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- Erscheinungsdatum
- 1876-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187607055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18760705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18760705
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1876
-
Monat
1876-07
- Tag 1876-07-05
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Monat
1876-07
-
Jahr
1876
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3842 B»el nachhaltiger und wohlthätiger aber wirken, ohne diese Hülse in der nächsten Nähe entbehrlich zu machen, geschlossene Wälder, welche die Stadt ringS umgeben sollten. Sie brauchen nicht im Weichbilde der Stadt zu stehen, waS sociale Uebelstände und Gefahren mit sich bringen könnte. Aber die die Stadt beherrschenden Höhen, für Leipzig in einem Abstande von 3—5 Kilometer von der Stadt gelegen, sollten je nach der Boden- beschafsenheit niit Laub- oder Nadelholz sorstgerecht bepflanzt werden. Der ansehnliche Streifen Lauv- kolr des „Rosenthales" kann nur höchst wenig Schutz gegen kalte, trockene und zu heiße Winde gewähren, da er sich im Nordwesten in einer Thalmulde hinzieht, welche an sich Feuchtigkeit genug besitzt. Bis bessere Zeiten kommen, sind wir also auf daSGprengen mit Wasser verwiesen. Bei dem gegen wärtig außergewöhnlichen WachSthume Leipzigs wird aber selbst die erweiterte Wasserkunst nicht lange ausreichen. Dahin zielend komme hier eiu Vorschlag zum Abdruck, welchen das Leipziger Tageblatt vom 24. Juli 1875 brachte. Trinkwafser für Leipzig. Schreiber Dieses ist kein Bewohner Leipzigs, sein Weg fährt ihn aber öfters von seiner ländlichen Besitzung in die Stadt und bei dem Wasserwerk vorüber, welche« dieselbe mit Trinkwafser versehen soll. Er kann dabei nicht genug seine Bewunderung aussvrechen, daß man mit außerordentlichem Aufwand von Kosten das Pleißen- wasser w. erst mühevoll auf die Höhe hinau'leitet, um dann die Stadt von hier aus mit einer Flüssigkeit zu versehen, die man unmöglich mit dem Namen „trink wasser" belegen kann, während doch die Versorgung Leipzigs mit einem gesunden, frischen Trinkwasser sebr einfach wäre. Leipzig ist im Südostrn von einem Höhenzuge um geben. der vom Napoleonsstein zwischen Stötteritz und Probsthaida hindurch sich nack Mölkau und Paunsdorf biuzieht. Auf diesem Höhenzuge wird man in geringer Liefe ein frisches, gesundes Trinkwasser finden, und eine hinreichende Anzahl Brunnen würde die ganze Stadt mit Lrinkwassrr versehen können. Freilich wür den aber die Brunnen bald verstechen, würben sie nicht gegen das Anstrocknen geschützt und dafür gesorgt, daß ihnen immer wieder cine hinreichende Menge Wasser aus dem Erdboden zugcführt würde. Aber auch Dies ist sehr einfach. Mau umpflanze jede» Brunnen in einem Umfang von 2 bis 3 Hektaren mit Laubbolz Mit dem Hcranwochsen deS Laübholzes wird der Wasserstand in den Brunnen in verbältniß- mäßiger Weise steigen. Ich bemerke hierbei nur bei läufig, daß der Wassergehalt im Boden im dickten Laubholz um 65 Proc. höher zu sein pflegt, als aus einem ohne Baumschutz der Sonne und dem Wind ausgesetzten Boden, vorausgesetzt, daß in dieser Wald parcelle das Ärasschneideu und Strcnmachen unterbleibt. Ist letzterer Unfug gestattet, so fällt der Wassergehalt „m 3» Proc. Man wähle im Anfang schnell wachsende Bäume, wie z. B. Pappel», Faulbäum u. derssl. Später können edle Hölzer, wie Eicken rc. dazwischen gepflanzt werden. Von den Brunnen aus kann das Wasser in einfachen Rohrleitungen der Stadt zugeführt werden und würde cS nur zweckmäßig sein, diese Nöhrleitungen ebenfalls mit Bäumen und Gesträuch zu überpflanzen. Der Ankauf des nöthigen Areals, die Anlegung der Brunne», die Anpflanzung von Bäumen, die Rohr leitung in die Stadt würden noch nickt so viel Kosten verursachen, als die Unterhaltung und fortwährenden Reparaturen der jetzigen Wasserleitung Die Vorthcile aber, eine so große und bevölkerte Stadt wie Leipzig mit einem gesunden, frischen Trinkwafser in hinreichender Menge zu versehen, wären unberechenbar. Das vom Schreiber Dieses vorgescklagcne Mittel »st übrigens keine von ibm gemachte neue Erfindung. Es ist das seit Jahrtausenden angenommene und stets be währte Verfahren im Orient, welches man hier einfach nachzuahmen braucht. Am Scblusie dcö Berichts und nachdem der citirte Artikel ausführlich beleuchtet worden, sagt nun der Verfasser noch Folgendes: „Daß Fickten und Tannen, andrerseits Bäume mit großen, flaumigen, den Ruß fangenden Blättern mitten m der Stadt nickt gedeihen nnd sogar unsere Linden in Folge des anhaltenden Einschluckens von Staub, Ranch und Leuchtgas reihenweise gelichtet werden, sehen wir täglich. Wir bringen höchstens Platanen, Ahvrne, Ulmen und Roß kastanien fort. Daß aber die Haut und die Lungen der mit jenen kränkelnden Bäumen in denselben Mauern wohnenden Menschen und die noch viel zarteren Organe der Kinder ähnlich leiden, fallt weniger in die Augen. In London ist es nickt einmal den Thcmse- schisien erlaubt, zu rauchen. In Paris sind die qualmenden nnd stinkenden Fabriken in das Quartier des srt8 iu8ululiro8 verwiesen. In Dresden drängt man die der Luft schädlichen (bewerbe in eine Vorstadt zusammen. Was thut Leipzig? AuS mißverstandenem Drange nach Bereicherung der Stadt und auS Unterschätzung der Nachtheile des RußcS und Rauches oder aus dem Umstande, daß maßgebende Personen nicht in der Nähe der suselentlasienden und den Fluß ver pestenden Weingcistsabriken wohnen, läßt man jedes Jahr neue Schlote mitten in bevölkerten Straßen einschalten. Durch unvollkommene Ver brennung deS Rauches und Rußes wird aber nicht allein der Gesundheit der Anwohner unmittelbar geschadet: cs wird auch da- Heizmaterial ver theuert, weil an besagten Stellen vielfach ver schwendet. Die von schrvercn, schwarzen Wolken qualmen den Esten würden schon weniger rancken, wenn jeder Ofen die dem Heizmateriale entsprechende Bauart, Rost und Züge hätte. Ferner wird durch die Art des AnhcizenS und des NachschüttenS oft gefehlt: langsames Ausschütten schließt allen Überflüssigen Qualm aus nnd daS vorige An- senckten der Kohlen vermehrt ihre Verbrennlich keit nnd Heizkrast. Zu einen« guten Betriebs- osen gehören eben vollkommene Rauchverbrennung und kingcschulte Bedienung. Diese Bemerkungen war ich meinen Mitbürgern schuldig, besonder- denen. welche zu der von «nir geleiteten Heilanstalt beisteuern. Sie sollen eben erkennen, daß man durch Verhütung von Krank heit uud durch Verlängerung des LebenS manchmal mehr nützen kann, als durch curgenblicklickeS Helsen." Nachtrag. * Leipzig, 4 Juli. Wir vernehmen, daß man sich in den vetheiligten militairischen Kreisen bereits mit den Vorbereitungen zu den im Monat Sep tember «n der Gegend zwischen Leipzig und Merseburg stattfindenden Manövern in ein gehender Weise beschäftigt. Eine Anzahl Ofsiciere des sächsischen Genera lstabeS, die Herren Oberst von HoUeden, Oberstlieutenant Schweingel, Hauptmann von Schimpfs und Hauptmann von Schlicken. sind hier eingetroffen und im Hotel de Pruffe abgcftiegen. Sie begaben sich heute aus das in Aussicht genommene Manöverterrain, um die nöthigen Erhebungen unzustellen. * Leipzig, 4. Juli. In diesem Monat, am 16. Jul«, friert ein auf dem Gebiet deS Feuer löschwesens hochverdienter Mann, der hiesige Feuer- löschdirector Herr Meister, sein 25jäbriges Jubiläum alS Feuerwehrmann. Herr Meister hat cSsowobl in seiner früheren Stellung alsCbargirter der freiwilligen Rettungscompagnie, als auch in seinem derinaligen verantwortungsrcichen Amte verstanden, sich allgemeine Hochachtung zu er werben, und es wird daher sein Ehrentag gewiß nicht unbemerkt vorübcrgeben. — Dem hiesigen Hvfuiusikhändler Commissions- rath C. F. Kahnt ist, nachdem ihm schon vor längeren Jahren voin Herzog von Sachsen-Alten- burg das Verdienftkreuz des S. Ernestinischcn Hausvrdens verliehen worden war, soeben als er höhte Auszeichnung durch Se. Hoheit das Ritter kreuz zweiter Elaste desselben Ordens zutheil- geworden. — h Es dürste wohl kaum eine Zeit geben, welche sich in Ausstellung sinnreicher PublicationS arten für geschäftliche Etablissements so erfinderisch gezeigt hätte, wie die Gegenwart. Wir erinnern nnr an die portativen Placate, an die Placate aus Ambulancen oder auf öffentlichen Wagen rc. Die Reihe dieser mannicbsaltigen Schöpfungen bat nun kürzlich auch die Serbe'scke Buchhand lung Hierselbst in einer so originellen und dabei zugleich praktischen Weise vermehrt, daß man sich veranlaßt fühlt, die Aufmerksamkeit besonders des Handels- und Gewerbestandes und überhaupt alle Besitzer von Geschäften daraus hinzulenken. Es hat nämlich die gedachte Buchhandlung in den Eingangsräumen von neun größeren Hotels und Restaurants unserer Stadt, natürlich mit Genehmigung ihres Besitzer?, an einem vom dort verkehrenden Publicum hauptsächlich be tretenen und augenfälligen Platze, je ein sehr elegant ausgeführtcs Firmen-Tableau aus ihre Kosten aushängcn lasten, welches die doppelte Bestimmung hat: für die Dauer der hiesigen Messen Adreßkartcn Fremder oder Hiesiger resp. Firmen, außer den Meßzeiten aber auch Adreßkartcn auswärtiger Hotelbesitzer, Bade- Direclioncn und überhaupt der Administrationen aller größeren Etablissements nach Art eines so genannten Abreißkalenders in größerer, stets wieder ergänzt werdenden Portion, zum Zwecke erfolgreicher Bekanntgebung daraus anszuhängen und dadurch dem dafür intcressirten Publicum die bequeme Gelegenheit des jederzeitigen Abreißens dieser Karten nach Maßgabe des geschäftlichen Bedarfs zu eröffnen. Diese Firmen-Tableaur sieben also ohne Ausnahme allen Denen zur Ver fügung, welchen daran liegt, auf solchem Wege ihre Geschäfts» nzcigcn und geschäftliche Notizen sonstiger Art bekannt zu machen. An einem wirk samen Erfolge solcher Bekanntmachungen läßt sich aber gewiß um so weniger zweifeln, als ja Leipzig Jahr a»S Jahr ein zugleich auch ein sehr bedeutender VcrkcbrSplatz für Reisende aller Stände ist. Da nun endlich auch die Preise für Anfertigung und Aushängung solcher Adreßkartcn sehr mäßig sind, darf dieses Institut wohl mit vollem Rechte als etwas Zweckmäßiges zur Be nutzung empfohlen werden. — Die angcknndigte diesjährige Wagncr- Geucke'sche Vergnügungsfahrt nach der Schweiz, Tirol und Salzburg mit cin- «nonatlicher Billctgültigkeit, welche am 24. Juli stattsinden soll, findet in der Touristenwclt und allen reiselustigen Gcmüthern lebhaften Anklang und läßt, wie in früheren Jahren, eine zahlreiche Be theiligung erwarten. Die gewählten Rieseziele bieten in der That für den Naturfreund eine so rcickv Ausbeute der herrlichsten Genüsse, daß dies Unternehmen die Aufmerksamkeit aller Wander lustigen in vollein Maße verdient. Die Schweiz, Tirol. Salzburg, welch cine unerschöpfliche Maiinicksaltigkeit der erhebendsten und lieblichsten Naturschönhcitcn enthalten diese unvergleichlichen Alpenländcr! DaS betreffende Programm gi. bt in seinem instruktiven Text sehr praktische Anleitungen für längere und kürzere Spccialtouren in die Alpcnwelt, welche namentlich für «veniger geübte Reisende einen schätzbaren Anhalt bieten. Einen besonderen Hinweis findet der durch Eröff nung der Salzburg-Tiroler (Gisela-) Bahn geschaffene neue Verkchrsiveg. durch welckien daS großartige Tauerngcbict von Gastcin biS zur Pusterthal- und Brcnnerbabn dem Touristen außerordentlich nahegerückt ist. Diese höchst in teressante Gebirgsbahn, welche von Salzburg in weiten, Bogen durch eine fortlaufende Kette der schönsten Älpenlandsckasten führt, mündet bei Wörgl in die Innthalbahn (Knsstein-InnSbruck) und bietet treffliche Gelegenheit, diese bi- jetzt veibältnißniäßig nur wenig gekannte und besuchte, an Naturschör Heiken so reiche Gebirgswelt kennen zu lernen. Auch zu einem Besuch Oberitalicns mit seinem lieblichen Sccngebiet läßt sich diese Vergnügungsfahrt trefflich benutzen, da die bei der Brennerbahn eingesührten Rundfahrten cine Reise dahin wesentlich erleichtern. * Leipzig, 4. Juli. In diesen Tagen beging Cigarr, Leipzig, 4 ein hiesiges Fabriketablisicmeut, die Cigarren- sabrik des Herrn Oswald Hutmacher, die Feier ihreS 25jährigen Bestehens. Wir nehmen von dem Ereigmß mit blonderer Befrie digung Notiz, weil sich dabei klar und deutlich zeigte, daß der Besitzer der Fabrik eS verstanden, nicht nur durch eine geschickte und energische Lei tung seinem Unternehmen eine große Ausdehnung zu verschaffen, sondern gleichzeitig auch ein schönes und glückliche« Bcrhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern herdeizuführen. Das Letztere bekundete sich durch eine ivarme Antheilnahme der betreffenden Arbeiter, die theilweise aus fremden Orten hierher gekommen waren, an dem Feste und in deren Dankesbezeigungen für ihren Principal. Am frühen Morgen br«chten sie ihm u. A. ein musikalisches Ständchen dar und im Laufe des Tages überreichten sie allerhand sinnige Geschenke. Am Nachmittag waren sämmtliche Angehörige der Fabrik zu einem von Herrn Hutmacher veran stalteten Fest vereinigt und es nahm hierbei Letz terer Veranlassung, seinen Dank in herzlich ge winnender Weise abzustatten. Leipzig, 4. Juli. (Schwurgericht.) In der dritten «Sitzung des Schwurgerichts handelte eS sich wiederum um d«s Verbrechen des Meineids, dessen der 33 Jahre alte Brunnenarbeiter und Schäfer Friedrich Schreiner genannt Kriegs- mann in Lindenau, gebürtig aus Wehsendvrs bei Ouerfurt, angeklagt war. J»i Februar >874 wurde vor dem kgl. Gerichtsamt II hier ein Proceß anhängig, in welchem der Ziegeleibesitzer Brückmann zu Kleinzschocher in Vertretung des von der le digen Anna Emilie Brückmann daselbst außerehe lich geborenen Kindes den obengenannten Schreiner aus Erfüllung der als Vater des letzteren auf habenden Pflichten verklagte. Schreiner leugnete den Grund der Klage d. h. den intimen Verkehr mit der Brückmann zu der in Frage kommendcn kritischen Zeit, nahm den ihm zuerkannten Eid. von dessen Leistung oder Nichtleistung der Ausgang der Sacke abhängig gemacht wurde, an und schwor den selben unter den üblichen Feierlichkeiten am 12. Sep tember 1874 vor dem schon genannten Proceßgerichte. Daraus wurde Schreiner genannt Kriegsmann von der genannten Klägerin beschuldigt, jenen Eid wissentlich falsch geschworen und sich dadurch des Meineids schuldig gemacht zn haben; es wurde denn auch gegen den Angeklagten dieses Ver brechens halber Untersuchung eingeleitet und Derselbe in Hast genommen. Hat nun auch Schreiner genannt .Kriegsmann sowohl in der Untersuchung wie in der Verhandlung selbst das ihm Schuldgegebene beharrlich geleugnet, so wurde dennoch vom Herrn Staatsanwalt Ho ff mann, welcher die kgl. Staatsanwaltschaft vertrat, mitRück- sicht aus das Resultat der Beweisaufnahme die An- klagedurchweg aufrecht erbalten nnd denGescbwornen die Bejahung der auf Meineid gestellten Schuld srage anempfohlcn, während Herr Adv. Frey tag I., als Bertheidiger des Angeklagten, Verneinung dieser Frage beantragte. Wie jedoch bereits berichtet, haben die Geschworenen über Schreiner gen. Kriegsmann das Schuldig ausgesprochen, und diesem Wahrspruch gemäß hat der Sckwnr- gerichtshos. zusammengesetzt aus den schon früher genannten Herren. auf vier IahreZuchthaus strafe, vier Jahre Verlust der Ehrenrechte und Verlust des Rechts zum ferneren eidlichen Zeugniß erkannt. * Leipzig, 4. Juli. Im kleinen Verhandlungs saale verurthcilte heute Vormittags das Schöffen gericht nach geheimer Verhandlung den «Lchubmacher Iobann Earl Bockwitz ans Volk- marödors, 42 Jahre alt, wegen des in tz. 176, 3, des Reichsstrafgesetzbuches gedachten Verbrechens zu Zuchtbausstrafe in der Dauer von zwei Jahren nebst dreijährigem Ehrenrechtsverlust. Vorsitz, Anklage und Vcrtbeidigung waren bei der Ver handlung durch die Herren Gcricbtsrath Obenaus, Staatsanwalt von Hellmann nnd Advocat Frcy- tag (II.) vertreten. * Leipzig, 4. Juli. Vom Schwurgericht Leipzig wurde in der heutigen vierten Sitzung der Schuh macher Ernst Gustav Rudi off ans Schönefeld wegen versuchter räuberischer Erpressung unter Annahme mildernder Umstände zu einem Jahre Gcsängniß verurtheilt. ) Leipzig, 4. Juli. Im Parthenflusie oberhalb des Gothiscbcn Bades ans Scköneselder Flnr fand man heute Vormittag den Leichnam eines jungen Mädchens aus, in dem nachmsls die 14 Jahre alte Tochter eined hiesigen Einwohners, welche sich bereits am 30. vor. Monat« aus dem elterlichen Hause entfernt batte, erkannt wurde. Leider scheint in diesem Falle eine Dclbstentlcibung vor- zuliegen. — Im Rosenthale unweit des Spielplatzes machte denselben Vormittag ein hier in Arbeit stehender Schub machergeselle auS Stürpe in Westfalen de« Versuch, sich das Leben zu nehmen, indem er sich an beiden Armen die Adern mit einem Messer aufschuitt. Man traf den be- dauernswerthen jungen Menschen, dessen Beweg gründe zu der unseligen That unbekannt sind, noch lebend an und brachte ihn mittelst Siechkorbcs nach dem Krankenhaus in ärztliche Pflege. — Um dieselbe Zeit betraf in der Götbestraße einen hiesigen Victua lienhändlcr der Unfall, von einen, Bierfasse, welche- unvermutbet von einem dort fahrenden Rsllwagen herabkollerte, an die Beine getroffen uud niedergeworfen zu werden. Er erlitt dadurch außer Beschädigung an der Kleidung auch Contusionen und Verletzungen an Heiden Knieen — An der Ecke der Stcrnwartcnftraße und des RoßplatzcS wurde ebenfalls am Dienstag Vor mittag ein 2jähriger Knabe von einem Droschken geschirr, in welches das Kind direct hineingelaufen war, ohne jegliche Verschuldung deS Kutschers über fahren und an beiden Unterschenkeln, glücklicher iveise nicht lebensgefährlich, verletzt. Man trug das verletzte Krnd in die nabe Wohnung der Eltern. — Aus der Zeitzer Straße ging zur selben Zeit das einspännige Geschirr eincis Landbrod- bäckers durch. In einer Nebenstraße, der Albert- straße, bis wohin das scheue Thier gejagt war, gelang es, dasselbe auszuhalten und zwar noch zu rechter Zeit, denn es hatte trotz der starken Passage Schaden noch nicht angerichtet. Anger, 4. Juli. In der gestrigen Ge- meinderathssitzuna beschäftigte man sich haupt sächlich mit der Wahl eineS neuen Ge mein de- vorstandeS. Es wurden im Ganzen 10 Stimmen abgegeben, davon sielen 9 auf den Kunst- und HandelSgärtnereibesitzer Köhler, 1 Stimme erhielt Herr Weinhändler Ritscher. Es ist somit Herr Köhler, wenn die Bestätigung durch die königliche AmtShauptmanuscbaft erfolgt, definitiv gewählt, doch verspürt derselbe zur Zeit noch wenig Neigung zur Annahme deS Amte-, so- daß sich vielleicht eine Neuwahl nötbig macht. — Aus Dresden schreibt die Dresdner Zeitung: ,Am heutigen Tageist da- jüngsternanntejuristische Mitglied des königlichen Haupt-StaatSarchivs, vr. Distel, vereidigt und in sein neues Amt eingeführt worden. Das Archiv erwirbt in vr. Distel, der sich in Leipzig wegen seiner Fähig keiten nnd geselligen Talente großer Beliebtheit er freute, eine frische und vielverheißende Kraft. Neben ihm wirken außer dem Direktor, Geheim rath I)r. v. Weber, die Archivare vr. pbil. Posse und vr. pbil. Erwisch." — Die königliche Prüfungs-Commission für Einjährig-Freiwillige in Dresden macht bekannt, daß diejenigen jungen Leute, welche das 17. Lebensjahr vollendet haben und im Be zirk der gedachten Commission gestellungspflichtig sind, ihr "Gesuch um Zulassung zu der diesjährigen Herbstprüfung spätestens biS zum 1. August an die Evmmission einzureichen haben. *Schnrrbrrg, 3. Juli. Die gegenwärtig in unserer Stadt stattsindende Versammlung sächsischer Forstmänner ist von etwa 200 Personen besucht. Am gestrigen Abend machten sich die Thcilneh'ner be! geselligem Beisammen sein mit einander bekannt. Den Vorsitz in der bentigen ersten Hauptversammlung führte Herr Obersorstrath Iudeich aus Tkarändt. Namens unserer Stadt begrüßte Herr Bürgermeister Geier die Versammlung. Man tauschte zunächst die Mei nungen bezüglich derdurch diespäten Frühjahrsfröste hervorgerufcnen Schäden aus, und es ergab sich, daß in verschiedenen Forstrevieren der Schade nickt gering ist. Alsdann wurde zu dem eigent lichen ersten Punct der Tagesordnung, den durch daS Auftreten sorstscbädlicher Insecten, wie Borken käfer, Raupen rc., für die Waldungen entstehenden Schaden und die Mittel und Wege zur Ver nichtung der Insecten betreffend, übergegangen. Am Nachmittag wurde ein Ausflug in den Scbnee- bcrgcr Stadlsorst unternommen und am Abend zu Ehren der Eonferenztheilnehmer ein Eoncert veranstaltet. — Eine drastische Scene spielte sich vor wenigen Tagen unweit des königlichen Stadt gerichts in Berlin ab. Ein dortiger Kaufmann C. S. in der Linienskraße hatte eine offene Ordre gegen einen hiesigen einst gut situirten Hand werker in Händen, da dieser behufs Ableistung des Manisestationscides nicht zu finden war. Der Zufall wollte, daß der Kaufmann auf dem Stadtgericht mit dem betreffenden Executor, dem er die Ordre übergeben, plauderte, als ihnen der Schuldner wie gerufen in den Weg kam. Vom Erecutor ausgefordert, mit ihin zur Ableistung des Manifestationseides oder zum Sickerheits- arrcst zu kommen, nahm der Schuldner ReißauS. Erecutor und Gläubiger folgten ikm und er reichten ihn in der Iüdenstraße unweit eines Baues. Dort, kurz entschlossen, zog sich der Schuldner einen Stiesel vom Fuß und warf denselben den Bauhandwerkern in der Kalkgrube zu, welche, von der Situation bald in Kenntniß gesetzt, den Stiefel im Kalk verschwinden ließen. Der Executor, der nnr Leute im vollständigen Anzug zum Arrest bringen darf, stand rathloS da, doch der Gläubiger, kurz entschlossen, zog seinen Stiefel vom Fuß, und wohl oder übel niustte der Schuldner den Stiesel anprobircn. Es stellte sich heraus, daß der Stiefel paßte und unser Schuldner wandertc zum Sichcr- heitsarrcst, der Gläubiger unter dem Halloh der lieben Ingend per Droschke nach seiner Behausung. — Der Besitzer einer bedeutenden Buch druckerei in Berlin hatte einem seiner Setzer, der bei ihin ausgelernt hatte, in seinem Hause schon seit langer Zeit ein Zimmer ganz unent geltlich überlassen. Am Tage des Ausdrucks des Streiks legte auch dieser Schriftsetzer die Arbeit nieder, woraus der Principal ibm selbstverständlich mittheilte, baß er nunmehr nicht mehr in seinen Diensten stehe und die Wohnung zu räumen habe. Wie aber erstaunte er, alS der Strecker, der selbst plötzlich seinen Eontract gebrochen, ihm erwiderte: „Unter allen Umständen habe er doch wohl die gesetzliche Kündigungsfrist zu beanspruchen (l). Daß er gewaltsam au- dem Hause entfernt wurde, braucht wohl nickt erst erwähnt zu werden. (BiS Montag Mittag haben, wie das B. Fr.-Bl. meldet, 121 von auswärt- gekommene Setzer in den verschiedenen Berliner Zeitungen, w» der Streik au-gebrochen, Arbeit genommen.) — AuS Berlin wird unter dem 3. Juli gemeldet: Der Vice-Präsident des StaatsministeriumS, E «in pHauscn, bat sich nach der Rheinprovinz, der Iustizniinister I)r. Leonhardt nach Norderney, der Cultusminister vr Falk nach Süddeutschland, der Handelsminister vr. Achenbach nach der Provinz Westfalen und der Minister für die landwirthschastlicken Angelegenheiten I)r. Frie denthal nach GießmannSdorf bei Neisie begeben. — Heute früh starb hier nach langen Leiden im 77. Jahre Herr von Westphalen. Minister des Innern im Ministerium Manteuffel.
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