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- Erscheinungsdatum
- 1879-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187910196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18791019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18791019
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seiten doppelt vorhanden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-10
- Tag 1879-10-19
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Monat
1879-10
-
Jahr
1879
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Dritte Beilage zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. .1- rsr. Sonntag den 19. October 1879. 73. Jahrgang. L-»i-liches Landgericht Leipzig. * Leipzig, 18 October. Ueber die ihrem Resultate nach bereit* bekannte Hauptverhandluug gegen den Zimmermann Friedrich Gustav Bern hardt von hier wegen Urkundenfälschung ist Fol- zeude* zu berichten. Der Gericht-Hof war a«S dem Strafkammer- Direktor Rein, den LavdgerichtSrälhen JaSpi», Fieber un» Eachße und dem Hülsörichter Univer- sitätS-Professor vr. Btnding zusammengesetzt, die Anklage durch Herrn Oberstaatsanwalt Hoff- mann, die Berthetdigung durch Herrn Adv. Broda vertreten Der bisher unbestrafte Angeklagte Bernhardt uud der Bauunternehmer Efer hatten in ihrer gemeinsamen GeschäftSthätigkeit in Bausachen Geld gebraucht und waren dahin übereingekommen, daß Bernhardt einen auf 300 Mk. lautenden Wechsel Efer'* ditcontiren lasten sollte; e» geschah Die* am 25. Juni d. I. Bernhardt hatte nun nach seiner Versicherung diesen Wechsel nicht anbringen können und dr-balb ein Blanco-Accept Efer'* auf die Summe vou 980 Mk. auSgefüllt, auch dasselbe de« hiesigen Kaufmann v. zum Kaufe ongrboten Den Bemühungen deS Letzteren war jedoch die Realistrung de* Geschäft* — er sollte an Bern hardt nur 900 Mk. zahlen — nicht gelungen »ud die Verwendung de* Papier* unterblieben. Nach der Sachdarstellung Efer'S hatte Bernhardt vou ihm nur da* ersterwähnte Accept bekommen und erklärt, er habe, weil er darauf kein Geld erhalte«, dostelbe zerrissen; da* Blanco Accept aber ohne ieine, Efer'S, Genehmigung und sein Borwissen fälschlich auSgefüllt und den Versuch gemacht, darauf Geld zu erhalten. Der Angeklagte hingegen verblieb bei der Ver sicherung, -aß er neben dem fertigen Wechsel über ZOO Mk auch ein Blanco-Accept zu ferner Sicher stellung für den Fall erhalten, daß er Geld be kommen würde, weil er. bezw. seine Ehefrau, für die Deckung deS ersten Papiere- verhaftet gewesen seien; erst dann, alS auf den ersten Wechsel kein Geld zu erhalten gewesen sei, habe er da* Blanco- Accept auSgefüllt und zu verwerthen gesucht; nn Uebngeu bestritt der Angeklagte jede rechtswidrige Absicht. Die kvnigl. Staatsanwaltschaft hielt indessen die Anklage der Urkundenfälschung aufrecht, ohne der Nunabme mildernder Umstande entgegenzu- Ireteu. während die Vertheidiguug für Freisprechung plaidtrte Der Gerichtshof pflichtete zwar nicht der Auffassung der Berthe,vigung bei. wohl aber wurden mildernde Umstände alS vorhanden an genommen und dem Angeklagten drei Monate Gefänguißstrafe, da* Strafminimum, zu- erkanut. Jur Armenpflege. »u* den Tagebüchern eine- ArmenhelferS unte rer berufsmäßigen Armeudiokonie erhalten wir folgenden Bericht, den wir den wohlthätigen Fa- mitten unserer Stadt nicht vorenthalten wollen. „Seit einer Reihe von Jahren werden die be güterten Bewohner unserer Stadt von einer Bettlerin h-imgesucht, welche Briefe — unter- zeichnet: „Th. verw. Schubert" oder „E verw. König" oder „Schumann" durch ihre Tochter bei den Herrschaften abgeben läßt Der Inhalt der selben ist ein Klagelred über alle* nur denkbare Unglück, welche* grrade sie und ihre armen Kinder betroffen. Nach den Wohnung befragt, welche nie den Briefen beig«fügt ist, giebt da* Mädchen irgend eine Stroße, Hausnummer und Stockwerk an. Biele Leute lassen sich von dem augenblick lichen Eindruck bewegen, eine Gabe zu verabfolgen. Ludere, durch Mißbrauch ihrer Güte vorsichtig geworden, lassen durch ihre Leute oder durch die Armeahelser der Armennakonie Erkundigungen entziehen, welch« aber refultatlo* bleiben, w:il die WohanngSavgaben fiagirt find. Diese Person ist vou der Armendiakouie lange gesucht worden, bi- «S jetzt endlich gelungen, sie m der Weflvorstadt außfiadig zu machen. Sie ist »ine HandwerkerS- «ittw« N.., welche mit einem Sohne von >0 Jahren uud einer Tochter von 18 Jahren diese* saubere Geschäft betreibt und ohne irgend «tue andere Arbeit sich davon ernährt. Die Bettelbriefe werden i« Aufträge der Mutter von der Tochter geschrieben »nd in die Häuser der alS wohilhälig bekannten Familien gebracht. Wie oft ist dadu ch schon wnkltch Armen die Unter stützung entzogen worden! ' Im Bureau der Armendiakonie (Roßstroße 9) liegen ein« Anzahl solcher Briefe und Adressen cm* und können da täglich von 2 — 3 Uhr ein gesehen werden. Wir Hallen «S für unsere Pflicht, hier öfstntlich anch vor einer andern Krau zu warnen, welche Hunderte hiesiger Familien abgebettelt hat »ud die Almosen mit einem arbeitsscheuen Sohne d«rchbringt. Sie erscheint gewöhnlich mit einer blauen Brille »nd den Ar« rn einer Binse. Wir habe« un* überzeugt, daß sie arbeiten kann, aber die Geleoenheit zum ehrlichen Verdienst, die ihr wiederholt durch die Armenhelferin ««geboten war, hat sie vou sich gewiesen. Auch in diesem Falle kann die Direktion der Armendiakonie die ein gehendsten Berichte liefern. W,r geben diese Notizen, vm wiederholt auf die neue Institution der Armenpflege htvzuweisev, dvrch welche die so reiche Privatwohlthätigkeir unserer Stadt am besten geregelt erscheint. E* ist die Armenpflege deS Verein-Hanse* (Roßstraße 9). welche im Herbst 1877 zu dem Zwecke gegründet wuroe, die Pflege der armen Familien der Stadt Leipzig durch berufsmäßige Armenhelfer au-üben zu lassen. Ueber 150 an- gesehene Familien a»S allen Ständen und Ton sessionen sind dieser neuen Einrichtung beigetreten durch Beiträge zum Unterhalt der Diakonie uud der Armen. Dieselben senden alle Bittgesuche, die schriftlich oder mündlich bei ihnen eingehen. an den Dirrctor de- Verein-Haufe- (Roßstraßr 9) und erhalten schriftlich oder mündlich Antwort. ES arbeiten zur Zeit auf diesem Grbiet zwei Armenhelfer und eine Armenhelferm. Mit der Vollendung d«S Martinstift- in der Südvorstadt wird auch eine Diakonissin al* Krankenpflegerin täglich in die Hütten der ärmsten Familien gehen, um mit Rath »nd Thal den Unglücklichen bei zustehen. Die Armenhelfer prüfen Tag für Tag und sehen zu, ob Da-, wa- den Leuten gegeben ist, auch recht angewendet wird. ES liegen unS viele Fälle vor, in denen die Herrschaften auf schändliche Weise getäuscht worden sind. Durch die Tätigkeit der Armeudiakoneu werden den nicht Bedürftigen die Wohltbaten entzogen. ES hat den Gewinn, daß dem gewerbsmäßigen Bettel das Handwerk gelegt wird uns daß die Gaben den würdigen Armen zukommen, die so oft zu kurz kommen gegen die Unverschämten und Lügner. Durch den nahenden Winter mit seiner Arbeits losigkeit und mancherlei Krankheit gewinnt die Armenpflege eine erhöhte Bedeutung, und vielen lvoh'stehenden Familien unserer Stadt ist eS eine Freude, wohlzuthua und mitzutheilen. E« gilt, v.ele sonst fleißige Familien vor Noth und Mangel zu bewahren, die Verzagten aufzurichteu uud die Traurigen zu trösten. Wir hoffen, daß zu solcher LwdeSthätigkeit die berus-mäßige Armendiakonie immer mehr in Anspruch genommen werde. In Verbindung mir der Armendiakonie steht eine Vereinigung von Frauen uud junge» Damen unserer Stadt, die monatlich zweimal (am 2. »nd 4 DienStap) im kleinen Saale de- Bereinshause* (Roßstraße 9) Zusammenkommen, um für unsere Armen Kleidungsstücke und Wäsche zu nähen und alte Stücke auSzubesseru. Die Mitglieder haben die Verpflichtung übernommen, in ihren Familien- und Freundeskreisen gebrauchte Wäsche und Be kleidung-gegenstände zu sammeln, um sie im Näh- Verein zu verarbeiten. Wir richten die dringende »nd herzliche Bitte an die Damen der Stadt, der Diakonie neue Hülsskräfte zuzusühren »ud die wenigen Stunden monatlich dem Dienst an den Armen und Elenden, die »nter unS wohnen, z» widmen. Aus Stadt un- Land. f Dresden, 17. October. Se. Majestät der König dearebt sich moraen Abend nach WermSdorf »u den auf dortigem Rwier veranstalteten Hofiaaden. Die Rücklehr nach Dresden erfolgt am 85. d. M. — Capellmerster Scbuch bleibt unserer tzofoprr erhalten. Bus die von höchster Stell« auSgeganaene Parole: „Dableiben. Zulage lriegrn!" hat der Genannte die ihm von Wien auS gewordenen glänzenden Aner bietungen zurückgewies« und sein Entlassungsgesuch zurückgezogen. — Der berühmte Walzerköniz Eduard Strauß auS Wien beabsichtigt in Dresden vier Eoncerte zu geben. DaS erste derselben soll am 81. d. M. nn „Tivoli" stattfinden. Ein glänzender Erfolg ist ihm gesichert.— Zum Besten der Blin den findet am 80. d. M. im hiefiaen Börsensaale eine monodromatrsche Sost*e unter Mitwirkung der Frau Marie Seebach und deS herzoglich deffauischen HofschauspielerS Richard Pötsch statt. Die Bor- träc-e sind dem kürzlich erschienenen Werke: .Mono dramen neuer Form" von Richard von Meerheimb entnommen. st Dresden, 17. October. Die Oekonomrsche Gesellschaft im Königreich Sachsen hielt heute Abend in Nagel'* Hotel hier unter zahlreich»! Be- theiligung von Vertretern deS größeren Grundbesitzes ihre erste diesjährige Hauptversammlung ab. Den Mittelpunkt derselben bildete ein lehrreicher Vortrag de» LandstallmeisterS Grafen zu Münster „Ueber die Pferdezucht in Sachsen und deren Hebung" — ein Gebiet, auf dem sich der Genannt« bereit» viele hervorragende Verdienste erworben. Die letzte Be sprechung de» gewählten Thema in der Oelonomischen Gesellschaft Hot:« im Jahre 1843 auf Veranlassung de» Meißner» Pferdezuwtvere'N» stattgefunden, welcher sich damals beim sächsisch n Landtage für den Fortbestand der LandeSBeschäl Anstalt verwandte. Der Secretair der Orkonomischen Gesellschaft hatte zu jener Zeit umfängliche Erörterungen über die Pferde zucht in Sachsen angestellt und gefunden, daß dieselbe nicht so bedeutend sei, um al- ein haurtsächlicher LandeScultu,zweig bezeichnet zu werden. In den vier- »,grr Jahren wurden bei einem Pferdebestand« von etwa 80,0(0 Stück höchstens 1000 Fohlen gezogen, waS den Bedarf nicht deckt»; 8 bi» 10,000 Stück wu - den arS Mecklenburg, veffarabien und der Moldau eingesührt. Die sächsische Zucht beschränkte sich fast ausschließlich auf die Leipziger und Lommatzscher Gegend, und e» galt al» auSaemacht, daß durch den Obigen landwtrthschastlichen Betrieb ein viel höherer Ertrag al» durch die Pferdezucht zu erzielen sei. Man Hab« deshalb bei der Regirrung beantragen zu sollen geglaubt, ihr Augenmerk weniaer auf die Ausdehnung der Inzucht, al» auf di« Aufbesserung der Race zu lenken und zur Förderung diese» Zw-ckeS Prämien auSeusrtzen. ES baden indessen nur wenig« P.eise vrrtbeilt werden können, olwohl von Staat* wegen reiche Mittel hierzu zur «er- sügung gestellt waren. Bon dem Bedarf de» Lande? wurden nur argen 30 Proc. in Sachsen gezogen und für den eingefübrten Fehlbedars gingen 4,800.000 ins AuSla d. In den letzten 88 Jahren hat sich nun die Sachlage nicht wesentlich ander» gestaltet. Ter Pf.rdebenand in Sachs.« bez ffette sich im Jahre 1^73 aus 110,000 Stück, darunter 1KOO einjährig« Fohlen. Der jährliche Bestand an zu ersetzenden Pferden stellte sich auf 11.000 Stück, wovon 1« Proc. im Lande gezogen wurden. Die Pferdezucht sei dem nach nicht gestiegen, während sich die Preise erheblich höher stellten und für den Feblbedarf alljährlich etwa 14'/, Mill. Mark tnS Ausland flössen. ES müsse deshalb ein ernstlicher Mahnruf an die Landwirth« ergehen, durch eigene Zucht diese enorme Summe dem Lande zu erhalten. Die Qualität der Pferde tu Sachsen lei im Allgemeinen eine bessere geworden und e* könne demnach nicht schwer halten, die LandeSpferde- »vcht zu einer lohnenden Erwerbsquelle werden zu lassen. Redner erklärte eingehend die hierzu einzu schlagenden Wege und bezeichnet« all die Erforder nisse zur gedeihlichen Entwickelung einer intensiven HauSvferde-Zucht folgende Puncte: 1) eine gewiss« Wohlhabenheit de- Züchter-, um denselben in der Lage zu wissen, gute- Zuchtmaterial sich erhalten und guten Nachwuchs schaffen zu können; 8) eine Hohr Lulturstuse de- Lande-, denn nur dadurch sei passendes und billiges Futter für Fohlen zu schaffen; 3) Passion für Pferde und Zuchtverständniß rn Bezug aus Auswahl der Mutterthiere, Paarung und Auf zucht: 4) gute Mutterstuten: 5) gesicherter Absatz der Fohlen. WaS hiernach von der hiesigen Pferde zucht zu erwarten, sei dahin zu beantworten: Die Vorbedingungen unter 1 und 8 seien in Sachsen in hinreichendem Maße vorhanden, am 8. und 4. Puncte fehle rS um so mehr und Punct 8 sei von diesen abhängig. In allen Ländern werde gerungen nach Hebung der Pferdezucht. In Sachsen habe sie nicht mehr Schwierigkeiten zu überwinden al» an- derSwo, im Gegentheil seien hier die Voraussetzungen für die gedeihliche Entwickelung einer rationellen Pferdezucht viel eher gegeben. DaS fehlende B-r- ständniß sei durch Belehrung und praktische» Beispiel beizubringen. Der erste Schritt hierzu srr bereit- ge schehen, indem ein vom Landstallamte auSgearbeiteteS Programm zur Organisation der Landespferdezucht vin der Regierung angenommen und zur weiteren Ausführung vom LanteSculturratb eine Eommisfion eingesetzt worden sei. Redner verbreitete sich sodann über daS Zuchtziel, da- System der Zucht, die Ab haltung von Fohlen-Schauen mit Pcämmunaen und die Anlage einer staatlichen Fohlen-Aufzucht m Kalk reuth. Wir haben daS diesbezügliche Programm be reit» ausführlich besprochen gelegentlich unserer Be richterstattung über die Plenarsitzung deS Landes- culmrratheS am 83. und 84. Juni d. I. und glauben eS deshalb unterlassen zu dürfen, heute nochmal- auf dasselbe näher einzugehen. Redner schloß seinen Vortrag Mit der an die Anwesenden gerichteten Bitte, daS vertrauen zur sächsischen Pferdezucht in ihren Kreisen fördern und befestigen zu helfen; e» gelte, der sächsischen Landwirthschaft die Millionen zuzu- führen, die jetzt in» Ausland wandern. s- Dresden, 17. October. In der gestern Abend abgehaltenen und sehr zahlreich besuchten Haupt versammlung dcs hiesigen Protestanten-BereinS hielt der Prediger der hiesigen reformirten Gemeinde, k. Steck, einen interessanten Bortrag über die gegen wärtige kirchliche Lage m Deutschland und die Gründe, welche den Ausfall deS diesjährigen Protestanten tage* herbetgeführt haben. Der Vortragende schilderte die gegenwärtig in Preußen benschende kirchliche Richtung und die maßgebenden orthodoxen Parteien, welche, zwar zerstreut marschireno, aber vereint schlagend, daS gemeinsame Ziel verfolgen, den liberalen Protestantismus zu vernichten. Wetter gab Redner ein übersichtliches Bild über die Zusammensetzung der zur Zeit in Berlin tagenden ersten ordentlichen General- Synode für Altprrußen, von deren Beschlüssen er für die Sache deS deutschen Protestanten-verein bar Schlimmste erwarten zu sollen glaubt. Derselbe erging sich sodann in längerer Darlegung über die bekannte Entwickelung der Kirchenvrrfassung in Preußen, wobei er die in der Presse seiner Zeit viel besprochenen Borgänqe bei der Psarrerwahl zu St. Jacobi in Berlin berührte und die Ursachen er örterte, welche zu dcm reactionairen Umschwünge auf kirchlichem Gebiete mitgewirkt haben. Nach den bisherigen Verhandlungen der Berliner General- Synode müsse man gespannt sein auf DaS, waS die nächste Zeit in kirchlichen Dingen Reue» bringen werde. In Sachsen könne man sich mit dem Bewußt sein trösten, daß von jeher ein weise» und milde» Kirchrnregiment gewaltet und daß di« bislang gepflegte Tugend der Duldung gegen di« verschiedenen kirchlichen P rrteien auch fernerhin ihre bleibende Heimstätte haben werde. Im »werten Theile seine» Vortrag,» legt« k. Steck. an der Sand eine» Lirculair» de» geschäftSführenden Ausschusses de* deutschen Protestanten-vereinS, di« Gründe oar, velche den Ausfall de» diesjährigen Protestanten tage» veranlaßt« Die Wiederaushebung d«S bereit» für di« Zeit vom 7. bi» 9. Oktober nach Gotha einberufen gewesenen Protestanientage» sei von mehreren Seiten al» ein Zeichen der Schwäche gedeutet und gemeint worden, daß «in Zurückweichen in solcher Lage doppelt gefährlich erschein«. De« gegenüber müsse man die leitenden GeftchtSpuncte deS Ausschusses billigen, welcher in Rücksicht auf die zur selben Zeit stattfindenden preußischen Landtag»- Wahlen und dir gleichzeitige Abhaltung der ersten ordentlichen Generalsynode für Altpreußen, wohl nicht mit Unrecht eineAbschwächung de» öffentlichen Interesse» für den deutschen Proteftantentag befürchtete und einen etwaigen Mißerfolg habe vermeiden wollen. ES sei außerdem auch die kluge Rücksicht maßgebend gewesen, die in Berlin tagenden Gegner de» deutschen Protestanten-vereinS in keiner Weis« zu provociren, um die jktziqe kritische Lage nicht noch mehr zu ver schärfen. Die Verschiebung de» Proteftantentagr» bi» zum nächsten Jahre habe übrigen» da» Gute, daß wan alSdann werde Stellung nehmen können zu den Beschlüssen der General-Synode und den thatsäch- llchen Erfolgen derselben In Bezug auf die Orga nisation de» deutschen Protestanten-LereinS mißbilligte Redner, daß man seit feiner Begründung m Eisenach im Jahre 1883 vom Lentrum au» die Peripherie habe erobern wollen; ein umgekehrte» Verfahren, wie «S z. v. in der Schwerz mit Erfolg an- gewendet worden, wäre wohl auch für Deutsch land zweckdienlicher gewesen. In Sachsen und den übrigen deutschen Ländern müsse man, im Anschluß an die kirchlichen Verhältnisse und die Kirchenversaflung de» Lande-, darauf bedacht sein, ditLscalvereine mehr und mehr zu befestigen und —un beirrt durch die Bo' ginge auf kirchlichem Gebiete im großen Nachbarstaat« Preußen — auf dem bisher be tretenen weg« ruhig weiter zu wirken, in der Hoff nung, daß euch in Preußen wieder einmal ein kr- ' scherer Geist zum Siege gelange. — Na diesen Vor trag knüpft« sich eine kurze Debatte, in welcher in rich- liger Selbfterkenntniß die bisherigen Fehler und Rtngel'de» deutschen Protestanten-vereinS besprochen rnd di« Richtschnur für daSfernere Verhalten drS- eiben kennzeichnet wurde. Man hielt eS für «ne« Fehler, daß sich der deutsche Protestanten-Berein auf kritische Theologie eingelassen und sich dadurch einen «roßen Thetl de» Volk-», dem daS verständniß für iolche Kritik abgehr, entfremdet habe. Fernersei e» ein F.bler gewesen, daß sich der Verein früher zu lehr nach dem politischen Gebiete umaesehen und Fühlung mit den politischen Parteien gesucht habe Eine Verquickung zwischen Religiösem und Politischem müsse in Zu kunft vermieden werden, von anderer Seite ward Dem widersprochen und für den Protestanten-Berein allerdings di« Eigenschaft einer religiöspolitischen Vereinigung in Anspruch genommen. Em großer Mißgriff sei eS jedoch gewesen, die Führung de» Vereins von Heidelberg nach Berlin zu verlegen, wo für die Erneuerung der Kirche im Emklang mit de, Eultur der Gegenwart nicht der rechte voden vor handen sei. — Zum Schluß erledigte die Hauptver sammlung innere verein-angelegenheiten. — In der am 9. October in Dresden statk- aehabteu Monat-Versammlung de- ärztliche» Bezirk-Verein- referirte ». A. Mediciualrath vr. Seifert über folgenden Antrag de- ärztlichen Bezirk-Verein- Pirna: DaS königl. LandeSmedicinalcollegium wolle die königl. StaatSregierung ersuchen, beim Bundes- rathe dahin zu wirken, daß auf dem Wege der ReichSgesrtzzebuna: ») alle die Ausübung der Heilkunde betreffenden Bestimmungen auS der deutschen Gewerbeordnung von 1869 entfernt wer den; d) dieselben, unter Beschränkung der Brrech- tiguna zur freien Ausübung der Heilkunde auf geprüfte Aerzte, einem nach Gehör der ärztlichen Vertretung« zu erlassenden, daS gesammte Medi- cinalwrsen umfassenden besondercn Medicinal- gesetze für da» deutsche Reich einverleibt werden, eventuell aber an 8 2S der Gewerbeordnung in Alinea 1 statt der bisherigen folgende, dem ur sprünglichen Entwürfe entsprechende Fassung wie der erhalte: „Eine Approbation, welche aus Grund eine» tNachweise- der Befähigung ertheilt wird, bedürfen A-rzte und Apotheker", sowie l>) in 8 147, statt wie bisher, bestimmt werde: „Mit Geldbußen bi» zu 300 und im UnvermügenSfalle mit ver- hältnißmäßiger Gefängnißstrafe bis zu 6 Wochen wird bestraft .... 8) wer, ohne hierzu approbtrt zu sein, sich gewerbsmäßig mit Behandlung von Kranken befaßt «der seine Dienste in dieser Rich- tuna anbietet. Referent sagt, daß er diesen Antrag mit großrr Freude b.-arüßl habe »nd a»ch mit de» beigesügten auisührlichen Motiven einverstanden fei, welche mit einer berechtigten Schärfe de» A»Svr»ck* ei»e a»ßerordentliche Klarheit in der Darlegung der Sachlage verbinden. Er theilte die wesentlichsten P»ncte a»S den Motiven mit, »nd zwar zunächst die EntstehrmgSweise der zur Zeit slir die Aus übung der Heilkunde geltenden I gesetz ichen Bestim mungen, insbesondere über die vollständige Krei- gebung der ärztlichen Praxi- für Jedermann. Ein stichhaltiger Grund für Erlaß der etufchägigeu Gesetz; lag überhaupt gar nicht vor »nd nach Ab lauf eine- Zeiträume- vou 10 Jahren ist man wohl in der Lage, die in Folge »ud während der Wirtsamkeit dieser Bestimmungen hervoraetretenen Mißstäude zu beurthetlen. E* ist nicht in Ab,ü>e zu stellen, daß der zum Ge verb« herabgedrückte ärztliche Beruf in diesem Zeiträume im Allge meinen an Ansehen und Würde nicht gewonnen hat, namentlich soweit die ethische »nd moralische Bedeutung desselben in Frage kommt. Die Zahl der Aerzte geht in letzter Zttt erheblich zurück, die Zahl der in Dattschlan» ertheilten Approbationen zeigt binnen der letzten 4 Jahre eine Abnahme vou 20 Procent, »nd in ganz ähnlichem verhältuiß ist die Zahl der Curpfufcher gewachsen. Die Letz teren schaden nicht nur durch die geradezu unver schämte finanzielle Ausbeutung de- Publicum-, sondern auch durch Hintanhaltung von wirksamer Hülfe »ud nutzbringenden Vorsichtsmaßregeln, so oaß beispielsweise alle vorbeugenden Anstrengungen der öffentlichen Gesundheitspflege bei Volk-krank- heiten re. nahezu illusorisch werde». Referent be trachtet ebenfall- als da- Ideal feiner Wünsche ein «rutsche* Reich*«edicinalgesetz, verkennt aber nicht die großen Schwierigkeiten, welche der AuS- führuog eme* solchen zur Zeit noch evtgegenstchen. I« Allgemeinen machte sich im B«zirk*vereiue die Ansicht geltend, daß eine Aenderung de- gegen wärtigen BcrhältnifleS de- ärztlichen Stande- zu« Gewerbegefetz a»S gewichtigen Grüadeu dringend geboten erscheine, »nd daß alle deutsch« Aerzte- vereine hierbei Mitwirken möchten, woz» rin« möglichst vielseitige Verbreitung de- Pirnaische» Antrag- und feiner Motive durch die Presse au- empfohlm wird. Bei der Abstimmung wird der Antrag de- BezirklvereinS Pirna vollständig ein stimmig angenommen, nur mit der gering« Mo difikation, daß im letzt« Satze unter 3 anstatt „gewerbmäßig" da- Wort „bwuf-mäßig" gefetzt wird. Patente. Patent-««»»!»»»^». Tie nachfolgend Genannt« au* Sachse» hat die ErtHeilung «ne* Patente- für den daneben anarp» den« Gegenstand nachgesucht. Ihre AnmÄung hat die angegebene Rümmer erhall«. Der Gew Ir land der Anmeldung ist von dem angegeben« Lgu LN einstweilen gegen unbefugt« Benutzung aefchütz? Nr. l3.808 JuliuS Seidel, Kaufmann in Leipzig: „Bnesduch." Kl. 11. Nr. 89.435. A Edrich in Leipzig: „Verbesserun gen in der Herstellung von Geweb« au- Span- rohr" (Zusatz zu P. R. 7115). «l. 4*. Nr. 89,545. Georg« Roessing in Thonberg: „Vorrichiuna für da- Schließen der vuchdruck- platten." Kl. 1».
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