Suche löschen...
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921215015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892121501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892121501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-12
- Tag 1892-12-15
-
Monat
1892-12
-
Jahr
1892
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
SlborrrtemeittSpreiS kn der Hauptexpeditiou oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Ans- Ladestellen abgrholt: vierteljährltch^t-LO. bei zweimaliger täglicher Zustellung in» -aus 5.50. Durch di» Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vieneliihrlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandjendung in» Ausland: monatlich 9 — Die Morgen-Nusgabe erscheint täglich'/,7 Uhr, di« Abend-Auagad« Wochentag- 5 Uhr. LeLarlion und LkveLitiou: A«hanne»gaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von ftüh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: vtt« «e»»'» e-rtim. Haha). Universität-strab« I« . ^ . L,ni» «Sschr. Sathariuenstr. 14. pari, und Köulgtplatz V. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. JusertionSpreis Die 6 gespaltene Pctitzeile LO Psg? Reclamea uutrr demRedacttonsstrich (4ge« spalten) bO^, vor den Familiennachrichtr» (6 gespalten) 40><. Größere Schriften laut unser«» Prets- verzeichuiß. Tabellarischer und Ztffernjatz »ach höherem Tarif. Extra-veilagru (gesalzt), nur «alt de» Morgen-Ausgabe, ohne Poslbeförderung 60.—» mit Postbesörderuug ^1 7Ü.—>. Annahmeschluß siir Inserate: Abeud-Busgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn» und Festtag- früh '/,9 Uhr. vei den Filialen und Annahinestellea je etn- halbe Stunde früher. Inserat« sind stets an dir GWiehtti-a zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» ia Leipzig. .^r 638 » Donnerstag den 15. December 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Wkihmuhls-Mkttivkrlirilr. Während der Zeit vom 18. bis einschliesslich 24. December tritt die Schlnßzeit für die Einliese rung von Werth- und Packetsendungen bei sämmtlicheu Postnnstalten in Leipzig eine Stunde früher als gewöhnlich ein. Es wird ersucht, hierauf bei Einlieferung der «endungen zur Post während der vorbezeichneten Tage Rücksicht zu nehmen. Leipzig, 11. December 1892. Der Kaiserliche Ober-Postdirector. Walter. Bekaunlmachung. Nachdem wir die Bestimmungen des Regulativ- für die Friedens- stiftung der Stadt Leipzig in einigen Punkten unter Zustimmung der Stadtverordneten abgeändert haben, bringen wir das abgeänderte Regulativ nachstehend zur allgemeinen Kenntniß: 8. 1. Der Zinssuß de- Stistungscapitals an 60000 wird auf 5 Procent jährlich festgesetzt. Die Zinsen laufen vom 1. Januar 1871 an. 8. 2. Dir Zinsen werden verwendet zur Unterstützung solcher in Leipzig wohnhafter Invaliden und Angehörigen von Gefallenen oder verstorbenen Invaliden aus dem Kriege 1870/71, die einer Hilfe dringend bedürfen. 8. 3. lieber die Gewährung der Unterstützung beschließt eine aus je 3 Mitgliedern de- Raths und der Stadtverordneten zu bildende Deputation. 8. 4. Die Bertheilung der Unterstützungen findet regelmäßig alljährlich am Tage des Friedensschlusses statt; ausnahmsweise können Unterstützungen auch außer dieser Zeit nach Ermessen der Deputation gewahrt werden. 8. 5. lieber Einnahmen und Ausgaben wird der Rath alljähr lich Rechnung oblegen. ß. 6. Abänderungen dieses Regulativs bleiben dem übereinstiiw inenden Beschlüsse des Raths und der Stadtverordneten Vorbehalten. Leipzig, am 21. Juni 1875. Ter Rath der Ltadt Letpzia. ^ ' -ch. G. Me, Vr. Kok echler Bekanntmachung. Nachdem zufolge unserer Bekanntmachung Io. 5265 vom 5. Oktober diese- Jahres der Plan T. V. 5630 K. X. 5926, betr. die Feststellung der Fluchtlinie der Gartenstraße in Leipzig-Anger Crottendorf aus deren Ausdehnung von dem Areale der Eilenburger Bahn bis zur Kreuzung mit der Karlstraße und der Straße IX in einem Abstande von 23 Meter», vorschriftsmäßig und zwar vom 12. Oktober bi- mit 8. November össentlich ansgelegen hat, nachdem auch die hiergegen erhobenen Widersprüche von uns unter entsprechender Begründung abgelehnt worden sind, hiergegen aber von keiner Seite das Rechtsmittel des Rekurses fristgemäß erhoben worden ist, so hat der oben erwähnte Plan nunmehr in Gemäßheit 8-22 des Regulatives, die neuen städtischen Anbaue und die Regulirung der Straßen betr., vom 1b. November 186? ut recht-kräftig festgeftcllt zu gellen. Leipzig, deu 7. December 1892. Io. 6385. Der Rath der Stadt Leipzig. lir. Georgi. 1)r. Rd. Ja Gemäßheit der 88. 2 und 7 deS Regulativs für Gasrohr, leitungen und Gasbeleuchtungsanlagen in Privalgrundsiücken vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß die Klempner Herr Emil Hügel und Herr Max Werner, tn Fa. E. Ragrl's Rachsoigrr, Schützenslraße Nr. 13. zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und Len Besitz der hierzu ersorderlichen Vorrichtungen nachgewiesen haben. Leipzig, de» 13. December 1892. Der Rath der Stadt Leipzig " ">ls, X. 10309. vr. Georgi. Wolfram Bekanntmachung. Nachdem zufolge unserer Bekanntmachung I o 2841 vom 3. Juni D V 5234 1892 der Plan ^ ^ "5775- betreffend Feststellung der Fluchtlinien für die darin genannten Straßen und Plätze tn Leipzig-Sellerhauien und bez. Abänderung der genannten früher sestgestellten Fluchtlinien in Leipzig-Anger-Crottendors, vorschriftsmäßig öffentlich ausgelegen hat, die gegen den Plan erhobenen Widersprüche aber rechtskräftig zurückgewicsen worden sind, 1. V. 5234 so hat der Plan ^ nunmehr auf Grund 8. 22 deS In Gemäßheit der 88- 2 und 7 deS Regulativs für Gasrohr« leitungen und Gasbeleuchtungs-Anlagen in Privatgrundstiicken vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Schlosfermeister Herr Earl Otto Lindner, L.-Gohlis, Lindenlhaler Straße Nr. 35, M Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den besitz der hierzu ersorderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 13. Deceinber 1892. Der Rath dcr Ltadt Leipzig- X. 10322. I)r. Georgi. Wolsram. k. X. 5775 städtischen Neubantenregulative- vom 1b. November 1867 al- rechts kräftig festgestellt zu gelten. Leipzig, am 10. December 1892. Ter Rath der Stadt Leipzig. Io 6479. vr. Georgi. Vr. Rd. Bekanntmachung. Nach 8. 4 de- nachstehend abgedruckten Regulativ- der Frieden-- slistung sind die Unterstützungen auS dieser Stiftung am Tage des Friedensschlusses, sonach am 2. März zu verlheilen und sordern wir Diejenigen, welche um solche Unterstützungen nachsuchen wollen hierdurch aus, ihre Gesuche bis zum 31. Januar 1893 mit den nötdigen Bescheinigungen bei uns einzureichen. Spätere Anmeldungen würden für diesmal unberücksichtigt bleiben müssen. Im Uebrigen verweisen wir aus unsere nachstehend wieder abge druckte Bekanntmachung vom 21. Juni 1875. Leipzig, am b. December 1892. Der Rat- der Stadt Leipzig vr. Georgt. Lamprecht. Bekanntmachung. Von dem Unterzeichneten Armenamte sollen Freitag, den 16. Deeember 186-, Vormittags »sn 9 Uhr „ t« Stadthaufe adhter verschiedene Gegenständ«, als: Möbel, Betten. Wäsch«, stlriduna-ftucke. Haus Küchen- und Wirthfchast-geräthe «. A. »., öffentlich versteigert werden. Leipzig. am 13. December 1892. La» «r»eua»t. 9097. Hentschtl. Art»-. Holzauktion. Freitag, den 16. Tccembcr d. I.. sollen von Vormittags 9 Uhr an aus dem Mittelwaldjchlage in Abth. 1a des Bnrglttier Forstreviers, zwischen den Böhlitz-Ehrenbcrger Wiesen und der Fluthrinne 49 Rmtr. Etcheu-Rutzscheite I. und II. El-, 269 - Eichen- 11 - Vuchen- 2 - Eschen- 22 - Rüstern- und 25 - Linden unter den im Termine össentlich aushängenden Bedingungen und gegen die übliche Anzahlung an Len Meistbietende» vertäust werden. Zusammenkunft: Am früheren allen Forsthanse bei Bühlitz- Ehrenberg. Leipzig, am 5. December 1892. DeS Raths Forstdepntation. Brennscheite, Auctions - Bekanntmachung. Freitag, de» 16. ds. Mts , Rachinittaas ,4 Uhr sollen im Grundstück Wrincindeftrajzc 14 in Leipzig-Rcndnitz 60 Stück gebrauchte und 50 Stück halblange gebrauchte Richlpsosten, ein Haufen Brennholz, ei» Thonrohr und ein Karrenholz an den Meistbietenden gegen sofortige haare Bezahlung öffent- lich versteigert werden. Leipzig, am 9. December 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Iä. L. 4051. Vr. Georgi. Hübschmann. 80536 I8I59 54160 90059 Die Inhaber der als verloren, vernichtet oder sonst als abhanden gekommen angezeigten Pfandscheine Vit. v Nr 8304 8305 12282 25706 58225 61489 62525 62742 65106 70891 7I9I0 7-698 83600 86959 90671, Vit. L Nr. 5335 14585 17143 19007 30798 3I5I5 37720 47453 49375 53537 54159 622 l 4 68557 71100 72357 88608 89249 89404 89589 90907 91848 92416 9360? 95473 98729, Vit. I' Nr. 2559 4192 9319 9320 9456 II632 12215 12578 > 5909 17285 werden hierdurch ausgesordert, sich damit unverzüglich und längstens bis zum Ablauf von 30 Tagen nach der aus jedem der Scheine bemerkten Verfallzcit bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, um ihr Recht daran zu beweisen oder dieselbe» gegen Belohnung zurückzugebcn, widrigenfalls der Leihhaus-Ordnung gemäß den A»> eigen, die Pfänder ausgcliefcrt und die Inhaber der Scheine rer etwaigen Ansprüche daraus verlustig gehen werden. Leipzig, den 13. Deceinber 1892. Tie Verwaltung des Lcihha»seS und der Sparkasse. Aufgebot. Die auf den Inhaber lautenden auf Grund des Allerhöchsten Privileg« vom 20. August 1853 ausgegebencn 3'/,proccntiaen Prioritätsobligationen der ehemaligen Oberschlesischen Eisenbahn i' th! Gesellschaft: Lit. L. Nr. 998 über 1000 Thaler -- 3000 Mark, „ „ Nr. 1289 und 4873 über je 100 Thaler --- 300 Mark, welche laut Verhandlung vom 15. Juli 1886 ousgeloost, jedoch trotz der in den 88- 7, lO und 11 des vorgenannten Allerhöchsten Privi> legii vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachungen bisher nicht zur Einlösung präjcntirt worden sind, sollen ans Antrag der König, lichen Eisenbahn-Direction zu Breslau für kraftlos erklärt werden. Tie gegenwärtigen Inhaber dieser Obligationen werden daher ausgefordert, ihre Rechte aus dieselben bei dem Unterzeichneten Gerichte spätestens in dem aus den 25. April 1864, Vormittags 11' e Nhr an der Gerichtsstclle am Schweidnitzcr Stadtgraben Nr. 4, Zimmer Nr. 89 des zweiten Stocks anberaumten Ausgebotstermine anzu. inelden und die Obligationen vorzulegen, widrigenfalls die Kraft, loserklärung derselben erfolgen wird. Breslau, den 11. December 1890. Königliches Amtsgericht. Bekanntmachung. Nach ß. 57 der Schulordnung für die hiesigen städtischen Volks schulen vom 2. Januar 189> sind in den Schulausschuß für das Jahr 1893 2 städtische ständige Volksschullchrer von den ständigen Lehrern und Lehrerinnen dieser Schulen zu wählen. Die Wahlhandlung wird Mittwoch, den 21. dieses Monat», Nachmittag 2—6 Uhr im Saale der v höheren Bürgerschule stattfinden. Zu einer giltigen Wahl ist absolute Stimmenmehrheit er- forderlich; nur wenn eine solche auch im zweiten Wahlgange nicht erreicht wird, entscheidet im dritten Wahlgange die relative Stimmenmehrheit. Die Stimmberechtigten werden hiermit zum Erscheinen im Wahl termine und zur Vornahme dcr Wahl geladen. Leipzig, am 14. December 1892. Der Vorsitzende des LchulauSschuffeS. Walter. V6r8amm1un§ ä68 ärrHioken k6ri?k8V6i'6in8 Le6ipri§-8taät vonnerntog, den 15. veeeinker 1862, Xbeockr 6 Okr im 8»»l« dsr 1. Lllr^srsodul«. rogeaoränaiig: 1) IVallen. >11. Hierbei wird bemerlct, das, nm 7 Istir der IVablnet kllr die etwa «pttter ein treffende» Mitglieder ge^klosaen ist. 2) Vereins- und 8t»ade»»llgelegsnkeiten. 3) keckliungsableguug der Lassenfllkrer de» Lerirllsvereins und der 8terbee»»»e. I)r. Ueorlov Kanzler und (konservative. K. Die „National-Zeitung" spricht beute die Hoffnung auS, daß da» preußische Staat-Ministerium beim Wiederzusammentritt de- Landtags ihre Stellung zur .Demagogie konservativer Kreise" klar betonen Verde, wie die- bereit- Gras Caprivi getban. Da- Blatt schreibt: .Endlich darf man jetzt den Beweis dafür er warten. daß die preußische Regierung sich noch uni^ etwas Anderes kümmert, als um die Umänderung der Steuern und etwa die Besetzung vacanter Stelle»." ES wäre allerdings zu wünschen, daß die preußische Regierung Zeit und Lust fände, sich noch um andere Dinge zu kümmern und besonders darauf Bedacht zu nehmen, daß begreifliche Strömungen im Volke und in den Parteien nichts über die User gehen und der Regierung am Ende die größten Schwierig keiten bereiten. Aber die Vorgänge aus dem conscrvativen Parteitage beweisen, daß die extreme Strömung im conservativen Lager bereits über die User geht und die preußische Regierung mit etwaigen EindämmuiigSvcrsuchc» zu spät kommen würde. Auch ist eö noch sehr fraglich, ob das Auftreten des Reichskanzlers am Montag im Reichstage die preußische Regierung zu einer entschiedenen Stellung nahme ermutbigt. WaS für und über den BimetalliSmuS in der Reichstagssitzung vom Montag vorgebracht wurde, ent behrt natürlich jeder praktischen Bedeutung. Der In halt der Instruction des Grasen Caprivi für die dculschcn Delcgirten auf dem Brüsseler Münzcongreß, basirend aus der Auffassung, daß Deutschland allen Grund habe, mit seiner Wahrung zufrieden zu sein, war ihrem wesentlichen Inhalte nach bekannt und überdies aus dein Auftreten unserer Telegirten bereits erkennbar geworden. Um so merkwürdiger war die Einbeziehung des Antisemi tismus in die Erörterung durch keinen Geringeren als den Reichskanzler. Graf Caprivi ließ durchblicke», daß er die Interpellation der Binictallisten vor Schluß der Brüsseler Conserenz kaum beantwortet haben würde, wenn er nicht mit die Absicht gehabt Kälte, der antisemitischen Agitation im Lande Abbruch zu tbun. Daß dieser der BimctaUisinuS viel fach dienstbar geniachl wird, ist richtig, und nicht erst seil gestern ist dies so, sondern schon seit den Glanzzeiten deS nunmehr verflossenen Frbrn. v. Tbüngen-ZeitlaufS, der in mehr als einer Bauernversammlung dem schwachen währungSpolilischen Berständniß seiner Zuhörer mit der Versicherung zu Hilfe kam, die Goldwährung sei von Juden im Interesse der Juden erfunden. Graf Caprivi hat also gegen den AnliseinismuS Stellung genommen — eine zweifellos beachlenSwerlhe, aber nicht überraschende Thalsache. Von großer Tragweite wären die scharfen Bemerkungen deS Kanzlers, wenn, wie einige Bl-tler glauben, die Absicht bei ihm obgewaltct hätte, Einfluß auf den Gang der Dinge im conservativen Lager zu nehmen. Es entspräche durchaus den Ueber- lieserungcn, wenn der Kanzler des deutschen Kaisers und Minister des Königs von Preußen derartiges gegenüber der conservativen Partei unternähme, seitens des Grafen Caprivi wäre es allerdings etwas Neues. In der Abneigung oder Unfähigkeit, leitend in das Parteiwesen einzugreisen, hat sich die politische Land- frcmdheit deS zweiten Kanzlers besonders gezeigt. Die bessere Gelegenheit ist auch bereits versäumt, denn als preußischer Ministerpräsident hätte Gras Caprivi nach dieser Richtung viel leichteres Spiel gehabt, denn al« Reichskanzler. In der Hauptsache indessen wäre noch nichts verloren, der Zeitpunkt im Gegentheil nicht ungünstig, denn die 23 ReichStagS- abgeordnclen, die gegen den conservativen Parteitag ausge treten sind, würden einen starken Stützpunct abzeben. Herr v. Helltorf hat. Dank dem sonderbaren Treiben auf dieser Versammlung der Adelspartei, mehr SuccurS erlangt, als er Wohl selbst gehofft hatte. Dem Reichskanzler komml zu Statten, daß verhältnißmäßig viele Nichtprcußen sich unter den 23 befinden. Auch die beiden Badenser Graf Douglas und Meitzer gehören dazu, und von dem Bayern Lutz, dem einzigen und „Nenommir" - Bauern dcr conservativen Fraction, hört man, daß es gewaltiger Anstrengungen seitens .vornehmer" Kreuzzeitungsleule bedurfte, ihn den 23 fernzuhallen. WaS Gras Caprivi über den conservativen Parteitag und die Verherrlichung demagogischen Treibens gesagt hat, wird den Unterzeichnern der Etllärnng gegen den Parteitag wohl noch manchen Ge nossen zuführen. Sb der Kanzler dies aber wirklich beabsichtigt, ob seine Auslassungen den Beginn einer RegierungSaction zu Gunsten deü gemäßigten Elements im ConservaliSmuS be deutet, daS steht noch dahin. Bielen scheint cS möglich und wahrscheinlich, daß am Montag nickt der Staats mann gesprochen, sondern der General, der Militair, der empört ist über die Fortsetzung der Gewchrbetze, die halb versteckten Meineiksbeschuldigungen gegen Sfficiere, die geflissentliche Vergiftung des militairischen Geistes der Re servisten und Landwehrmänner. Will der Kanzler ent schieden handeln und bat er sich dafür eines Rückhaltes an der maßgebenden Stelle versichert, so wird die .reinliche Scheidung" sehr bald von Statten gehen, und einer „con- scrvativen Volkspartei", d. h. einer Concurrenzpartei der Teutschsocialen und ähnlicher Bildungen, stände nichts im Wege. Es scheint aber vorerst noch nicht glaublich, daß der Kanzler eine feste Hand zeigt, dem Einen zum Schutz, dem Andern zum Tri tz, und was die Entschiedenheit anlangt, mit der Graf Caprivi der antisemitischen Agitation im Lande entgegcnlreten zu wollen ankündigt, so versprechen wir uns davon eher eine gcgentheilige Wirkung. Die Polizei kann in dieser Sache »icktS auSrichten, wenigstens nicht« Ersprießliches, und wenn ein Theil der Juden und ihre deutschfreisinnigen Sachwalter immer und immer nach der Polizei rufen, so be kunden sie nur ihr mangelndes Verständlich für die Natur der Bewegung. Den Judenflinten-Unfug und AehnlicheS hätte man im Keime ersticken können. Aber WaS die Behörden hierin versäumt, können sie jetzt nicht mehr gut machen. Deutsches Reich. 11 Berlin, 14. December. Mit dem l. Januar 1893 wird die Novelle zum Krankenversicherungsgesctzc in Kraft treten. ES werden dadurch einmal für die Cassen- organisationen Aenkerungen geschaffen. Diesen ist meist formell bereit» durch Umgestaltung der betr. Satzungen Ausdruck gegeben oder wird eS in den nächsten Tagen werden. Bei der einen Cassenart, bei den freien HilfScassen, tritt diese Umgestaltung de-balb stärker in dir Erscheinung als de den anderen, weil sie die behördliche Bestätigung erhalten müssen, daß sie ihre Einrichtungen den gesetzlichen Bestimmungen gemäß getroffen haben und demnach als freie HilfScassen un Sinne des Gesetze« anzusehen sind. Sodann bringt das neue Gesetz eine Fülle von Verbesserungen für die Ver- 'icherten, darunter vornehmlich eine ganze Anzahl von Er höhungen der Leistungen der Krankencassen. Diese Erhöhungen sind theil« obligatorischer, theilS fakultativer Natur. Unter den erstcren erwähnen wir nur die Bestimmung, daß vom l. Januar n. I. ab die Krankenunterstützung nn Falle der Erwerbsunfähigkeit erst mit dem Ablauf der dreizehnten Woche nach Beginn des Krankengeldbezuges endet, sowie die Er höhung des Sterbegeldes und die Erweiterung der Wöchne- riniienunterstützung, unter den letzteren die Borschrist über Beseitigung der Carenzzcit, Gewährung des Kranken gelde« an Sonn- und Festtagen und ReconvaleScentenfiirsorge. Schließlich aber hat das neue Gesetz auch den Kreis der Versicherten erweitert, und diesem Puncte wird vom Standpuncte der Allgemeinheit aus die größte Auf merksamkeit zugewendet werden müssen. Vom 1. Januar 1893 ab ist dcr Versicherungszwang ausgedehnt auch auf die Per sonen, welche gegen Geball oder Lohn in Binnenschifffahrt«- und Baggcreibetriebcn, im Hanrelsgewerbe oder in dem Geschäfts betriebe der Anwälte, Notare und Gerichtsvollzieher, der Krankencassen, BerusSgenossenschaften und Versicherungs anstalten beschäftigt sind, sofern nicht die Beschäftigung durch die Natur ihrcSGegenstandcs oder im BorauS durch den Arbeits vertrag aus einen Zeitraum von weniger als einer Woche beschränkt ist. Allerdings unterliegen die Handlungs gehilfen und Lehrlinge dcr BersicherungSpflicht nur, sofern >e nicht auf sechswöchige Kündigung angestellt sind. Auch die noch nicht versicherten Personen im Post- und im Telegraphenbetriede, sowie in den Betrieben der Marine- und Heeresverwaltungen werden vom Anfang nächsten Jahres ab versicherungöpflicktig. Außerdem sind die Gemeinden ermächtigt worden, die Versicherungspflicht auch aus in Communalbetrieben wie im Communaldienst beschäftigte Personen, aus Familienangehörige eines Betricbsunternehmers, deren Beschäftigung in dem Betriebe nicht aus Grund eines Arbeitsvertrages slattsinbet, auf die nach den vorherigen Bestimmungen nicht versicherungSpflicktigen Handlungsgehilfen und Lehrlinge, sowie aus die Bctriebsdeamlen zu erstrecken. Bctrieböbcamte, Werkmeister und Techniker, Handlungsgehilfen und Lehrlinge, sowie die bei den Anwälten, Notaren u. s. w. beschäftigten Personen unterliegen dcr BersicherungSpflicht jedoch nur, wenn sie ein 2000 ^ nicht übersteigende- JahreS- gehalt beziehen. V. Bcrltii, 14. Deceinber. (Telegramm.) Der Gesetz entwurf gegen den Verrath mililairischer Geheim nisse ist heute dem Reichstage wieder zuaegangen. Er umfaßt vierzehn Paragrapbe», welche ziemlich strenge Straf bestimmungen für den vorsätzlichen wie den fahrlässigen Ber- rath solcher Geheimnisse enthalten. Eingesügt sind zwei neue Paragraphen, wonach Personen, welche Uber die Verhältnisse der Kriegsmacht oder der VertheidigurigSmittel des deutschen Reiches Mittheilungen veröffentlichen oder an fremde Regie rungen gelangen lassen, obwohl sie wissen oder annehmen müssen, daß dadurch die Sicherheit des Reiche- gefährdet wird, mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft werden, woneben auch eine Geldstrafe bi« lO OOO zulässig ist. Die Beschlagnahme von Druckschriften ohne richterliche An ordnung findet auch statt, wenn der Inhalt gegen die Be stimmungen des Strafgesetzbuches, sowie deS gegenwärtigen Gesetzes über den Verrath »lilitairiscker Geheimnisse verstoßt. Alle einzelnen Paragraphen sind, besonders WaS die Defi nition deö Verrath« betrifft, so dehnbarer Natur, daß der Reichstag die Vorlage in ihrer jetzigen Gestalt kaum an nehmen dürfte. Berlin, 14.December. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" meldet in ihrer Nach- inittagauSgabe aus angeblich gut unterrichteten Kreisen: Gestern ist auswärtigen Blättern von bier gemeldet worden, an den hiesigen Magistrat sei die Weisung gelangt, die Vorbereitungen zur Aufstellung der RcichStagSwahler- listen so zu beschleunigen, daß dieselben bis zum 20. Januar fertig gestellt seien. Tie Meldung ist vollkommen unbe gründet. Wie wir bestimmt versichern können, ist von Seiten der Reichsregierung ebenso wenig etwas veranlaßt worden, wie dem hiesigen Magistrat eine derartige Anweisung überhaupt zugegangen sei. « Berlin, 14. Deceinber. (Telegramm.) Einem kiesigen Blatte wird aus Wesel geschrieben. Die Unter suchung gegen den unbekannten Urheber des Doku ment endir bstahls scheint, soweit meine Informationen reichen, im Sande verlausen zu wollen. Die Namen der Militairpersonen, auf denen der Verdacht der Thätrr- schast rubt, schwirren bereits von Mund zu Mund, ohne daß sich seitens der inquirirenden Behörde dafür auch nur der mindeste Beweis erbringen ließe. Dir Meldung eines süddeutsche» Blattes, man sei dem Diebe aus der Spur, ist noch verfrüht, da bis jetzt noch nickls ThatsächlicheS er mittelt und daher auch noch keine Verhaftungen vorgenommen werden konnten. Gerüchtweise verlautet indessen, daß solche unmittelbar bevorständcn. Zur Leitung der mit allem Eifer betriebenen Untersuchung ist aus Berlin rin hoher Militair eingetrosfen. — Ueber das Verhalten des Vorsitzenden in dem Abl- wardt-Proceß, Landgerichts-Directors Brausewetter, und des Vertreters der Staatsanwaltschaft wird dem „Hanu. Cour." „auS juristischen Kreisen" geschrieben: „Tie Art und Weise dcr Verhandlungen in dem Ahlwardt'schen Strasveriohren wird in juristischen Kreisen vielfach besprochen. Man tadelt aber nicht blos, daß dcr Bertheidigrr sich mit einem Theatercoup entsernte — denn weiter war eS nicht»; wenn der Bertheidiger meinte, das Gericht lehne Antrüge ohne Grund ab, mußte er erst recht da bleiben — und so viele nicht zur Sache ge- dörig« Dinge vorbrachte, z. B. ob Herr von Goßler jüdischer Herkunst sei, sondern auch, daß der Vorsitzende so viel vor brachte, wa» nicht zur Sache gehörte. Für die Schuldfrage und die Größe der Schuld des Angeklagten — und darum handelte es sich allein — war es unter allen Umständen unerheblich, ob dem Vorsitzenden Drohbriefe zugingen und wie dies« lauteten. Der Vorsitzende hat überhaupt viel zu viel geredet und seine Ansicht gejagt. I« mehr der Bertheidiger daraus ausgiag, di» Sach« so »u wenden, al- werde dem Angeklagten sein Recht verkürzt, desto mehr hätte der Vorsitzende sich ganz objektiv halten und sich aller
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite