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und Anzeiger. M S54. Mittwoch den 20. December. 1854. Landlagsmittheilungen. Künsundgwanzigste Sitzung am 16. Dec. und sechs undzwanzigste Sitzung am 18. Dec. der ersten Kam mer; dreiunddreißigste Sitzung der zweiten Kammer am 18. December. In der ersten Kammer hat die Berathung über den Entwurf deS OrganisationSgesetzeS begonnen und wird in einer Abends 7 Uhr anberaumten Sitzung fortgesetzt werden. Ln der zweiten Kammer befand sich der Bericht der dritten Deputation über eine Petition des Abg. Rittner, die Zurücknahme zweier von dem Ünlgl. CultuSministerium erlassener Verordnungen (vom 4. und 7. März d. I.) betreffend, auf der Tagesordnung. Rach längerer Debatte fand nachstehender Antrag der Deputarionsmajorität An nahme: „Die Kammer beschließt, das Gesuch de- Petenten zwar auf sich beruhen zu lassen, erklärt aber gleichzeitig, daß sie sich dadurch über die Auslegung des tz. 13 der Verordnung vom Ich. IApril 1835 in keiner Wesse habe au-sprechen wollen." Ein westrnrr Antrag ü« Deputation: dte Staatsregierung um Vorlage eines, die Neper» der bestehenden evangelisch-lutherischen Kirche betreffenden Gesetzentwurfs zu ersuchen, wurde von der Kammer ebenfalls angenommen. . Weihnachlsbilder. ii. Ich bitte die geehrten Leser, mir noch einmal einige Treppen über die Belle-Etage hinauf zu folgen, in einem Bäckerhause der ...sch» Straße. Da oben haust im Adlerhorst der Mansarde ein armer Can- didatuS, arm an äußern Güter«, aber geistig wohl bedacht, auS- geststtet mit GeisteSreichthum und einem guten Herz» und zufrie den in fröhlichem Sinne, der ihm über die Klippe.mancher dittern Stunde hinüberhalf. Da oben in dem engen Zimmer redet nur der Kalender von Weihnacht», der Kalender von 18.., der bald ausgeredet hat. Im Herzen de- Einsamen aber wird die Erinnerung laut, die Erinne rung an die Zeit, wo er dm Weihnachtsabend noch im Kreise seiner Familie gefeiert. Horch, da klopft es an die Thür. „Herein, herein, wenn es nicht Viele find!" Die Thüre thut sich halb auf; eine Helle Stimme ertönt: „Einen schönen Gruß von der Frau Meisterin, sie schickt Ihnen zu Weihnacht» ein» Stollen, Aepfel, Nüsse und Pfefferkuchen, Sie möchten- nicht übel nehmen." „Utbtl nehmen, o nein, wenn Deine Frau Meisterin sie mir gern giebt, nehm' ich die Gab» dankbar an. Aber wie komme ich zu dem Geschenk, junger Freund?" „Darüber kann ich Ihnen Bescheid geben, Herr Candidat." „Christian," sagte die Frau Meisterin zu mir, „nimm den Kord hier und trag' ihn dem Her» Candidat» hinauf, der über uns wohnt." wieder mit und suche d» rechten Mann ; Candidat» giebtS ja genng; das kann ich nicht sein." Der Bursche trug d» Korb besorgt fort, kehrte aber bald zurück und erzählte: Da bin ich wieder. „Christian," sagte meine Frau Meisterin, „erkläre dem Herrn Candidat, e- wäre für den schönen Gesang neulich Abends. Wie ich gestern die Treppe hinaufgehe nach der Bodenkammer, höre ich russn Liebling-lied singen: „Wenn die Schwalben heimwärts ziehn rc " ich schleiche näher, weil ich da- Lied so gar gern höre. Der Ge sang kam aus dem Zimmer de- Herrn Candidat», der vor Kurzem da hinauf gezogen ist. Da morg» Weihnachten ist, dacht' ich, will ich dem Herrn für seinen schönen Gesang eine kleine Freude machen, er wird eS wohl nicht übel nehmen. — Sage ihm nur, Christian, er möchte recht oft da- liebe, liebe Lied sing», ich will gern die 4 Treppen hinaufsteigen, um eS besser zu hören, wenn mir eS auch schwer wird bei meiner Corpulenz." Gerührt antwortete der Beschenkte: „Gute Frau! — guter Herloßsohn! — auch im Grabe frierst du noch Triumphe; auch im Grabe schreibst du noch WeihnachtS- bilder. Du hast gelebt und geliebt, Und heiß geliebt wardst auch du rc." Damit leerte er den Korb und gab ihn dem Lehrburfth» mit d» Wo«» zurück: „Hier, nimm d» leer» Korb wieder mit, ich lasse der Frau Meisterin schön danken; sag' ihr, ich würde ihr Liebling-lied recht oft singen." „Gute Nacht, Herr Candidat." „Gute Nacht, lieber junger Freund." — Und dein Lied, seli ger Herloßsohn, (stimmt das Lied an:) „Wenn die Schwalben heimwärts ziehn rc." H. Schuster. Dir E«sta»-Adotf-Vkrem. (Eingesendet.) Wir Hab» vor einiger Zeit in d. Bl. Einige- über die Schrift de- Prälaten vr. Karl Aimmermann in Darmstadt: „Der Gustav- Adolt-Berein; ein Wort von ihm und für ihn" (Darmst. 1854) bemerkt. Jndeß hatten wir dabei nicht die Absicht, bloS auf diese Schrift aufmerksam zu mach», sondern es galt auch dabei nur und ausschließlich dem Zwecke, da- Inwoeffe für d» Gustav- Adolf-Verein selbst zu wecken und zu befördern, für die Zwecke und segen-reichen Wirkung» diese- Verein- zu erwärm» und zu be geistern, und fort und fort auf die Pflicht eine- jedm Protestant» aufmerksam zu machen, die e- fordert, an d» Zweck» und segens reichen Wirkungen diese- Verein- geistigen Theil zu nehm» und sich auch thätig zu betheiligen. Gerade in Leipzig kann man in dieser Beziehung und in dieser Richtung nicht genug thun, und man darf nicht müde werden, imnber und immer wieder die Oef- fentlichkeit zu diesem Zwecke zu benutz»; denn gerade in Leipzig herrscht in dieser Beziehung und in Ansehung de- Gustav-Adolf- Verein- eine — unglaubliche und unbegreifliche Lauheit und Kälte, die im Wesentlich» ihren letzten Grund wohl nur darin hat, das man die Zwecke und Segnung» de- Verein- — nicht kennt und vielleicht sogar nicht kennen will. Wir ksNtiN» daher hier nochmal- auf obgedachte Schrift zurück, jedoch mit in so »M- als wir zur Beförderung de- Ingresse- an dkm Gustav-Adslf- Derein Einige- aus derselben entlehnest: "