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Leipziger Tageblatt und Anzeiger. ^ 212. Montag den 31. Juli. 1854. Bekanntmachung. Behufs der Wahl von Vertretern des Handels- und Fabrikwesens im zweiten und dritten Wahlbezirke zur nächsten btändeversammlung sollen die Verzeichnisse der Stimmberechtigten und Wählbaren angefertigt werden. Da nun nach h. I, L und 5 deS Gesetzes vom 7. März 183V diejenigen, welche sich mit Abentrichtung der Landes- und Gemeinde abgaben ganz oder zum Theil länger als ein Jahr nach vorgängiger Erinnerung in Rückstand befinden, so Lange diese Rückstände mcht abgesührt sind, von der Stimmberechtigung und Wählbarkeit ausgeschlossen sind, so werden hiermit alle Restanten zur ungesäumten und spätestens binnen acht Tagen zu bewirkenden Abführung ihrer Rückstände unter der Ver warnung aufgefordert, daß im Untetbleibungsfalle ihre Namen in die Listen nicht werden ausgenommen werden. Leipzig, den 26. Juli 1854. Der Rath der Stadt Leipzig. Berger. Ein Seilrag ;ur Chronik Leipzigs. Wohl schwerlich dürfte ein Mann in Leipzig gelebt haben, der sich einer allgemeineren Achtung, einer ungeheuchelteren Liebe, einer wohlverdienteren Verehrung zu erfreuen gehabt hätte, als Gellert. ES giebt kein Land in der civilisirten Welt, wo sein Name unbekannt wäre. Gellert war während seiner Lebzeiten nicht mit Glücksgütern gesegnet, aber alle Mittel, welche ihm zu Gebote standen, verwendete er zum Wohle seiner hilfsbedürftigen Mitmenschen. Wir wissen Alle, wie Friedrich der Große, der doch sonst keine Zuneigung für deutsche Gelehrte an den Tag legte, ihn werthschätzte und hochstellte, wie er ihn seines persönlichen Wohlwollen- und seiner höchsten Achtung versicherte, wie er ihm selbst materielle Hilfe, dasem er deren bedürfe, zusagte, ihn 1v plus raisonoad!« äe tous Iss savans allvwanä« nannte, wie ihn der Kurfürst Friedrich Christian ehrte und durch ansehnliche Geschenke überraschte, — aber nur Wenige dürften wissen, daß ihm Leipzig nicht einmal das eiserne Gitter, da- jetzt seinen Grabstein ziert, setzen ließ. Ein Russe war eS, ein junger Arzt auS Petersburg, der, von Frankreich nach seiner Vater stadt zurückreisrnd, einen großen Umweg nicht scheute, um Gellert- Grab zu besuchen. Als er dasselbe als Ruhebank von Kinder mädchen benutzt und ohne allen äußere« Schmuck von dankbaren Zeit genossen oder Nachkommen fand, war er so entrüstet darüber, daß er sofort zu unferm rühmlichst bekannten Mitbürger, dem Bild- hauer Herrn Funk eilte, um ein Monument zur Verherrlichung seines Grases anfertigen zu lassen. Da die- jedoch nicht so schnell herzustellen war, als eS der heißblütige Russe wünschte, bat er den Künstler inständig, ihn sogleich zu einem zuverlässigen Schlosser meister zu führen, oder ihm einen solchen namhaft zu machen. Der Künstler empfahl ihm den Gchloffermeister Herrn Schwarz auf dem Neukirchhof. Das Geschäft war sofort abgeschlossen, da- Geld auSgttahlt, und nach wenigen Tagen umgab ein eiserne- Gitter da- Grabmal GellertS. — Deutschland hat e- nie verstanden, seine großen Männer während ihrer Lebzeit würdig genug zu ehren, und an die Errichtung von^ Monumenten zur Ehre ihre- Gedächt nisse- scheint es nur nach Jahrhunderten zu denken, oder in Zeiten, »o man nicht einmal «ehr mit Bestimmtheit deren Grabhügel anzngebm Vermag. — In Bezug auf Gellert, dm unübertroffenen Menfthenfrrnnb, mußte ein Russe das dankbare Vaterland beschäme«! *4. Die Trottoirs. Als Vs, mehreren Jahren der Rath der Stadt Leipzig da- Lege« von Trottoir- befördert» und dazu aufmuntern wollte, machte er sich anheischig, bis zu Ende des JahreS 1854 10 Ngr. pro Quadratelle zu vergüten; gewiß eine schöne Beisteuer und eine nicht unbedeutende Summe für die jetzt ohnehin stark in Anspruch genommenen Capitale der Stadt Leipzig. Viele Hausbesitzer bethätigten sofort ihre Bereitwilligkeit für eine der allgemeinen Bequemlichkeit so zweckentsprechende, wohlgemeinte Absicht durch Legung von Trottoirs, hauptsächlich in der inner« Stadt. Ein großer Theil nicht bloS wohlhabender, sondem selbst reicher Haus besitzer — namentlich in den Vorstädten, Könlasstraße rc. — ist jedoch bi- zur Stunde dieser der sämmtlichen Einwohnerschaft zu Gute kommenden Einrichtung noch nicht nachgekommen. Gerade weil das Legen der Trottoirs zur Zeit noch dem Ermessen der Einwohner anheim gegeben (waS hoffentlich nach 1854 nicht mehr der Fall sein wird) und folglich noch nicht direct anbefohlen worden ist, hätten sämmtliche reichere Hausbesitzer, sowohl der Stadt als der Vorstädte, durch schnelle- Legen von Trottoir- ihren guten Willen an den Tag legen und dadurch die Mindervermögenden zur Nachahmung anfeuern sollen. Der Erfolg hätte gar nicht zweifelhaft sein könnm; denn ein gutes Beispiel findet immer bereitwillig Anklang. — Hoffentlich bedarf eS nur dieser einfachen Erinnerung, um zur Beschleunigung der Beseitigung der früheren durchgängig, jetzt noch theilweise schlechten Fußwege beizutragen. *6. Tageskalender. Da«pswage«-Abfahrten v»» Leipzig a«S: I. Nach Berlin, tngl. nach Frankfurt a./O. und nach Stettin, (ü) über Eöthen: I) MrgnS 5U. Schnellzug; 2) Nachm. 3»/< U. und 3) Abd- 5'/, U. letzter Zug, mit Uebern achten tn Witten berg. (l-eiprix-blsgüsb. katmdtt; (8) über Röderau: 4) MrgnS U. und Rach«. 2*/, U. ft«»iprix vrorünar 8»b»b.j II. Rach Dresden und beziehend!, nach Chemnitz, über Riesa, tngl. nach Görlitz und Breslau, auch Zittau, ebenso nach Prag und Wien: 1) MrgnS s U., mit Uebernachten in Prag; I) Brmtt. 1s U., mit Uebernachten i» Görlitz; L) Nachm. 2'/, U ; 4)>bdS 5>/, U. und Nachts IO U. ll,v»p,ix-vra,äosr llabud.j III. Nach Frankfurt a./M^, über Halle, Erfurt, Eisenach und Gerftungen (auch Caffel): I) MrgnS 7 L. ohne Unterbrechung; 2) Mttas 12 U., mit Uebernachten in GuntrrSbarffen; 3) Nachts 10 U. Schnellzug direct, blos tn Wageuclaffe I und II. lloiprig- 1U»x«1eb. lladnd.l IV. Nach Hof, über «ltenburg, mal. nach Bayreuth, Schwein- furt, Ulm, (Stuttgart,) Lindau, (Friedrichshafen,) Nürnberg u. München: 1) EUzu-, ohne Unterbrechung, Rrgns