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Erschekrt täglich früh 6»/, Uhr. Lrsacti»» mit Le»cdUts» Johanmüg^fte 3L. Lpttch-vidri: dir vräartünl: Lormittags 10—l 2 Ukr. Nachmittags 4—S Uhr. Annahme der für die nächst- f-jacndr Nummer bestimmten Inserate au Wochentage« dis 8 uhr Nachmittags, an Toau- «ud Festtagen früh bis '/,d Uhr. z« »en FNtate, stir Ins. Tnnahme: Ott» Sleunu. UuiverfittttSstr. 22, üsuts Lüfche, Katbarinrnfir. 18,p. «ur bis '/^ Uhr. MMger MgMM Auzeiger. LrM für Politik, Localgrschichtr, Handels- und Geschäftsverkehr. «»«»,- l»,rso. Ld»,nemr»i„rrt, viertelt. 47.WL. incl. vringrrlohn S Mki, durch di« Post bezogen 8 ML Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen »hue Postbesbrdrrmig 3« Mf. «tt PostbesÜrderung 4L Mk Ziijerate Sgesp Petttzeile 2t> Pf Grünere Schriften laut unsere»' Preisverzeichnis. — Tabellarischer Satz nach höherem Tarif. Nerlovtii nnter de« üedactt»»«g»i« di« Spaltzeile 40 Pf. Inserat« sind petS an d. ErpedUtv» zu senden — Rabatt wird sich.' gegeben. Zahlung pr»«uunsr»n0-> oder durch Postvorschuß. 58. Mittwoch den 27. Februar 1878. 72. Jahrgang. Bekanntmachung, die Eröffnung der Wirksamkeit »es Gewerde-SchiedSgerichtS in Leipzig »etreffeu». Nachdem nunmehr der in der Person des Herrn Etadttatb Wilhelm Gustav Dielet ernannte Vorsitzende deS Gewerbe-Schiedsgerichts von unS unter Verweisung auf seinen Amtseid in Pflicht genommen, auch die nachstehend- suk G verzeichneten Beisitzer als gewählt und der. für Nichtwählbare oder Ablehnende statut- gemäß einberufen, festgestellt und eidlich verpflichtet worden sind, so bringen wir dies hierdurch mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß, daß das für die Stadt Leipzig errichtete Gewerbe-SchledSgericht mit »cm 2S. Februar 1878 seine Wirksamkeit beginnt und von diesem Tage ab an Stelle der bis dahin hierfür bestimmten Behörde mit der Entscheidung derjenigen Streitigkeiten zwischen dem für die Stadt Leipzig mit Gewerbeanmeldeschein versehenen selbstständigen Gewerbetreibenden resp. Kaufleuten oder Fabrikanten einerseits und ihren Gewerbe- gehülfen oder Lehrlingen andererseits bettaut ist, welche sich auf den Antritt, die Fortsetzung oder Aufhebung d«S Arbeits- oder Lehrderhältniffes, auf die gegenseitigen Leistungen während der Dauer desselben oder auf die Ertheilung oder den Inhalt der in den ßß. 113 und 124 der Gewerbeordnung erwähnten Zeugnisse beziehen. Die am 22. Februar 1878 bei den bisher zuständigen Behörden bereits anhängigen Streitigkeiten ge dachter Art sind nach 8- 3 des betreffenden Ortsstatuts bei diesen Behörden auch zur Erledigung zu bringen, dafern nickt beide Parteien mit der Ueberweisung derselben an das Gewerbe-Schieosgericht einverstanden sind. Die erste öffentliche Sitzung des Gewerbe-Schiedsgerichts, welcher eine die Eröffnung einleitende Ansprache deS Gerichts-Vorsitzenden vorangchen wird, soll Freitag, den 1. März 1878, Nachmittags 4 Uhr in dem für dergleichen Sitzungen bestimmten Locale, dem Schulsaale der V. Bürgerschule am Schietterplatze köstliche Eingangsthür, 3 Treppen), stattfinden und wird die Tagesordnung für diese, wie für alle künftigen Gerichtssitzungen der Regel nach spätestens drei Tage vor der Sitzung sowohl im Rathhaus-Vorsaale als auch im Parterre des zum Sitzungslocale in der V. Bürgerschule führenden östlichen Treppenhauses ausgehängt werden. Leipzig, den 21. Februar 1878. DerNath derStadtLeipzig vr. Tröndlin. Wangemann. G Verzeichirisi der Beisitzer zum Gewerbe Schiedsgericht i». Arbe Carl August Werner, Tischlerobenneister, A. Wiih. Birkholz, Dekorationsmaler, «ug. «f. Christoph Mauff, Schuhmacher Obermeister, Otto »lem«, Baumeister, Otto Wiltzelmy. Klempner, Paul »retschmann, Kaufmann «. Loreuz »rauhe, Kupferstecher, Her«. Guft. Leiiching, Hutnurchermeister, Job. Franz Micha«», Tapezierer, Fra«-K. Biclor Karl, Schneidermeister, Jotz. F. Gl»». Grler, Kürschnermeister, Gs. Gnft. Frttzfche, Buchbinder, August Frttzsche» Bäckerobermeister, Hermann Hatz«, Drechslermeister, Jnl. Nich. Heine rwa., Goldarbeiter, itg eher: 1«) v Mar Hoffmaun-Ltmke, Mechanikus, 17) «nstao »Shler, Kaufmann, 18) Joh. Gf. »arl »raufe, Maschinenfabrikant, Z 19) Moritz Vollrath, Restaurateur, 20) David Aug. Letzter, Scbloffermeister, 21) C. Conrad «uschpler, Kaufmann, 28) Carl Fritschmaun. Glasermeister, 23) «. Th. «r. Schultze, Friseur, 24) Franz Albert Stickel, Seifenfabrikant, 25) Nein«. Wanckel, Pianoforiefabrikant, 2«) Frau- Wild. Firner. Fierscherobermeister, 97) H Ed. Perlttz, Schmiedemeister, 28) Alderl Marti«, Eonditor, 20) C. H. Neickert, Spiegeirahmenfabrikant, 30) Franz H. Brümmer, Glasermeister: 1 2 3 4 5 8 7' 8 9 10' 11 12 13 14 15 k) Arb Carl Grimmer gen. Simon, Steinmetz, Joseph Schmidt, Schuhmacher, Carl Nvland, Zimmermann, F. Ackermann, Tapezierer. Carl Günther, Klempner, Gustav Wöro, Schmied, Gustav Adolf Müller. Schriftsetzer. Wilhelm «ras. Glaser, Angust »hnaft, Maurer, Gnsta» Wvnicke, Notenstecher, Carl Wieder anders, Lackirer, Herma»« Schnei, Schneider, Jacob Mühlländer, Schneider, Carl Niel«», Schlosser. Nobcrt Weber, Tischler, eitnehmer: 18 17' 18 19 20 21 22' 23 24) 25 28 27' 28 29) 30) Nobert »eil, Schlosser, Wilhelm Fischer. Lithograph. . «ustab Adolf «Shler, Martchelser, LouiS Svth, Cigarrenarbeiter, Ed. Vvrnmann, Drechsler, Peter »redS, Cigarrenarbeiter, C. -. «. »ietzltng, Markthelfer, Carl Seifert, Instrumentenmacher, Theodor Merz, Kürschner, Theodor vurckhardt, Lyloaraph, Leop. Fel. «ernuth, Schriftsetzer. Her», »riemichen, Hutmacher, Emil Sehfert, Jnstrumentmmacher, H. W. Hugershoff, Drechsler, Wilhelm Pfau, Schriftsetzer. Bekanntmachung. Die beim Bau der Brücke über den Efftermühlgraben in Verlängeruna der Canalsttaße erforderlichen Erd-, Maurer- und Steinmetzarbeiten, die Lsphaltirung der Brücke, die Pflasterarbeiten, sowie die Herstellung der Streich- resp. Fangdämme und der eichenen Flügelwände, einschließlich der Materialienlieferung, sollen ungetrennt in Accord vergeben werden. Diejenigen Baugewerken, welche diese Arbeiten zu übernehmen gedenken, werden aufgefordert, die auf unserem Bauamte ausliegenden Zeichnungen und Bedingungen einzusehen und ihre Offerten unterschriebe«, versiegelt und mit der Aufschrift: „Arbeiten für bie Funkenburgbrücke" versehen bis zum 4. März d. I., Nachmittags 5 Uhr ebendaselbst abzugeben. Leipzig, am 13. Februar 1878. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Wangemana. Bekanntmachung. Das 2. Stück des diesjährigen Reichs-Gesetzblattes ist bei uns eingegangen und wird did zNM 1k. kftg. Mo», auf dem Rathhaussaale öffentlich ausbängen. Dasselbe enthält: Nr. !220. Bekanntmachung, betreffend die Außercourssetzung verschiedener Landes-Silber und Kupfermünzen. Vom 28. Februar 1878. Leipzig, den 25. Februar 1878. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Eerutti. Bekanntmachung. Der Fleischermeister Friedrich Aerdtnaud Nothe beabsichtigt in dem a» der Gerberstraße unter Nr. 22 gelegenen Grundstücke Nr. 1926 des Flurbuchs und Fol. 1214 des Grund- und Hypothekenbuchs für die Stadt Leipzig eine Schlächterei für Kleinvieh zu errichten. Wir bringen dieses Unternehmen hiermit zur öffentlichen Kenntniß mit der Aufforderung, etwaige Ein wendungen dagegen, welche nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen und längstens am IS. März dieses Jahre» bei uns anzubringen. Einwendungen, welche aus besonderen privattechtlichen Titeln beruhen, sind, ohne daß von der Erledigung derselben die Genehmigung der Anlage abhängig gemacht werden wird, zur richterlichen Entscheidung zu verwesten. Leipzig, am 23. Februar 1878. Der «ath der Stadt Leipzig. vr Tröndlin. Holzpflanzen - Verkauf. Von dem Leipziger Forstreviere Connewitz können in diesem Frühjahre durch den Revierverwalter Herrn ASrster Schünhcrr in Connewitz (Postamt Connewitz-Leipzig) nachbenannte Holzpflanzen bezogen werden, als: 15 Hundert eingeschulte «othbnchen, 1 M. hoch 5 - - Vergahvrn, 1'/,—2 M. hoch ... . 300 - Mveijähr. Etchensaat roo . «injäbr. Eschensaat 10 Sjäbr. gut bewurzelte Etchen-AuOschNtz'Pflanze» . 8 - 4Mr. dergl. Eschen-AuSschnhpPflanze« .... 30 - Fichten mit «allen l—l'/, M. hoch L Stück 50 8 - dreftähr. weitztanuene Saatpflanzen Verpackung und Transport zur Bahn wird nur nach den Selbstkosten berechnet. Leipzig, am 12. Februar 1878. , ^ Des «ath» Forst-Deputation. Bekanntmachung. Zum Behuf der gegen das Ende jedes akademischen Halbjahres zu haltenden Revision der Universitäts bibliothek werden diejenigen Herren Studirenden, welche Bücher aus derselben entliehen haben^ aufgefordert, diese während der Zeit vom 27. Februar bis 1. März gegen Zurückgabe der Empfangsbescheinigungen ap ruliefern. Die Ablieferung wird m der Weise zu geschehen haoen, daß diejenigen, deren Namen mit einem der Buchstaben von 4 bis S anfangen am 27. Februar (früh von 10—1 Uhr), die deren Namen von 4 bis « beginnen, am 28. Februar (früh von 10—1 Uhr) und die Uebrigen am 1. März (früh von 11 — 12 Uhr und Nachmittags von 2—4 Uhr) abliefern. Alle übrigen Entleiher werden aufgefordert, die an sie verliehenen Bücher am 7., 8. oder 9. März (während der gewöhnlichen Oeffnungsstunden) zurückzugeben. Während der Revisionszeit (27. Februar b,S 13. März) kann eine Ausleihung von Büchern nicht statt ftnden. Ebenso wird während derselben das Lesezimmer geschloffen bleiben. Leipzig, den 25. Februar 1878. Die Direktion der Universitätsbibliothek vr. Krehl. 7. 7. 7. "/. 7. 7. --- 18 .äl — 4 18 - - - 1,50-2 - 75 4 4 - — - z - — « 40 - — - 3 - - - Leipzig. 28. Februar. Der Himmel hängt wieder voller Wolken. Der russisch-türkische Friede ist zwar fertig; aber eS ist ein Friede, bei dem man an Krieg denkt, ein Iueu8 » non lueenclo; denn er schein! die Keime neuer schwerer Confiicte zwischen Ruß- la»d und den anderen an der Orientsrage be theiligten Mächten zu enthalten. Die FnedenS- pnncte sind zwar noch nicht mit Sicherheit be kannt; aber eine Vergleichung der verschiedenen Lesarten eraiebt doch, daß weder die Lösung der bulgarischen, noch die der Donau- und Dardanellenfrage, wie Rußland sie beabsichtigt, die Zustimmung Oesterreichs und Englands finden wird. Um bei den Dardanellen anzufangen, so ist zwar da- Interesse de- Handel« durch die Offenhaltuna der Meerengen für Handelsschiffe gewahrt; eS ist das zugleich daS einzige deutsche Interesse an jenem Puncte. In die Swlicßuna für Kriegsschiffe aber wird England sich schwerlich ohne Weiteres fügen. Die Freiheit der Donaumündungen ist durch die Rückerwerbung BessarabienS bedroht. Bulgarien soll zwar nickt bi- nach Adrianopel, jedenfalls aber Über den Balkan und bis nach Philippopel und Sofia hinabreichen; der von den Notabeln zu er wählende Fürst soll zwar der Bestätigung durch die Großmächte bedürfen und keinem der regie renden Fürstenhäuser angchören; auch soll nach einer Lesart die zweijährige Beaufsichtigung Bul garien- von Rußland und Oesterreich gemeinsam geführt werden; doch würde das nicht sehr ins Gewicht fallen, wenn sich bestätigen sollte, daß Rußland die alleinige milrtairische Besetzung auf zwei Jahre für sich in Anspruch nimmt. Der Uebergana der Dobrudfcka an Rumänien würde Oesterreich nicht berühren, wohl aber die Ver größerung Serbien« und Montenegros durch Stücke, welche Oesterreich begrenzen oder nahe an seiner Machtsphäre liegen. Auch würden die Griechen sich wieder stärker regen, wenn eS wahr k sein sollte, daß ihre LandSleute auf dem Balkans zum Thcil in daS neue Bulgarien hinüber ge- nouttnen, also unter flämische Herrschaft gebeugt werden sollen. Dazu kommt noch da« auss Neue auftauchende Gerücht, daß die Türkei sich zur Ab tretung von (k) Panzerschiffen an Rußland ver pflichtet habe, waS wiederum England nicht paffen würde. Kurz, der Differenzen giebt eS viele, und kein Wunder ist es dah«, daß England und Oester reich ihre Vorbereitungen zur Conferenz — durch Rüstungen treffen. In Wwn stellt man allerdings noch immer in Abrede, daß man zum Kriege gegen Rußland rüste und zu diesem Zwecke einen Credit nachsuche; man wolle vielmehr, um ein Gegen gewicht gegen die Festsetzung Rußlands in Bulgarien zu schaffen, BoSnien und die Herzegowina besetzen. AuS der Bfaudnahme kann aber schließlich eine Besitzergreifung, aus der Demonstration ein kriege rischer Eonflict erwachsen. lieber den Eindruck, ivelchen die Steu er debatte hinterlassen, und über die Haltung, welche die nationalliberale Parte» zur Reich-« regierungskrisi« einnehmen wird, theilt die„Nat.-Lib. Corresp." folgende Betrachtungen mit: Die auf richtigsten Freunde des Reiche- im Parlamente fühlen sich bitter enttäuscht. Nicht wegen der per sönlichen Wendung, welche die Verhandlung am Sonnabend genomnien. Diese konnte nur im In teresse de- .Herrn Camphausen selbst bedauert werde». Einen so hochgeachteten, durch einen lang- bewährten politischen Charakter ausgezeichneten, um dre preußischen Finanzen sehr verdienten Mann sich vor der Reich-Vertretung aus einen so wenig erhabenen Standpunkt stellen zu sehen, muß den unbefangenen Beobachter aus rein menschlichen Gründen schmerzlich berühren; für die Sache ist es ohne Bedeutung. Was in letzterer Beziehung in« Ge wicht fällt, ist allein der Umstand, daß in den erwähnten Verhandlungen die schweren Gebrechen der heutigen Organisation der Reichsverwaltung greller als je anS Licht getreten sind, ohne daß von Seiten der ReichSregierung die Bereitwilligkeit sich gezeigt hätte, auf die unerläßlichen Bedingungen einer ge sunderen Gestaltung einzugeben. Das allgemeine Bedürfniß weist auf eine umfassende Steuerreform. Der Reichskanzler erklärt: Auch ich habe die« Be- dürfntß längst auf- Tiefste empfunden, aber ich bin machtlos ohne den preußischen Finanzminister; ihm muß ich die praktische Initiative zu Steuervor- laaen überlassen. Hat aber der Reichstag irgend- welche verfassungsmäßige Garantie, daß diese Ini tiative auch ausgeübt wird? Der preußische Fmanzmmister ist innerhalb des legislatorischen Apparates de- Reiches eine unbekannte Große; der Reichstag hat also gar keine Möglichkeit, ihn zur Erfüllung einer Pflicht anzuhalten. Es ist in daS Belieben dieses Manne- gestellt, ob er die Bedürfnisse des Reiches wahrnehmen will oder nicht. Die Forderung eine- eigenen Reichsfinanzamt« unter einem mit voller Verantwortlichkeit auSge- statteten Leiter liegt sonnenklar in der Natur der Sache; sie ist die Vorbedingung für die Durch führung einer Steuerreform nicht allein, sondern sogar für die Aufstellung eines wirklich ausführbaren Plane- derselben. Nichts konnte Die- deutlicher be weisen, alS der Verlauf der Verhandlungen über die Tabaksteuer. Daß diese Vorlage so, wie sie lag, al- AuSganoSpnnct für eine Steuerreform nicht betrachtet werden konnte, darüber waren alle Parteien einig. Allgemein ging die Ueberzeugung dahin, daß au- der Besteuerung des Tava» e,n weit höherer Ertrag erzielt werden müsse, daß Dies aus Grund der jetzigen Vorlage indeß durchaus nicht zu er reichen sei. Die Motive derselben hatten selbst ausdrücklich au-aeführt, daß die gegenwärtig in Vorschlag gebrachte Maßregel nur em Nothbehelf zur Deckung de- augenblicklichen Deficit« sei und daß durch sie einer höheren Besteuerung de- Tabaks in keiner Weise präjudicirt werde. Wie unerwartet entpuppte sich aber die Vorlage im Laufe der Ver Handlung! Nach den ersten Angriffen hieß es vom Regierunastische, sie sei da- nothwendige Dnrchgangs- stadium, sei e- zum amerikaniscvcn System, sei e- zum Monopol Dann erklärte Kürst Bismarck rund heraus, daß er das Tabaksmonopol erstrebe und der Vorlage als einer zur Anbahnung desselben ge« eigneten Maßregel seine Zustimmung gegeben have; und schließlich gestand Herr Camphausen, nachdem er am Tage vorher die gewichtigsten Bedenken ge gen das Monopol geltend gemacht hatte, daß in der That mit dieser Vorlage die Vorbereitung des Monopols bezweckt sei. <so war der Reichstag mit dem Monopol geradezu überrumpelt. Mail mag über daS Tabaksmonopol denken, wie man will — wir unsererseits sind der Ueberzeugung, daß die einschlägigen Fragen noch bei Weitem nichr reiflich genug erwögen worden sind, um eine definitive Entscheidung zuzulässen—, darüber aber ist man allge mein einverstanden, daß es nicht aus solchem Wege vor den Reichstag gebracht werden durfte Wir nehmen nicht an, daß auf irgend einer Seite die Absicht einer Dupirung der Volksvertretung bestanden habe; aber dann war der ganze Vorgang das Symptom einer wahrhaft erschreckenden Zer fahrenheit und Planlosigkeit in der Leitung der Finanzangclegenheiten de- Reiches. Wie in aller Welt soll der Reichstag einer solchen Leitung gegen über das Vertrauen bewahren können? Wahrlich, berechtigter, als je vorher, war am Sonnabend der Ruf, daß es so nicht weiter gehen könne. Was aber geschah von Seiten der Regierung? Die nationalliberalen R^ner mochten noch so über zeugend den inneren Zusammenhang der Steuer reform mit der RelchsorganisationSsrage Nach weisen, mochten noch so laut die staat-recht lichen Vorbedingungen der Steuerreform betonen — sie sprachen in den Wind, für die Regierung, für den Reich-kanzler schien dieser Zusammenhang gar nicht zu existiren. Es begreift sich, daß aus dem Boden einer solchen Situation eine Reform arbeit, wie sie in den letzten Monaten erörtert worden, nicht unternommen werden kann. Die Führer der nationalliberalen Partei sind entschlossen, und haben Dies auch, wie wir hören, in lieber einstim mung mit der gesammten Fraction bereit«