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und Anzeiger. A09. Sonntag den 5. November. 1854. Mittwoch den 8. November ». <-. Abends 6 Uhr ist öffentliche Sitzung der Stadtverordneten im gewöhnlichen Locale. Tagesordnung: 1) Gutachten des Ausschusses zum Bau-, Oekonomie- und Forstwesen über 3) eine Eingabe hiesiger Bürger gegen die Verwendung des Hermannschen Grundstücks zur Ablagerungsstätte von Dünger u. dgl. betr.; lr) die Verwendung der zwischen der Funkenburg und dem Wehrgraben an der Frankfurter Chaussee gelegenen Grundstücke zur Anlegung pachtweise zu vergebender Gärten. 2) Gutachten des Verfaffungsausschuffes, den Entwurf zum Miethregulativ, s. w. d. a. betr. Landtagsmittheilungen. Sechste öffentliche Sitzung der ersten Kammer am 3. November. Die erste Kammer hat heute auf Grund des Berichtes ihrer Awifchendeputation die Berathung des Entwurfs eines Strafgesetz buchs begonnen und die Debatte über den allgemeinen Theil des selben bereits zu Ende geführt. Die Kammer hat hierbei beantragt, baß die wieder aufgenommene, im Entwürfe jedoch auf Personen männlichen Geschlechts beschränkte Strafe der körperlichen Züch tigung auch auf Personen weiblichen Geschlechts ausgedehnt werde. Neunte öffentliche Sitzung der zweiten Kammer am 3. November. Auf der Tagesordnung befand sich die Beantwortung der vom Abg. Rittner in der zweiten öffentlichen Sitzung eingebrachten Interpellation von Seiten de- königlichen Ministeriums des Innern. Die gedachte Interpellation lautet: „!.») Hat das hohe Ministerium des Innern bereits zuverlässige Berichte über die bevorstehenden Nahrungsverhättniffe? Im bejahenden Falle: Ist b) das Resultat dieser Berichte übereinstimmend mit den günstigen Berichten, welche von der Presse verbreitet sind, namentlich in der „Leipziger Zei tung", oder nicht? Im letztem Falle: Ist e) das Ministerium gesonnen, Schritte zu thun, damit die Bevölkerung recht bald eine klare und sichere Ansicht erlangt über die bevorstehenden Chancen hinsichtlich der Nahrungsmittelpreise? — II. Gedenkt die hohe Staatsregierung im Laufe dieses außerordentlichen Landtags ein Gesetz den Kammern vorzulegen über die Straßenbauverhältnisse und namentlich zu Regulirung der Verpflichtungen des Grund besitzes hierzu?" Nachdem das Präsidium bemerkt hatte, daß der Bericht der zweiten Deputation über das allerhöchste Decret, den Bau der Aittau-Reichenberger Eisenbahn betreffend, auf der Regi- strande eingegangen sei und daß derselbe eventuell am nächsten Dienstage zur Berathung kommen solle, erhob sich Staatsminister v. Beust und beantwortete die vorgedachte Interpellation. Den ersten Theil der Interpellation anlangend, bemerkte der Staatsminister Folgendes: „ES sei mir zunächst erlaubt, zu be merken, daß, tvle mir wohl auch der geehrte Herr Interpellant zugestehen wird, auf dessen kompetentes Urtheil ich mich überhaupt in der Sache berufen darf, zuverlässige Berichte über die bevor stehenden NahrungSmittelverhältniffe nicht zu erlangen sind, da eS sich hier mehr oder minder um Besorgnisse handelt, deren Ver wirklichung von Umständen abhängt, die mit völliger Bestimmtheit nicht vorherzusagen sind. Ich glaube aber, den Gedanken des Herrn Jntervellanten recht zu verstehen, wenn ich voraussetze, seine Absicht gehe dahin, zu vernehmen, welche Berichte dem Ministerium über die diesjährigen Ernteergebnisse, insbesondere über die Ergeb nisse der Getreideernte vorliegen, und ob diese Berichte mit de» in öffentlichen Blättern, namentlich in der Leipziger Zeitung erschie nenen übereinstimmen. In dieser Beziehung habe ich nun zu bemerken, daß die Berichte, welche einen sichern und vollständigen Ueberblick und Abschluß gewähren, erst im nächsten Monat zu erwarten sein werden. Was die Berichte betrifft, die inmittelst in öffentlichen Blättern und namentlich in der Leipziger Zeitung erschienen sind, wobei ich übrigens beiläufig zu bemerken habe, daß die in der Leipziger Zeitung niedergelegten Berichte nicht officiellen Ursprungs sind, so liegen denselben mehr oder minder locale und augenblickliche Auffassungsweisen zu Grunde, und es mag sich daher erklären, daß sie nicht überall mit der Wirklichkeit im Ein klänge stehen und sehr oft eine allzu sanguinische Färbung an genommen haben. Ich möchte daraus der Leipziger Zeitung keinen zu großen Vorwurf gemacht wissen, weil auch andere Blätter des Auslandes sich durch den Wunsch, augenblicklich über die localen und günstigen Erscheinungen im Interesse der allgemeinen Be ruhigung zu berichten, verleiten ließen, in ähnlicher Weise Vor stellungen zu erwecken, welche den Verhältnissen nicht entsprachen. So viel darf indessen von der andern Seite zur Beruhigung gesagt werden, daß ein Mangel an Stoff, ein Mangel an Getreidevor- räthen, wie er vor 7 Jahren sich fühlbar machte, nicht zu besorgen ist, was aber gar nicht ausschließt, daß eS sehr wünschenSwerth und nothwendig ist, daß sich eben jene von mir erwähnten irrigm Voraus setzungen über eine zu große Ergiebigkeit der Emte nn Publicum berichtigen möchten. Die Frage freilich, welche der Herr Inter pellant im zweiten Satze ins Auge faßt, wie die Preise sich gestalten werden, ist wohl nicht allein abhängig von der Entscheidung der eben berührten Frage der Vorräthe, sie steht vielmehr im engen Zusammenhänge theils mit dem Gerathen oder Mißrathen anderer zum täglichen Lebensunterhalte gehörigen Früchte, theilS mit den auswärtigen VerkehrSverhältnissen, welche durch Erleichterung oder Erschwerung der Zuflüsse, deren Sachsen in sehr ausgedehnter Weise bedarf, auf die Preise und deren Gestaltung nothwendig zurückwirken. Wie sich die letzter« in nächster Zeit gestalten werden, ist eine Frage, welche nach dem Gutachten sachkundiger Beobachter in diesem Augenblicke mit Bestimmtheit weder im guten noch im schlimmen Sinne beantwortet werden kann. Jedenfalls darf die hohe Kammer sich davon überzeugt halten, daß die Regierung diesem ernsten Gegenstände ihre vollste und unausgesetzteste Aufmerksamkeit zuwendet." Anlangend alsdann dm andern Theil der Interpellation, so machte der Herr Staatsminister zuvörderst darauf aufmerksam, daß diese Frage schon früher Gegenstand ständischer Anträge gewesen und daß sich auch die StaatSvegierung vielfach damit beschäftigt