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Leipziger Tageblatt und Anzeiger. ^ 27. Freitag den 27. Januar. Bekanntmachung. 1854. Die Herren Professoren und Docenten an hiesiger Universität werden hierdurch aufgefordert, die Ankündigungen der Vorlesungen, welche sie im nächsten Sommer-Semester zu halten aedrnken, Brhufs der Aufstellung deS Lections-Kataloges binnen 14 Tagen und spätesten- oen 28. Januar L834 in der Vuiverfita'ts - Cauzlei einzureichen. Leipzig, den 9. Januar 1854. Der Rector der Universität daseldst. vr. Gustav Hänel. Bekanntmachung. Es soll ein über den Fleischbänken vier Treppen doch befindlicher Bodenraum von Ostern d. I. an unter Vorbehalt der Auswahl unter den Licitanten und jeder anderen Verfügung anderweit vermiethet werden. Miethlustige haben sich daher den S. Februar d. I. Vormittags um I I Uhr auf hiesigem Rathhause bei der Rathsstube zu melden und ihre Gebote zu thun, sodann aber weiterer Resolution sich zu gewärtigen. Leipzig, den 20 Januar 1854. Des SkathS der Stadt Leipzig Finanz-Deputation. Sladttheater. Seit längerer Zeit schon ist da- Fach einer Sängerin für hohe cotorirte Partien an unserer Bühne unbesetzt geblieben, da unter einer lange« Reihe von mehr oder minder begabten Anfängerinnen, welche sich dem Publicum (in der Regel als Margarethe in den „Hugenotten" oder als Jsabella in „Robert der Teufel") vor stellten, keine einzige den in dieser Beziehung nicht übermäßigen hiesigen Ansprüchen genügen konnte. Auch Fräul. Zschiesche vom Gtadttbeater zu Reval, welche am 25. ds. Mts. als Königin in den „Hugenotten" auftrat, schließt sich ihren betreffenden Vor gängerinnen an und dürfte eben so wenig, und vielleicht noch weniger wie diese, geeignet sein, die allzu fühlbare Lücke in unserem Opern personale auszufüllen. Frl. Aschiesche's Stimme ist von Natur klein und schwach, überdem durch eine offenbar verfehlte Ausbildung vollständig erdrückt und zerstört. Ihr Ton hat etwas Scharfes, da- in Folge eines fast durchgehenden zu hoch Singens noch auf fallender hervortritt. Bei dem fast gänzlichen Mangel der ersten Erfordernisse zu einem guten Gesang, z. B. einer entsprechenden Mundstellung, einer guten Tonbildung und Reinheit der Intonation, ist gewandte Coloratur, richtiger Vortrag des Recitativs natürlich unmöglich, eben so, wie unter solchen Umständen von Auffassung nicht die Rede sein kann. Die Hoffnung auf ein endliches Complettiren de- Opernpersonal- ist also leider für die nächste Zeit wieder ver eitelt und wir können im Interesse des Theaters selbst der Direktion nur wünschen, daß sie bei ihrer nächsten Acquisition für dieses Fach j etwa- mehr Glück haben möge, als bisher. Wir haben schon oben gesagt, daß die beiden berühmtesten und werthvollsten Opern Meyer- beerS seit etwa einem Jahre vorzugsweise dazu benutzt wurden, Anfängerinnen zum Debütiren zu dienen. Es scheint uns dies in mchr wie einer Hinsicht künstlerisch nicht gerechtfertigt. Abgesehen davon, daß diese beiden Werke in der That zu gut dazu sind, so erfordern die Partien der Jsabella und der Margarethe zu viel künstlerische Durchbildung, sie sind ihrer Technik wie den in ihnen ausgesprochenen Intentionen nach für Anfängerinnen zu schwierig, ja fast unerreichbar; e- müßte ein ganz besonders schöne- Talent sein, welche- — so lange eS noch im Werden begriffen — in diesen Partien gmügm könnte. Wir sind überzeugt davon, daß eine oder die andere der in den Meyerbeerschen Werken vorgefiihrten jungen Sängerinnen in einfacheren Opern einen entschieden günstigeren Erfolg gehabt haben wurde. Ueber die Aufführung der Oper im Allgemeinen können wir, so weit wir derselben beigewohnt, nur sagen, daß sie den meisten früheren, was Präzision im Ensemble betrifft, nachstand, daß sie in Folge dessen kälter als gewöhnlich ausgenommen wurde und daß erst da- große, von Frl. Mayer und Herrn Schott im Ganzen sehr lobenSwerth ausgeführte Duett im dritten Acte die Hörer zu erwärmen vermochte. *h. Concerl zum Vesten des Pensionsfonds der conc. sechs Musikchöre. Es fand dieses Concert am 25. Januar im großen Saale der Centralhalle statt. Das im Ganzen interessante Programm hatte ein zahlreiches Auditorium versammelt, welches den Leistungen ge rechten Beifall zollte. Zur Aufführung kamen im ersten Theile: Ouvertüre zur Oper „Der Vampyr" von H. Marschnrr; Cavatine und Trinklied aus „Lucrezia Borgia" von Doni- zetti, gesungen von Frl. v. Samme aus Wien; Zug der braban- tischen Edlen aus „Lohengrin" von R. Wagner; zwei Lieder am Pianoforte: „Die schönsten Augen" von Stigelli und „Der Wanderer" von Fr. Schubert, gesungen von Frl. v. Sammv; Ouvertüre „Die Vehmrichter" von H. Berlioz — im zweiten Theile die 0 moll-Symphonie von Gabe. Wir konnten, abge halten durch anderweitige Verpflichtungen, nur dem zweiten Theile des Concertes beiwohnen. Mit Freuden erkennen wir die gelungene Ausführung de- liebenswürdigen Gade'schen Werkes an, eine Aus führung, die dem Orchester eben so wie dem tüchtigen Dirigenten, Herrn Musikdirektor Riede, zur größten Ehre gereicht. Nach dieser Leistung sind wir wohl berechtigt, auf eine eben so gute Durch führung der Orchesterwerke des ersten Theile- zu schließen. Ueber Frl. v. Samme als Sängerin hörten wir von urtheilSfähigen Per sonen, daß ihre Stimme eine ansprechende Höhe und Tiefe habe, daß das mittlere Register jedoch mangelhafter und passirter sei, daß ihr ferner eine gewisse Gewandtheit und Routine nicht abzu sprechen und daß sie — trotz dessen, daß auf gedruckten An schlägen sehr deutlich die Bitte zu lesen war, man möge im Concerr- saale nicht rauchen — mit obligatem Cigarrenrauch habe singen müssen! Wir wollen letztere- eine Rücksichtslosigkeit seiten- de- männlichen Publikums nennen, da ein anderer, viel leicht noch bezeichnenderer Ausdruck sich nicht wohl mit dem in diesem Blatte üblichen Tone vertragen dürste. 6.