laut auf. „Wieder einer von denen zur Er nüchterung gekommen, welche in Italien ein wahres Wunderland erblicken, doch apropos, mein Freund, cs ist mir fast ebenso ergangen, nur mit dem Unter schiede, daß meine Sehnsucht nach Italien nicht in gleichem Maße rege gewesen. Aber wo bleibt das rege Geheimnis, in welches ich eingeweiht werden soll, ich bin wirklich gespannt." „Nun vor allem die Frauen und dje Jungfrauen," fuhr Waldau fort, etwas alteriert durch die Bemer kung seines Freundes und darum bemüht, den auf steigenden Nerger niederzukämpfen, „die ich sah, Mappen aufbewahrt, welche u. a. Aufschriften tra gen: „Privatkorrcspondenzen", „Kartell", „Umsturz", „Kultus", „Bielefelder Wahl", „Kreis-und Provin- zialsynoden", „Tabaksteuer" u. s. f. Es befinden sich darunter die Briefe mehrerer Exzellenzen, her vorragender — namentlich konservativer — Abgeord neter, sowie vieler anderer einflußreicher Persön lichkeiten. 8 Die „B. B.-Ztg." schreibt: „In unserer Zeit hat LaS Wort, daß man an einem Kaiserworte nicht deuteln solle, seine Berechtigung verloren. In der modernen Epoche greift der Landesfürst je nach seiner Energie und seinem Temperament werkthätigcr als früher in die Debatte über die Tagesereignisse ein und naturgemäß bringt die öffentliche Diskussion schon ein Meditieren und „Deuteln" mit sich. Daß die Depesche des Monarchen an den Statthalter der Reichslande zu einer öffentlichen Erörterung einen breiten Boden giebt, liegt auf der Hand. Die Schluß bemerkung der Depesche sordert geradezu zu einer solchen heraus, denn unser Volk kann im Ermannen durchaus nichts gegen die Korrumpierung eines Tei les der Staatsbürger ausrichten, die nicht anders als durch den Umsturz zufrieden gestellt werden zu können glauben, weil dem Volke keine Machtmittel zur Hand sind." 8 In einem „Zum 18. Oktober" überschriebenen Artikel führt das „Militärwochenblatt" aus: Dort also, auf dem Schlachtfelde von Wörth, wird in wenig Tagen die Erzgestalt des Siegers sich frei erheben. Wie so gern sähen wir ihn noch als unsern Kaiser und Kriegsherrn auf Erden wandeln! Doch die Vorsehung hat es anders gefügt, und es bleibt uns nichts übrig, als uns Gottes Willen zu beugen. Wohl aber haben wir die Gewißheit: Kaiser Fried richs Name und Thaten werden in der Geschichte unseres Volkes und der Menschheit hell strahlen, wenn alle, die ihn kannten und liebten, längst Staub und Asche sind. In dieser Gewißheit dürfen wir uns auch der Feier erfreuen, die sich am 18. Okto ber auf den Höhen von Wörth vollziehen wird. Wenn die Hülle des Denkmals gefallen sein wird, dann wird die Erzgestalt des Siegers von Wörth ihren Blick nach dem Wasgenwalds wenden, dorthin, wohin einst der geschlagene Feind seinen Rückzug nahm und wo die neue Reichsgrenze alter deutsches Lmd umfaßt, eben so wie das Eczbild Kaiser Wil helms des Großen auf der Esplanade von Metz auf die Stätten schaut, wo am 18.Mugust 1870 der Kamps vor Gravelott« beim Point du Jour und bei St. Hubert tobte, wo der eiserne Ring um dis fran zösische Rheinarmee und die Festung Metz gelegt wurde, der sich erst öffnete, um die Besiegten der Gefangenschaft zuzuführen. Deutschlands Kaiser, seine Fürsten und Völker haben diese Denkmäler auf- gerichtet und als drittes das der Germania auf dem Niederwald, das auch nach Westen schaut, ein Sym bol deutscher Einigkeit. Die Kaiserbilder in den Reichslanden aber sind noch mehr, sie bedeuten, daß Deutschlands Kaiser, Fürsten und Völker gewillt sind, die alten deutschen, dem Vaterlande so lange ent fremdet gewesenen Gaue, die mit Strömen von Blut zurückerobert sind, festzuhalten für alle Zeiten und gegen alle Gegner, denn wo Deutschlands zwei HelSenkaiser im Denkmal stehen, da kann und darf nur deuscher Boden sein." 8 Erfurt, 16. Okt. Bei dem heute vor dem hiesigen Schwurgericht verhandelten Beleidigungs prozeß des sozialdemokratischen Redakteurs Hülle gegen den ersten Staatsanwalt vom hiesigen Land gericht, Lorenz, wurde der Staatsanwalt der Belei digung schuldig gesprochen und zu 50 Mk. Geldbuße verurteilt und sprach dem Redakteur Hülle die schienen mir nicht wert, daß man io viel Aufsehens von ihnen macht, unsere deutschen Frauen können sich getrost mit ihnen messen. Erst als wir bei unseren weiteren Spaziergängen in der Umgebung Roms nach der Ruine des Klosters Sauet Laurentin kamen, fand meine Sehnsucht Befriedigung." „Beim Besuche der alten Klosterruine?" frug der Professor erstaunt, gleichzeitig in ein Helles Lachen ausbrechend. „Ich wüßte durchaus nicht, daß unS da ein Weib zu Gesicht gekommen wäre, müßten Sie gerade die alte haibverrückte Bettlerin meinen, die dort Jahr aus Jahr ein sitzt und in ihrer unver schämten Art alle Fremden um ein Almosen «»spricht und einen heillosen Spektakel verursacht, wenn man ihr keine Beachtung schenkt. Mir erscheint die Er zählung immer rätselhafter, und ich empfinde bereits einen geheimen Schauer bei dem Gedanken an die Dinge, welche da noch ans Tageslicht kommen werden." Waldau ließ sich durch die Unterbrechung seines älteren Freundes, dessen Worte eines leichten Spottes nicht entbehrten, durchaus nicht stören, sondern begann weiter zu erzählen: „Ja, aber in meinem Bestreben, alles gründlich in Augenschein zu nehmen und einige Mühen und Be schwerden hierbei nicht beachtend, durchstöberte ich die alte Ruine bis in die äußersten Winkel, und da an einem lauschigen, von wildem Ephru umrankten Plätzchen, von wo aus man eine herrliche Aussicht auf die Stadt hat, sah ich sie, die mein ganzes Thun und Denken seit diesem ersten Zusammentreffen in Anspruch nimmt, die ich mit der ganzen Glut eines reinen unverfälschten Herzens liebe und die meine Gefühle in gleicher Weise erwidert, zum ersten Male. Es war eine reine Engelsgestalt, und noch nie hat Publikationsbefugnis zu. Der Gerichtshof hob i« der Urteilsbegründung hervor, daß dem Staatsan walt nicht das Recht zustände, in seinem Plaidoyer den Angeklagten zu beleidigen. Wohin sollte eS führen, wenn der Angeklagte den Angriffen de« Staatsanwalts rechtlos gegenüberstände? 8 Gera, 15. Okt. Der berüchtigte Viehdieb des Oberlandes, der Zimmermann Kraus aus Debschwitz, wurde heute Morgen hier festgenommen. Er war bekanntlich zweimal aus Polizeigewahrsamen ausgebrocheo, sodaß die Bevölkerung anfing, ängstlich zu werden. Gestern abend war er in zwei hiesigen Wirtschaften gewesen, nach seinem Erkennen aber flüchtig geworden. Diese Nacht hatte er im Walde kampiert, und als er in die Stadt kam, konnte er nach heftigem Widerstande dingfest gemacht werden. 8 Bobersberg (Kreis Crossen), 16. Okt. In dem benachbarten Fabrikorte Neubrück verun glückte ein zwanzigjähriger Fabrikarbeiter dadurch, daß er beim Emölen zweier in einander greifender Kammräder von dem einen Rad erfaßt und durch einen kaum mehr als handbreiten Raum zwischen Wand und Räderwerk gezogen wurde. Als man den Unglücklichen auffand, hingen Kopf und ein Arm mit dem Rumpfe nur noch durch einige Fleischfasern zusammen. 8 Karlsruhe, 16. Okt. In dem Orte Weisweil erschlug ein junger Knecht ein 16jähriges Mädchen, welches seine Liebeswerbungen znrückge- wiesen hatte, auf dem Felde mit einer Hacke. Die Leiche warf er in den Rhein und sprang dann selbst in die Fluten. Er wurde von herbeieilenden Ar beitern gerettet, doch gelang es ihm zum zweiten Male, sich von ihnen loszureißen und in den Rhein zu springen. Er wurde aber auch diesmal wieder lebend ans Ufer gezogen. ** Belgien. Die belgische Staatsbahnver waltung hat sich beeilt, mit den Opfern des furcht baren Eis-nbahnunfalles bei Mousty behufs Entschä digung i? Unterhandlungen einzutreten und Ver gleiche abzuschließen. Abgesehen von den 20 Toten, deren Angehörige zu entschädigen sind, sind 94 Opfer vorhanden, die fast sämtlich Schadenersatz fordern. Die schon bewilligten Entschädigungen erreichen eine Million Franks. Bemerkenswert ist, daß man in Mousty 80 Hüte und 60 Regenschirme, vollständig verdorben, aber nur drei Geldtaschen aufzelesen hat, während die meisten Opfer ihre Geldtaschen verloren zu haben erklären. ** Brüssel, 16. Okt. Weiteren Berichten vom Congo zufolge wird die Zahl der Negerrebellen auf 1000 geschätzt; diese veranstalteten eine förm liche Jagd auf die belgischen Offiziere Peltzer, Shaw, Bolen, Lassaux, Cassart. Dis drei Ersteren wurden zu Tode gemartert. Haupimann Peltzer ist furcht bar verstümmelt aufgefunden worden; Leutnant Cassart verbarg sich, schwer verwundet, drei Tage ohne Nah rung im Dickicht, Lassaux ist gleichfalls schwer ver wundet. Die Berichte lauten sehr ernst, da der Abfall der übrigen Congosolbaten befürchtet wird. ** London, 15. Okt. Nach einer Drahtmel- dung aus Shangai gaben die 70 deutsche» Offiziere, die der Vizeköuig von Nanking als Instrukteure der chinesischen Truppen engagiert hatte, ihre Entlassung, weil der Vizekönig kontraktbrüchig geworden. ** London, 15. Okt. Hiesige Blätter mel den den Selbstmord eines angeblich deutschen Ge nerals, dessen Name als Ferb. Miers angegeben wird. Der General soll, nachdem er 6000 Pfund bei einer Bankgesellschaft verloren hatte, in bitterstem Elend gelebt haben. ** London, 16. Okt. Nach einer Meldung der „Daily NewS" aus Konstantinopel habe am 10. mir aus einem Weiberantlitz ein solcher Himmel ent gegengestrahlt und so deutlich die Seele aus den Augen gesprochen, nie die Unschuld und Geistesgröße zugleich mir ähnlich entgegengeleuchtet. Dieser Ge danke hielt mich für einige Zeit umfangen, und in stille Anschauung versunken beobachtete ich sie eine Weile; denn mit Zeichnen eifrig beschäftigt, hatte sie mein Kommen überhört. Als sie mich endlich gewahrte, fuhr sie erschreckt zusammen. Was nun folgte, brauche ich wohl nicht erst zu Mildern. Wir haben uns seither öfters getroffen, darum auch die Ausgänge, welche ich so oft allein unternahm. Ja der alten Raine, an der Stelle, wo wir unS zuerst getroffen und der Keim der Liebe sich in unsere Herzen gesenkt, dort haben wir Pläne für die Zukunft geschmiedet und unter den heiligsten Schwüren uns gegenseitig Treue versichert." „Alle Wetter, das heißt aber ein Geheimnis ge wahrt, und wenn mir auch manches so rätselhaft in den letzten Wochen erschienen, auf diesen Gedanken wäre ich nie und nimmer gekommen," entgegnete der Professor. „Ich würde es auch noch nicht über mich ge wonnen haben, das von mir so sorgsam gehütete Ge heimnis preis zu geben," sagte Waldau mit dumpfer Stimme. „Aber seit diesem Abend ist ein heimliches Grauen über mich gekommen, welches ich fast mit einer Todesahnung vergleichen möchte, und vor seinem Ende soll ein guter Christ sein Haus bestellen: er soll alle Pflichten gegen Freund und Feind in Ord nung bringen, und nun bleibt mir daher noch übrig, die Vorgänge des heutigen Abends zu erzählen. (Fortsetzung folgt.)