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WMWckvWM W ! früher Wochen- md NachnchMlaii Zugleich NtMis-AuMtl für HshÄsrf, WRitz, Kemttrf, Msimf, ÄSzi-ici, Hrinrilhsart, Muie»»«. MW«. Amtsblatt für den ^ tadtrat M Lichtenstein. M. 61. Mittwoch, de« 13. März 1895. MestS Blatt erscheint täglich taußer Soria- «Ä> Festtags) abends für den folgenden Lag. BierteljLhrlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzetae Nummer 1k Pfennige. — ^Wellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 178, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie sie Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltkW KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme Ler Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Zum Bußtage, In die von Rechtswegen stille und ernste Pas- sionszeit fällt der erste sächsische Landes - Bußtag. Diese,' Tag soll unserem Volke wie dem Einzelnen in besonderer Weise ein Tag innerer Einkehr und Sammlung sein. Und wer sähe nicht ein, daß unsere so nervös aufgeregte, unruhig haftende Zeit derartige Tage besonders nötig hat; Tage, au denen man in ruhiger Besinnung sich wieder einmal klar wird, wofür man eigentlich lebt und strebt, um was man ringt und kämpft, wohin man zielt und geht. Ja, wenn der Bußtag weiter nichts wäre, als ein Tag gesetzlich geordneter äußerer Ruhe und Stille, an welchem das maßlose Treiben und Lärmen der Welt um uns her einmal inne hält, er wäre schon um deswillen mit Freuden zu begrüßen, weil er wie von selbst aus dec Aeußerlichkeir in die In nerlichkeit, aus der Zerstreuung in die Sammlung führt. Aber der Bußtag, wie ihn die Kirche feiert, kann und will uns noch mehr sein. Er stellt unser gesamtes häulicheS und öffentliches Leben in das Licht der ewigen göttlichen Wahrheit; er zeigt die falschen Wege, auf die wir uns verirrt, aber auch den rechten Weg. den wir zu gehen haben. Er fordert auf zur Einkehr, aber auch zur Umkehr, und wiederum zeigt er nicht nur, daß wir umkehren sollen, sondern auch, wie wir umkehren können. Daß doch seine mahnende und warnende Stimme gerade in dieser unserer Zeit nicht ungehört verhallte! Unsere Zeit rühmt sich, ge wiß nicht ohne Recht, bedeutender Fortschritte auf den verschiedensten Gebieten des staatlichen und kirchlichen, des wissenschaftlichen, des gewerblichen, des künst lerischen, des politischen Lebens. Aber stehen nicht dengroßenErrnngenschaftenunsererTageebenso große, ja noch größere Schaben und Notstände gegenüber? Wie kommt es — so muß man billig fragen — daß unser sonst so vorgeschrittenes Geschlecht Loch nicht zufriedener, glücklicher geworden, ja, daß es vom Wahren, inneren Frieden und äußerer Wohlfahrt eher noch weiter als vordem abgekommen ist? Und woher sollten wir die Hoffnung nehmen, daß bei noch mäch tigeren und glänzenderen sonstigen Fortschritten unser Volk jemals diesem ersehnten Ziele näher käme, nachdem gerade diese letztvergangenen 25 Jahre das Gegenteil bewiesen haben? Oder ist nicht unser äu ßerlich geeintes Volk von innerem Hader und Par teiungen zerrissener denn je! Und ob es gleich nach den letzten Siegen groß, reich und mächtig dasteht unter den Völkern, ist es nicht durchtobt von einem Kampf ums Dasein, in welchem alltäglich unzählige Existenzen zu Grunde gehen? Ja, ist nicht dem ge waltigen politischen Aufschwung der 70er Jahre nur zu bald ein desto beklagenswerterer wirtschaftlicher und sittlicher Niedergang gefolgt? Woher kommt das? Fragen wir das Wort Gottes, es wird uns die Ant wort nicht schuldig bleiben. Es klingt heute in un sern Ohren wie eine Prophetenstimme das Wort eines namhaften Predigers, der im Frühjahr des stürmisch bewegten Jahres 1848 von einer Kanzel Leipzigs in einer Bußtagspredigt, darin er von der echten Volkserhebung handelte, ausrief: „So gut es ist, wenn türftig ganz Deutschland die Not eines Teils beraten und versorgen wird, so wird die Freiheit der Schrift und Rede und die Einheit der Stämme doch nichts helfen, wenn nicht unser Vo.k durch und durch wiedergeboren wird aus dem Geist christlicher Selbst verleugnung und Opferfreudigksit. Denn da fehlte es bisher; das ist die Hauptsünde oder besser die Haupt folge der Abkehr unseres Volkes vom Gotte der Vä ter. Es herrschte der Geist der Selbstsucht, bei wel chem man Wohl und Wehe des Vaterlandes wie ein Papier ansah, auf dessen Steigen oder Fallen der Einzelne oder die Partei zum eigenen Vorteil „spe kulierte", Diese Pest treibt nichts aus als der Geist Christi, des Versöhners." Möchten denn auch wir an dem kommenden Bußtage auf Seine Stimme hören und bedenken, was zu unserm Frieden dient, ehe es zu spät ist! TsMsgeschiMe. * — Lichtenstein, 12. März. Bei der gestern abend im Ratskellersaale hier stuttgefun- demn Versammlung der hiesigen Ortskranken kasse wurden die Neu-Wahlen der Vertreter der Generalversammlung vorgenommen. Hierbei wurden gewählt die Herren Arbeitgeber: Albert Funke, Hermann Körbs, Hermann Schaufuß, Gustav Trögel, Paul Jäckel, Gustav Landrock, M»x Endes- felder, Gustav Schleis, Ernst Dienel, Gustav Kempter und Ernst Berger. Bon den Arbeitnehmern sind gewählt die Herren: Ernst Hüttenrauch, Emil Gold ammer, Robert Brühl, Traugott Henke, Hermann Vogel, Richard Laux, Paul Schubert, Louis Sonn tag, Roberk Hochmuth, Emil Kaufmann, Josef Knosp, Carl Münch, Robert Wilhelm, Albin Raumer, Hermann Müller, Hermann Scharf, Hermann Här tel, Ehregott Fritziching, Emil Lenk-, Ernst Boch mann, Emil Engelhardt und Franz Köcher. Die nächstmeisten Stimmen erhielten: Anna Jakobi, Louis Bergmann, Minna Schramm und Wilhelm Bär. * — Iw Handelsgewerbe ist am Bußrag nur der Verkauf von Müch, Backwaren, Fleisch-, Material- und anderen Eßware«, sowie der Klein-Handel mit Heizungs- und Beleuchtungsmaterial während der für Sonn- und Festtage festgesetzten Zeit nachgelassen. * — Die vor kurzem angekündigte Liste soeben ausgeloster König!, sächs. Staatspapiere (Staats- schulden-Kassensche'.ne, sächs.-schles. Eisenbahn-Aktien rc.) liegt nunmehr in unsrer Expedition zur Einsicht nahme aus. * — Neber die am gestrigen frühen Morgen statt gehabte totale Mondfinsternis wird den Leip ziger Neuesten Nachrichten geschrieben: Jeder im Welträume sich bewegende dunkle und unsichtbare Körper wirst einen Schatten hinter sich, und wenn ein anderer beleuchteter Körper in Viesen Schatten tritt, erfolgt seine Verfinsterung. Da die Länge des Erdschattens sich gegen 187,000 Meilen in den Raum erstreckt, unser Mond aber nur eine mittlere Ent fernung von 50,000 Meilen hat, muß der volle Erd schatten den Mond gegen zwei Stunden lang bedecken, wenn Sonne, Erde und Mond in gerader Linie hinter einander stehen; wir haben eine totale Mond finsternis und eine solche kann vier Stunden dauern, von denen die erste und letzte Stunde auf die teil weise Verfinsterung fallen. Der Erdschatten zeigt sich auf dem Monde stets kreisförmig und hieraus schloß man schon früh auf die Kugelgestalt der Erde; jedoch zeigt dieser Schatten keine scharfe Begrenzung und ist nicht absolut undurchsichtbar, denn selbst während der Totalität läßt sich die Mondscheibe immer mehr oder weniger gut wahrnehmen. Zur Beobachtung der Erscheinung waren auf der Leipziger Sternwarte die umfassendsten Vorbereitungen getroffen zu Messungen am Heliometer und zu photographi- scheu Aufnahmen am großen Resractor. Leider wurden die durch das vorhergegangene heitere Wetter wahr-- scheinlich gemachten Hoffnungen auf Beobachtung der Finsternis zu nichte gemacht, denn am Sonntag abend bedeckte sich der Himmel mit einem dichten Wolken filz, der wohl die Umrisse der Mondscheine zeigte, aber keine Einzelheiten erkennen ließ. *— Das Jahr 1895 wird in astronomischer und religiöser Beziehung sehr bemerkenswert sein. In der That werden, wie ein französisches Blatt bemerkt am Charfreitag die um die Sonne gravitierenden Gestirne genau dieselbe Stellung cinnehmen, die sie am Firmament inne hatten an dem Tag, an welchem Christus am Kreuze starb. Dies ist das erste Mal, daß dies seit 1862 Jahren der Fall war. Es wird an diesem Tage der Mond 4 Uhr 20 Minuten vor derSpica, einem Stern erster Größe aus der Gruppe der „Jungfrau", vorübergehen, und den hellglänzen den Stern länger als eine Stunde verdunkeln. *— Bockiva - Hohndorf Vereinigt Feld. Infolge des milden vorigen Winters war der Absatz während der größten Hälfte des Jahres ein schlep pender; trotzdem gelang es, Lie gesamte, gegen das Vorjahr abermals gesriegeneFörderungunterzubringen und die ar-gesammelten, sehr bedeutenden Vorräte wieder aufzmäumen, bis auf einen ganz geringen Rest, welcher aber in den ersten Wochen des laufen den Jahres ebenfalls zur Verladung gebracht wurde. Die Preise behielten oie seit 1891 angenommene rückläufige Bewegung bei und stellten sich im Durch schnitt um 3.94 Pfg. das Hektoliter niedriger als im Vorjahre. Die Einnahmen betrugen 1950 602 Mk., die Ausgaben 1526493 Mk., der Rohgewinn stellt sich auf 424108 Mk. Hiervon zu Abschreibungen 110OO0 Mk., an den Reservefonds 15556 Mk., die Prioritätsaktien erhallen 45 Mk., die Stammaktien 20 Mk. Dividende. Gefördert wurden 2427900, verkauft 2355491 Hektoliter. — Dienstsuchends Mädchen, sowie deren Eitern und Vormünder möchten wir darauf anfmeiksam machen, daß der Verein Volkswohl in Dresden seit Jahren eine Dienstvermittelung eingerichtet hat, die sich von Jahr zu Jahr sowohl bei stellensuchenden Mädchen, als auch bei den Herrschaften einer wach senden Beliebtheit erfreut. Die Stellenvermittelung, welche hauptsächlich tu der Absicht errichtet worden ist, solche Mädchen, die in Dresden fremd sind, vor den Gefahren der Großstadt und vor Ausbeutung und Jrreleimng zu bewahren, wurde im Jahre 1894 von 2366 Herrschaften und 2075 Mädchen benutzt. Der Verein nimmt von den Mädchen nur eine ein malige Vermittelungsgebühr von 25 Pfg. und da die Nachfrage der Herrschaften eine sehr große ist, so ist jedes ordentliche Mädchen sicher, daß es auf eine Stelle nicht zu lange zu warten braucht. Günstig ist noch besonders, daß die erwähnte Stcllen-Vsrmit- telung sich im „Mädchenhsim" des Vereins Volks wohl, Ammonstraße 24 Part., 5 Minuten von dem Böhmischen Bahnhofe entfernt, befindet, wo die Mäd chen gleichzeitig zu ven niedrigsten Preisen, wöchent lich 3 M. 70 Pfg., täglich 70 Pfg., Wohnung, 1. Frühstück und Mittagessen erhalten könne». — Da Herrschaften die zu mistenden Mädchen am liebsten persönlich sehen wollen, so ist es zu empfehlen, daß die Mädchen sich nicht auf die Einsendung ihres Dienst buches beschränken, sondern selbst nach dem Mädchen heim kommen. — Am Sonnabend mittag 12 Uhr traten die Vertreter von 72 sächsischen Städten zu einer Con- ferenz in Dresden zusammen, in welcher die Ein zelheiten über die Kosten des künstlerisch ausgeführ ten Ehrenbürgerbriefes und die damit in Verbindung stehenden anderen geschäftlichen Angelegenheiten, deren Details sich selbstverständlich der Oeffentlichkeit ent ziehen, beraten wurde. Zur Freude des Herrn Ober- bürgermersters Dr. Dittrich stießen alle Vorschläge und Anträge auf das bereitwilligste Entgegenkommen der im Namen der sächsischen Städte handelnden Vertreter. Es wurde ferver beschlossen, dem Fürsten Bismarck von dem Geplanten in Kenntnis zu setzen und ihn bestimmen zu lassen, wann er den Ehren bürgerbrief der 72 sächsischen Städte mit revidierter Stüdteordnung entgegen zu nehmen gedenkt. Dem freudigen Gefühl des Dankes für die freudige Zu stimmung Aller zu dem geplanten Vorhaben gab der Herr Vorsitzende am Schluffe der Zusammenkunft »och beredten Ausdruck und seine Worte klangen in einem dreimaligen Hoch auf den Fürsten BiLmarck aus. — Dresden, 10. März. Dr. Stübel, der vormalige Oberbürgermeister von Dresden, welcher Ende des Jahres 1895 wegen Kranksein sein Amt niederlegte, ist nun nach längerm Leiden gestorben. Oberbürgermeister Dr. Paul Alfred Stübel war der Sohn des Ehrenbürgers der sächsischen Residenz, des Geheimen Justizrats Dr. Karl Julius Stübel, und wurde daselbst geboren am 3. April 1837. Am 24. April 1877 wurde er in gemeinschaftlicher Sitzung des Rates und der Stadtverordneten zum Oberbür germeister gewählt. Was unter seiner Oberleitung