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- Erscheinungsdatum
- 1875-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187501276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18750127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18750127
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-01
- Tag 1875-01-27
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Monat
1875-01
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Jahr
1875
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Glste Beilage M Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. M 27. Mittwoch den 27. Januar. 1875. Deutscher Reichstag. -2 Sitzung vom 25. Januar. President v. Forckenbeck eröffnet die Sitzung! »« 1l»/, Uhr Am T'sche de- BundeSrathS: Delbrück, vr Uriedberg, v. Voigt».Rheetz, Baron von Pergla», Staat-minister Beer, Mmisterial- rath v. Riedel, Geh Rath Meinecke, Geh. Rath vr Michaeli- und Andere. (Da» Hau- ist außerordentlich zahlreich besetzt, die Tribünen sind leer.) Tagesordnung: I. Abstimmung Über den Gesetz Entwurf wegen Abänderung des Gesetzes vom 8. Juli 1872, betr. die französische Kriegs kosten Entschädigung. Der Gesetz Entwurf wird angenommen. II. Abstimmung über da- Civilehe- Gesetz. Die Abstimmung ist eine namentliche; der Ge setzentwurf wird mit 207 gegen 72 Stimmen de finitiv angenommen. III. Erste und zweite Berathung de- Gesetz- Entwurfes, betr. die Controle de- ReichshauS- halteS und des Landeshaushaltes von Elsaß- Lothringen. Auf Antrag de- Abg. Rick ert wird bald die zweite Berathung aus einige Tage ausgesetzt, um eine Verständigung über eine nothwendige Abänderung herbei;usühren. IV. Zweite Berathung des Bankgesetzes. Der^tz. 1 der CommissionS-Beschlüsse lautet: „Die Besngniß zur Ausgabe von Banknoten kann nur durch ReichSgrsetz erworben oder über den bei Erlaß des gegenwärtigen Gesetzes zulässigen Betrag der Notenausgabe hinaus erweitert wer den. Den Banknoten im Sinne dieses Gesetzes wird dasjenige StaatSpapiergeld gleich geachtet, besten Ausgabe einem Bankinstitute zur Verstär kung seiner Betriebsmittel übertragen ist " Der Berichtcrst.Abg. vr. Bamberger weist zur Einleitung derBerathung ans den von ihm erstat teten auSsiihrl'chcn Bericht hin und sügt demselben hinzu: DaS Gesetz ist in seinen wichtigsten ökono mischen Bestimmungen, in seinen Grundlagen durch alle Phasen, welche es durchgemacht hat, kaum wesentlich verändert, cS ist nur die RcickS- bank eingesiigt, und DaS hat Nichts weiter zu be deuten, als daß in einem großen Gebäude ein bestimmter Gelaß dadurch crweucrt worden ist. daß eine dünne Wand weggenommen wurde. Da daS Gesetz nun noch vollitändig unverändert in seinen Grundvestcn zu unS zurückgekehrt ist, können Sie nicht sagen, es sei übereilt, und Sie kön nen auch nicht sagen, daß cs aus Jrrthümcru be ruhe; Sie können ruhig aus seinen» Boden in die Berathung eintreten. tz. 1 wird angenommen, ebenso die tztz 2 u. 3. tz. 4 wird aus Antrag des Abg. Spielberg mit einem Zusatze dahin angenommen, daß die Banken nicht bloS an ihren Hauptsitzen, sondern auch bei ihren Zweiganstalten verpflichtet sein sollen, ihre Noten jederzeit zum vollen Nenuwerthe in Zahlung anzunehmen — Tie tztz. 5—8 werden ohne DiScusiwn an ge non» men. Der tz. 9 der CommissionSbeschlüste lautet: „Banken, deren Notenumlauf ihren Baarvorrath und den ihnen nach Maßgabe der Anlage zuge wiesenen Betrag Übersteigt, haben von dem Ueber- schusse eine Steuer von jährlich fünf vom Hundert an die Reichscaste zu entrichten. Als Baarvor rath gilt bei Feststellung der Steuer der in den Cossen der Bank befindliche Betrag an courS- fäh'gem deutschen Oelde, an ReichScastenscheinen. an Noten anderer deutschen Banken oder an Gold und Barren oder ausländischen Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mark berechnet. Erlischt die Besugniß einer Bank zur Notenausgabe, so wächst der derselben zustehende Antheil an dem Gesammt» betrage de» der Steuer nicht unterliegenden un gedeckten Notenumlauss dem Antheile der ReichS- vauk zu." Zu diesem tz liegen verschiedene Amendement- Vvr: 1) Abg. v. Kardorff beantragt, die Summe dr- der ReichSbank zugewiesenen Notenumlaufs von 250 Millionen auf 300 Millionen Mark zu er höhen; 2) Abg. MoSle d»e Erhöhung aus 350 Mill. Mark; 3) Abg. vr Georgi beantragt ebenfalls die Erhöhung der Summe auf 300 Millionen, sowie folgenden Zusatz zu tz. 9: „Ferner jeder der unter 2—12 und 14—33 der Anlage ausgesührten Banken werden aus daS Jahr 1876 noch 20«/«> und aut da» Jahr 1877 noch 10°/<» de- ihr nach der Anlage zustehenden Betrage- von dem der Reichsbavk zustehenden Betrage zugcwicsen." 4) Abg. vr. v. Schauß beantragt ebenfalls Erhöhung auf 300 Millionen; 5) Abg. Acker mann u. Gen. Erhöhung für die 1) Frankfurter Bank von 10 auf 15, 2) Sächsische Bank von 16.771,000 auf 20 Millionen, 8) Leipziger Bank von 5.348,000 auf 10 Millionen, und 4) die Braunschweigische Bank von 2,829,000 M. aus 4,948,000 Mark. 6) Abg. ParisiuS beantragt in al. 2 de- 8. 9 hinter dem Worte ..Notenumlauss" einzu schieben „zur Hälfte". Diesem Anträge schließt sich ?) Abg. Rohland eventuell an, während er eigentlich die Streichung de- »1. 2 be antragt. 8) Abg. vr. Tellkampf beantragt zu tz. 9 eine audere Fassung, wonach die Reichsbank ver pflichtet sein soll, für den Betrag ihrer i« Um- lans befindlichen Noten während der ersten fünf Jahre eine baare Metallveckung der Noten von 50 Procent, während der folgenden 5 Jahre von 75 Proc. und nach Ablauf von 10 Jahren volle Baardeckung in ihren Lassen bereit zu halten. Abg. vr. Bamberger: Betreffs der Ziffer der ungedeckten Noten der Reichrbank befinde »ch mich mit der Mehrheit der Commission nicht im Emverständmß. Als ich in der ersten Berathung des Gesetzes sagte, ich würde jedes Gesetz mit der Reichsbank, keines ohne die ReichSbank annehmen, erregte DaS die Heiterkeit vieler Mitglieder des HauseS und ist in verschiedener Weise inter- pretirt worden, als Schlauheit und als Naioetät. WaS ich damals gesprochen, war meine volle Ueberzeugung und war, glaube ich, nicht so dumm, denn »ch konnte ja mit einiger Aenntmß von der Sache ziemlich genau voraussehen, wie das Ge setz aussallen würde, sonst hätte ich jenen Aus spruch wohl nicht gethan. WaS nun den Antrag betrifft. daS Contmgcnt ungedeckter Noten der Reichebank um 50 Millionen zn erhöhe»», so sagen die Gegner der ContingentSvermehrung, solche Wünsche resullirten nur aus dem Bestreben, laxe Grundsätze in die Bankgesetzgebung zu bringen, dem persönlichen Belieben möglichst freien Spiel raum zu lassen. Die Mitglieder der Commission, welche gegentheiliger Ansicht sind, haben sich hier gegen sehr lebhaft verwahrt; es müsse eine scharfe Grenze gezogen werden für den ungedeckten Notenumlauf nur seien die Ansichten über daS Maaß desselben verschieden. Dem wurde nun entgegcngchallen, daß die von der Vorlage aus genommene Ziffer von 250 Millionen nicht eine zufällige sei, sondern auf wohlerwogenen Be trachtungen beruhe und das Facit einer langen Reihe von Erfahrungen sei. Dagegen wurden nun wieder viele Zahlen au- der Vergangenheit nament lich der Preußischen Bank angeführt; es wurde con- statirt, daß diese Ziffer immer in Zeilen der Unregel mäßigkeit überschritten worden ist, daß nicht daS Geschäft beschränkt und der Zinssatz erhöht wor den ist. Der Grundgedanke der anderen Partei ist also gewesen: die Reichsbank soll 250 Millionen ungedeckte Noten circuliren lassen dürfen als die jenige Summe, bei der sie in regelmäßigen Zeiten bestehen kann, ohne über den herkömmlichen Zins fuß von 5 Proc. hinauszugehen. Nun ist dagegen wieder darauf hingewiesen worden, daß diese Summe auch in normalen Zeiten überschritten worden ist. So hat die Summe der ungedeckten Noten der Preußischen Bank vom 15. Juli bis 23.Oetober 1570 nicht 83, sondern 10»Millionen Thaler betragen und dabei ist der DiScont oben drein auf 8 »uid 6 Proc. heraufgesctzt worden, und wenl» die Bank den ZinS nicht heraufgesctzt hätte, wäre sie mit jener Summe noch nicht auS- gekommen. Im October und November 1870 war die vorgcschriebene Stimme wieder um 2 bis 3 Millionen überschritten, der ZinS blieb auf 5 Proc. In» November di- Februar 187 t blieb dieser Diskontsatz bestehen, der ungedeckte Noten umlauf aber stieg wieder auf 100 Millionen, bis zum März sank er wieder aus 85 Proc. und der DiScont aus 4>/, Procent. DaS waren für unS regelmäßige Verkehrszeiten; denn bis zu diesem Zeitpunkt ist von dem Schwindel und den unge wöhnlichen Ausschreitungen der folgenden Periode noch keine Rede gewesen; bi» dahm stand Deutsch land noch in Waffen. Später hat sich dann herausgestellt, daß nach der vorübergehenden Ueberschreitung der normirten Summe von 83 Mtllionen der ungedeckte Notenumlauf schnell wieder auf 63 Millionen gesunken ist, daß es somit ungerechtfertigt gewesen wäre, den Diskontsatz über die gewöhnliche Norm hcraufzusetzen. Hier gegen wurde e» al» ein Fehler unseres ganzen System- bezeichnet, daß wir eben keine sollben und präcisen Grundsätze für die DiScontirung und Lombardirung haben, wie da- in England dcr Fall sei. Dieser Vergleich mit England wurde indeß zurvckgewiesen, weil da» Publicum dort ganz ander» gewöhnt sei al- bei uns. ES wurde dann auf die Ueberschreitung der gestatteten Summe während der Jahre 1872 und 73 hingewiesen, die Zeit, in der daS Geschäft aller Banken blühte, auch da- der Preußischen Bank. Wenn da über haupt Ueberschreitungen und Erhöhungen de- DitcontS vorgekommen, so habe Das immer mit den Operationen der Bank für den Staat, für die Liquidation der französischen Kriegsentschä digung zusammengehangen. Und gerade hierau», wurde weiter bemerkt, sei cS auch zu erklären, daß die Preußische Bank sich in jener Zeit gegen den Vorwurf zu vcrtheidigen gehabt habe, daß sic dem Publicum ihre DiScontirungSdicnste zeitweise verweigerte. Dagegen wurde indeß wieder geltend gemacht, daß die Preußische Bank damals bi- 67«/» Baardeckung hatte, ein Berhältniß, da- doch Nickt- zu wünschen übrig laste. Man hat hinzugesügt, daß diese Baardeckung bi- auf 90«» gewachsen sei, daß ferner jene Ueberschreitung eine o vo» übergehende Erscheinung gewesen sei, daß chon im August 1873 wieder die Summe der ungedeckten Noten nur «och 9 Millionen betragen habe. Au» allen diesen schwankenden Ziffern aber schien hervorzugehen, daß eine bestimmte Ziffer au- rationellen Gründen nicht zu finden I sei. Der ganze Sinn der Anträge v. Kardorff und v. Schauß war also der Zweifel über die Grenze und da- Gefühl, daß im Falle des Zweifel eine leise Erhöhung dieser Summe wohl ange- zeiat se». von den Verteidigern der Com mission-Vorlage wurde nun gesagt, die Be schränkung de- ungedeckten Notenumlauss sei noth- wendig im Interesse der Durchführung unserer Goldwährung. Dagegen würde zu bedenk n ge geben, ob nicht gewiste Momente eintreten können, »n denen, wie z B zu gewissen Zeiten des Jahres, eine erhöhte Notennrculation erforderlich sei, wo ein Fehlen der Reserve für einen solchen Augen blick einen schädlichen Druck ausllben würde. Hierauf wurde erwidert, die Preußische Bank sei ja l874 immer innerhalb der ihr gezogenen Grenze und weit hinter derselben geblieben, darauf wurde indeß replicirt, daß 1874 kein Normaljahr, sondern ein Jahr einer starken Reaktion gewesen sei und daß trotzdem doch die Ziffer von 2l6 Millionen ungedeckcer Noten er reicht worben sei. Außeidem wurden aber auch noch mchr allgemeine (Asichlspui cte geltend ge macht. Die Einen waren der Meinung, daß die ReichSbank immer eine Reserve von ungedeckten Noten bereit haben müsse. Wenn nun die Reichs- bank nur 250 Millionen ungedeckter Noten ohne Steuer haben darf, so soll sie in gesunden Zeiten nur eine Summe in Umlauf haben, die hinter jener Ziffer zurückbleibt; der Ueberscbuß soll dann als Rc'erve erscheinen, um dem Publicum immer das Gefühl der Sicherheit zu geben. ES wurde England dafür als Beispiel angeführt. Dagegen wurde geltend gemacht, daß bis zur Erreichung der Grenze, welche für die Ausgabe ungedeckter Noten gesetzlich gesteckt ist, gar kein Grund zur Beunruhigung vorliege; daS Volk müsse sich eben an der Hand dieses neuen Gesetzes in neue Ge wohnheiten einleben. ES werbe dann bis zur Erreichung der Summe von 250 Millionen auch stets dcr Satz von 5 Procent DiScontosatz sein. Die Gegner erwiderten, daß dann erst recht ein Steigen des Satze- über 5 Procent einen großen Schrecken Hervorrufen werde, da in ganz Europa dieser Diskontsatz näher an 4 als 5 liegt. — Tie »verden nun zu entscheiden haben, welche dieser Ansichten Sie für die richtige halten. Nun ist weiter «»»-geführt worden, daß cs sich hier nicht nur um Ziffern der Preußischen Bank handeln könne; die Reichsbank werde weit über das Gebiet jener gehen. Hieraus wurde entgeanct, daß es nicht Ausgabe der Reicksbank sein könne, daS Publicum mit ungedeckten Noten zu befriedigen. Ferner wurde daraus hingewiesen, daß die Banken unter sich verpflichtet sind, ihre Noten gegenseitig anzunehmen; da- werde eine »veitgehende Verpflichtung der Reichrbank zur Folge haben, denn sie werde sehr viele fremde Noten bekommen und also immer soviel ungedeckte eigene Noten halten wüsten, um jene Noten wieder ab- liesern zu können. Dagegen bemerkte man, daS könne inan noch nicht berechnen, die Sache werde sich viel einfacher machen, als man jetzt glaube. Endlich wurden auch noch Uebergangsbestimmun- gen vorgeschlagcn: es sei in allen Ländern Grund satz, mit solchen Organisationen nicht zu rasch vorzugehen, um dem Verkehr nicht Gewalt an- zuthun, sondern ihm Zeit zu lasten, sich den neuen Verhältnissen zu accommodiren. Namentlich wurde hinzugesügt, wenn die Erfahrung er weisen sollte, daß die ContingentirungSgrenze zu weit gezogen sei, laste sich immer noch eine Einschränkung bewirken; jede Gefahr aber werde ja überhaupt vermieden »verden, da die Leitung der Reichsbank unmittelbar unter den Augen der höchsten ReichSbehörde stehe. Dagegen wurde gesagt: nehmen wir an, daß unsere Grenze zu eng ist, so wird sie nach 1 bi« 2 Jahren er weitert werden können und wir werden dann nicht, wie wenn wir sie umgekehrt etwa würden enger ziehen müssen, un» einem wohlerwor denen Recht der Bank gegenüber befinden, da- ohne ihre Einwilligung nicht geändert werden kann. Die Grenze zu erweitern, wird jedensall leichter sein. — Die» sind die für und wider gel lend gemachten Ansichten. ES ist klar, daß dies Gesetz in vielen Kreisen Mißstimmung erregen wird. Wie unberechtigt dieselbe ist, zeigt sich schon, wenn man beobachtet, wie schon jetzt, wo wir noch ein Jahr von dem Zeitpunkt, »n dem die- Gesetz in Wirksamkeit tritt, entfernt sind, auf seine Wirkungen der Verfall de- Handel« zu- rückgcsührt wird. E- wartet gewiß Mancher schon auf die» Gesetz, dem die Insolvenz droht um sagen zu kvnuen, daß er ein Opfer diesei Gesetze» seil Dadurch wollen wir unS nicht ve- irren lasten. (Beifall.) Abg. vr LaSker wendet sich gegen die Aus führungen deS Referenten, indem er auf die Klagen über die bisherige schlechte Wirtschaft Hinweis und die Frage aufwirst, wie man Angesichl- dieser noch mit den Anträgen kommen könne, die Z»ffer der ungedeckten Noten um 50 bi- »00 Mil livnen zu erhöhen. Nack seiner Ansicht müsse bei der ContingentSarenze, welche die Erfahrung de- regelmäßigen Geschäfts herausgestellt habe, stehen geblieben »verden. Da» regelmäßige oder legitime Geschäft erfordere in einzelnen Monaten de- Jahre« mehr Geld al- in ander« u, z. B. in den Monaten Juli, September und December. Wenn nun nachgewiesen sei, daß in den Monaten, in welchen da» Bedürsniß am meisten vorhanden war, 250 Millionen noch nicht erreicht worden seien, so werde man zugeben müssen, daß für eine Erhöhung der Conilnmutsumme nicht da» ge ringste Bedürsniß vorhanden sei. Dagegen ze» von allen Seiten ein verminderte- Bedürsniß von Noten anerkannt worden, dazu gehörten schon die 120 Millionen, welche durch Gold ersetzt werden müssen. Die in den letzten Jahren getrie- denen Schwindelgeschäfte hätten allerdiug» einer Vermehrung der ungedeckten Noten ge führt, als dcr Schwindel indessen in seine Schlupfwinkel gejagt war, da halte auch diese- BedUrfniß ein Ende genommen. Ende November 1869 und Anfang 1870 habe die sog Gründung-» Periode ihren Anfang genommen und habe zn- nächst gedauert, bi« sic durch den Krieg unter» brocken worden. Krieg-Perioden aber würde man wohl in Bezug auf Handel und Industrie ak- unregelmäßige Zeiten betrachten können. In solchen Zeiten müsse jeder Kaufmann sich bedeu tende Mittel schaffen, um seinen Zahlungsver pflichtungen Nachkommen zu können, die durch den Krieg rncht ausgehoben »vürden, und in diesen Zeiten sei die Summe der ungedeckten Noten auf 24 t Millionen gestiegen. Er sei nun der Meinung, daß die Jahre 1870 bis zum April 1873 nach allen Grundsätzen deS industriellen Verkehr» nicht zu den regelmäßigen gerechnet werden können, und die Regierungsvorlage habe da- Richtige ge troffen. Man solle wissen, daß eine Grenze gezogen ist und daß daS Geld zunächst für Die jenigen benutzt werden soll, die im Stande sind, den höheren DiScont zu zahlen. In der Com mission habe er auf der strengen Seite gestanden, aber DaS sei keineswegs geschehen au- Uebelwollen gegen die Industrie; daran jedoch müsse fest gehalten werden, daß der Staat die Pflicht habe, nicht allein einem einzelnen Erwerb»« zweige zur Seite zu stehen, sondern er müsse überall die Harmonie und da- Nebeneinander- gehen aller Erwcrbözweige im Auge behalten. Die Thäligkeit der gesammten Nation müsse al» gleichmäßig berechtigt anerkannt »verden. und deswegen werde er auch immer und überall entgeaentreten, wenn eine Politik sich mehr zu Gunsten eine- einzelnen Erwerb-Zweige- Hinzu neigen scheint. Er halte cs deshalb auch für ein Nebel, wenn durch die Vermehrung der unge deckten Noten für die Industrie, selbst gegen die Natur ihrer Geschäfte, mehr Mittel geschafft und dadurch allen übrigen Erwerbszweiqen ein unheil voller Schaden zugesügl wurde. Denn wenn 50 biS tOO M»ll vneri über da« Bedürsniß auf den Di-contirmarkl geworfen würden, so würde die Folge davon sein, daß die Industrie über ihre Kräfte hinaus sich deS Geldes bemach: igt. Des halb glaube er, daß die ConlingcntirungSsätze mit der größten Vorsicht sestzusetzcn und dabei nur dem legitim?»» Verkehr die nothweudigen HülfS- mittcl zur Disposition zu stellen feien. Dabei könne inan aber nichts Anderes Nun, al« in die Vergangenheit zurückzusckauen und zu sehen, wie weit in regelmäßigen Zeiten ungedeckte Noten im Umlauf gewesen. Darüber hinaukzugchen fei vom Nebel. (Beifall.) Abgeordneter v. Kardorff erklärt, daß er und seine Freunde an der Ansicht unbedingt sesthalten, daß eine Erhöhung desC-mtingcnts für die Reicks, bank eine unabweiSliche Nolhwendigke»t sei. Avg. c'aSker habe die Gründe, die ihm (dem Redner) zur Seite ständen, nicht widerlegt, denn eS handle sich zier nicht mehr um die Preußische Bank, sondern um die Reichsbank. Gerade in unregelmäßigen Zeiten, wo Handel und Industrie schwer danieder »egen, seien die einzelnen Erwerb-zweige am we nigsten im Stande, eine solche Steuer zu zahlen. Gerade mit Rücksicht hierauf sei die E> Höhung der contingentirten Summe dringend geboten. DaS gegenwärtige Darniederliegen aller industriellen Geschäfte fordere mehr als je zum Nachdenken auf. Er finde den Grund dafür in unserer ver ehrten Finanz- und Steuerpolitik, die er schon oft bekämpft habe. Man habe Deutschland zum Reservoir der Erzeugnisse dcr ganzen Welt ge macht, während die ganze übrige Welt sich durch Schutzzölle re. von Deutschlaub abschließe. Er empfehle deshalb die Annahme feine- Antrages. Abg. v. Unruh (Magdeburg): Sein Freund Lasker habe die Frage in allen Punkten erschöpft und stehe er mit demselben auf gleicher Lmie. Rechne man zu den 250 Millionen Mark, d»e tz. 9 in feiner Anlage limitire, die 136 Millionen ReichScaffenfcheine, die auSaegeben werbe», so habe man 386 Millionen. Nehme man dazu die 135 Millionen, welche die Privatbanken au-grben dürfen, so habe man an unversteuerten Rote« und sonstigen Zetteln 5N Millionen, also über Milliarde. Der Vorredner habe einen Au-druck gebraucht, der sehr populär fei, aber eotfchieden zu falschen Ansichten führe. Da- fei der Au-druck „wohlfeiles Geld". Habe man die» nicht, so gehe Handel und Industrie zu Grunde, ebenso wie die Landwirthschast. Er wolle nun zugestehen, daß der niedrige Zinsfuß der Industrie, de« Handel und der Landwirthschast nütze, aber daraus mache er aufmerksam, daß in den Perioden, wo der Zins fuß unverhältnißmäßig fiel, auch in England allemal die Ueberproductiou, die Ueberspeculation begonnen habe und damit der Grund zur nächsten großen KrisiS gelegt sei. (Sehr richtig l) Wa- nun die Preußische Bank anlange, so müsse er sagen, daß er die Politik derselben in großen Maßregeln nicht billigen könne; er stehe ans der Seite Der jenigen, welche sagen: wenn die Banken den Credit früher beschränkt hätten, wenn sie auf Erhöhung de» DiScont» zeitig hingewirkt hätten, so hätte der Schwindel niemal» die AuSdehuuna gewinnen können, wenn er auch mit hervorgerufen sei durch da» Hinzukommen der französischen Lriea-contribution. Er kenne die Industrie genau und fei der Ansicht, daß, wenn dieselbe die Di-contoerHöhung um 1 oder 2 Proc. nicht ertrage, dann werde ihr durch da- Arcanum der ungedeckten Noten nie- mal» geholsen, dann ginge sie ihrem Untergange entgegen. (Sehr wahr!) Er könne daher da- Be !l! L f
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