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Anzeiger. 162 Sonntag dm I I. Juni. 1854. Bekanntmachung. Die Herren Professoren und Docenten an hiesiger Universität werden andurch veranlaßt, die schriftlichen Anzeigen der Vorlesungen, welche sie im nächsten Winter-Semester zu halten beabsichtigten und in den aufzustellenden Leclions-Katalog ausgenommen wissen wollen, binnen 14 Tagen und längstens den L. Zuli L8S4 in der Universität-- Canzlei allhier abzugeben. Leipzig, den v. Juni IHL4 Der Rector der Universität daselbst. Ol-. Gustav Hänel. Donnerstag den 15. Juni d. I. Abends 6 Uhr ist -ffenttiche Sitzung der Stadtverordneten im gewöhnlichen Locale. Tagesordnung: Vortrag der seit der letzten Versammlung eingegangenen Berathungsgegenstände. Hoch ein Bauplatz für unser Museum*). Män Vorschlag kommt zwar ziemlich spät; allein da, wie «an hört; öle AkichnUNgrN zu diesem patriotischen Werke erst jetzt ln Berlin und Brüssel gefertigt werden, so dürfte der Bauplatz If HW1 -Miß doch noch nicht bestimmt sein. Ich -ln immer der Meinung gewesen, daß der Vortheil der Stadt nicht in der Concentrirung der Häusermaffen, sondern in jeder Beziehung mehr in ihrer Verschönerung, Ln ihrer Aus breitung Uege. Die Zeit wird »och manches Etablissement noch- wendig Machen, das Unvermeidlich im Mittel der Stadt liegen muß, und noch manchen Platz ln Anspruch nehmen. Desto mehr sollte man diese Plätze schonen und mit einem Gebäude, das eben wie miftr Museum nicht im Centrum der Stadt zu liegen braucht, ja, «o eS sogar manche Vortheile einer freieren Lage einbüßt, nicht bebaue«. , Steht man in der Promenade, in der Nahe der ersten Bürger schule, und sieht die breite, schöne Königsstraße hinaus, so müßte ein schöne« Gebäude quer vor ihrem Ende einen prächtigen Eindruck machen. Wenn die Königsstraße geöffnet ist, wie dies bald der Fall sti» wird, dann ist der Weg zum Museum weder unbequem noch »eit. Der Platz, worauf es stehen würde, liegt im Bereiche des JohannisthaleS. Er erfordert keinen Ankauf, keine Rücksicht auf Stellung u. s. w., ist vor Staub und Rauch gesichert und dt» «löchstd Umgebung des Museum- kann fast beliebig geschaffen werbe«. Ev vkmwe durch Gattmaklagen geschmackvoll umgeben werbe«. Hckn Hiwdemlß hinsichtlich der Größe und Grenzen ist hier vorhanden. *) d. Vl. v. d. I. ist auf diesen Platz schon hingewiesen. Die Redact. Stadtthealer. Züchtr Vorstellung von „Wallenstein-Tod" am 9. Juni stellt« sich zwei Gäste dem Pudlitmn wiederholt vor: Herr Brunner und Herr Kar low a, beide vom Hofcheater zu Braunschweig, kekir äkS Wallensteln, der Letztere als Max Piccolomini. Wir l, berät« üvdr da« erste hiesige Austreten dieser beiden Darsteller kef^hVekbm badet jedvch Mit einem definitiven Urtheil jutück, dir wnWchtäen, nach einet ersten Bekanntschaft mit den Gästen diese« durch ein solche- leicht unrecht thun zu Lönnen. Ihre Lei- sttmgm im „Wallmstei«" bewiesen uns aber, das wir un- über Beide nicht geirrt hatten. Der Charakter de- historischen Herzogs von Kiedland, die Auffassung desselben von Saiten de- Dichter- sind hinreichend bekannt; ein Jeder, der sich nur einigermaßen um das deutsche Theater bekümmert, hat gewiß schon mehrere tüchtige, mustergültige Darsteller in dieser Rolle gesehen — e- Ist daher unbegreiflich, wie ein Schauspieler, der ein erstes Fach an einer bedeutcnderen Bühne einnimmt, sich bei der Darstellung des Wallen stein so gäuttich vergreifen kann, wie dies von Herrn Brunner geschehen. Dieser Wallenstein war nicht jener ernste, durch seinen Geist und seine Persönlichkeit imponirende Held des dreißigjährig!» Krieges, nicht jener durch Schiller von der idealsten Seite auf gefaßte stolze und ehrgeizige Feldherr, der sich nicht zu schlecht dünkt, die Hand nach einer Königskrone auszustrecken, — sondern nur ein ganz gewöhnlicher Theaterheld mit einem etwas sentimentalen An flug, eine jener Figuren, wie man sie in blutigen Ritterschauspielen oder in der Spectakel-Oper zu sehen gewohnt ist. In dem äußeren Benehmen de- Herrn Brunner als Wallenstein vermißten wir vor Allem die Würde und Ruhe, die den Helden selbst in der höchsten Aufregung nicht verlassen dürfen; das feste und entschiedene Auftreten Wallensteins war hier nichts als ein fast burschikoses Wesen. Um nur ein Beispiel anzuführen, erinnern wir an die Art und Weise, wie dieser Wallenstein dem schwedischen Oberst Wrangel gegenüber auf dem Stuhle saß — eine solche Stellung hat der Herzog von Friedland gewiß selbst im vertrautesten Freundeskreise nie eingenommen. Nicht weniger ungenügend war die Art zu sprechen bei dieser Leistung Abgesehen von dem öfteren gänzlichen Mißverstehen de- Sinne- der Worte, von dem Fallenlaffen und Verwischen der Pointen, zeigte sich fast durchgehend ein Ton, der oft lebhaft an den mittelmäßigen Kanzelredner erinnerte und dabei einen starken Beisatz von hohlem Theaterpathos halte. Es aestattet uns der gegebene Raum nicht, nähere Details über diese Leistung zu geben; da- Gesagte möge daher genügen. Wir sprechen nur noch die Meinung aus, daß Herr Brunner als Repräsentant de- ersten HeldenfacheS nach dem von ihm Gesehenen schwerlich den Anforderungen entsprechen dürfte, die ein gebildete- Publicum an einen solchen zu stellen berechtigt ist. — Der zweit« Gast, Herr Karlvwa, zeigte auch bei diesem Auftreten ein natürliche-, für die Folge Gutes versprechendes Talent und ein anerkennrnSwerthe- Streben nach einem höheren Ziele. Der Darsteller ist offenbar «och Anfänger ; er hat bereit- fleißig studirt und kennt die Regeln der Schule; seinem Spiel Merkt man es jedoch noch an, daß er, während er auf der Bühne steht, noch öfters an dieselben denken muß, daß sie ihm noch nicht vollständig zur anderen Natur