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Einwirkungen der Kälte hatten die Insassen des BallonS doch sehr za leiden. Der Ballon nahm seinen Kurs über Spandau, Wittenberge, passierte bei Lenzen die Elbe, ging dann über Seehausen ins Mecklen burgische, passierte den Schallsee und verfolgte als- dann die Richtung nach der Ostsee. Da gerade Voll mond war, so beschloß man bei Sonnenuntergang die Fahrt fortzusetzen, mußte sie jedoch gegen 7 Uhr Infolge der Nähe der Ostsee einstellen. ES wurde nun Ausschau nach einem geeigneten Landungsplatz gehalten, der sich in der Palinger Haide vorzüglich fand. Von den Ergebnissen während der Fahrt sei Einiges mitgeteilt. Besonders wurde die Verteilung des Windes bewundert. Während bei einer Höhe von 1000 m der Wind eine konstant zunehmende süd südwestliche Richtung nahm, war dies bei der Höhe von 2000 m durchaus nicht mehr der Fall. Es herrschte hier vielmehr vollständige Windstille, so daß der Ballon eine volle Stunde senkrecht über einem Dorfe stand, ohne sich weder vorwärts, noch rück wärts zu bewegen. Die Fahrt mußte daher in nied rigerer Höhe fortgesetzt werden. Die Kälte in den höherenRegionen war so stark, daß die mitgenommenen Sandsäcke zu Stein gefroren waren. Auch daS mit genommene Fleisch und sonstige Lebensmittel waren hart gefroren und ungenießbar geworden. 8 Eine Neuigkeit aus dem „Vorwärts" zieht sich, so schreibt die Nordd. Allg. Ztg.: seit mehreren Tagen durch die Blätter, derzufolge bet der schrift lichen Abgangsprüfung der Kadettenanstalt in Lich terfelde Durchstechereien stattgesunden hätten, wes halb sämtliche Prüflinge zu einem nochmaligen Exa- i men konsigniert worden seinen. Thatsache ist, baß sich unter 330 Examinanden bei 16 in einer schrift lichen Arbeit ein übereinstimmender Fehler heraus- gestellt hat. Dergleichen kann überall vorkommen. Um nicht über die 16 Prüflinge die Strafe der Rele- f gation zu verhängen und mit den Schuldigen auch ! Unschuldige zu treffen, hat die Prüfungskommission angeordnet, daß schriftliche Prüfung von sämtlichen Examinanden wiederholt werden soll, und zwar unter verschärfter Aufsicht. Die Lesart, daß zu diesem Zweck ein großer Teil der Prüflinge hätte zumckbe- rufen werben muffen, ist nicht zutreffend. Es ist dies l nur bei Wenigen notwendig gewesen. Gänzlich halt los sind die Versionen, welche im Zusammenhang ! mit dieser zu einer Sensation ersten Ranges aufge- ! bauschten Geschichte von dem Eindringen sozialdemo kratischer Tageslitteratur in die Kadettenanstalt in f Lichterfelde fabeln". 8 Postsekretär Städtke in Sp a n d a u, der das s Geldfaß gestohlen hatte, ist durch sein eigenes Aus- wartemädchen verraten worden. Dieses wollte abends um 8 Uhr Kohlen aus dem Keller heraufholen; beim ; Einschaufeln streß sie auf einen harten Gegenstand, f der von Kohlen nur oberflächlich bedeckt war; sie s entfernte die daraufliegenden Kohlenstücke und erblickte mit einem Male das Geldfaß. Das Mädchen hatte natürlich auch von dem Postdiebstahl gehört; flugs überdeckte sie den Fund wieder, verließ das Haus, ohne der Herrschaft etwas zu sagen, und eilte zu ihren Eltern und der Polizei, die den Sekretär vom Abendessen weg verhaftete. Städtke hatte das Faß z unter seinem Mantel von der Post mit Heimgenom- s men. Am Tage vor seiner Verhaftung erzählte er - noch am Kneiptische in bcster Laune Verschiedenes ! über einige in anderen Städten verübte Postdiebstähle, s Städtke war ein Hauptführer der Antisemiten und ! lange Zeit Vorstandsmitglied des Reformvereins. s § Hamburg, 13. Febr. Am 6. April 1894 : traf der deutsche Dampfer „Donau", Kapitän Siegel, s bei den Newfoundlandbänken das französische Schiff s „Jacmel", Welches durch den derzeit herrschenden i orkanartigen Sturm derartig zugerichtet worden war, s daß es dem Untergang geweiht und eine Rettung der aus 25 Mann bestehenden Besatzung und acht Passagiere ausgeschlossen schien. Trotz der haushoch gehenden Wellen meldete sich der erste Offizier, der Zimmermann und drei Matrosen freiwillig bei Ka pitän Siegel, um das Rettungswerk zu versuchen. Mit Todesverachtung fuhren die braven deutschen Seeleute in die Brandung hinaus, und es gelang ihnen, nicht nur die Passagiere, sondern auch die ganze Besatzung vom sicheren Tode zu retten. Für diese wackere That wurde den Rettern von der fran zösischen Regierung je eine Medaille am blau-weiß roten Bande mit Diplom und dem Recht der An legung in allen französischen Häfen verliehen. Die Auszeichnung wurde ihnen in der Kanzlei des See mannsamtes vom Wasserschont Tetens überreicht. Einer der Braven, der Zimmermann Tesnow, erhielt bereits im vorigen Jahre vom König von Schweden eine Rettungsmedaille nebst Diplom und ein Geld geschenk für die mutige Rettung der aus 12 Mann bestehenden Besatzung der am 20. August 1893 im Atlantischen Ozean während eines Orkans verloren gegangenen norwegischen Bark „Hypolite". ß Lübeck, 15. Febr. Der Eisbrecher „Trave" versuchte heute mit 80 Arbeitern den 8 Meilen vor Travemünde eingefrorenen Dampfer „Newa" aus seiner gefährlichen Lage zu befreien. Die Arbeiten dürften mehrere Tage beanspruchen. 8 Der Kaiser hat seine Reise nach W i l h e l ms- ha v e n , die für Sonntag geplant war, wegen der herrschenden ungünstigen Schifffahrtsverhältnisse auf kurze Zeit hinausgeschoben. 8 Rostock, 14. Febr. Der Schiffsverkehr Warnemünde. Gjedser ist wegen Eishindernisse bis auf weiteres, voraussichtlich mindestens eine Woche voll ständig eingestellt. Die im letzten „Reichsanzeiger" veröffentlichte, täglich einmalige Postdampfer-Verbin dung ist unmöglich, da der Eisbrecher „Rügen" im Eise stecken blieb und nach schwerer zwanzigstündiger Arbeit mit der umfangreichen Post und den Passa gieren wieder in den Hafen von Warnemünde zurück kehren mußte. Von der Lootsenkommandantur in Warnemünde aus ist überhaupt kein offenes Wasser in der Ostsee sichtbar; das Eis ist an mehreren Stellen drei bis vier Meter stark. 8 Köln a. Rh., 14. Febr. Die Gemeinde vorsteher der an der Mosel gelegenen Orte traten in den letzten Tagen mehrmals zusammen, um über Maßregeln gegen die Gefahr zu beraten, die vom bevorstehenden Eisgang droht. Infolge der unge heuren Schneefälle in den jüngsten Tagen liegt stellen weise der Schnee mehrere Meter hoch. Nach der übereinstimmenden Ansicht von Sachverständigen dürfte diesmal nach eingetretenem Tauwetter ein Hochwasser nebst Eisgang sich etnstellen, wie ihn die Rhein-Moielstationen selten erlebt haben. Am Unter rhein hat sich das Eis bereits bei Wesel gestellt. 8 In Kassel wurde vor wenigen Tagen im Stalle eines Fuhrwerkbesitzsrs der 53jährige Tage löhner Wilhelm Jäger aus Cönnern bet Halle a. S. erfroren aufgefunden. 8 Eine Feuersbrunst hat die kgl. Landesfchule Pforta helmgesucht. Di« Scheunen mit ihren Vorräten und das Krankenhaus wurden eingeäschert. — Durch Umstürzen einer Petroleumlampe entstand auf dem englischen Dampfer „Prinzeß Elisabeth" Feuer. Der ganze vordere Teil des Schiffes ist abgebrannt. 2 Mann werden vermißt. Der durch den Brand angerichtete Schaden ist ein bedeutender. — Der Münchener Schnellzug ist vor dem Bahnhof inBamberg infolge des Bruchs einer Ftügelstange entgleist. Die Maschine stellte sich seitwäits, die Wagen kamen neben dem Geleise zum Stehen. Ver letzt wurde Niemand. — In sein Hannover Schnellzuge entgleiste Nachts oer Schlafwagen. Nach dem er wieder in Ordnung gebracht war, wurde weitergefahren. Zwischen Hedemünden und Münden sand sodann ein heftiger Zusammenstoß mit einer aus Münden gekommenen, bestellten Hilfsmaschine statt. Das Personal beider Maschinen wurde zum Teil sehr schwer verletzt, die Reisenden kamen mit dem Schrecken davon. — Ein furchtbarer Schueesturm hat inTyrnau, im Gebiete der kleinen Karpathen, den Vrrkeqr auf den Eisenbahnen unterbrochen. Auch in Temesvar herrschte heftiger Schneesturm. Infolge des wilden Wetters überflutete der Begafluß mehrere Straßen der Stadt. Wte aus Danzrg gemeldet wird, nimmt in der dortigen Gegend die Kälte zu. Auch aus Westergötland wird strenge Kälte gemeldet. In Moholm zeigte das Thermometer 30 Grad C. Aus anderen Gegenden wird Kälte von 31 Grad gemeldet. Der Dampfer „N:wa" ist durch Siurm bei Niendorf (Lübecker Bucht) gedrückt und sitzt im Eise in gefährlicher Lage fest. Er verlangt Hilfe. — Aus Ungarn werden infolge neuer Schneefälle vielfache Verkehrsstörungen gemeldet — Die Erb- prinzessin Leopold von Anhalt ist an den Maseru erkrankt. * * Wien, 14. Febr. Hier herrschte den ganzen Tag wiederum heftiges Schneegestöber, das den Ver kehr in der Stadt sehr erschwert. * * B e l g r a d , 15. Febr. Der gewesene Mönch Vasa Pelagic, der in letzter Zeit als Sozialistenagi tator auftrat, wurde von Gendarmen verhaftet und dem Metropoliten vorgeführt, worauf er in Gegen wart mehrerer Geistlicher der priesterlichen Würde entkleidet wurde. * * Eine ergreifende Szene spielte sich in S a n Remo ab. Dort hatte eine Schiffahrts-Agentur da« Verzeichnis der veim Untergang der „Elbe" er trunkenen Passagiers ausgehängt. Letzthin ging eine junge Dame, eine Amerikanerin, die eben erst von einem Ausflug ins mittlere Italien in San Remo angelangt war, an jener Agentur vorüber und warf, wie so viele andere Leute, einen Blick auf das Ver zeichnis der Ertrunkenen. Auf einmal ging ein Zittern durch ihren Körper, und mit einem lauten Aufschrei stürzte sie zu Boden. Die Umstehenden glaubten, daß die junge Dame an Fallsucht leide, und brachten sie in die nächstgelegene Apotheke. Es währte nicht lange, so kehrte ihr das Bewußtsein zurück, und sie erzählte dem Arzte, daß sie im Verzeichnis der Opfer der „Elbe" auch den Namen ihrer Mutter und ihrer beiden Brüder gelesen habe. Man mußte der Armen das Verzeichnis nochmals bringen, und sie fand das Entsetzliche bestätigt. * * Zabrze, 15. Febr. Heute vormittag fand in der Königin Luisen-Grube eine Entzündung von Grubengasen statt, wodurch ein Steiger und sieben Mann verletzt wurden. Gefahr für das Leben der Verletzten besteht nicht. Von der Direktion wurden sofort umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen. Nach der „Kattowitzer Zeitung" wurden in der vorherge henden Nacht in derselben Grube zwei Häuer durch einen zu Bruche gegangenen Pfeiler verschüttet. Einer der Verschütteten blieb sofort tot, der andere wurde schwer verletzt nach dem Lazarett geschafft; vier an dere Arbeiter wurden leicht verletzt. * * Amsterdam, 15. Febr. Eine Depesche des „Telegraf" meldet aus Batavia: In der Gegend von Tjambea, Residentschaft Buitenzorg, wurde eine Verschwörung entdeckt, welche die Niedermetzelung der Europäer und Chinesen bezweckte. Die Häupter der Verschwörung, sowie 50 Mitschuldige wurden verhaftet. * * Aus Paris liegt wenig von Belang vor. Präsident Faure giebt im Elyseepalast seine Festlich- lichkeiten, die Kammer hält ihre, jetzt recht lang weilig gewordenen Sitzungen ab, und die Bevölkerung kümmert sich um Politik wenig. Der Carnevals- trubel tollt in Paris mit ungemeiner Ausgelassenheit, und da bleibt für andere Dinge wenig Zeit und noch weniger Ernst übrig. * * Die Frau Kronprinzessin von Schweden hat in einem herzlichen Beileidsschreiben aus Rom an Frau Kapitän v. Gössel ihrer tiefen Erschütterung über das schreckliche Unglück des Unterganges der „Elbe" und zugleich ihrer wärmsten Teilnahme an dem herben Geschick, das damit über so viele Familien hereingebrochsn ist, Ausdruck gegeben. Kapitän v. Gössel war Inhaber des Ritterkreuzes des schwedischen Wasa-Ordens 1. Klasse. Er hatte im November 1890 das schwedische Kronpnnzenpaar auf der Reise von Genua nach Port Said an Bord des ReichSpost- dampferS „Sachsen". * * Madrid, 15. Febr. Aus einem großen Teile des Landes werden bedeutende Ueberschwem- mungen gemeldet. Der Guadalquivir hat bereits 9 Meter über Normalstand; ein Teil Sevillas steht unter Wasser, und auch andere Flüsse sind stark an geschwollen. Die Stadt Murcia ist schwer bedroht. Bis jetzt sind bereits viele Personen ertrunken, der angerichtete Schaden ist bedeutend. * * 250 Grad Kälte, also zehn Mal so viel als unsere strengste Winterkälte, ist die niedrigste bis jetzt erzeugte, neulich von Professor Dewar in London erzielte Temperatur, sie derselbe durch plötzliches Verdampfen von komprimierter, flüssiger atmosphä rischer Luft herstellte. Interessant sind dis Versuche, die genannter Physiker nun mit verschiedenen Stoffen anstellte, um deren Verhalten bei so niedrigen Tem peraturen zu studieren. Phosphor z. B. rauchte und leuchtete in dieser Kälte nicht mehr, weil die dazu nötige Verbrennungswärme fehlt; viele andere orga nische Verbindungen jedoch zeigen bei der großen Kälte einen Lichtschimmer, sie fangen an zu phos phoreszieren; chemische Verbindungen von Stoffen, welche sich sonst sehr energisch und begierig vereini gen, fanden nicht mehr statt; ebenso wurden licht empfindliche photographische Platten, bei dieser Tem peratur dem Tages- oder Magnesiumlicht ausgesetzt, nicht verändert. Eigenartig verhalten sich die Me talle welche gegen alles Erwarten eine viel größere Zähigkeit und Festigkeit bei dieser niedrigen Tempe ratur zeigen; so z. B. hält Eisen bet 250 Grad gerade doppelt so viel wie bei gewöhnlicher Lufttem peratur; die Anziehungskraft der Magnete wächst bei dieser Kälte bedeutend. * * London, 14. Febr. Der 1365 Rsgister- tons große deutsche Dampfer „Albingia", von Ham burg nach Hongkong unterwegs, strandete bei Lang shan. Derselbe wird wahrscheinlich wieder flott wer den, nachdem ein Teil der Ladung gelöscht ist. — Der 2301 Registertons große deutsche Dampfer „Elise Marie", von Hamburg nach Baltimore unter wegs, strandete bei Little Machipongo an der Küste von Virginia. Es wird berichtet, daß derselbe sich in guter Lage befindet. * * London, 14. Febr. Craig, der erste Offizier der „Crathie", kehrte mit dem Matrosen James White, der auf Wache war, als die Kollision mit der „Elbe" stattfand, von London, wo sie auf dem Board of Trade eine Woche lang festgehalten worden sind, nach Aberdeen zurück. Beide waren mit ihren Aeußerungen sehr zurückhaltend. Sie kon statierten jedoch, daß sie, wie die gesamte Mannschaft, unter dem Eindruck standen, daß nichts die „Crathie" retten konnte, und daß sie der „Elbe" keine Hilfe leisten konnten. Kapitän Gordon von der „Crathie" ist in London geblieben. * * London, 14. Febr. Nachdem die Vor untersuchung gegen die „Crathie"-Mannschaft beendet ist, beschloß da« Handelsamt die Abhaltung der for mellen Untersuchung über die Kollision der „Crathie" mit der „Elbe". Dieselbe soll hier stattfinden und dem nächst eröffnet werden. „Datly Chronicle" bedauert, daß die britische und deutsche Regierung sich nicht über eine gleichzeitige Untersuchung der Katastrophe durch ein internationales Tribunal verständigt hätten, und fordert die britische Regierung auf, gemäß der Kauffahrtei-Schiffartsakte von 1894 das Kriminal- verfahren gegen den Kapitän Gordon einzuleiten wegen Verdachts, daß er der „Elbe" nach der Kolli sion nicht Hilfe geleistet habe. Nach jener Akte wird dies als Vergehen bestraft. England wünsche nicht, den Kapitän Gardon zu schützen, falls seine Schuld bewiesen würde. * * Washington, 15. Febr. Gresham be nachrichtigte den Senat, daß Deutschland, Frankreich, Holland, Portugal, Schweden, Spanien und Ruß land zugesagt hätten, Reglements zur Verhütung von Zusammenstößen auf dem Meere zu veröffentlichen. Japan hat derartige Reglements bereits veröffent licht. Die Regierungen von England, Oesterreich- Ungarn und Italien sprechen den Wunsch um Auf schub dieser Angelegenheit aus.