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Leipziger und Anzeiger. S5. Sonnabend de» 4. Februar. 1854. Ucber die Einrichtung des Sebiiudes für das städtische Museum. Die großartige Stiftung deS verewigten Schl etter wird in kürzester Zeit die Herstellung eine- Gebäudes zur Aufnahme des Kunstmuseum- unserer Stadt veranlagen. Das Schlettersche VermLchtniß hebt unser städtisches Museum auf eine bedeutende Höhe und sichert der Stadt Leipzig in der Kunstgrographie einen ehrenvollen Platz. Daß man bei dem Baue des neuen Museums bedacht sein werde, demselben würdige Räume in einem, wenn nicht prachtvollen, doch künstlerisch befriedigenden Gebäude zu schaffen, daran kann Niemand zweifeln, der den Sinn kennt, in welchem Leipzigs städtische Verwaltung, unterstützt von der Bildung der Bürgerschaft, ihre Aufgaben zu ersoffen und zu lösen gewohnt ist. Gewiß wird man auch bei Entwerfung deS Planes gern mög lichst viele Ansichten von Freunden der Kunst hören. Darum nimmt auch Einsender dieses, welcher sich mit der Einrichtung be denkender Kunstsammlungen theil- durch eigene Anschauung, theils au- Beschreibungen und Abbildungen bekannt gemacht hat, in dieser Anliegenheit da- Wort, obwohl er nicht zu den eigentlichen „Bauverftändigen" gehört. Ich denke mix ei» freistehendes Gebäude, aus einem Erdgeschoß Wch simm darühe; Hegenden Stockwerke bestehend. Ins Erd geschoß legt «eine Phantasie das archäologische Museen» der Uni- V-ikMnt, vereinigt mit dem, was die Stadt an plastischen Werken besitzt, einen Hörsaal für akademische und anderweite Zwecke, die Räume für die Versammlungen und kleinern Ausstellungen des Kunstvereins und die Wohnung des Castellans; in ein Souterrain komme« die Heizvorrichtung, Pack- und Aufbewahrungsräume rc. Im sbern Stockwerke denke ich mir die Gemäldesammlung, und die Aufstellung dieser ist es zunächst, welcher die folgenden Be- merkungen gelte«. Wie wenig aufgeklärt im großen Publicum die Ansichten sind über Aufstellung von Gemälden, davon kann man sich leicht über zeugen. So hat z B. die Art, wie die Schätze der Dresdner Gallerie in den völlig unpaffenden Räumen deS alten Stall- gedäuheS bis jetzt zusammengehäuft sind, Viele daran gewöhnt, die schlechteste Art, Gemälde aufzustellen, für die eigentlich richtige zu halten und sie gelegentlich im Kleinen nachzuahmen. Jene un ermeßlich hohen, bis an die Decken mit Bildern vollgehangenen Räume mit langen, den Fenstern gegenüber liegenden Wänden machen einm großen Theil der Bilder ungenießbar. Nur der Reichthum der Gallerie, von welcher die kleine günstig aufgestellte Auswahl vorzügliche? Stücke schon genügt, den flüchtigen Besucher zu befriedigen, hat bis jetzt jene LocalitLt mit ihren Fehlern er trage« lassen. „Lange Wände", gegen die sich freilich sehr viel sagen läßt, hielt noch neulich Jemand in diesem Blatte für ein nothwendigeS Erforderniß des Museum-. Indessen kurz oder lang, die Hauptsache wird sein, Wände zu haben, die gehörig beleuchtet sind und vor Allem nicht den Fenstern gegenüber liegen. Die Meinungen über die beste Beleuchtungsart von Gemälde sammlungen sind getheilt, namentlich die Frage: ob Oberlicht oder Srftenlicht? ist lange ein Gegenstand deS Streites gewesen. Ich habe, bekannt mit he» Gründen für und wider, manche Sammlung ge sehen, aber mich nie überzeugen können, daß einer der Gründe, welche gegen die Anwendung d«S Oberlichtes vorgeführt zu werden pflegen, stichhaltig sei, ja ich bin mehr und mehr zu der Ueberzeugung ge kommen, haß es keine günstigere Beleuchtnngsart, namentlich für größer- Gemälde gieb^, als die mittelst zweckmäßig angebrachten Oberlichtes. Den höchsten Triumph feiert diese Art der Beleuch tung in der seit dem 25. Oktober vor. Jahres eröffnet«» neuen Pinakothek zu München, in welcher König Ludwig eine Auswahl von Gemälden neuer Meister vereinigt hat. Man hat hier, namentlich in dem Saale, welcher RottmannS griechische Landschaften enthält, das Princip angewendet, die Gemälde durch Oberlicht in der Art zu beleuchten, daß die Lichtöffnungen dem Beschauer unsichtbar sind und nur von den Bildern refiectirtes Licht daS Auge trifft. Die Wirkung ist, nach Versicherung von Künstlern, welche die Einrichtung gesehen haben, eine vollendete. Um sich die Sache klar zu machen, braucht man nur an die Ein richtung der gewöhnlichen großen Rundgemälde zu denken. Der Beschauer steht unter einem Dache, das nicht bi- an die Wand reicht, an welcher das Bild angebracht ist, und durch den Zwischen raum fällt von oben das Licht auf das Bild ein und wird von da in s Auge des Beschauers geworfen. Es ist bekannt, welche Wir kung so ausgestellte, selbst mittelmäßig gemalte Panoramen dadurch Hervorbringen, daß dem Auge keine Vergleichung de- scheinbar dem Bilde entquellenden Lichtes mit direktem Tageslichte möglich ist. Das gleiche Princip hat früher schon Herr W^yer in Cöln bei Aufstellung seiner Gallerie anzuwenden versucht, aber dasselbe in Folge von Localschwierigkeiten nur unvollkommen durchzufÜhrm vermocht. Eine Abbildung der dortigen Einrichtung findet man in der Illustrieren Zeitung von 1851. 2. Bd. 251. Es ist auf fallend, daß diese- Princip nicht schon längst allgemein angeweudet worden ist, da doch Jedermann bei Betrachtung von Gemälden durch Vorhalten der Hand sich gegen das von den Fenstern in - Auge gelangende Licht zu schützen sucht, oder auch wohl die Bilder durch dunkle Röhren besieht, um nicht von dem Seitenlichte ge stört zu werden! Was hierbei nur sehr unvollkommen erreicht wird, das gewährt die Einrichtung des dem Auge verborgenen Oberlichtes vollkommen. Im Wesen der Sache ist kein Unterschied. In Er mangelung anderer Vorwürfe gegen die angeführte Beleuchtungsweise haben ihr Männer der Gewohnheit vorgeworfen, daß sie ein „künstliches Mittel" sei! Ich denke doch die Wirkung jede- Bildes überhaupt beruht auf künstlichen Mitteln! Ohne solche würde das Bild eben kein Bild, sondem nur eine mit Farben bedeckte Lein wand sein. Freilich bei dem Worte „Oberlicht" wird Manchem bange, der dabei an eigene schlimme Erfahrungen denkt. Es scheint nämlich, daß wir in diesem Artikel noch Einiges zu lernen haben. Am besten möchte es fein, bei dem Museumsbaue in dieser Hin sicht von eigenen Erfindungen und Verbesserungen abzusehen und die Oberlichtfenster genau so anzulegen, wie sie in England an gelegt werden, wo Waarenlager aller Art im Werthe von vielen Millionen Pfund Sterling sicher unter Oberlicht liegen und lagen (man denke nur an den Krystallpalast), während hier zu Lande „verbesserte" Oberlichteinrichtungen bekennt sind, unter bene» man nur bei blauem Himmel ohne Regenschirm gehen kann. Wenn das Oberlicht für alle größeren Gemälde als daS ge eignetste erscheint*), so können dagegen kleinere Bilder kaum bessere Gegen die Anwendung von Oberlicht hat man angeführt, die Wirkung pastös gemalter Bilder, welche bei Sritenlicht gemalt worden, werde in der Beleuchtung durch Oberlicht gestört. Dies ist, wie mau sich bei Betrachtung der pastosen RubenS'sche« Bilder in der Münchner Pinakothek überreugm kann, ungegründet. 18s können auch di« kleine« Erhöhungen auf der Bildstäche in keinem Falle die gefürchteten falschen Schatten geben; ersten-, weil alle größern Bilder wenn auch nicht bei Oberlicht, doch bei sehr hocheinsallendem Seitenlichte gemalt find, da» dem Oberlicht« in seinen Wirkungen fast gleich kommt, »nd meeitenS, weil der starke Rester des Oberlichtes vom Boden aat jeden Schatten, der von Unebenheiten der Bildfiäche herrühren könnte, vollständig aufhebt.