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früher Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich BesGlls-APejger für Hihüdskf, WM, Amsdorf, Wsdorf, A. Ezidiku, Hmriihsirt, Muricnau u. Mülscs Amtsblatt für den Stadtrat z« Lichtenstein. M. 106. Fernsprechstelle Nr. 7. MittWvch, hey 8. MM Fernsprechstelle Nr. 7. 1895. Mes er Blatt erscheint täglich (außer Sonn« Wb Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 18 Pfennige. -- Bestellungen nehmen anher der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalteu, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltkW Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennige« berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. BelMNÜMchMg. Die über den Stellmacher Friedrich Robert Schimpfer mann aus Mülsen St. Micheln eingeleitete Abwesenheitsvormundschaft ist nach Ermittelung seines gegenwärtigen Aufenthaltsorts wieder aufgehoben worden. Königliches Amtsgericht Lichtenstein, den 3. Mai 1895. Geyler. Volksbibliothek Mittwoch und Sonnabend von ^12 bis Uhr. Geschäftslage der Sparkasse zu Callnberg: Montag, Donnerstag u. Sonnabend. Einlagen werden mit 3Us°/o verzinst. Ausleihungen an hiesige Bewohner zu °/o Zinsen gewährt. Tagesgeschichte. *— Lichtenstein. Am Montag beendete Herr Orgelbaumeister Kreutzbach seine anfangs voriger Woche begonnene Arbeit an unserem alten Orgel werke*), bestehend in Reparaturen kleineren Stils, im Egalisieren der Intonation und in einer gründlichen, mehrmaligen Stimmung. Damit ist an der Orgel auf Grund eines dankenswerten Beschlusses des hiesigen Kirchenvorstandes das unumgänglich nötigste durch kundige und fleißige Hand geschehen, dessen sie bedurfte, um auch in ihrem Alter noch die Gemeinde zu erbauen und ihre Stimmen zu Gottes Ehre er klingen zu lassen. Man kann getrost behaupten, daß die Arbeit von dem denkbar besten Erfolge, den Ver hältnissen natürlich angemessen, begleitet gewesen ist. Anforderungen freilich genügt sie deshalb noch nicht, wie sie billig an eine Orgel zu stellen sind und wie sie schon in den Orgeliätzen eines Bach, ganz beson ders in denen neuerer Meister gestellt werden. Solche Anforderungen sind z. B. die vom Hohen Konsisto rium als wünschenswert bezeichnete und in vielen Orten Sachsens eingeführte Normalstimmung, die unbedingt nötige Charakteristik m den Registern, die Ausscheidung und Ergänzung bez. einzelner klingen der Stimmen, ein pneumatisches Regierwerk, eine CreScendovorrichtunq, ein stärkerer Windzufluß zu ganzen Reihen im Pfeifenwerke, eine bessere Anlage des Gebläses. (Dec aufmerksame Zuhörer konnte dies bereits am vergangenen Sonntage im Postludium: „Largo und Allegro a. d. 1. Orgelsonate v. Al. Guilmant" bemerken.) Immerhin wirkt unsere Orgel bei angemessener Registrierung wohlthuend durch die Reinheit ihres Klanges und wird sich dadurch als ein Faktor religiöser Erbauung auch solange noch bethätigen, bis der rege kirchliche Sinn der Bewohner unsrer Stadt Mittel und Wege gefunden haben wird, unser herrliches Gotteshaus mit einem ebenbürdigen Orgelwerke zu schmücken, das in ungeahnter Weise Herz und Gemüt des andächtigen Besuchers erfaßt und erhebt. — Erwähnenswert ist es, daß man sich vor hundert Jahren in Sachen der Orgelbaufrage in ähnlicher Lage befunden hat, wie aus einem Schrei ben der interessanten „Orgelakten der Kirche zu Lichtenstein, ergangen beym Amt Lichtenstein", vom 26. Jan. 1790, zu ersehen ist. Da dies Schriftstück manchem von Interesse sein dürste, folgt es hiermit in seinem Wortlaute: „Der Kirche in Lichtenstein, auf dern Schoen- heit die Einwohner allda, stoltz zu sehn, Ursache haben, fehlt noch einer der vorzüglichsten „das Herz erweckenden" und die Andacht befoerdenden Zierden, neml.: eine mit ihrer Groeße in Ver- haeltniß stehende Orgel. Es waere moeglich, auch diese derselben vollends zuverschaffen, wenn sich gutgesinnte Kirchen- und Gottesdiensts - Freunde entschließen moechten, die betraechtlichen Hülfsmittel, welche dieserhalb bereits gesucht worden, und zu deren Erlangung dermahln die beste Hoffnung vorhanden, durch einen frey- willigen Beytrag gefaellig zu unterstützen. Man bittet hierum, und hoffet, daß insonderheit die guten Lichtensteiner, an welche gegenwaertige Veranlassung gerichtet ist, ihren sonstigen rühmlichen und zum Wohlthun immer geneigt gewesenen Gesinnungen auch bei *) Erbaut 1793 u. 94 von Johann David Schättlich zu Markt Hohenleuben im Rcuß'schcn und am 2. Febr. 1794 cingeweiht. dieser Gelegenheit treu verbleiben und sich um so williger finden lassen werden, da es die letzte Bitte wegen Vollendung des Kirchenbaues ist. — Die gegründete Vorstellung, hierdurch der Befoerderer eines mehr feyerlichen Gottesdiensts zu werden, sollte diese nicht Lohn genug für eine solche Gott gefaelligs Gutthat seyn? Gez. Joh. Georg Thomas Vogel, Nath und Amtm. I'r. U. *— Wie uns mitgeteilt wird, wurden am letzt vergangenen Sonntag vormittag im Restaurant „Zum Schweizerthal" durch einen plötzlichen Windstoß die im Garten daselbst befindlichen hölzernen Kolonnaden umgeworfen und zum Teil zertrümmert. Dem Be sitzer ist dadurch ein beträchtlicher Schaden entstanden. Als besonderer Glücksumstand ist es aber anzuseheu, daß sich zur Zeit des Einsturzes Niemand in den selben befand, denn Unglücksfälle wären dann nicht unmöglich gewesen. *—> Die Heidelbeere steht jetzt in voller und üppiger Blüte und läßt nach ihrem reichen, herr lichen Blütenschmucke eine sehr gute Ernte erwarten. *— Die Petroleumpreise sind ebenso plötzlich wie sie vor einigen Tagen jählings in die Höhe schnellten, wieder gesunken und naive Gemüter könnten daraus den Schluß ziehen, daß die Herren Rothschild und Rockefeller vor dem Sturm der öffent lichen Meinung Angst bekommen und deshalb einen Schritt nach rückwärts gethan hätten. Wer das glaubt, kennt freilich den Stoff nicht, aus dem die Herren von Monopols Gnaden famt und sonders gemacht sind. Für diese Leute giebt es kein mora lisches „Paschol." Sie kennen nur einen Grundsatz, der heißt: „Es lebe der Dollar und wenn die Welt darüber zu Grunde geht." Der wirkliche Grund, warum die Petroleumpreise wieder nachgelassen haben, liegt darin, baß der eine der monopolistischen Wett bewerber seine Zeit noch nicht gekommen glaubte. Es hat sich nämlich als irrtümlich herausgestellt, daß, Wieman zuerst allgemein annahm, eine Verein barung zwischen Rothschild und Rockefeller über die „Verteilung der Welt" getroffen worden sei. Richtig ist nur, daß Herr Rockefeller dem Pariser Rothschild vor einiger Zeit den Vorschlag zu einer solchen Aus einandersetzung gemacht hatte. Rothschild glaubte aber, daß er bei dem von Rockefeller vorgelegten Feldzugsplane nicht seine Rechnung finden würde und winkte deshalb ab. Da verfiel Mr. Rockefeller auf die Idee, seinem großen Kollegen in potroiois das thörichte seiner Handlungsweise auf drastische Weise vor die Augen zu führen und so wurde denn eines schönen Tages die erleuchtungsbedürftige Welt zugleich mit Steigerung der Petroleumprei^e durch die Ankündigung überrascht, daß da« Licht spendende Erdöl nicht mehr genügend fließen wolle. Die miß trauische West glaubte zwar dies Märchen nicht. Sie schnüffelte aus, daß die Standard Oil Companie künstlich die Preise Hochgetrieben hatte, indem sie nicht nur die Vorräte zurückhielt, anstatt die hohen Preise zum Verkaufen zu benutzen, sondern auch bereits ge schlossene europäische Lieferungsverträge mit bedeu tenden Opfern zurückkaufte. Herr Rockefeller ließ sich aber wegen dieser Ungläubigkeit der Konsumen ten keine grauen Haare wachsen. Er hatte sein Fett weg, da er Herr» Rothschild bewiesen hatte, daß der Streit um kleine Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf den Weltteilungsplan ein Streit um des Kaisers Bart sei, insofern schon der eine der beiden Petroleumkönige allein in einem Augenblick die Preise um 75 Prozent erhöhen könne. Wie muß also erst der Petroleums-Zweibund die Welt zwiebeln können ! Diese Wahrheit als verlockendes Zukunftsbild Herrn Rothschild vor die Augen zu führen, war zunächst der einzige Zweck Herrn Rockefellers. Dazu bedurfte es aber nur eines augenblicklichen Ruckes an dem gespannten Seil. Die dauernde Strafferspannung wird erst dann erfolgen, wenn an der einen Seite Herr Rockefeller und an der anderen Herr Roth schild zieht. — Professor Falb hat für den Mai zwei kritische Tage hervorgesucht und auf den 9. und 24. angesetzt. Am 9. mit Vollmond wird ein „Kritischer" erster Ordnung seins Aufwartung machen und am 24. mit Neumond kommt dann einer dritter Ordnung. Hoffentlich kommt der letztere nicht einen Tag zu früh, denn es wäre doch traurig, wenn er uns am Himmelfahrtstage (23.) schlechtes Wetter bringen würde! Dazu kommt noch die alte Wetter regel: „Wie das Wetter am Himmelfahrtstag, so auch der ganze Herbst sein mag!" — Mit dem Schluß der ersten Juli-Woche des laufenden Jahres wird, abgesehen von demJnsleben- treten der Bestimmungen über dis Rückzahlung der geleisteten Beiträge an weibliche Versicherte, welche eine Ehe eingehen, und an die Hinterbliebenen von verstorbenen Versicherten, auch insofern auf dem Ge biete der Jnvaliditäts- und Altersversicherung eine Aenderung eintreten, als die Wartezeit für die In validenrente ein Ende nehmen wird. Diese Wartezeit ist nach Z 16 des Jnvaliditäts- und Altersversiche- rungsgssetzss auf 5 Beitragsjahre bei der Invaliden rente festgesetzt, während sie für die Altersrente 39 Beitragsjahre beträgt. *— Callnberg, 7. Mai. Am Sonntag Jubilate fand hier Kirchenvisitation durch den EphoruL Herrn Superintendent Weidauer-Glauchau statt. Herr Pastor Neumann predigte im Hauptgottesdienste über Ev. Joh. 21, 18—23: „Folge du mir nach! Die Inschrift auf dem Wegweiser zu dem Jubilate einer stillzufriedenen Seele hier und der seligen Vollendung droben. — 1. Folge mir nach: Schaue auf das Vorbild, dem du nachfolgen sollst! 2. Folge du mir nach; Was gehet es dich an, wie der Herr dich und die Andern führt?" — Der Predigt folgte eine Aufführung des Kirchenchores: „Groß ist, o Herr, die Huld, die du an uns bewiesen". Motette v. W. Tschirch. Der Herr Visitator ging in seiner Ansprache von dem Wachsen in der Natur aus, betonte, daß der Christ im lebendigen Glauben wachsen solle und wünschte, daß auch die Gemeinde Callnberg in diesem geistlichen Sinne zunehmen möge. Am Nachmittag fand Katechismusunterredung mit der erwachsenen Jugend statt, in der die Auferstehung des Fleisches behandelt wurde. Die von 3 Uhr ab im VI. Zimmer der Stadtschule abgehaltene Besprechung mit den Hausvätern war sehr zahlreich besucht. Unter andern wurde der Gemeinde nahe gelegt, die Kirche im In nern erneuern zu lassen, — darauf hinzuwirken, daß die Gräber des hiesigen Friedhofes nur würdigen Schmuck erhalten und immer wohlgepflegt werden, — jeder an seinem Teile dazu beitragen möchte, daß das kirchliche Leben in unserer Gemeinde in Eintracht immer schöner sich entwickeln möchte. Dieser allge meinen Versammlung folgte eine Besprechung mit dem Kirchenvorstande unter Hinzuziehung des Herrn Bürgermeisters Prahtel, sowie eine desgleichen mit dem Lehrerkollegium. — Der Ehrenbürgerbrief der 72 sächsischen Städte revidierter Städteordnung des Königreiches Sachse«