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Leipziger Tageblatt and Anzeiger. ^ 117. Donnerstag den 27. April. 1854. Bekanntmachung. Da- Erholen von Sand in den hiesigen Flüssen ist seit einigen Jahren immer häufiger geworden und geschieht jetzt ohne alle Berücksichtigung der Flußverhaltniffe in ganz ungebührlicher Weise und mit Benachtheiligung der städtischen Flußufer und deren Einfriedigungen, auf welchen der ausgebrachte Sand abgeladen zu werden pflegt. Wir finden uns deshalb veranlaßt, hiermit unbeschadet eines etwa auszusprechenden Verbotes wegen des Sandholens aus hiesigen Flüssen überhaupt anzuordnen, daß von jetzt das Ablagern von Flußsand auf städtischen Flußufern und öffentlichen Straßen oder Plätzen nur nach vorher bei uns nachgesuchter und von uns ertheilter Erlaubniß gestattet ist. Zuwiderhandlungen hier- tzetzen werden, vorbehältlich sonstiger Ansprüche, unnachsichtlich mit Strafe belegt werden. Leipzig, den 21. April 1854. Der Rath der Stadt Leipzig. Koch. Prüfungs-und Aufnahrnefeierlichkeit in der Sonntags- schule der Loge Salduin ;ur Linde. ^ Diese erhebende Feier fand Sonntag- den 23. April d. I. Vor- «tttagt von 10 Uhr an i« Logengebäude in der Elsterstraße statt. Nach einem einteilenden Gesänge mit Pianofortebegleitung hielt Herr Hofrach Prof. Marbach, alt Borsteher der Gonnrag-schule, «ine ergreifende Rede, in welcher er mit seiner bekannten überzeu genden Beredtsamkeit da- Thema abhandelte: „Das Wirken der Vonntagtschule ist ein echte- Gonntagtwerk." Er bewies darin den zahlreich versammelten Zuhörern, besonders den Jünglingen, »eich« den dermaltgen Bestand der Sonntagsschul« bildeten, daß Hd Streben in derselben durch den sittlichen Ernst, den eS erfordere, so Nie durch die heilige Freude über da- Erstrebte in Wahrheit ein Gottesdienst sei, da et zur geistigen Vervollkommnung, zur Gott- Ähnlichkeit führe. — Hierauf gab der hochverdiente Direktor der Anstalt, Herr Opitz, Lehrer an der vereinigten Wendler'schen und Rathtfrrischule, einen statistischen Bericht, woraus hervorging, daß in dem abgelaufenen Schuljahre überhaupt 220 Jünglinge diese Sonntagtschule besucht haben, von denen im Laufe de- Jahres 58 adgegange« sind. Von den übriggebliebenen 162 Schülern gehör te» 62 zur ersten, 54 zur zweiten und 46 zur dritten Adtheilung. Herr Opitz forderte dann die anwesenden Lehrer auf, die Prüfung zu bkgtnnm. Die von den Herren Heuschkel, Schumann, Schöne uud Hillig vorgelrgten Fragen und Aufgaben über deutsche Stplistik, Orthographie, deutsche Sprache, Geometrie, Mathematik und Arithmetik wurden zum größten Theile auf be friedigende Weife gelöst und beantwortet, wie denn auch durch die zahlreichen zur Ansicht ausgelegten Ptobearbeiten der Schüler hin reichend bewiesen wurde, daß diese Anstalt die Fortbildung der Jugend ßmentrrich fördert. — Nach beendigter Prüfung verlasen zwei Schüler die über die Feierlichkeit selbst von ihnen aufgenom menen Protokolle, worauf Herr Direktor Opitz 48 abgehende Schüler mit einer erhebenden Ansprache entließ. Bo» diesen jungen Ie«M» «Gelte« S die auf Empfehlung de- Vorstände- ihnen zuer- kannten Belobungtdeftwe der hohen Königl. Gächs. Regierung, 8 an dere Ehrenzeugniffe von der Anstalt selbst und 3 eine Geldprämie von je 5 Thalern au- der Stiftung der Madame Weiß. — Run «Gißte dj« Aufnahme von 50 neuen Schülern durch den Herrn Dtrector V pttz, worauf der Vorsteher, Herr Hsfrath Marbach, alle» Förderern der Anstatt, «uuenttlch aber den Herren Lehrrm, dm wärmsten Dank autsprach. Einer der abaehenden Schüler htztt dann eine wohl durchdachte und ganz vorzüglich anßßeführte Rede, worin er für die genossenen Wohlthaten dankte und die zurückbleibenden Schüler aufforderte, in ihrem löblichen Streben nicht zu erkalten. Die Feierlichkeit schloß mit einem kurzen Ge sänge. Gewiß hat sie auf alle Anwesende denselben Eindruck ge macht, wie auf den Referenten, da sie auf- Neue den Beweis lieferte, einmal, daß Leipzig sich die geistige Fortbildung seiner Bewohner vor Allem angelegen sein läßt, dann aber auch, daß die Freimaurerei auf die Angriffe ihrer Gegner auch hier die würdigste Antwort zu geben weiß: Ln ihren Früchten sollt ihr ste erkennen! F. F. Gonne's neuestes Md, von welchem vor Kurzem die Sachs, konstitutionelle Zeitung (Nr. 45 d. lauf. Jahres) eine ausführliche Schilderung au- der Feder von Julius Hammer mittheilte, befindet sich gegenwärtig in Leipzig und ist im Locale de- städtischen Museums wahrend der nächsten Sonn tage (Mittwochs nur für Mitglieder und Abonnenten des Kunst vereins) ausgestellt. Ein höchst interessantes Bild! Wir sehen, in lebensgroßer Darstellung, den Bajazzo einer Springer- oder Seiltänzerbude nach beendeter Vorstellung, beim Lichte einer Laterne, in einem engen Verschlage der Bude sitzend. Aber eS ist nicht der Spaßmacher, wie er vor dem Publicum erscheint; der Künstler zeigt uns vielmehr einen unglücklichen Menschen im bunten Kleide, der die rohe Masse belustigen mußte, während vielleicht sein Herz blutete. Der treue Hund ist allein Zeuge der Scene. „In diesem Kopfe lesen wir die Tragödie eine- verfehlten, geschändeten Leben-, die furchtbare Selbstanklage eines Menschen, der stine freie sittliche Bestimmung versäumte und allmälig bis zu der Erniedrigung kam, den Hanswurst vor der Menge zu machen. Kaum begreift er selbst, wie es so weit mit ihm hat kommen können; aber daß es zur Umkehr zu spät sei, das fühlt er mit allen Martern der Reue und Selbstverachtung in sich." So charakterifirt Hammer den unglück lichen „Hamlet in der Bajazzojacke". Daß die Ausführung des Bilde- in aller Hinsicht eine meisterhafte ist, versteht sich bei einem Werke von Gönne von selbst ; das Bild ist aber mit so breitem, markigen Pinsel gemalt, daß die volle Wirkung erst bei einer ge wissen Entfernung des Beschauer- vom Bilde sich geltend macht, worauf wir um so mehr aufmerksam machen wollen, als die be schränkten Räume unseres Museums nur wenigen Personen auf einmal die Gewinnung de- richtigen Standpunktes für dieses wie für andere größere Bilder gestatten.