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Leipziger Tageblatt Mid Anzeiger. II«. Donnerstag den 20. April. 1854. des V-rstLndniffes ganz wegfallen könnte. Die Katastrophe ist bereits mit der letzten Scene in Rathenow's Hause abgeschlossen; man wnß, was nun geschehen muß; es ist daher unnöthiq, daß Stadtlheater. Die Vorstellung vom 18. ds. MtS. brachte als Neuigkeit daS historische Drama in fünf Act» „Johanne- Rathenow, ein Bürgermeister von Berlin" von Robert Giseke. ES I die- noch lebendig dargestellt werde." Fiele der Vorhang'^ dem ist die- das erste dramatische Werk, mit dem der Dichter vor die I Augenblicke, wo Rathenow die Bürger mit dem Schwert in der Oeffentlichkeit tritt; er hat sich durch dasselbe auf diesem Kunst-1 Hand nach dem Rathhause führt, so würde dieser Act von der gebiete in einer Weise eingeführt, welche nicht allein die höchst I größten Wirkung sein, «ährend diese durch die Scene auf dem ehrenwerthe künstlerische Gesinnung de- Dichters, sondern auch I Ralhhause abgeschwächt wird. In der VolkSscene des vierten seinen natürlichen Beruf für dramatische Gestaltungen beweist. Der I Actes — der übrigens so trefflich angelegt ist, daß er gegen die „Der Roland von Berlin"; die hauptsächlichste Episode, die Figur! dann noch entschiedener und eindringlicher hervortreten. Den ein- de- Juden, ist au- diesem entlehnt. DaS Ganze hat die Kämpfe I zigen starken Tkeatereffect, den der Dichter sich erlaubt hat — in deß alten reich-städtischen Patricierthum- gegen die berechtigten I der Scene des zweiten Acte-, wo Elsbeth, auf das Märchen vom Forderungen der zünftigen Bürger und andererseits gegen die immer I steinernen Roland anspielend, diesen bittet, den Geliebten erscheinen «rhr Boden gewinnende Macht der deutschen Reichsfürsten zum I zu lassen und Henning Mollner dann sofort eintritt — wollen wir Hintergrund. Dadurch, daß der Träger de- Stücke-, Johanne-I nicht allzu hoch anrechnen, um so weniger als die Idee zu dieser Rathenow, al- da- personificirte Princip de- Patricierthum- mit I Scene eine wirklich schöne und poetische ist. — Ueberblick» wir -istkmer Eonsequenz auf seinen Recht-begriffen beharrt, geräth er I noch einmal da- Werk in seiner lebendigen Erscheinung auf der mit jeder Partei, sogar mit seine« eigenen Stande-aenossen, in I Bühne, so stellt sich herau-, daß wir von neuem ein sehr tüchtige- EonGict — et opfert dem wirklichen und vermeintlichen Rechte I und beachten-werthe- Talent, ein echt künstlerisches und durchaus m-d dem, wa- er „Bürgerfreiheit" nennt, sein Vermögen, seine I ehrenhafte- Streben und ein theilweise schon erreichtes Vollbringen Familie, da- eigene Herz, und daraus entspringt die tragischelbegrüßen können. Schuld, an der er untergehen muß. So poetisch und psychologisch I Es ist erfreulich, daß abermals ein Schriftsteller, der bereit- richtig diese Grundlage ist, so resultirt au- ihr doch ein nicht geringer I einen bedeutenden Ruf auf anderen Gebieten sich errungen, seine Rachtheil für eine dramatische Gestaltung. Das starre Festhalten I Kräfte der dramatischen Production zuwendet und in dieser höchsten, am zu Recht Bestehenden bedingt eine fast unvermeidliche Passivität; I für das Allgemeine bedeutsamsten Kunstform für das Gedeihen der Johanne- Rathenow ist genöthigt, seine Gesinnung stet- mit I Kunst wirken und schaffen will. Dieses erste Drama Giseke 6 Gründen zu belegen und kann deshalb nicht recht zum Handeln I läßt ohne allen Zweifel die Keime zu allseitig entsprechenden und kommen. Seine ganze Thätigkeit ist fast nur ein passiver Wider-> höheren Gestaltungen erkennen, die uns der reichbegabte Dichter stand gegen die mit Ungestüm andrängenden Wogen einer neuen I in weiteren Werken dieser Art nicht vorenthalten wird. Wenn das Zeit: die Verhältnisse und Ereignisse handeln — ihm bleibt nicht- > Stück trotz seine- entschiedenen inneren WertheS bei der ersten Auf- übrig, akS gegen sie zu kämpfen. DaS dramatische Interesse wird I führung auch nicht — wie man zu sagen pflegt — durchschlug und in Folge dessen zu schr von dem Mittelpunkt des Ganzen abgezogen I zündete, so hatte dies seinen Grund in einigen formellen Mängeln; und wendet sich mehr, als dem Stücke förderlich, den Repräsen-i nach vorgenommenen nothwendigen Kürzungen wird es jedoch nach tauten der gegen den Helden anstürmenden Ideen zu. Ein weiterer I unserer Ueberzeugung bei ferneren Aufführungen eine bedeutend wär- Mangel de- Drama'- ist e-, daß einige an sich sehr interessante I mere Theilnahme finden und stet-gern und mit allgemeinem Interesse Episoden zu sehr in den Vordergrund gestellt und zu weit auS- z gesehen werden. — Die Darstellung war bi- auf Kleinigkeiten eine gesponnen sind, wie z. B. die übrigen- vortrefflich ausgeführte I sehr gute. Herr Rudolph gab den Johanne- Rathenow. Er Scene in dem Hause de- Juden Joel Baruch. So treffend, wie I führte diese sehr schwierige Partie mit Würde und tüchtigem Ver- bieser Jude auch geschildert ist, so ist er doch zu unwesentlich für I ftändniß consequent durch und bewährte sich dadurch abermals als den Gang der Handlung selbst; er spricht zu viel und hält dadurch > denkender und gebildeter Künstler. Nächst ihm Verbißen mit be- diese nur auf, wie überhaupt da- Drama trotz der bereit- gemachten I sonderer Anerkennung genannt zu werden orl.^reb,ch (Elsbeth), Strich« immer noch zu viel Längen hat. Neben der schönen und I Frl. Huber (Susanns), Herr Stürmer lBlankenfeld), Herr schwungvoll» Sprache ist auch die Charakteristik der einzelnen I v. Othegraven (Henning Mollner) und Herr Pauli (^zoel Figur» sehr gelungen zu nennen. Außer dem Bürgermeister find I Baruch). Frl. Liebich's treffliche- Spiel, besonders in den Semen in dieser Beziehung namentlich die Frau und die Tochter Rathenow'-, 1 mit Rathenow, fand den lebhaftesten und allgemeinsten Beifall. Mathi- Blankmfeld, Henning Mollner, der Jude, die vier Vertreter 1 Herr v. Othegraven schien namentlich rm vierten Acte nicht der Gewerke und auch die Nebenfigur Rath-herr Dyk hervorzu-1 ganz fest memorirt zu haben, und die- beeinträchtigte hier seine i. — Zn der Ausführung von Einzelnheiten vortrefflich — wie I übrigen- sehr brave Leistung ein wenig. Herrn Pauli- Io« heb». ß. B. in de» Gcenm de- Bürgermeisters mit seiner Tochter und oöl Baruch war eine ganz vorzügliche Leistung. Da- Ensemble ging den Dolk-scenen — schien ««- dem Ganz» jedoch bisweilen I für eine erste Vorstellung recht gut, die ^ die bühnengewandte Abrundung, die vollkommen geschickte Anord-1 da- Mitwirken der Herren Scheibler (B^tz Kuhlemei), Ball. ^ ' her Scenen zu fehlem Die ersten mann (Hans Zademack), L a d d e y (Pawel Sttobany und Men- mmg in der Aufeinanderfolge der Scenen zu fehlen. Die ersten mann (Hans.S;vemaa,raooey beiden Acte lassen in dieser Hinficht nicht- zu wünschen übrig und zel (Peter Klemsmedt) sehr gehoben. Dre wichtigeren Parti» v» diese — namentlich der zweite — waren daher auch von entschie-! weniger Umfang waren genügend durch B e h r ( u - ' ^ Der dritte Act dagegen ist viel zu lang. Er fürst), Böcke! (Bergholz) und Schott (Dpk) vertreten. dmer Prßilllt in drei große Abheilungen, von denen die dritte rmbesihadat