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eine unentgeltliche Stellenvermittelung inS Leben ge rufen würde, welche die patriotisch gesinnten Herren Prinzipale bei einer event. Vakanz für würdige Be werber dieser Art in Anspruch nähmen? Vielleicht könnte der Jnvalidendank die Sache in die Hand nehmen." Das ist in der That ein Gedanke, der vom patriotischen Standpunkt aus die wärmste Un terstützung verdient. — Leipzig, 26. Juli. Heute vor 25 Jahren, am 26. Juli 1870, verließen der Divisionsstab, der Stab der 4. Jnfanteriebrigade, sowie das 8. mobile Infanterieregiment Nr. 107 mit dem Generalmajor und Divisionskommandeur v. Nehrhost an der Spitze die Stadt Leipzig. Schon beim Aufbruch des ersten Bataillons, früh 6 Uhr, das sich an der Gvethestraße gestellt hatte, wogten gewaltige Menschenmassen da selbst und wurden die Soldaten mit Abschiedsgaben überschüttet. Dasselbe wiederholte sich beim Ab marsche des zweiten Bataillons, das an derMücher- stratze um 8 Uhr Aufstellung genommen hatte. Von jetzt an folgten sich dis Effenbahnzüge, welche die Truppen gen Frankreich beförderten, ohne Unterlaß. — Das dritte Bataillon des Regiments 107 garni- sonierte damals in Wurzen. — Glauchau, 24. Juli. Herr Schuldirektor km. Christ. Friedr. Aug. Kittel ist gestern früh nach kurzem, schweren Krankenlager entschlafen. Zs ist dem wackeren 73jährigen Manne nicht vergönnt ge wesen, sich noch viele Jahre lang »er Ruhe eines schönen, milden Lebensabends zu erfreuen. — Frankenberg. 24. Juli. Am gestrigen Nachmittag in der vierten Stunde ging ein überaus heftiges Gewitter mit wolkenbriichartigen Regengüssen und begleitet von starken elektrischen Entladungen über unsere Gegend nieder. Auf dem hiesigen Bahn hofe wurde ein der Firma C. Bunge's Erben in Gunnersdorf gehöriges Pferd vom Blitz erschlagen, während in der sogenannten Rotfarbe eine Pappel vom Blitz zerschmettert und in einem Raume der Kattundruckerei von Uhlemann u. Lantzsch, in welchem sich zur Zeit zufällig Niemand befand, an der Zim merdecke durch einen Blitzstrahl der Putz losgeschlagen worden «st. In dec hiesigen Neumühls wurde durch den Einfluß eines Blitzstrahles die Kraftwirkung der elektrischen Leitung aufgehoben, wie denn auch an den Telephonapparaten verschiedentlich Beschädigun gen entstanden. — Schneeberg. Wie alljährlich am Marie»- Magbaleneniage fand am Montag, 22. Juli, der Zug der Bergleute des Bezirks in ihrer Paradeuni form nach der St. WolfgangSkirche zum Gottes dienste statt. Uralt ist diese Feier uns uralt der Bergmannsmarsch, unter dessen Klängen sich der ma lerische Zug im langsamsten Tempo durch die mit Zuschauern dichtüesetzten Straßen bewegte. Das bergmännisch kostümierte Stadtmusikkorps scheidet den Aufzug in zwei Teile. Vor ihm her marschieren die Handwerker oer Gruben, und zwar eröffnen die weiß gekleideten Schmiede, geführt von ihrem Obersteiger, den Zug, dann folgen die Zimmerleute uud Maurer. Hinter der Musik schreiten in einzelnen Abteilungen, geleitet von ihren Steigern, die eigentlichen Bergleute; höhere Beamte und Obersteiger umgeben die ehr würdige, fchwarz-goldne Fahne, die non einem Steiger getragen wird. — Die kleidsame Tracht der Berg leute besteht aus einer AttBlouse, dem Bergmanns- kittel, aus schwarzer Leinwand oder aus Tuch Mit mehreren Reihen blanker Knüpft, dem Fahr-Leder, Weißen Lederbeinkleidern, langen weißen Strümpfen mit KmAeder uud Schuhen. Als Kopfbedeckung tragen alle einen Hut ohne Krempe (Schachthut), je nach ihrer Beschäftigungsart aus schwarzem oder grünem Tuch oder Felbel, mit silbernen Schlägel und Eisen (bei den Beamten ist er mit Federbüschen ge° Liebe und Lebert. Roman von H. v. Ziegler. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Und dann zum Trollhätta! Von feinen schäu menden Wogen galt es gleichfalls Abschied zu nehmen; wie jeder Schwede liebte er dieselben leidenschaftlich und war stolz auf sie. Lange kniete er in dem stillen Gotteshause, in dem ernsten Manne hätte wohl Niemand den ehe maligen finsteren rauhen Schmuggler erkannt; als er sich erhob flüsterte er tief bewegt: „Lebe wohl, mein liebes, herrliches Heimatland, mein stolzes Schweden! Lebe wohl, auf Wiedersehen!" Hochauf sprühte der weiße Gischt, daß die Wasserpcrlen Klaus' Antlitz benetzten, ihm schien es, als hätten die tosenden Wogen auch ihm ein Wort zugerufen: „Auf Wiedersehen!" Erst nach geraumer Zeit vermochte er sich von dem großartigen Anblick loszureißen, er wandte tief aufseufzend demselben den Rücken, um sich noch heute zur Abreise zu rüsten. Doch noch eine Pflicht der Dankbarkeit blieb ihm übrig, er mußte von Mietje Gransen Abschied nehmen, sie, die ihn so treu gepflegt, hatte ein Recht, dies zu verlangen. So schritt er nach dem Wirts hause; doch ehe er es betrat, stand er still, um Atem zu schöpfen, drinnen ertönte Mietje's Stimme: „Nicht doch, Großmutter, Ihr irrt Euch, Lena war so ernst, wie jede andere Witwe." „Mag sein, aber ich meine, sie wird bald einen neuen Gatten wählen; sie ist jung, hübsch, reich und ziert). Auf der Schulter ruht die oft kunstvoll ver zierte Barde (Axt). Die Bergbeamten tragen eine Puffjacke und einen breiten mit Goldspttze besetzten Spitzenkragen, der bei den Obersteigern reich gefäl telt ist, bei den Steigern aber glatt anliegt. Wesent- lich verschieden davon ist die Kleidung der Berg- Handwerker. Hohe Stiefel, große Schurzfelle und rote Aufschläge an den schwarzen oder weißen Kit teln geben ein lebhaft buntes Bild. Zu bedauern ist, daß die Berg- und Hunte-Jungen sich nicht mehr an dem Aufzuge beteiligen, immerhin belief sich die Zahl der Teilnehmer auf 2- bis 300. Nach dem Gottes dienste wurde die Fahne wiederum mit Musik nach dem Bergmagazin zurückgebracht, und nachmittags fand ein Concert statt, bei dem manches alte Berg mannslied erklang! Ein Ball beschließt regelmäßig am Abend das Fest. — Neustädtel. Am Mittwoch abend gegen 10 Uhr entstand in der Schankwirtschaft von Gott lieb Lasch in Niederschlema auf unermittelte Weise Feuer, durch welches das Wohnhaus nebst Neben- I gebäude, die beide von ganz hölzerner Bauart waren, I dis auf den Grund eingeäschsrt wurden. Glücklicher weise konnten die benachbarten Häuser gerettet werden. — Borna, 24 Juli. Bei Bohrversuchen nach Braunkohle, welche auf einem Grundstück in Reichers- dorfer Flur vorgenommen wurden, soll man auf eine 8 Meter hohe Schicht der wertvollen Porzellanerde gestoßen sein. — „Das hat man für seinen guten Willen!" äußerte ein Beflissener der ehrsamen Schneiderkunst in Großen Harn, dem eins gute That recht schlech ten Lohn gebracht hatte. Und das kam so. Um einen Kunden, der einen nagelneuen Anzug für eine heute anzutretende Reife bestellt hatte, nicht sitzen zu lassen, war der Gehilfe genötigt, den erst spät fertig gewor denen Anzug selbst abzuliefsrn, da der Lehrling bereits ausgekrsiffen war. Der Held der Nadel fand sich denn auch mit Mühe die finstere Treppe hinauf bis zur Korridorthüre des Bestellers und nicht daran denkend, daß ein Druck auf die elektrische Klingel ihm Einlaß verschaffen könnte, klopft unser Schneiderlein wiederholt an die Glasthüre. Das Dienstmädchen, durch das außergewöhnliche Klopfen erregt, eilte herbei und sah zu seinem Schrecken einen Mann mit einem Paket, den es in feiner Angst für einen Kleiderdieb hielt. Sie frag den Draußensteheu- den nach seinem Begehr, verstand den Mann nicht genau und zurück ans Fenster springen und gräßlich um Hilfe schreien war das Werk eines Augenblicks. Alsbald eilten einige Beherzte die Treppe hinauf und dem vermeintlichen Dieb nach, denn unser Nadslheld wür über die heranstürmenden Männer so erschrocken, daß er in langen Sätzen die Bodentreppe hinaufeilte und! sich auf dem Oberboden hinter dem Schornstein versteckte. Selbstverständlich erhöhte sich hierdurch der Verdacht gegen ihn, man zog den Armen hinter dem Schornstein hervor, nahm ibn den Anzug ab und — o bitteres Geschick — bearbeitete trotz alles Protestierens des tapferen Schneiderleins uner bittlich seine Kehrseite. Erst der glücklicherweise hin zukommend« Besteller des Anzugs erlöste den Schneider aus den ihn so ergiebig bearbeitenden Fäusten und nun klärte sich die ganze Sache auf. Der Geselle lobte ernstlich, nie wieder in später Abendstunde einen Anzug fortzuschaffen; die Tracht Prügel aber ließ er nicht auf sich sitzen, sondern übertrug sie heut« i Morgen in verbesserter Auflage auf den Rücken des I ausgekniffenen Lehrlings! — Meißen. Der Elbstrom geht jetzt mit j jedem Tage zurück. Am Mittwoch mittag betrug j der Stank ber eits 110 em unter Null. Für die Schiff- ! führt ist dies von großer Störung, da nur die Hälfte i Ler Ladung genommen werden kann, dann aber die hat mit dem Christian sehr unglücklich gelebt. Nun, man weiß wohl auch schon ungefähr, wen sie einmal wählen wird —" „Ihr meint —" „Natürlich den Harms. Er hat schon mit Christian zusammen um des Stoosen Tochter gefreit und ist erst zurückgetreten, als sie ersteren erwähnte." „Woher wolltJhr dies alles wissen, Großmutter?" „Na, ich sage nur, was mau sich in allen Spinn stuben erzählt." „O, es ist auch natürlich, wenn sich der Harms in ein warmes Nest setzt." Mietje's Lachen, welches diese Worte begleitete, klang höhnisch und der unfreiwillige Lauscher öffnete jetzt ziemlich ungestüm die Thür. Mehr wollte er nicht hören, er sah von neuem ein, daß es gut war, wenn er ging. „Guten Tag," grüßte er freundlich die Frauen, „wie geht es bei Euch? Jungfer Mietje, Ihr seid bleich —" „O, daß ich nicht wüßte," gab sie kalt zurück, „der Tag war heiß, dazu das Begräbnis —" „Und Ihr, Mutter Greta, legt noch immer Karten?" „O, gewiß," höhnte die Angeredete, „soll ich sie Euch etwa auch schlagen?" „Ich danke. Ihr würdet mir wenig Neues Mit teilen könne», höchstens daß ich in die Fremde gehe." „Ihr — Ihr geht fort?" riefen wie aus einem Munde beide Frauen. „Gewiß und ich komme, Euch Lebewohl zu sagen." „Nein, diese Ueberraschung," zeterte Greta, die knöchernen Arme in die Hüften stemmend, „wir haben Fahrten nicht mehr rentieren. Ein Umstand, der- bei den ohnehin gedrückten Frachten sehr unange nehm berührt. — Cölln bei Meißen, 24. Juli. Eine jugend liche Brandstifterin wurde heute früh verhaftet. Die selbe ist hier bedienstet gewesen und lebte mit einem in selbem Hause in Stellung befindlichen Hausmäd chen auf bösem Fuße. Um das Mädchen, welches sich zur Zeit während der Abwesenheit ihrer Herr schaft in Meißen aufhält und nur des Tages über einige Stunden in der Wohnung zu thun hat, in Verlegenheit zu bringen, goß sie Benzin vor die Stubenthüre der genannten Herrschaft und zündete es an. Zum Glück hatte das Feuer keinen Nähr stoff, sodaß nur die Dielen verkohlten und man auch noch rechtzeitig durch den Geruch aufmerksam gemacht wurde. — Gefell. Am Dienstag früh gegen 6 Uhr hat ein Fremder hier eine Kuh zum Kauf angeboten und dieselbe auch an einen Schmiedemeister gegen bar verkauft. Sodann hat sich der Fremde in einem Geschäfte einen neuen Anzug gekauft, denselben auch gleich angezogen und den alten eivgepackt in ein Bündel. Er hat dabei angegeben, daß er bei einem hiesigen Getreidegffchäfte eine Haferlieferung abbe- stellsn muffe und dann noch Gera ins Gericht wolle. Später wurde der hiesige Königl. Gendarm tele graphisch davon in Kenntnis gesetzt, daß die Kuh gestohlen sei. Im Laufe des Tages hat man dann erfahren, daß tn Ruppertsdors, hinter Lobenstein, zwei Kühe gestohlen seien. Trotz der energischen Be mühungen der Gendarmerie ist die Ergreifung des Spitzbuben noch nicht gelungen, hoffentlich gelingt sie bald, auch dürfte bald ermittelt fein, wo die zweite Kuh geblieben und wer Helfershelfer gewesen. — Leisnig, 25. Juli. Bei dem gestern nach mittag über unserer Gegend niedergegangenen schweren Gewitter schlug der Blitz in die auf Böhlener Flur, dicht bei Marschwitz gelegene, der Rittergutsherr schaft zu Polditz gehörige Teichmühle und zündete. Fast in einem Augenblick stavd alles in Flam men, so daß es nur gelang, «in Schwein denselben zu entreißen, während alles sonstige Hub und Gut völlig vernichtet wurde. Glücklicherweise war alles, mit Ausnahme des Jahaltes der Scheune, versichert. — Furth , 25. Juli. Ein schrecklicher UnglüLs- fall ereignete sich heute morgen in der hiesigen Spin nerei und Warperei. Der Schleifer Nestler wollte eilten Riemen auflegen, wurde dabei aber von dem selben erfaßt und viele Mole um die Welle geschleu dert. Der Unglückliche, dem sämtliche Kleider vom Leibe gerissen worden waren, hatte solche schreckliche Verletzungen erlitten, daß der Tod auf der Stelle eintrat. Er war verheiratet und Vater zweier Kinder. 8 Zur Hebung desHandwerks ver- LsfmtUcht die „Köln. Zig. einige recht beachtenswerte Auslassungen, denen wir folgendes entnehmen: Seit Jahren steht die Hebung des Handwerks auf der Tagesordnung der öffentlichen Erörterung und wird auch sobald nicht von derselben verschwinden. Es ist klar, daß in unserer Zeit mit ihrem gesteigerten Wettbewerb nur der Handwerker konkurrenzfähig sein kann, der neben einer elementaren allgemeinen Bil dung über eine gediegene Fachbildung verfügt. Der Handwerker muß nicht allein im Staude fein, die Korrespondenzen, wie sie auch das kleinste Geschäft mit sich bringt, zu erledigen, er muß vor allen Dingen auch die Kunst des Rechnens und die Ele mente der Buchführung erlernt haben oder erlernen. Nun ist es leider Thatsache, daß sich Leute mit höherer Schulbildung fast nie dem Handwerker zuwenden. Die Lehrlinge rekrutieren sich fast durchweg aus der Volksschule — häufig haben sie mit 14 Jahren nicht doch alle gedacht, Ihr würdet nun hier bleiben, viel leicht auch einen Hausstt ^d gründen, ja, man hatte Euch schon eine Frau ausgesucht." „Böse Klatschzungen findet man überall," brach er kalt ab und wandte sich dann mit besonderer Herz lichkeit zu Mietje: „Laßt mich Euch Lebewohl sagen; Ihr habt mich zu Eurem Schuldner gemacht für's ganze Leben!" Sie sah ihn eine Weile starr an, während alles Blut aus ihrem Antlitz wich, dann winkte sie ihm mit der Hand und schritt hinaus in den Garte». Als sie nun da draußen in der Abenddämmerung vor ihm stand, faßte er bewegt ihre Hand. „O Mietje, Mietje, wie soll ich Euch jemals danke»! Ihr habt mich gepflegt wie eine Schwester." Er wollte sich vorbeugen, um ihre Stirn zu küssen, doch sie trat zurück und sagte rauh: „Nicht so, Klaus, Ihr seid mein Bruder nicht und ich werde Euch nie als solchen betrachten." Forschend schaute er in ihr schönes Antlitz, wel ches schmerzvoll zuckte, dann ließ er ihre Hand fallen. „Armes Mädchen, ich weiß, was in Euch kämpft!" „Wie könnt Ihr es wissen?" fragte sie herbe, „ich trage mein Herz nicht auf der Zunge." „Nein, Mietje, und dennoch weiß ich, wem es angehört; ich weiß eS seit jener Stunde, da Ihr in meine Hand die Feilen gelegt, welche mich aus dem Gefängnis befreien sollten. Ja, Ihr habt ein treues Herz und dennoch kann ich nicht sagen: Gieb es mir und nimm dafür das meine. Mietje, so unwandel bar und innig wie Ihr mich, liebe ich — eine andere, seit Jahren schon und werde sie lieben bis zu meiner Todesstunde!"