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Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts ond des Raths der Stadt Leipzig. M 29» Dienstag de« 29. Januar. 1861. Vas Leipziger Leuerlösch- und kettungswesen und seine keorganilatton. Durch die Herren Stadtverordneten sind in der Sitzung vom 2l.Novbr. v. I. in Sachen de< städtischen Feuerlöschwesens ver- schieden« Beschlüsse gefaßt worden, die Jeden, der nur einiger» maßen Antheil an diese'» wichtigen Angelegenheit nimmt, mit Freuden erfüllt haben weroen, und deren baldige Ausführung im.1 Interesse unseres Gemeinwesens zu wünschen ist. > Wenn auch Leipzig von sich sagen kann, daß seine Feuerlösch- anftalteu gegenüber anderen Städten auf einer Stufe stehen, die man im Allgemeinen befriedigend nennen muß, so wird jeder Un» befangene dennoch zugestehen, daß Verbesserungen, wie sie die Nemeit fordert, unbedingt nöthig find. Diese Verbesserungen, so weit sie die Feuerlösch- und Rettungs- geräthschaften betreffen, werden sich auf nur wenige mechanische Hülfsmittel erstrecken, wohl aber, falls man überhaupt gesonnen ist etwas Tüchtiges zu schaffen, auf eine durchgreifende Reform in Bezug auf EiatheUung und Verwendung der Kräfte zu be ziehen haben. Leipzig hat den Ruhm, in allen Fällen, wo eS sich um durch greifende, nützliche Neuerungen handelte, mit Nachdruck, Ausdauer und Beharrlichkeit zu Werke gegangen zu sein, und so steht zu erwarten, daß man allerwegen mit Schnelligkeit und Leichtigkeit diejenigen Vorur'theile beseitigen wird, die sich Verbesserungen auf jedem Gebiete deS praktischen wie geistigen Lebens entqegenstellen. Es ist dies um so mehr zu erwarten, als ein tüchtiges, nach praktischen Grundsätzen geleitetes Feuerwehrinstitut nicht bloS der Stolz ein r Stadt, sondern eine nothwendige Einrichtung ist, deren Mangel gar manche Gemeinde, trotz mehrfacher bitterer Erfah rungen , bis auf unsere Tage herab, zum Nachtheil Einzelner wie deS Ganzen schmerzlich empfinden mußte. Die Haupterfordernisse einer tüchtigen Feuerwehr sind folgende: 1) Gleichmäßig gekleidete, disciplinirte und wohlgeübte Mann schaften. 2) Eine Oberleitung, der sich unbedingt Jeder zu unterwerfen hat. 3) Gute Spritzen nebst den erforderlichen anderweiten Ausrüstungs gegenständen, und um die Hauptsache nicht zu vergessen: Willenskraft in den Einzelnen von 4) Bewußtsein, Thgt- und oben bis unten. Sind diese Bedingungen vorhanden, dann dürfte sich mit ver- hältnißmäßig wenig Kräften etwas Tüchtiges schaffen lassen. In Bezug auf Punct 1 ist in unserer Stad bis jetzt nur theilweise dem Bedürfniß genügt, während in Hinsicht auf den zweiten Punct der Oberleitung unbedingt mehr Machtbefugnisse eingeräumt werden müßten. Was Punct 3 anlangt, so wäre e- nöthig mit An schaffung der Spritzen in der bisherigen Weise fortzufahren und wegen der anderweitigen AuSrüstungsaegenstände dem Nothwen- digen zu genügen, wahrend hinsichtlich des vierten PuncteS ein Jeder sich bestreben müßte, den genannten Eigenschaften gerecht zu werden Ehe wir hier fortfahi;rn unsere Ansicht über die Reorgani sation der kiesigen freiwilligen Feuerwehr, denn diese haben wir namentlich im Auge, niederzuschreiben, wollen wir nicht unter lassen den von den Herren Stadtverordneten in jeder Beziehung l, trefflichen Vorschlag wegen Errichtung von 3 stehenden ag- und Nachtwachen und einer Nachtwache zur Verstärkung, welche von der freiwilligen Feuerwehr zu beziehen wäre, von also zusammen vier Feuerwachen, einer kurzen Erörterung zu unter werfen. Wenn das Sprichwort: Zeit ist Geld, vollständig auf Wahr heit beruht, so hat der Ausdruck: schnelle Hülfe bei Gefahr, die selbe Geltung. ES ist zu einleuchtend, daß ein Schadenfeuer aleich im Entstehen nachdrücklich ddkämpft werden muß, um die Aus dehnung zu verhindern, als daß dagegen nur irgend etwas einzu- wenden wäre. Um die- aber zu bewerkstelligen, dazu gehört vor allen Dingen Schnelligkeit und diese ist wiederum nur dann ge hörig zu entfalten, wenn Kräfte sofort zur Verfügung stehen, die auf das erste Signal an den bedrohten Punct eilen. Diese Be dingung vermag aber selbstverständlich nur eine stehende Truppe, eine ständige Feuerwehr vollständig zu erfüllen. Größere Städte haben deshalb auch schon seit längerer Zeit stehende, fest besoldete Feuerwehren, und namentlich ist eS Berlin, was ln dieser Hinsicht obenan steht. Freilich kann Leipzig an eine so vollständige Ein richtung, wie sie unsere Rachbarstadt besitzt, wegen der bedeuten den Kosten nicht denken, wohl aber kann eS solche Einrichtungen schaffen, die sich an jene bewährten anlehnen, und bei weit ge ringeren Kosten, wenn auch nicht gleiche, doch aber bestimmt viel größere Leistungen, als eS Lurch unsere jetzigen Einrichtungen mög lich ist, erwarten lassen. Die Gründung von 4 stehenden Feuer wachen (drei für Tag undj Nacht und eine für die Zeit von Abends 8 bis Morgen- 6 Uhr), die telegraphisch unter einander, so wie mit dm Hauptthürmen und dem Polizeigsbäude verbunden sind, die sich in verschiedenen Stadttheilen befinden, dürfte in den meisten Fällen von den nachdrücklichsten Folgen sein, denn wenn bei einem Schadenfeuer rechtzeitig drei bis vier Spritzen in Thätigkeit gesetzt werden, so dürfte man wohl darauf rechnen können, daß der Brand auf einen kleinen Raum beschränkt und auch bald unterdrückt wird. Hierbei ist als ein wesentlicher Umstand hervorzuheben, daß auf diese Weise der in jeder Beziehung lästige Alarm vermieden würde. Wir werden auf diesen Umstand später zurückkommen und be merken hier nur beiläufig, daß, wenn bei größeren Bränden die Kräfte der Feuerwachen zur Unterdrückung nicht ausreichen, der Alarm allerdings als letztes Hülfsmittel stattfinden müßte. Wir glauben aber, daß schon sehr viel gewonnen sein dürfte, wenn den Bewohnern Leipzig- diese Unannehmlichkeit noch mehr, als es bis jetzt der Fall, erspart und in der Folge gemindert werden könnte. Ein hauptsächlicher Factorzur Unterdrückung einer Feuersbrunst ist ohnstreitig hinreichendes Wasser, und so lange Leipzig keine ausgedehnte, die nöthige Wassermenge spendende Wasserleitung besitzt, dürfte es nöthig sein, durch geeignete Maßregeln diesem Mangel, der namentlich in einigen Stadttheilen sich recht fühlbar macht, wenigstens einigermaßen Abhülfe zu schaffen. Das eine Mittel besteht in der Vermehrung der jetzt schon gebräuchlichen, auf zweirädrigen Karren gehenden Wasserfässer (nicht Sturmfässer, die wir als völlig unpraktisch bezeichnen). Diese Wasserfässer, nur in zwei- bis dreifach größerem Maßftabe, besitzt die Berliner Feuerwehr, der doch bekanntlich sine sehr gute Wasserleitung zu Gebote steht, ebenfalls. Es müßten daher unsere Feuerwachen so eingerichtet sein, daß entweder eine jede mindestens ein gefülltes Wasserfaß mit Bespannung zur Verfügung hätte, oder, da dies nicht gut thunlich sein wird, daß eine der Feuerwachen, die wir die erste oder Hauptwache neunen wollen, so eingerichtet wird, daß sich bei ihr stet- vier gefüllte Wasserfässer befinden. Was oie Be spannung betvifft, so müßte dieselbe immer verfügbar sein, oder doch wenigstens schnell requirirt werden können. Wenn dann auf das erste Signal sofort (in Berlin dauert die Bereitschaftsetzung, d. h. die Zeit von dem gegebenen Signal bis zur Abfuhr höchstens zwei bis drei Minuten) drei, beziehentlich vier Spritzen mit vier gefüllten Wasserfässern, von denen ein jede- den Wasserkasten einer Spritze mindesten- zweimal Men kann, auf den bedrohten Punct eilen, dann dürften sicher in den meisten Fällen hinreichende Hülfs mittel vorhanden sein, um ein Schadenfeuer zu unterdrücken. Ein andere- Mittel, um namentlich in den wasserarmen Gegenden unserer Stadt Wasser in größerer Menge zur Verfügung zu haben, besteht darin, daß an gesrgneten Stellen Bassin- errichtet würden. Diese Bassin-, deren Erbauung man wahrscheinlich bei der künf tigen Wasserleitung ebenfalls im Auge haben wird, müßten aller dings, namentlich in der warmen Jahreszeit, häufiger abgelaffen und wieder frisch gefüllt werden. Während bei einer Wasserlei tung diese Manipulation mit wenig vder gar keinen Schwierig keiten verbunden ist, dürfte die- besonder- hinsichtlich der Erneuerung