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Erscheint tätlich früh 6^, Uhr. Lcwrti», Srprdttio« JvhanniSgasse 3». Hurchstaadru der Ar-^cttoa: vormittags 10—12 Utr. Nachmittags 4—V Uhr. «vmchme der für die nächst- »oiarnde Nummcr brsftmmtkn )!.,frate an Wochentagen bis 5 Uhr Nachmittags, au Sonn- »ad Festtagen früh bis '/,S Uhr. Z, k« /Uiale« für Zas. zaaahme: Otto Stemm. UniversttLwstr. 22. gratS Lüfche.Satharinenstr. I8,p. nur dis '/,3 Uhr. MMr JagtblaN Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- und GcschWvcrkthr. 72. Mittwoch den 13. März 1878. «aflage 15,300. Ldoniikincntspekl, viertel». 4'/-v?L, mcl Brinaerlohn L E, durch die Post bezogen « Ml. Jede einzelne Nummer 2S Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» ohne Postbesörberung 3« DL mit PostbesÜrderung 4b NU. Inserate Lgrsp. Prtitzeile 20 Pf. Ärbgere Schrifttu laut unserem PreiSverzeichuiß. — labellarifcher Satz nach höherem Tarif. Selta»rn nater de« »edaltianssirtch die Spaltzeile 40 Pf. Inserate sind stet« an d. -epeditto» zu sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prasnumvranOa oder durch Postvorschuß. 72. Jahrgang. Gewölbe-Vermiethung. Zur Arier dcS «ed«rt»tn,e» Sr. Majestät des deutschen Kaisers wird Arettaa. den Sr. März. Mittag» 1'/, Uhr et» Aestmahl im hiesigen Schützenhanse staStfiuden Alle, welche stch dethetltgeu wollen, werden gebeten, die Tafeltarten ü :i ./t bei Herrn ». 4. San»««, Martt Nr. 14» »der t« Schützenhanfe bet Herrn NolkMunn, bei «rfteren» dt- mit de« Stz. d. M in Empfang LU nehme«. Ser «ath der Stadt Leipzig. Leipzig, den v. März 1878. vr. voorxl. Städtische Fortbildungsschule für Mädchen. Anmeldungen für dieselbe nimmt der Unterzeichnete von Montag, den 11. März, bis Mittwoch, den Id. März, Bormittags von 10—12 Uhr und Nachmittags von 3—5 Uhr im Directorialjlmmer der I. Bürger schule für Knaben entgegen. Bei der Anmeldung ist die letzte Schulcensur mitzubringen. Zur Ausnahme ist erforderlich, daß die Schülerin aus der Volksschule entlassen ist, das 16. Lebensjahr noch nicht überschritten hat und die entsprechende Borbildung besitzt. , Die Anstalt hat einen zweijährigen Eursus für eine liefere allgemeine Bildung und einen darauffolgenden einjährigen Fackcursus. In elfterem wird wöchentlich 24 Stunden Unterricht in: deutscher Sprache und Literatur, französ. Sprache (im zweiten Jahre auch Englisch facultativ), Rechnen und Geometrie, einfacher Buchführung tun 2. Jahre), Geographie, Geschichte, Naturkunde, Zeichnen, weiblichen Arbeiten, Singen und Turnen ertheilt. In letzterem sind Deutsch, Französisch und Englisch gemeinsame Gegenstände; im Üebrigen scheiden sich die Schülerinnen in eine kaufmännische Abtheilung, eine Zeichenclafse und eine Abtheilung für weibliche Arbeiten, welche letztere in einer entsprechenden größeren Stundenzahl gelehrt werden. L. Neimer, Direktor. DaS lnßher an die Gewehrhandlung der Firma k U. A«l«8nvr vermiethete «cwölde sammt Schreib- stütze und Nieberlnze im sogenannten Hard'schen Hause, UniversitätSstraße Nr. 23, soll wegen eingetretenem Todesfälle» vom l. Oktober dieses Jahre- an auf sechs Jahre im Wege der Licitation anderweit vermiethet werden. Miethliebhaber werden ersucht, sich in dem zur Versteigerung dieses Gewölbe» nebst Zubehör aus Mouta», »en 18. Marz 1878, vormitta»» 11 Ubr, angesetzten Termine im Universitäts-Rentamte einzufinden und ihre Gebote abzugeben. Die Licitationsbedingungen liegen daselbst zur Einsicht aus. Die Auswahl unter den Licitanten und die Entschließung in der Sache überhaupt bleibt dem Rentamte Vorbehalten. Leipzig, am 11. März 1878. UniverfitätS-Rentamt. Graf. Leipzig, 12. März. Vor unS liegt ein französisches Schriftchen „v'alliance frLneo-Lllemaocko". Der Titel ist ver lockend, und in der That tritt der Verfasser, der sich als „un »Isuoien" einführt, mit einer gewissen Herzlichkeit für ein BUndniß zwischen Frank reich und Deutschland ein. Bescheiden und gutmüthig, wie wir Deutsche trotz aller Siege ge blieben sind, empfinden wir noch immer einen an genehmen Kitzel» wenn man unS vom AuSlande her freundlich anredet» und vollends, wenn man uns auf gut Französisch die Freundschastshand reicht. „So'n bischen französisch macht sich doch immer noch wunderschön." Und wär's denn nicht wirklich herrlich, wenn die beiden größten Cultnr-Nationen des Festlandes» anstatt sich gegenseitig aufzulauern uav, vi» an die Zähne bewaffnet» mißtrauisch aegen- überzustehen, sich lieber auSsöhnten» ihr Schntdouch vernichteten und die Mittel, die sie jetzt für den bewaffneten Frieden opfern müssen, fernerhin für wahrhaft friedliche und menschliche Zwecke verwen deten? Unser „Elsässer" mall uns Vas Bild eines solchen Bündnisses in den rosigsten Farben. Eng land sei gealtert und geschwächt, Oesterreich in sich zerrissen, Rußlaud erschöpft, Italien noch nicht zur ManneSkrast gereift; Frankreich und Deutschland allein seien wirklich starke und ebenbürtige Mächte, deren Unfriede überflüssig und vom Uebel sei, während ihr Bund Große- schaffen könnte. Durch keine Interessen getrennt, seien sie vielmehr durch eine Menge gemeinschaftlicher Interessen verbunden, auf wirthschaftlichem Felde durch den Kampf gegen die englischen Produkte, die beide Länder z» überschwemmen und auszubeuten suchen, auf politischem Gebiete durch den Kampf gegen den Ultramontanismus. Bon einem solchen Bündniß, von einem solchen „intimen und herzlichen Vcrhält- niß" ^Ulianee intime, corckiale) verspricht sich der Verfasser große Dinge für den Fortschritt der Menschheit (cke nouveam kruits cke progrc-8, cke civUiLLtion, cke liberts), und um es zu festigen, schlägt er als materielles Band eine vollständige Zoüeinigung zwischen Frankreich und Deutschland vor, die in ihrer Art eine ähnliche Kraft der Ver söhnung und friedlichen Einigung üben werde, wie einst der Zollverein in Deutschland (v'est ie Zollverein qui a ets le p^re cke I'units »Uemanckv. v'u»iou ckouLniöre ontre l'Xllemaxno et la b'raucv sorait la La cke» guerres et Io rögue cku proxrsn en Lurope.) So weit wäre Alle- in schönster Ordnung und unser „Elsässer" könnte als ein „ehrlicher Makler" erscheinen, der selbstlos dem Frieden da- Wort redet, Freundschaft gegen Freundschaft, Vertrauen gegen Vertrauen anbietet. Aber er ist leider nickt so ideal, als er nach dem eben Geschilderten scheinen könnte. Er denkt zu stolz von der Freundschaft der „großen Nation", als daß er sie unentgeltlich au»bieten sollte; irgend rin Kaufpreis muß doch für ein so kostbare- Gut erlegt werden und der heißt: Elsaß-Lothringen! DaS also ist des Pudel- Kern und so versteht unser „ehrlicher Makler" die neue Freundschaft, die nach seiner Meinung mit einer Demüthigung Deutsch lands beginnen soll. Denn eine Demüthigung, die unS zum Gelächter der Welt machen müßte, wäre es doch ganz gewiß, wollten wir altes deutsches Land, daS wir nach einer langen Zeit der Schmach unter Strömen von Blut zurückgeholt haben, nun aufs Neue preisgeben, ja aus freien Stücken Demjenigen schenken, der es unS einst >n schwacher Stunde geraubt und abgelistet hat. Und gesetzt, wir würden wieder einmal die Dummen sein und Elsaß-Lothringen herauSgeben, wer bürgt uns denn dafür, daß Frankreich dann u,cht auch in das allgemeine Gelächter einstimmte und unS spottend über den Rhein hinüberriefe: Mein Land habt ihr mir wiedergegebcn; aber ihr habt damit nur eure Pflicht und Schuldigkeit gegen die große Ration Igetyan: auf ihre Freundschaft habt ihr darum n»ch lange keinen Anspruch?! Glaubt denn irgend Jemand im Ernst, daß Frank reich, wenn es sich erst wieder im Besitze der Rhein- und Vogesenlinie, im Besitze von Metz und Straß burg sieht, friedlicher werden wird? Du grund- gütiger Himmel; eher wird der Rhein rückwärts laufen und der WaSgau Zusammenstürzen. Unser „Alsacien" mag ein Schwärmer sein, vielleicht ein Deutscher trotz seiner französischen Zunge; er mag es ehrlich meinen; die Stimmungen und Strömungen aber, die in Frankreich herrschen und noch lange Zeit herrschen werden, berechnet er falsch. Dielen Strömungen gegenüber ist die Thatsache, daß durch den Üebergang von Elsaß- Lothringen an Deutschland die AuSsallthore, die Frankreich dort besaß, zu Vcrtheivigungöbollwerken geworden sind, die den unruhigen Nachbar v«n neuen Kriegen abschrecken, erae.v'el solidere und zuverlässiger» Friedensbürgschaft, als eS die Rück gabe von Elsaß-Lvthriugen jemals sein würde. Ein deutsch - französisches Bündniß ist ein schö ner Gedanke; aber etwas Unwahreres und Un natürlichere- könnten wir unS jetzt kaum den ken. Wir sind vollkommen zufrieden, wenn uns Frankreich in Ruhe läßt, unS in unserem Be sitze, in unserer Entwickelung nicht stört. Je länger Dies geschieht, desto mehr ist Aussicht, daß der jetzige Haß einem friedlichen Nebeneinander leben weiche, aus dem sich vielleicht einmal ein freundschaftliches Zusammenwirken und Wettstreben entwickeln kann. Ein deutsch-französisches Bündniß aber scheint uns in absehbarer Zeit weder möglich noch nöthig; wir dürfen eS nicht erhoffen, aber wir brauchen e« auch nicht. Tagesgeschichüiche llrberficht. Leipzig. 12. März. Die Bedeutung der soeben zum Gesetz erhobenen Stellvertretungsvorlage ist nach der „Köln. Ztg." in folgende kurze Sätze zusammenzufaffen <dw im Wesentlichen mit dem gestern von uns Hervorgehobenen zusammenstimmen). Das Gesetz giebt zuerst die Möglichkeit, den Fürsten BiSmarck dem Reiche zu erhalten, ihm eine Schonung seiner Kräfte zu gestatten, welche ihn hoffentlich noch lange Jahre in den Stand setzen wird, in einheit lichem Geiste die Oberleitung deS deutschen Rei ches zu führen, wozu es ihm die direkten Mittel giebt. — Die Stellvertretung ermöglicht einen guten Fortgang der Geschäfte und der Entwickelung der Gesetzgebung für die noch vorhandenen Lücken, ohne die harmonische Einheit zu gefährden. — DaS Gesetz hat die Schwierigkeiten beseitigt, welche von Seiten der Verfassung der Schaffung selbststän diger ReichSverwaltungsreffortS bisher im Wege standen. Und wenn auch von Seiten der drei Hauptvertreter deS Particularismus, Bayern, Württemberg und Sachsen, gegen „Reichs-Ministe rien" Einsprache erhoben wurde, so giebt das Gesetz gleichwohl di« Möglichkeit, thatsächlich solche zu schaffen und zugleich dem Reichskanzler die von ihm stet- als nothwendig betonte Macht der entschiedenen Ccntralleitnng zu bewahren. — Bezüglich der allgemeinen Stellvertretung ist ermög- licht, daß die notbwendige Verbindung zwischen dem preußischen Ministerium und insbesondere dem preußischen Finanz-Ministerium und Bice- Präsidium auf der einen und zwischen der ReichS- leitung und den Reichsfinanzen auf der andern Seite hergestellt werde. — Die Vorlage durch den Bundesrath hat die Nothwendigkeit organischer Ausgestaltung der ReichSverwaltuna außer Zweifel gesetzt. Mag man sich auch noch so sehr sträuben, der gelegte Keim wird sich entfalten. Wir werden und müssen nicht zum Einheitsstaat, aber zur wirk lich organisatorisch-staatlichen Verwaltung der Reichsangelegenheiten gelangen. — So begrüßen wir das Gesetz trotz aller Schwächen und aller Ungewißheit alS einen Fortschritt zum Bessern, freuen unS schließlich ganz besonders über die politische Mäßigung der liberalen Partei, welche, das erreichbare, das gewisse Gute dem ungewissen Bessern vorziehend, gerade dadurch, weil eS nur von ihr abhuig, das Gesetz zu ändern oder zu Falle zu bringen, ihre Regierungssähigkeit bekundet hat. Zur inneren Lage schreibt man der „Magd. Ztg." aus Berlin: Des Kanzlers Gesundheit foll wieder sehr angegriffen sein, was ja auch aus der ganzen Art seiner Betheiligung an den Debatten während der letzten Wochen für jeden Anwesenden deutlich zu erkennen war. E« war also hohe Zeit, die verantwortliche Stellvertretung für den ersten Reichsbeamten zu regeln, um auS Verhältnissen, die für alle Betheiligten etwas geradezu Aufreibende- und Unerträgliches hatten, heraus und in leidlichere, relativ wenigstens bessere Zustände hineinzukommcn. Die allgemeine L^e ist freilich auch jetzt -roch eine in hohem Grade unerquickliche. Don den Hoffnungen, die man vor Monaten hegte und noch bis vor wenigen Wochen hegen durste, daß es ge lingen werde, eine feste, compacte Majorität zu bilden, welche durch einige ihrer Führer in der Regierung vertreten wäre, hat die Entwickelung der Dinge in letzter Zeit, wie es scheint, ziemlich «eit abgeführt. Fürst BiSmarck wünscht die Stimmen der Liberalen für große indirekte Steuern, womög lich für das TabakSmonopol. Er weist aber die nothwendigen und sehr maßvoll gehaltenen Wünsche der Volksvertretung, Bürgschaften für ihre constl« tutionellcn Budgetrechte zu erlangen, einfach mit der Antwort zurück, cs sei dies eine Sache des Vertrauens. — So ist denn jetzt durch daS Stellvcrtretergesctz ein Vicekanzlerposten geschaffen; aber von den, Vice- kanzler, der den Posten einnehmen wird, verlautet Nichts. Wird aber dieser politisch hochwichtige Posten nicht mit einer Persönlichkeit befctzt, welche Autorität in und Fühlung mit den Majoritäts- Weisen des Reichstages besitzt, so werden die Ge- chäfte des deutschen Parlaments wie des preußi- chen Landtages wie bisher so auch in Zukunft nur unter den alten leidigen Reibungen und ärger lichen Mißverständnissen in langsam schleppender Weise — so daß die dringendsten Aufgaben immer aufS Neue verzögert werden — ihren Verlaus nehmen können. Davon, daß der Posten des Finanzminister« mit derselben Person besetzt sein soll, die den Kanzler im Reiche vertritt, scheint Fürst BiSmarck gänzlich zurückgekommen zu sein. Man sagt, weil er mit seiner Ansicht namentlich in Bezug auf die gewünschte Persönlichkeit an entscheidender Stelle nicht durchzudringen vermochte. So ist auf allen Pnncten die eigentliche Entscheidung, welche zu einer Klärung der Lage führen muß, abermals hinausgeschoben; weder bei der ersten Lesung der Steuervorlagen noch aus der zweiten Staffel der Entwickelung — wo man sie mit Bestimmtheit erwartete —, bei der Stellvertreterdebatte, ist sie erfolgt. Es sind nur Nebenentscheidungen gefallen: bei der ersten Gelegenheit ward da- Geschick Camphausen's ziemlich sicher besiegelt, bei der zweiten ward die Reichsorganisation um einen Ruck weiter gebracht. Die weiteren Beschlüsse de» Reichs tages m Sachen der Steuergesetze bilden eine dritte Gelegenheit, um zur Klarheit über die nächste Zukunft zu gelangen; wir werden sehen, was auf dieser dritten Etappe sich ereignen wird. Sehr vertrauensvoll nach ihr hinzublicken, bietet die augenblickliche Constellation wahrlich keinen Grund. Der „Wescr-Ztg." schreibt man aus Berlin, l l. März: Anläßlich de- gestrigen Ausfall- des ReichskanzlerS auf den Abg. LaSker erinnert man sich, daß die heftigen Angriffe, welche gerade der Genannte bei der ersten Berathung der Steuer- gesetze gegen den Finanzminister Camphausen ge richtet hatte, sowohl bei dem Fürsten Bismarck wie an höchster Stelle große- Mißfallen hervor gerufen haben. Zudem wird auch — mit welchem Recht, mag dahin gestellt bleiben — gerade ihm ein wesentlicher Einfluß auf die scharfe Formulirung der verfassungsmäßigen Garantien zuaesckrieben. welche di^ Führer der nationalliberalen Partei als Vorbedingung der Steuerreform fordern. Wenn übrigens Correspondenzen, welche sich den Schein kcuizlerischer Inspiration zu geben pflegen, wie z. B. die der Wiener „Polit. Corr." mit einer ge wissen Schadenfreude constatiren, daß die National- liberalen nicht mehr von der Beseitigung des Art. 109 der preußischen Verfassung sprechen, son dern nur noch von der Quotisiruna der Ein kommensteuer, so ist da- reiner Unverstand. Da angebliche Zurückweichen der nationalliberale« Partei von ihren früheren Forderungen epistirt bisher nur in der Phantasie ihrer Gegner. Der Ertrag der Claffensteuer und der classiftcirten Ein kommensteuer belief sich im Jahre 1875 aus 74V» Mill. Mark und wenn dieselbe in den letzte» Jahren auch um einige Millionen gefallen ist, s» ist diese Summe doch so erheblich, daß da- Recht der preußischen Vertretung, je «ach Bedarf eine größere oder geringere Quote dieser Steuern zu erheben, eine hinlängliche Garantie gegen die etwaigen Rückwirkungen einer Vermehrung der Erträge der indirekten Steuern seitens deS Reiches auf die preußischen Finanzen gewähren würde. Ist diese angeblich neue Forderung so sehr viel be scheidener als die frühere, so wäre ja um so eher zu erwarten, daß die Regierung sich zu diesen, „Handel" bereit finden ließe. — Zur Steuerfrage verlautet neuerdings, auf Veranlassung des Reichs kanzlers sei der Generaldirektor der indirekten Steuern im preußischen Finanzministerium, Geh. Oberfinanr- rath Burg har dt, beauftragt worden, eine Denk schrift über die Frage Fabrikatstcuer oder Tabak monopol auszuarbeiten, welche noch in dieser Session dem Reichstage vorgelegt werden solle. Auf den erste« Blick klingt diese Nachricht reckt plausibel; indessen könnte dre Denkschrift doch nicht wohl mit Um gehung des Bundesraths an den Reichstag gelan gen; im Bundesrathe aber würde man sic^Ubcr etwaige Conclusionen aus dem vorgelegten Mate rial in so kurzer Zeit schwerlich schlüssig machen. DaS Gerücht übrigen«, daß Geh. Oberftnanzrath Burghardt für den in Aussicht genommenen Posten eine- Reichssinanzministers oder ReichSschatzsecrc- tairs bestimmt sei, hat mindestens große Wahr scheinlichkeit für sich. In Reichstagskreisen tauchte am Montag von Neuem das Gerücht auf, der Oberpräsident von Hannover, Graf zu Eulenburg, wäre auSer- sehen, seinen Onkel, den beurlaubten Minister des Innern, zu ersetzen. Genauere- wußte Niemand zu sagen. Der Finanzminister Camphausen wurde am Montag Mittag vom Kaiser empfangen; er er neuerte, wie verlautet, seine Bitte um Entlassung. Der Kaiser habe jedoch den Minister abermals ad- schltiaia beschiedeR. Der Minister vr. Friedenthal soll neuerding- eine Denkschrift Uber die Finanz- und WirthschcsstS- frage für den'Reichskanzler ausgearbeitet haven. „Damit" — bemerkt die „N. Pr Ztg." — „waa das Gerückt im Zusammenhänge stehen, daß Fürst Bismarck aus seinen früheren Wunsch, dem Minister vr. Friedenlhal das Finanz-Ministerium zu Über tragen, wieder zurückgekommen sei." Die Poftcommission de- Reich-taae- w«rd binnen wenigen Tagen in der Lage sein, über ihre Berathungen und Beschlüsse Bericht zu erstatten. Den meisten Sitzungen wohnte der Generalpostmeister vr. Stephan mit seinen beiden Commissaren Mießner und Kramm bei. Es war behauptet worden, auS Ersparnißrücksichten wäre eine große Menge von etatsmäßigen Stellen un besetzt gelassen worden; die amtlichen Ausweise ergaben, daß zu Ende de» vorigen Jahres im Gebiete des gcsammten Ressort- nur vier Post- secretärstellen vacant waren und zivar au- rein äußeren Gründen. Die Commission hat sich an gelegen sein lassen, alle ihr vorliegenden Petitionen und Beschwerden aufs Gründlichste zu prüfen, und das hierzu erforderliche Material stellte ihr der Gcneralpostmeister bereitwillig zur Verfügung.