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Lripzigcr und A «zeig e r 152. Donnerstag den 1. Juni. 1854 Bekanntmachung, die Anmeldung zur theologischen Candidatenprnfung betreffend. Diejenigen Studirenden der Theologie, welche gesonnen sind sich vor Eintritt der Michaelisferien dieses Jahres zur theologischen Candidatenprüfung anzumelden, werden hiermit auf den Inhalt der tz. 9 deS Regulativs aufmerksam gemacht und veranlaßt, ihre Anmeldungsgesuche nebst allen in gedachter Paragraphe, namentlich unter 4. bemerkten Unterlagen, biS zum I. Juli dieses Jahre in der Canzlei der Königlichen Kreißdittction allhier (Postgebäude) abzugcben, oder, so viel die auswärts sich Aufhaltenden b.trifft, unter der Adresse: „An die Königliche Prüfungs-Commission für Theologen" portofrei anher einzusenden. Leipzig, den 1 Juni 1854 Königliche Prüflings - Commission für Theologen. von Broizem. r Stadttheater. Der k. k. Hsftwernsänger Herr JosephStaudigl von Wien «öffnete am 30. Mai mit der Partie des Bertram in „Robert -er Teufel" einen hoffentlich größeren Gastrollen - Cyklus auf vaserer Bühne. Mit vollstem Rechte wird Herr Stau bigl als einer der größten GesangSkünftler der Gegenwart genannt. Bei ih« findet sich noch die ältere, vortreffliche italienische GesangS- schule; sein Gesang, vollendet in der Technik, höchst verständnlßvoll m der Auffassung, wirkt äußerst wohlthüend und befriedigend und reißt vermöge der ihm innewohnenden künstlerischen Weihe zu Be wunderung hin, trotzdem, daß der Säng r nicht mehr im vollen Besitze seiner früheren so schönen natürlichen Mittel ist. Den Höhepunkt erreichte Herr Staudigl bei dieser Leistung in dem komischen Duett mit Raimbaut und in dem mit Alice im dritten Acte der Oper. In diesen beiden Nummern kommt es weniger, als in den übrigen Theilen der Rolle, auf Entwickelung kolossaler Stimm-Mittel an; der Componist bietet in ihnen vielmehr — besonders in dem mit großer Feinheit, mit Humor und in dem älteren italienischen Styl gefaßten ersteren Duett — de« Sänger reiche Gelegenheit, seine künstlerische Durchbildung nach allen Seiten hin zu bewähren. Herr Staudigl verstand es in reichem Maße, dies Alles zu seinem Vsrtheile au-zubeuten. Das Spiel deS Gastes war dem Charakter der Rolle entsprechend: ruhig, würdevoll und frei von aller Uebertreidung. Mit freudiger Erwartung sehen wir den weiteren Leistungen des berühmten Gastes entgegen und besonders denen in den klassischen Partien, die Herr Staudigl dem Ver- nrbmen nach gewählt hat. — Frau Schreiber-Kirchberger gao die Jsabella als zweite diesmalige Gastrolle. Die schätzbare Sängerin befand sich hier in einer entsprechenderen Sphäre, als bei ihre« erst« Auftreten als Valentine in den „Hugenotten"; ihre Jsabella war demnach auch eine vorzügliche Leistung im Ge sänge, wie im Spiel. Krau Schreiber-Kirchberger fand diesmal reiche Gelegenheit, ihre vielfachen technischen Vorzüge in das günstigste Licht zu stellen; ihre Stimmgewandtheit ist sehr bedeutend, von vorzüglicher Reinheit und Abrundung ihr Triller, ihre Tondildung tadellos, die Auffassung der Partie im Gesang ' 1. Das^ wie i« Spiel war verftändnißvoll. Einzige, waS wir hinweg «wünscht, ist das leidiae Tremoliren, das übrigens nur Angewohn^ heit zu sein und seinen Grund nicht in einer Schwäche des Stimm organs zu habe« scheint, welche- letztere, beiläufig, gegen früher bekannt und bereit- mehrfach besprochen ; wir wollen daher nur erwähnen, daß Herr Widemann an diesem Abend sehr gut bet Stimme war und die Partie des Robert — jedenfalls eine seiner besten — daher auch, abgerechnet einige merkliche Unsicherheiten im ersten Acte, sehr brav durchführte. Auch Frl. Mayer (AÜce) Gar günstig diSponirt und trug wesentlich zum Gelingen der Bsrstsft lung bei. — Wie wir hören, wird Frau Betty Gundy ihr Gastspiel, daS sie wegen eines Vorfall- in ihrer jmwtti« abzu« brechen gen-thigt war, demnächst fortsetzen; somit stände uns also bei der Mitwirkung mehrerer namhafter Gaste noch eine längere Reihe interessanter Opern* Vorstellungen bevor. *h. Leistungen unftwr einheimisch« Sänger in dieser Oper find Theaterbesuch. (Eingesandt.) Seit vielen Jahren hat sich in dem Parterre unseres Stadt- theaters eine Unsitte eingebürgert, der, will man nicht alle Rückt sichten der Billigkeit und Humanität au- den Augen setzen, endlich einmal gesteuert werden muß. Ich meine da- Belegen der Sitz plätze im Parterre. Bei einem nur einigermaßen bedeutenden Stücke findet man sogleich nach Eröffnung des Laufes den größten Theil der Bänke von verhältnißmäßtg nur wenigen Personen durch Be legung mit Stöcken oder Taschentüchern in Anspruch genommen und muß sich mit einem bescheidenen Hinterplätzchen begnügen oder, falls ein solches nicht mehr vorhanden ist, will man nicht stehend der Aufführung beiwohnen, unverrichteter Sache baS Feld raunzen. Kurz vor Beginn der Ouvertüre erscheinen dann die Bevorzugten, drängen sich mit zufrieden lächelnder Miene durch die Reihen der minder Glücklichen und finden sich durch Freundeshand sanft ge bettet. — Hierin, sage ich, liegt eine Unbilligkeit; denn Jeder hat gleiches Recht auf eiuen Platz und ein Unterschied kann nur durch die Aeitfolge, in der sich die Zuschauer einstellen, nicht durch die Gefälligkeit dienstfertiger Freunde berechtigt erscheinen. Es bezahlt ferner Jeder in der Regel nur seinen Platz, darf also «ich nicht mehr in Anspruch nehmen, als nur diesen, noch viel wemger Einen, der bereits sein Anrecht auf einen Sitz erworben hat, um eines Anderen willen zurückweisen, der möglicherweise gar nicht erscheint. In ander« Städten ist ein« solch« Mod« ni« allf- gekommen oder, wo sie staltfand, bald unterdrückt worden; nur bei uns hat sie noch ihre volle Gültigkeit. Höchst wahrscheinlich liegt chr eine verjährte Bewchtiguvg drr Leipziger Studentenschaft zu Grunde, die, sollte sie einmal zweckmäßig geweftn fei«, tz«ut« es jedenfalls nicht mehr ist. Mir einer eigenmächtigen Adtzülfe ist aber nichts auszurichten, da, wie Emsonber sesbst öfters zu be«Uken