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Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 347. Mittwoch den 13. December. 1854. Landtagsmittheilungen. Einundzwanzigste Sitzung der ersten Kammer und neunundzwanzigste Sitzung der zweiten Kammer am 11. December. Die erste Kammer hat das allerhöchste Decret, den Rechen schaftsbericht auf die Jahre 1846 bis 1848 betreffend, berathen und dem letztem, ohne Beanstandung und in vollkommener Ueber- einstimmung mit den Beschlüssen der jenseitigen Kammer, ihre Genehmigung ertheilt. Die erste Kammer ist den beiden, die Uni versität Leipzig betreffenden Beschlüssen der zweiten Kammer: „1) Die Verwendung der mehreingekommenen 19,492 Thlr. 21 Ngr. 5 Pf. zum Besten der Universität bewandten Umstän den nach für diesmal zu genehmigen;" jedoch bei der Staats- regierunq zu beantragen: „2) Daß, wenn sich fernere Ueberschüsse bei den Einkünften der Universität ergeben, dieselben entweder der Staatskasse zu restituiren oder zur Tilgung der Universitätsschulden zu verwen den sind," beigetreten. In der zweiten Kammer bildete die Brrathung des Berichts der außerordentlichen Deputation über dir bezüglich der Strafpro- ceßordnung in den beiderseitigen Kammerbeschlüffen obwaltenden Differenzen den Hauptgegenstand der Tagesordnung. Verhandlungen der Stadtverordneten am 6. December d. I. Vor den Geaenständen der Tagesordnung gelangten mehrere Vorlagen beim Registrandenvortrage zur sofortigen Erledigung. Dahin gehörte zunächst eine Antwort de- Raths auf die wegen der Verwendung des Hermannschen Grundstücks kürzlich an den selben gerichtete Anfrage. Danach beabsichtigt der Rath, dieses Grundstück nur interimistisch zur Ablagerung von Straßenkehricht zu benutzen, was, nach der eingeholten Erklärung des Sradt- bezirkSarzteS, für die Gesundheit der Anwohnenden nicht den ge ringsten Nachtheil befürchten läßt. Das Collegium faßte dabei zur Zeit Beruhigung. Die Erhebung der gegenwärtig von vr. Wagner bekleideten Lehrerstelle der Mathematik und de- kaufmännischen Rechnen- an der I. Bürgerschule zu einer ständigen wurde nach dem Vorschläge de- Raths genehmigt. Bei der Feier de- auf den 12. d. M. fallenden Geburtsfestes Sr. Majestät de- König« hat der Rath in Berücksichtigung der augenblicklich waltenden Theuerungsverhältnisse von Veranstaltung äußerer Festlichkeiten abzusehen und dafür sämmtliche eingezeichnete Arme der Stadt zu speisen beschlossen. DaS Collegium verwilligtr einstimmig die diesfalls erforderlichen Kosten. Ebenso trat dasselbe dm Beschlüssen de- Raths bei, wonach da- früher zu einnp Cholerahospitale bestimmt gewesene, auf dem Wachstuchplatze vor dem Gerberthore gelegene CommunbauS zum ' Abbruch gebracht, und dem hiesigen Gasthofsbesitzer Kreisel, welcher einen Lheil der Bauerwiesen bei Connewitz erpachtet, im ver gangenen Jahre über wegen d«S länger anhaltenden großm Wasser- mehrfache Verluste an Futter erlitten hat, die Hälfte de- jährlich . 81 Thft. IS Ngr. betragenden Pachtzinses für diese- Jahr erlassen werden so«. Eine vom Stadtrath zur Erklärung übersendete Anfrage der Regierungsbehörde, aus welchen Gründen die Vorlagen wegen Umgestaltung und Erweiterung des Polizeiamtes rc. noch nicht zur Beschlußfassung im Collegium gekommen, beantworteten der Vorsteher, Adv. Francke, und der Vorsitzende de« Verfaffungs- ausschuffeS, Adv. An schütz, dahin, daß die große Wichtigkeit und Umfänglichkeit de- vorliegenden Material- die sorgfältigste Erörterung zur Pflicht machten; abgesehen von den dieSfallsigen vielfachen Vorerörterungen sei eS daher gerathen erschienen, die Vorlagen für die Mitglieder des Collegiums zum Druck zu bringen. Dadurch sei allerdings ein Verzug eingetreten, der sich aber durch die den Berathungen damit zugeführte Erleichterung sicher ausgleichen werde. Im Uedrigen würden die mit der Prüfung der Vorlage zunächst betrauten Ausschüsse eS sich angelegen sein lassen, so bald als möglich Bericht zu erstatten. Nachdem hierauf auf Antrag de« St.-V. Lackirer Müller die Veröffentlichung der neueren, die Erbauung einer Fleisch- und Productenhalle betreffenden Vorlage des Raths beschlossen worden war, erstattete St.-V. vr. Stephani im Namen de- Aus schusses zu dm Kirchen, Schulen und milden Stiftungen mehrere Berichte. Der erste derselben betraf die Rechnungen de- JacobshoSpitals auf die Jahre 1851 und 1852. Der Zuschuß der Stadtcaffe zu dieser Stiftung hat sich, in dem letzten Jahrzehnt von Jahr zu Jahr steigend, weit über das Doppelte erhöht und betrug im Jahre 1852 die beträchtliche Summe von 20,626 Thlr. Der Ausschuß hatte es daher für dringend nöthig erachtet, auf geeignete Mittel Bedacht zu nehmen, durch welche die Bedürfnisse und die Deckung-mittel der Anstalt in ein entsprechenderes Verhältniß gebracht und somit dieAuschuf- pflicht der Stadtcaffe vermindert werden könnte. Es wie- darauf hin, daß dies wohl am Zweckmäßigsten zu erreichen sei durch Ein führung einer Lohnsteuer von der sogen, flottirenden Bevölkerung, d. h. von dem Theile der Bevölkerung, welcher, ohne hier einen eigenen Haushalt zu führen, sich in vorübergehenden Verhältnissen in Leipzig aufhält, z. B. Dienstboten, Gewerbsgehülfen, Hand- lungSdiener u. s. w. Der Ausschuß beantragte daher: 1) den Rath zu ersuchen, durch angemessene Herbeiziehung der flottirenden Bevölkerung die Einnahmen de- JacobshoSpitals zu erhöhen. Im Uebrigen empfahl derselbe 2) die vom Stadtrath beantragte Belastung de- Stammver- mö'qens der Stiftung mit den Anlagekossen de- im Jahre 1851 im JacobShoSpital erbauten neuen Schleußenzugs an 3169 Thlr. zu genehmigen, und, vorbehältlich de- Antrag- unter 1, 3) die Justification der Rechnungen auszusprechen. DaS Collegium trat sämmtlichen Vorschlägen einstimmig bei, sprach auch die Justification der Rechnungen der Nrukirche auf die Jahre 1851 und 1852, der Ricolaischule auf da- Jahr 1851 und der Graff'fchm Stiftung auf da- Jahr 1853 einstimmig aus. Durch denselben Berichterstatter kam ein Gutachten desselben Ausschusses über die Gewährung einer persönlichen Gehaltszulage von 180 Thaler jährlich an den QuintuS der Nkcolaischule, vr. Kreußler, zum Vortrage.