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- Erscheinungsdatum
- 1898-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189808078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-08
- Tag 1898-08-07
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Monat
1898-08
-
Jahr
1898
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ÜS08 läge erscheinen mögen. Der Vertrag mit Kröner lam damals zu Stande. Die Verlagshandlung verpflichtete sich, die Siegel von dem das Manuscript enthaltenden Pallete erst acht oder vierzehn Tage nach dem Tode des Altreichskanzlers zu lösen. Das Manuscript soll zum größten Theil von des Fürsten eigener Hand geschrieben sein und nur in den Nachträgen die Züge Chrysander's tragen. Eine Drucklegung der Memoiren, wie dies von anderer Seite angelündigt wurde, ist bis zur Stunde demnach noch nicht erfolgt und dürfte erst in nächster Zeit mit dem Drucke dieses Buches begonnen werden. Die Herausgabe dürfte immerhin noch einige Zeit auf sich warten lassen, da gleich zeitig mit der deutschen Ausgabe auch die Ausgaben in englischer, französischer und italienischer Sprache geplant sind, und die Uebersehung immerhin einige Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Auch besteht die Absicht, die Memoiren in Amerika gegen Nach druck schützen zu lassen. . (D Berlin, 6. August. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Ter hiesige griechische Gesandte drückte dem Auswärtigen Amte Namens der griechischen Regierung schriftlich das tiefste Beileid zum Hinscheiden deSFürsten Bismarck aus, dessen Gedächtniß in den Büchern der Ge schichte ewig fortlebe. D Berlin, 6. August. (Telegram m.) An der Biömarck- säule in der Rnhiueshallc legte, wie die „Nat.-Ztg." meldet, beute Mittag eine Abordnung des Alldeutschen Ver bandes, Ortsgruppe Berlin, nach Einholung der Erlaubniß des Commandanten des Zeughauses und unter dessen Führung einen Kranz nieder. Von der Verwaltung wurde derselbe sofort an dem Sockel der Büste befestigt. Wie der in Friedrichsruh und an dem Denkmal in der Kunstausstellung niedergelegte Kranz des Alldeutschen Verbandes bestand auch dieser aus Eichenlaub mit goldenen Eicheln; die umflorte sckwarz-weiß-rothe Schleife trägt die Inschrift: „Seinem Bismarck! Der Alldeutsche Verband, Ortsgruppe Berlin." (D Berlin, 6. August. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der Reichskanzler reiste gestern nach Grabowo und wird sich von dort zu einem längeren Auf enthalte nach Werki begeben. - . (-) Berlin, 6. August. (Telegram m.) Graf Arco Pallcy, der von seiner Verwundung bei dem in London gegen ihn verübten Mordanfalle in erfreulicher Weise wieder ber- gestellt, ist, der „Nat.-Ztg." zufolge, in Berlin eingetroffen, um sich von hier auf seinen neuen Posten als Gesandten des Deutschen Reiches in Brasilien zu begeben. Am Donnerstac wohnte Graf Arco der Gedenkfeier für Fürst Bismarck ir der Kaiser-Wilbelm-Gedächtnißkirche bei. (-) Berlin, 6. August. (Telegramm.) Im kaiserlichen Gesundheitsamt hat bekanntlich unter dem Vorsitz des Wirk lichen Geheimen OberregierungsratbS vr. Köhler die nach dem Beschlüsse des Bundesraths vom 16. Juni 1897 eiu- zuberufende Commission von Sachverständigen getagt, die über eine etwa notbwendig gewordene Revision oder Er gänzung der zum Vollzüge des ImpfgesetzeS er gangenen Bestimmungen berathen sollte. Das Ergebniß der Verhandlungen war, wie jetzt mitgetheilt wird, die Annahme mehrerer Anträge, die darauf hinzielten, der Bevölkerung die Erfüllung der Jmpfpflicht zu erleichtern, ohne den Zweck des ImpfgesetzeS zu gefährden, so der An trag des Verbots von Menschenlymphe, ferner, daß in Zu kunft nur noch auf einem Arm, und zwar bei Erst impflingen auf dem rechten, bei Wiederimpflingen auf dem linken geimpft werden solle. Sodann wurde die Autorevaccination verworfen und die Entwickelung nur einer Impfpustel als ausreichend zur Erfüllung der gesetz lichen Pflicht erklärt. Bezüglich der Bestrafung der Impf- weigerer beschloß die Commission, keine Anträge an den Bundesrath zu richten; von einigen Rednern wurde zwar die Nothmendigkeit betont, wenigstens in Fällen. betrügerischer Renitenz auch an der zwangsweisen polizeilichen Vorführung festzuhalten. Die Frage nach der Zweckmäßigkeit der Monopolisirung der Lympherzeugung in den Händen deS Staates wurde dahin beantwortet, daß eS im Interesse der Zmpfärzte liege, nur staatliche Impferzeugungsinstitute zu- zulaffen. Die unentgeltliche Abgabe der Lymphe aus den Staatsanstalten an die Privatimpfärzte hielt die Mehrheit der Commission nicht für angemessen. (D Berlin, 6. August. (Telegramm.) Der Bund deutscher Tapczicrer-Jnnnngcn beschloß, wie die „Nat.-Ztg." mittheilt, allen Innungen deS Verbandes die Umwandlungen in Zwangsinnungen zu empfehlen. Der Bund umfaßt zur Zeit 36 Innungen mit 1875 Mitgliedern und 50 Einzel mitgliedern. — lieber die Ehe des Herzogs Ernst Günther von Schleswig-Holstein mit der Prinzessin Dorothea von Coburg wird noch immer die Discussion fortgesetzt, die lange vor der Trauung insbesondere zwischen dem „Reichsboten" und der „Germania" geführt worden ist. Es wäre eine For derung des einfachen Anstandes, nun endlich die ebenso leeren wie gehässigen Eercitien kirchenrechtlichen Scharfsinnes und kon fessioneller Gehässigkeit an einer Privatangelegenheit, welche nur die Betheiligten etwas angeht, einzustellen. Das hiesige klerikale -Organ hätte um so eher dazu Anlaß, als von seinen kirchen rechtlichen Auslassungen in katholischen Organen geurtheilt wird: „Man traut seinen Augen kaum, wenn man derartige Ex pektorationen in katholischen Blättern liest, zumal in solchen, die man als führende zu betrachten gewohnt ist." Das deutsche Reich zählt mehr als 53 Millionen Einwohner, wovon 33 Mil lionen evangelisch und etwa 19 Millionen katholisch sind und die sich durch Erörterungen, die nur der Förderung klerikaler Herrschsucht und Unduldsamkeit dienen können, absolut nicht die Erkenntniß verdunkeln lassen wollen, daß sie auch in religiöser Verträglichkeit miteinander leben müssen. — Den Empfindungen deS deutschen AerztestandeS >eim Tode des Fürsten Bismarck giebt die „Deutsche Medicinische Wochenschrift" folgendermaßen Ausdruck: „Nicht nur als Söhne unseres theurrn Vaterlandes, sondern auch als deutsche Aerzte trauern wir um den Tod de- gewaltigsten Staatsmannes unseres Jahrhunderts, dieses unsterblichen Genius. Dem Milschöpser und Vollender d«S deutschen Reiches, dem Wieder- erwecker der Leutschrn Nation verdanken wir im Besonderen die Einigung aller deutschen Aerzte, wie sie im deutschen Aerzte- vereinsbund eine sichtbare, dauernde Verkörperung gesunden hat: erst nach dem Niedersinken der politischen Schranken, welche den Norden vom Süden trennten, konnten alle deutschen Aerzte sich die Bruderhand reichen und sich fest zusainmenschlieben zu gemein- amer Arbeit auf dem Boden der Humanität und Collegialität. Welcher Antheil dem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck an den Schöpfungen auf dem Gebiete des öffentlichen Gesundheits wesens und zum Besten des ärztlichen Standes in Preußen zu gewiesen werden muß, ivollcn wir hier nicht prüfen. Für basdeutsche .Reich sind in der Zeit, in welcher der eiserne Kanzler die Regierung führte, eine Reihe bedeutender sanitärer Einrichtungen erstanden, die zum Wohle des deutschen Vaterlandes und zur Förderung der ge jammten medicinischen Wissenschaft in hohem Maße gewirkt haben. I Die ?barmaeopkEL Oermauiea (1872), das kaiserliche Gesundheits amt (1876) mit der ständigen Commission zur Bearbeitung des deutschen Arzneibuches (1887), das Reichsimpsgcsetz (1874), Las Rcichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes (1875), das Reichsgejetz betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln (1879), das Reichsgesetz betreffend die Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen (1880). Auch in die Geschichte des deutschen Gesundheitswesens ist der Name Otto von Bismarck mit goldenen Lettern eingetragen." — Der Staatssecretair des Reichsmarineamts hat, wie der „Vorwärts" berichtet, in diesen Tagen an die Kaiserliche Wcrftdirection zu Kiel einen Erlaß gerichtet, in welchem er diese Behörde auf die „auffallende Höhe" der bei der letzten Reichstagswahl in der nächsten Umgebung der Werft abgegebenen socialdemokratischen Stimmen aufmerksam macht. Der Staatssecretair kann sich diesen merkwürdigen Umstand nicht anders erklären, als durch die Annahme, daß auf der kaiserlichen Musteranstalt „zahlreiche socialdemo- kratischeAgitatoren und Hetzer" beschäftigt sein müssen. Er fordert deshalb die Werftverwaltung auf, die so charakteri- sirten Arbeiter ausfindig zu machen und „unverzüglichzu entlassen". Die Werftdirection hat den Erlaß des Staats- secretairs vervielfältigen und an die einzelnen Ressortchefs ge langen lassen, welche „das Weitere veranlassen" sollen. — In Betreff der Militairstrafproccßreform werden von der „N. Bayer. Landesztg." angebliche Aeußerungen des Prinzregenten von Bayern verbreitet, welche das Zustande kommen einer Einigung zwischen Preußen und Bayern über die Frage des obersten Militairgerichtshofes als in weitere Ferne gerückt erscheinen lassen. Im Gegensätze dazu versichert die „Köln. Ztg.", daß die betreffenden Verhandlungen nicht schlecht ständen und sich in nicht ferner Zeit eine Einigung werde er zielen lassen, die auf beiderseitigem Entgegenkommen beruhe. Diesen beiden Ansichten gegenüber glaubt die „Tägl. Rundschau" wiederholt betonen zu sollen, daß in der Frage des obersten Miltairgerichtshofes zwischen den betheiligten und ausschlag gebenden Factoren eine grundsätzlicheEinigung bereits vor längerer Zeit erzielt ist, und zwar in der Weise, daß für Bayern ein besonderer Senat des obersten Reichsmilitair- Gerichtshofes in München errichtet wird. Die noch im Gange befindlichen Verhandlungen beziehen sich auf Einzelheiten der Regelung der Frage, die Besetzung des bayerischen Senates, die Form der Rechtsprechung und dergl. Vertrauliche Be sprechungen mit den Führern der parlamentarischen Parteien in Bayern haben ergeben, daß diese Lösung der Frage dort auf keinerlei Widerstand stoßen würde. Die jetzt verbreiteten Aeuße rungen des Prinzregenten Luitpold („Ich kann mich nicht mit meinem ganzen Volke in Widerspruch setzen") können sich, falls sie überhaupt authentisch sind, nur auf ein früheres Stadium der Dinge und die ursprüngliche Forderung Preußens beziehen. — Ueber den Wettbewerb der Offirierswohl- fahrtsgesellschaft „Kameradschaft" waren beim Staats ministerium aus den Kreisen der Kaufleute Beschwerden eingelaufen, die die Veranlassung waren, daß die Angelegenheit Gegenstand eingehendster Prüfung wurde. Es hat sich dabei, wie der Präsident des Staatsministeriums in dem von ihm er- theilten Bescheid ausführt, herausgestellt, „daß an dem von inactiven Officieren ausgegangenen Unternehmen Beamte sich bisher nicht betheiligt haben; auch ist bisher nicht festzustellen gewesen, daß etwa active Officiere dem Unternehmen als „Mit arbeiter" beigetreten sind. Unter diesen Umständen findet sich das Staatsministerium nicht in der Lage, seinerseits weitere Schritte in die Wege zu leiten." — Der Mannschaftsbestand der deutschen Flotte vertheilt sich, wie uns geschrieben wird, nach der amt lichen Liste gegenwärtig folgendermaßen: Auf den im Dienst befindlichen Geschwadcrschiffen sind 4753 Dcckofficiere, Unter- officiere und Mannschaften vorhanden, auf den Torpedodivisions und Torpedobooten 678, auf den Cadetten- und Schiffsjungen schulschiffen 2024, auf den Artillerie- und Torpedoschulschiffen 1413, auf den sonst in Dienst befindlichen Schiffen zu UebungS- und besonderen Zwecken, Probefahrten rc., 1597, auf Schiffen in außerheimischen Gewässern 4972 und auf den CasernenhulkS und am Lande 8078 Mann. Im Ganzen beträgt die Zahl der Mannschaften also 23 515, im Vorjahre dagegen 22114. — Das Seeofficiercorps zählt gegenwärtig 1198 Köpfe, gegen 1135 im Vorjahre. * Friedrichsruh, 5. August. Auf Befehl deS Königs von Württemberg traf beute der württembergische Ge sandte Freiherr v. Varnbüler hier ein, um einen Kranz am Sarge deS Fürsten Bismarck niederzulegen. — Aus Peterhof ist an den Fürsten Herbert ein warm empfundenes Beileidsschreiben de- russischen Minister- de» Auswärtigen, Grafen Murawjew, eingetroffen, der mit dem verstorbene« Fürsten seit alter Zeit befreundet war. * Hamburg, 6. August. (Telegramm.) Die beutige officielle Trauerfeier anläßlich deS Ableben des Fürsten Bismarck in der Große» Michaeliskirche verlief unter der Theilnahme des Senate» in Amtstracht, der Bürgerschaft, der gesammtcn Geistlichkeit im Ornate, deS diplomatischen CorpS und des OfficierS-CorpS in hoher Gala und zahlreicher bürgerlicher Vereine in erhebendster Weise. Die Feier begann mit der Trauerode von Händel für Orgel und Orchester, worauf Psalm 90 vorgelesen wurde. Dann hielt Senior Behr- mann eine Ansprache, in der er in ergreifender Weise daS Andenken des großen Verstorbenen feierte. Nach dem Chor aus ZudaS MaccabäuS von Händel, gesungen vom Ham burger Kirchenchor mit Orgel- und Orchesterbegleitung, er folgte die Antiphonie-Cvllecte und der Segen. Mit dem gemein samen Gesänge: „Ein' feste Burg ist unser Gott!" schloß die Feier. Der Altar, die Kanzel und daS Kirchenschiff trugen schwarze Flordecoration. Die ganze Feier machte einen tief ergreifenden Eindruck. Nach Beendigung derselben erscholl Glockengeläute von sämmtlichcn Kirchen. Alle StaatSgebäude, sehr viele Privathäuser, wie auch die Schiffe im Hafen haben halbmast geflaggt. Die Börse, die Banken und viele Ge schäftshäuser sind geschlossen. Eine große Anzahl von Läden zeigt Trauerdecoralion. Daß die Familie BiSmarck die Einladung des Senates zu der Trauerseier abgelehnt und keine Vertretung gesandt hatte, wird in der Bevölkerung all gemein bedauert. * Atel, 5. August. Das für Anlage des zweiten großenTrockendocks vom Reiche erworbene, neben dem Baugrunde des ersten großen Docks gelegene Terrain des ehe maligen Etablissements Wilhelminenhöhe wurde heute vom bisherigen Besitzer geräumt und vom Fiscus übernommen. * Plön, 5. August. Die Kaiserin wird Mitte Sep tember den Prinzen Adalbert nach Plön bringen. Der Kron prinz und Prinz Eitel Fritz werden am 10. August aus den Ferien hierher zurückkehren. * Ilmenau, 5. August. Der hiesige Maurerstreik ist, nachdem von den Meistern eine Erhöhung des Stundenlohnes um 2-^ H zugestanden und von den Gesellen die Arbeit wieder ausgenommen worden ist, als beendigt zu betrachten. * Karlsruhe, 5. August. Zu einer der wichtigsten indu striellen Unternehmungen Karlsruhes, nämlich zum Bau des Rheinh äsens und Rheincanals, der im Ganzen ungefähr 3A Millionen Mark kosten wird, beantragt der Stadt rath beim BUrgerausschuß, die Zustimmung zu ertheilen, daß der der Stadt zur Last fallende Betrag von nahezu 1^ Millionen Mark aus Anlehensmittcln bestritten werde. Die Regierung hat zugesagt, 2 Millionen durch Staatsbeitrag zu decken. * Freiburg, 5. August. Es ist auffallend, so schreibt die „Nat.-Ztg.", wie schnell und still sich diesmal die Wahl des Freiburger Erzbischofs vollzogen hat, während die kurz vorher erfolgte Wahl des inzwischen verstorbenen Bischofs Komp in dieses Hirtenamt eine Art von Zangengeburt war. Der neugewählte Erzbischof, bisherige Klosterpfarrer Nörber, ist ein kirchenpolitischer stomo novus, er hat sich durch nichts über den Rahmen seiner Gemeinde hinaus bekannt gemacht, und es bleibt abzuwarten, ob er die Geschäfte des Erzbisthums im versöhnlichen oder im ultramontanen Geiste führen wird. Daß das letztere geschehen wird, ist wenigstens nicht wahrscheinlich. Dafür spricht die schnell vollzogene Wahl, die nur dadurch möglich war, daß der badischen Regierung eine Vorschlagsliste lediglich genehmer Candidaten präsentirt worden ist. Sie hat nach den Erfahrungen vor der Wahl Komp's nur den Re gierungsweizen im Siebe behalten. Es ist also ganz zweifellos, daß Herr Nörber zur Zeit kein Bewunderer des Herrn Wacker ist; aber ob nicht das vom Wacker'schen Geist geführte Dom- capitel den neuen Oberhirten eines Besseren belehren wird, das ruht im Schooß der Zukunft. Vorläufig hat die Wacker'sche Partei durch die Wahl Nörber's eine Niederlage erlitten. Oesterreich-Ungarn. Polnischer Acrger. * Lcmberg, 6. August. (Tel. d. „Voss. Ztg") In Folge des Verbotes der Theilnahme von Ausländern am pol nischen Aerztetage in Posen ist dieser bekanntlich ab gesagt worden. Nun richten sämmtliche Professoren der medicinischen Facultäten in Krakau und Lemberg, sowie andere Gelehrte Eingaben an den Polenclub, an das Ministe rium des Aeußern und den Minister für Galizien, in welchen verlangt wird, die österreichische Regierung möge bei der ver bündeten deutschen Negierung wegen der Beleidigung der polnischen Staatsangehörigen und der ihnen zugefüzten Unbill vorstellig werden und keine Ausnahmen zu Gunsten der österreichischen Deutschen, denen der Besuch von Con- gressen in Deutschland gestattet wird, dulden. (Die Herren Galizier mögen unbesorgt sein: sowie Deutschösterreicher über die Grenze kommen werden, um gegen Deutschland und daS Deutschthum zu demonstriren, werden sie genau so be handelt werden wie Polen und Tschechen, die zu solchem Zweck zu uns kommen. Red.) Schweiz. BiSmarSfeter. * St. Moritz-Bad, 6. August. (Telegramm.) Im großen Saale des Hotels „CurhauS", der der Feier ent sprechend geschmückt und mit schwarzem Krepp drapirt war, wurde eine Trauerfeierlichkeit für den verstorbenen Fürsten BiSmarck veranstaltet. Sie wurde mit dem ' voM Orchester deS Curhauses vorgetragenen „Largo" von Händel eröffnet. Hierauf wurde der Bach'sche Choral „Wenn ich einmal soll scheiden" von einem Damen chor gesungen. Sodann hielt der frühere bayerische Gesandte in Bern Freiherr v. d. Pfordten die Gedächtnißrede. Die Feier schloß mit dem von dem Orchester und dem Damenchvr vorgetragenen Choral „IesuS, meine Zuversicht". Der Feier lichkeit wohnten der Großherzog und die Großherzogin von Baden, die Herzogin jVera und die Herzogin Olga von Württemberg, sowie etwa tausend Personen bei. Der Großherzog ließ sich sämmtliche Mitwirkende vorstellen. (Fortsetzung in der 1. Beilage.) k Grösstes Lk-stes Hotel voutsoklLnüs UA AM bequemst« vooirung. 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Ihre Pferde hatten diese Wildwestler außerhalb der Tempelanlage an steinernen Pfosten angebunden, die Thiere machten den gleich zähen und energischen Eindruck wie ihre Herren; auch die Gespanne vieler leichter Gefährte waren in gleicher Weise befestigt, Niemand kümmerte sich um sie, an Diebstahl ist nicht zu denken. Die Ansprachen einiger Apostel — jedes Wort war auf das Deutlichste im entferntesten Eckchen zu verstehen — boten wenig Interesse, dagegen war von stimmungsvollster und ergreifendster Wirkung der herrliche Chorgesang zu den hehren Klängen der Orgel. Der gewaltige Raum für die Sängerinnen, welche die Mehrzahl bildeten und in ihren Hellen, sommerlichen Gewan dungen einen sehr hübschen Anblick boten, und für die Sänger war ganz gefüllt, und dieses sorgsam geschulte Zusammenwirken von ziemlich tausend Stimmen war von erhebendster und be wegendster Feierlichkeit. Tiefe Stille herrschte unter den Tau senden der Anwesenden, weit geöffnet waren die Fenster und Thüren, durch welche die Blicke auf wogende Baumwipfel trafen, in flimmernden Strahlen fluthete goldiges Sonnenlicht herein und der wunderbare Gesang und brausende Orgelklang er füllten die Seele mit weihevoller Andacht. — Den Nachmittag und Abend verlebte ich in Saltair Beach, einer am Salzsee gelegenen großartigen, mit einem Kostenauf wande von einer Million Mark erbauten Bade-Anstalt, zu welcher uns die Bahn in einer halben Stunde führt. Von dem aus Holz in anmuthigstem Stil errichteten palastartigen Haupt gebäude mit einer mächtigen Erfrischungshalle unten und einem enormen Tanzsaal oben zweigen sich in weitem Halbkreise Ga lerien ab, welche über 600 Badezellen enthalten. Männlein und Weiblein, in schiken Badecostümen, tummeln sich durcheinander im Wasser, eine Musikkapelle läßt flotte Walzer ertönen, und der malerische landschaftliche Rahmen, der mit zackigen Bergen die glitzernde Wasserfläche des Sees umschließt, trägt das Seinige zur guten Stimmung bei. Das Merkwürdigste aber und zu gleich Wunderbarste ist doch das Bad in dem See! Während das Wasser des Oceans kaum vier Procent reines Salz enthält, birgt das dieses Sees 22 Procent, und wehe, wenn einige Tropfen in die Augen oder auf die Lippen kommen! Das Wasser trägt einen ganz von selbst, ein Untersinken ist unmöglich, und dieses Getragenwerden vom feuchten Element, ohne daß man Schwimm bewegungen zu machen braucht, ist zuerst von ganz märchenhaft köstlichem Eindruck. In den verschiedensten Stellungen und Lagen läßt man sich so dahingleiten auf den leise fluthenden Wellen: nur gedämpft noch erklingt die Musik, in sattem Blau wölbt sich hoch oben der Himmel, Möven flattern mit schnellem Flug vorbei, dort, von dem Felsengestade der nächsten Insel, leuchtet's roth von dem Gefieder zahlloser Pelikane herüber — welche Seligkeit, so einst in die Ewigkeit hinüberschlummern zu dürfen! Während des Bades war ich in die Nachbarschaft eines hoch gewachsenen älteren Herrn gerathen, dessen bartloses Gesicht Energie mit Freundlichkeit vereinte; ein Wort gab das andere, und wir geriethen bald, nebeneinander uns treiben lassend, in näheres Plaudern. Da fragte der Herr: „Sie sind Deutscher?" und dann auf die Bejahung setzte er deutsch hinzu:, „Dann sprechen wir doch lieber deutsch, ich bin Holsteiner und freue mich, einen Landsmann hier zu treffen!" — die so wässrig ge schlossene Bekanntschaft wurde auf dem Lande fortgesetzt und meinem neuen Bekannten, K. H. Wilcken, verdanke ich viel Auf klärungen über Land wie Leute und so manche Gefälligkeiten. Ein wechselvolles Leben liegt hinter diesem kernig gewachsenen Holsteiner, dessen blaue Augen so klar und forschend blicken und dessen Druck der Hand treu und fest ist; als Jüngling hatte er thätigen Antheil an der 1848/49 schleswig-holsteinischen Er hebung genommen und im ersten Jägercorps bei Kiel, Eckern förde, Hadersleben, Kolbingen, Friederieks, Friedrichstadt, Itzehoe ! rc. gegen die Dänen gefochten, und da» ihm bei einer späteren An wesenheit in der Heimath verliehene Kreuz, aus dem Geschütz metall der „Gefion" gegossen, hängt als stolzer Schmuck an seiner Uhrkette. Die trüben politischen Verhältnisse der folgenden Jahre trieben ihn 1857 zur Auswanderung nach Amerika, und zwar war er von Hamburg nach New Dork elf Wochen auf See; er fuhr dann nach St. Louis und von dort, auf dem Missouri nach Omaha, von wo er sechs Monate zum Landmarsche nach der Mormoncnstadt gebrauchte, häufig mit den Indianern kämpfend und ihnen, auch nachdem er sich in Utah angesiedelt, noch oft auf dem Kriegspfade in die unwirthlichen Gebirge folgend, da die Rothhäute den Kolonisten das Vieh raubten und ihre Blockhäuser niederbrannten. Heute nimmt, wie ich bebobachten konnte, Herr Wilcken eine sehr angesehene Stellung in der Salzseestadt ein und scheint es auch zu genügendem materiellen Besitz gebracht zu haben. Lange noch saßen wir in angeregtem Gespräch am Ufer des Sees, die zahllosen elektrischen Lichtchen, die an Schnüren hingen und sich beim leisesten Windstöße hin und her bewegten, flammten auf, glührndroth sank der Sonnenball herab und über hauchte mit seinem purpurnen Abschiedsglanze die Eishäupter der Berge, lustig erklang die Musik, das Bier war kühl und klar und die Havannas ließen ihre duftigen Wölkchen aufsteigen — wir Beide hatten unser Stück Heimath gefunden! „Sagen Sie, Herr Wilcken, wäre es Wohl möglich, den Präsi denten der Mormonen kennen zu lernen?" warf ich gelegentlich hin, in der sicheren Erwartung eines „unmöglich". Und wie anders klang die Antwort: „Aber gewiß! Ich habe mit dem Präsidenten geschäftlich viel zu thun und führe Sie gern bei ihm ein, ist's Ihnen recht, so hole ich Sie morgen um 12 Uhr aus Ihrem Hotel ab." - , Und am nächsten Tage saß ich eine halbe Stunde nach der genannten Zeit dem Präsidenten der „jüngsten Heiligen" gegen über, in einem Gemach der Mormonen-Office, das in seiner ein fachen Ausstattung auf emsige Thätigkeit schließen läßt. Trotz feiner einundneunzig Jahre arbeitet hier täglich sechs bis acht Stunden Präsident Wilford Woodruff, der seine Würde seit dem Sommer 1887 bekleidet, das vierte Oberhaupt der mormonischen Kirche. Von untersetzter Figur, das knorrige Gesicht von einem weißen, sogenannten Schifferbart eingerahmt, die sehr klug und scharf blickenden Augen durch eine Brille geschützt, welch« beim Gespräch auf die Stirn geschoben wird, macht Präsident Woodruff einen äußerst intelligenten und noch ungemein rüstigen Eindruck. Nach den einleitenden Fragen und Antworten erzählte er viel Interessantes aus der Vergangenheit Utahs, hatte er doch unter Brigham Aoung zu den ersten Pioniren gehört und an der ganzen Entwickelung der Stadt und des Staates thätigen An theil genommen; meinem Erstaunen über die Blüthe des Ortes gab ich gern beredten Ausdruck. „An harter Arbeit hats uns aber auch nicht gefehlt", meinte lächelnd mein greises Gegenüber, „wir mußten Hände und Arme tüchtig regen, und sank die Nacht herab, dann zogen wir Jüngeren in die Berge, um die Indianer aus der Nähe unserer Ansiedelung zu vertreiben. Allmählich stellte sich zwischen ihnen und uns ein freundlicheres Verhältnis her, sie merkten endlich, daß wir einzig in Ruhe leben wollten und daß wir sie nicht, wie jagdbare Thiere, als Zielpunct unserer Büchsen benutzten. Schlimmer waren die nicht mittels der Waffen geführten Kämpfe mit der amerikanischen Regierung, die über unsere ganzen Zwecke und Ziele schlecht unterrichtet war. Nun aber leben wir in Sicherheit und Frieden, ein genügsamer Wohlstand ist überall zu spüren, Anarchisten und Socialisten giebts nicht bei uns, und wir sind gute Staatsbürger, zum jetzigen Kriege haben wir ein Kavallerie-Regiment und zwei Batterien gestellt." — Ich brachte das Gespräch auf die Zukunft der mormonischen Kirche, aber der kluge Herr wich geschickt aus: „Wer kann da im Voraus auch nur mit einiger Gewißheit etwas sagen! Natürlich sehen wir die Zahl unserer Gläubigen gern vermehrt, wie es bei jeder anderen Kirche der gleiche Fall ist, und wir senden unsere Missionare aus. In Berlin sind sie ja gleichfalls thätig, erst hinderte sie die Polizei, jetzt aber läßt man sie dort ungestört walten; wir haben zwar keine großen Erfolge in Deutschland, aber einige Hundert Anhänger zählen wir doch allein in Berlin, das ist für eine so kleine Religionsgemeinschaft, wie es die unsere ist, schon ganz gut." Nach einer Stunde etwa verabschiedete ich mich von dem Präsidenten, der mir freundschaftlich die Hand drückte. „Es sind so viele thörichte Lügen über uns verbreitet", meinte er noch zum Schluß,*„ich denke, Sie haben sich überzeugt, daß wir ruhige und fleißige Bürger sind, die sich und ihren Nachbarn ein möglichst gutes und sorgenfreies Dasein schaffen wollen!" — —
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